http://www.oedipus-online.de/Realsatire2.htm Mein lieber Schwall,

 

 

Realsatire 2:

Die Kernberg-Diskussion in Wikipedia

Lehrstück über den Umgang mit Neutralität im öffentlichen Diskurs.

 

Vorspann: Wer im Internet nach Informationen über bestimmte Themen sucht, wird früher oder später vermutlich einmal bei „Wikipedia“ landen. In dieser Internet-Enzyklopädie können (fast) alle Internet-User daran mitwirken, das Wissen der Welt um die verschiedensten Themenbereiche zu vermehren. Das, was als Wissen Bestand hat, bestimmen die BenutzerInnen selbst, indem sie entsprechende Beiträge verfassen, überarbeiten, löschen, ergänzen. Unter der Rubrik „Berühmte Psychoanalytiker“ findet sich dort auch Otto F. Kernberg.

Als ich in Wikipedia erstmals auf Kernbergs Namen stieß, gab es noch keinen Text zu seiner Person. So hatte ich zunächst einmal frisch und frei einen (recht scharfen) Beitrag zusammengestellt, in dem ich auf die konkrete Form von Theorie und Therapie bei diesem Mehrer menschlicher Weisheit hingewiesen hatte. Dieser Artikel wurde dann recht schnell gesperrt mit dem Hinweis auf mögliche Verletzung von Urheberrechten. Ich hatte nämlich ziemlich ausführlich auf die bereits ausgearbeiteten Texte meiner eigenen Homepage zurückgegriffen. Auf den Hinweis meinerseits, es läge keine Urheberrechtsverletzung vor, wurde die Sperrung beibehalten. Der Text entspräche nicht dem Neutralitätsprinzip von Wikipedia. 

Daraufhin hatte ein anderer Mitwirkender, mit Aliasnamen „Alchemy“, Ausführungen beigesteuert, die von den Administratoren unbeanstandet blieben: Kernbergs Werdegang, seine Auszeichnungen, die Bedeutung seiner Ausführungen für Länder, in denen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse betrieben werde, der Tod seiner Frau, einer (angeblich) anerkannten Kinder-Psychoanalytikerin in New York, im Jahr 2006. (Es wäre sicherlich einmal interessant, den Opfern dieser „Kinderanalysen“ einmal nachzuforschen!)

Zu diesem Text hatte ich dann folgende Ergänzung verfasst: „Die Lehren von Otto Kernberg sind umstritten. Kritiker werfen Otto Kernberg vor, dass er Menschen mit psychischen und psychosomatischen Beschwerden anlastet, bereits als Säuglinge und Kleinkinder darin versagt zu haben, ihre Impulse von Wut und Hass zu kontrollieren (‚orale Wut’, ‚oraler Neid’). Kernberg, so der Vorwurf, erkläre damit quasi die kindlichen Opfer von Misshandlungen zu Tätern. Dies führe geradezu zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Befindens seiner PatientInnen. Sehr aufschlussreich für Kernbergs Sicht ist einer seiner Artikel aus dem Jahr 1999: Persönlichkeitsentwicklung und Trauma (in: Persönlichkeitsstörungen - Theorie und Therapie (PTT), 1999, Jg. 3, Heft 1, S. 5-15). Darin erklärt Kernberg u.a., dass das zentrale Problem einer Frau, die als Mädchen von noch nicht zehn Jahren von ihrem Vater vergewaltigt wurde, darin bestehe, dass sie dabei einen „sexuell erregenden Triumph über ihre Mutter“ erlebt habe. Die Frau, die unter schweren Depressionen leidet, müsse lernen, „ihre Schuld (zu) tolerieren“.

An diesen Beitrag wurde relativ bald von einem anderen Nutzer angehängt: Der Versuch eines Psychologen, Kernbergs Artikel unter Fachleuten kritisch zur Diskussion zu stellen, hat zu sehr unterschiedlichen Reaktionen geführt.

Ich hatte auch einen Link zu meiner Webseite, zu einer ausführlichen Darstellungen von Otto Kernberg, zu seinem Aufsatz von 1999 und zu meiner Umfrage-Aktion und den entsprechenden Antworten gelegt. Darauf entspann sich ein kurzer, heftigerer Konflikt. Dessen Ergebnis, soviel sei vorweggenommen: Die Passage zur Kritik an Otto Kernberg wurde komplett entfernt, der Link zu meiner Werbseite gelöscht.

Der Saubermann, der für sich beanspruchen darf, diese Bereinigung ins Werk gesetzt zu haben, trägt den Aliasnamen „Schwall“. (Ich selbst hatte in Wikipedia für mich den Aliasnamen „Oedipal“ gewählt.)

Offensichtlich haben in Wikipedia minder begabte, arbeitslose Vielschreiber und Besserwisser einen ausreichenden Schutzwall, um ihren unausgegorenen Unsinn auszubreiten. Die sogenannten „Admins“ scheinen mit ihrer Aufgabe, die Auseinandersetzung zu moderieren und zu gestalten, oftmals überfordert zu sein, so dass sie den lauteren Schreiern das Feld überlassen. Da werden dann Leute mit differenzierteren Ansichten früher oder später entnervt das Handtuch werfen. Das habe ich meinerseits inzwischen auch getan – keine Lust mehr auf Energieverschwendung! Wie etliche andere NutzerInnen offenbar auch habe ich mich komplett von der Mitwirkung an Wikipedia verabschiedet.

Hier ist nun die ganze Auseinandersetzung um Kernberg zusammengetragen, die vor allem auf der Diskussionsseite zu dem Kernberg-Artikel stattfand. Sofern sie auf anderen Diskussionsseiten tobte (z.B. zum Narzissmus) ist dies in der Überschrift vermerkt. Insgesamt m.E. ein schönes Lehrstück über die Verbreitung einer Unvernunft, die sich als „psychoanalytisches“ Fachwissen ausgibt. (Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, die diversen Tipp- und Rechtschreibfehler meiner Mitdiskutanten zu bereinigen.)

 

 

schwall, 1. Jun 2006, 20:41 [auf Benutzerseite Oedipal]

Hallo - gibt es irgendeinen seriösen Grund für deine Hinweise in dem Kernberg-Artikel außer den Link unterzubringen? Gruß

 

Oedipal, 3. Jun 2006, 12:18  [auf Benutzerseite Oedipal]

Hallo Schwall,

ja, es gibt seriöse Gründe für den Link: Die Menschen, die sich für Otto Kernberg interessieren, sollten die Möglichkeit haben, sich konkret darüber zu informieren, was dieser Herr als „Therapie“ verkauft. Das kommt in dem Geschwall über seine bahnbrechenden Leistungen nicht so recht deutlich zur Geltung. Deshalb der Link.

Du gehörst anscheinend nicht zu denjenigen, die das interessant finden. Das ist o.k. Es ist keiner gezwungen, einen Link zu benutzen. Deshalb ja auch der ausdrückliche Hinweis, dass man bei dem Link mit kritischen Texten konfrontiert wird. Wer in seinem Glauben an Kernberg und die Psychoanalyse nicht erschüttert werden will, der muss ja nicht so genau hinsehen. Das ist kein Problem. Ich bin mir jedoch sicher, dass es genügend andere gibt, die sich dafür interessieren, vielleicht sogar neugierig darauf sind. 

 

schwall, 1. Jun 2006, 20:53 [auf Diskussionsseite Narzissmus]

Beim Lesend es Artikels erscheinen mir die Unterscheidung zwischen dem was allgemein als Narzissmus bezeichnet wird und der Persönlichkeitsstörung Narzissmus nicht wirklich trennscharf, außerdem sind Hinweise auf gesunde Familien etwas dümmlich - weiter sind der letzte Link [Link zu meiner Webseite; K.S.] wohl eher unangemessen. Nehme deshalb einige Teile raus Gruß

 

Oedipal, 3. Jun 2006, 13:36 [auf Diskussionsseite Narzissmus]

Lieber Schwall,

es ist ja sehr schön, dass du dich so fürsorglich um die Wikipedianer kümmerst, dass du ihnen die „eher unangemessenen“ Links ersparen willst. Damit machst du dich sicherlich verdient um die Nutzer, die sich mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Es würde ja doch nur zu sehr verwirren, wenn Menschen - gerade, wenn sie vielleicht gar nicht studiert haben - sich einmal genauer mit dem Begriff „Narzissmus“, seiner Geschichte und seinem Gebrauch auseinandersetzen könnten. Sie würden ja womöglich von dem Durcheinander, der um diesen Begriff seit seiner Schöpfung im Jahr 1898/99 herrscht, nur in eine seelische Krise gestürzt, vor allem, wenn Sie dazu noch konkret nachlesen könnten, mit welcher gnadenlosen Menschenverachtung und mit welchem Unverständnis gegenüber Kleinkindern und KlientInnen der Gebrauch dieses Begriffes nur allzu oft gepaart ist (bei Kernberg oder Müller-Pozzi z.B.). Und dass der Jüngling Narziss geradezu das komplette Gegenteil von dem darstellt, was später Freud darunter subsummiert hat (va. Größenwahnsinnige und Schizophrene, Kinder und Primitive, Perverse und Homosexuelle, Frauen und Mütter), das würde doch auch nur zu heilloser Verwirrung führen. Deshalb ist es schön, wenn Menschen wie du sich dieser Misere erbarmen und schnell die Linkliste säubern und bereinigen: Damit sich nur ja nicht ein Mensch, der sich um Aufklärung in diesem geistigen Gestrüpp bemüht, unnötig ins Stolpern kommt. Mach weiter so! Lösche alle Links, die nicht zu deiner - sicherlich äußerst fundierten - Sicht des „Narzissmus“ passen! Die Qualität des Artikels kann dadurch nur gewinnen! 

 

schwall, 5. Jun 2006, 21:01 [auf Diskussionsseite Narzissmus]

Danke für deinen Zuspruch. Ich werde in beherzigen und damit weiterhin versuchen neutrale bzw. neutralerer Standtpunkte zu verteidigen. Allerdings bin ich durch deine Link-Spam Aktionen nun auf dieverse Artikel aufmerksam geworden. Danke

 

Oedipal, 5. Jun 2006, 21:14 [auf Diskussionsseite Narzissmus]

Hallo Schwall, dein Eifer ist ja wirklich lobenswert! Vielleicht kannst du ja auch einmal einen Link beisteuern, in dem du uns deine Sicht auf diesen Mythos vermittelst. Hast du vielleicht mehr als sieben antike Varianten parat? Ich bin neugierig. Falls nicht: Dann lass doch bitte meinen Link vorerst einmal stehen und überlasse die Einschätzung seiner Brauchbarkeit den Nutzern. Danke! Da du meine Links ja sicherlich schnell aufgespürt hast - nur damit du nichts übersiehst: Otto Kernberg, Otto Weininger, Wilhelm Jensen, Narziss, Iokaste, Sigmund Freud. Viel Spaß beim Verteidigen neutraler bzw. neutralerer Standpunkte! Ciao! 

 

schwall, 5. Jun 2006, 21:17 [auf Diskussionsseite Narzissmus]

Billiger Linkspam - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Vertrauen wir auf Chronos - denn die Zeit bringt alles ans Licht

 

Alchemy, 3. Jun 2006, 21:44 [auf Benutzerseite Oedipal]

Du beleidigst ziemlich schnell andere Menschen, die dir nichts getan haben (Bezug offenbar auf: Oedipal, 3. Jun 2006, 12:18  [auf Benutzerseite Oedipal]). Das es, laut dir, ein Geschwalle ist, wenn in ein paar neutralen Sätzen Kernbergs Arbeit dargestellt wird, das Wort bahnbrechend findet sich auch nirgends, finde ich ziemlich verletzend. (Dein) Hass macht (dich) blind. Was du angeblich alles aus den Kernbergsätzen ziehst, ist mehr als dort drinsteht. Zu deiner Homepage: Warum haben sich denn nur von 700 angeschriebenen Therapeuten o.ä. nur ca 50 von denen zu deiner Kritik geäußert. Und als du ihnen mitteiltest, dass die Aussagen von Kernberg stammen, waren es noch mal die Hälfte. Ist diese Ausbeute nicht sehr gering? Mich würde auch interessieren in welcher Weise diese sich geäußert haben. Ich habe auch eine kritische Einstellung zur Psychoanalyse, ich finde aber deine Kritik total überzogen, völlig fanatisch. Wenn du eine Problem mit Kernberg hast, tobe dich auf deiner Hp aus, aber ich finde das das wikipedia-projekt nicht dazu missbraucht werden sollte.

 

Oedipal, 4. Jun 2006, 09:03 [auf Benutzerseite Oedipal]

Hallo Alchemy,

meine Spitze hat sich dagegen gerichtet, dass Schwall indirekt zum Ausdruck bringt, für den Verweis auf eine ausführlichere Darstellung zu Kernberg, seiner Theorie und seinem Therapieansatz gebe es gewissermaßen keine „seriösen Gründe“. Dem muss ich also wohl entnehmen, dass mein Anliegen unseriös ist. Das sehe ich natürlich – es sei mir verziehen – ein wenig anders und empfinde meinerseits Schwalls Behauptung als Beleidigung. Darauf habe ich re-agiert.

Kernberg war in fast jedem Land, das ernsthaft mit Psychoanalyse befasst ist, als Vortragender und hat umfangreiche Schriften veröffentlicht, insbesondere bezüglich Narzissmus, Objektbeziehungen und Persönlichkeitsstörungen. ... Kernberg bekam mehrere Auszeichnungen, 1972 den Heinz-Hartmann-Preis des New Yorker Psychoanalytischen Instituts, den Edward-A.-Strecker-Preis des Instituts des Pennsylvania-Krankenhauses und 1981 den George-E.-Daniels-Sonderpreis der Gesellschaft für Psychoanalytische Medizin.“ Da steht tatsächlich ausdrücklich nichts von „bahnbrechend“, der Text gibt sich tatsächlich fast neutral. (Er suggeriert höchstens z.B., dass ein Land, das sich „ernsthaft“ mit der Psychoanalyse befasst, an dem mit mehreren Preisen ausgezeichneten Kernberg quasi nicht vorbeikommt.) Aber selbst, wenn wir dies als neutrale Darstellung akzeptieren: Ist Neutralität tatsächlich immer angemessen? Um ein Bild zu wählen: Hätte sich Wikipedia (wenn es denn schon existiert hätte) seinerzeit - ganz neutral - darauf beschränken sollen, die Vorzüge, die Verkaufszahlen und die Verbreitung von Talidomid (Contergan) darzustellen? Und selbst, wenn es Hunderte von Schwangeren gab, die mit Contergan sehr zufrieden waren: Du würdest dir doch wohl auch - selbst im Nachhinein - wünschen, es hätte eine Möglichkeit gegeben, an einer leicht zugänglichen Stelle wie Wikipedia nachzulesen, dass es den Verdacht gäbe, Talidomid sei womöglich für schwerwiegende Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich. Dass du als einzelner Mensch mit konkreten Beobachtungen zu Risiken bestimmter Mittel, Ideen oder sonstwas die Möglichkeit hast, darauf hinzuweisen, darin läge m.E. eine sinnvolle Aufgabe von Wikipedia, oder?

Ein solches Forum wird aber wahrscheinlich nicht verhindern, dass Menschen mit klaren Erkenntnissen an ihren selbstherrlichen Kollegen scheitern, wie seinerzeit schon z.B. Ignaz Semmelweiß. Ignoranz ist m.E. leider ein Massenphänomen: Gegenüber Umweltzerstörung, Klimakatastrophen, sozialer Ungerechtigkeit, psychologischem Unsinn und vielem mehr.

Dass Hass blind machen KANN, halte ich für unbestritten. Dieser Zusammenhang liegt aber nicht zwingend vor. Dem Hass kann sehr wohl eine ganz klare Sicht der Dinge zugrunde liegen! Für mich können Gefühle von Hass, Verachtung, Ärger, Wut, Verzweiflung usw. angesichts von Brutalität, Ignoranz, systematischer Entwertung, ... auf dieser Welt sehr angemessen sein, ohne automatisch eine Blindheit hervorzurufen oder vorauszusetzen. Für mich nehme ich mal in Anspruch, dass meine Verachtung für Kernbergs entwertende, verständnislose Sicht auf die kindlichen Opfer von schlechter Behandlung aus einer recht klaren, konkret belegten Sicht auf seine Publikationen (insgesamt vier, ausführlich zitiert) resultieren, die sich leicht durch andere Ungeheuerlichkeiten ergänzen ließen. Ich kenne Menschen, denen es nach einer solchen Art von „Behandlung“ schlechter ging als zuvor!

Dass ich mehr aus den Kernberg-Sätzen ziehe, als drinsteht, finde ich interessant. Vielleicht magst du ja erläutern, wie du die diversen Passagen verstehst? Bitte ganz konkret.

Die Reaktionen auf mein Rundschreiben sind auf meiner Webseite ausgiebig zitiert: Unter „Kernberg“ - „Reaktionen“. Ob die Reaktionen auf meine Aktion wirklich so spärlich ausgefallen sind, kann ich nicht genau sagen, ich weiß nicht, was für Rücklaufquoten solche Massenumfragen im Allgemeinen erbringen. Ich kann nur sagen, dass es (bei ca. 500 Anschreiben) eine Quote von 8,7 % war, solange ich den Artikel nur zitiert hatte, ohne den Namen des Autors zu nennen. Bei einer weiteren Umfrage bei ca. 200 Leuten [- hier hatte ich direkt im Anschreiben Kernberg als den Autor des kritisierten Textes benannt -]: ergab sich ein Rücklauf von 2,9% (exakt ein Drittel der vorigen „Ausbeute“). Meine Schlussfolgerung daraus, in vielen direkten Gesprächen mit KollegInnen bereits konkret erlebt: Die Bereitschaft, sich mit anerkannten „Koryphäen“ anzulegen, ist nicht sehr ausgeprägt.

Es ist o.k., wenn Menschen ihren Glauben verteidigen. Es wäre schön, einen Weg zu finden, dass zu bestimmten Themen auch kontrovers diskutiert werden kann, dass man sagt, es gibt zu einem Thema auch eine ganz andere, radikal kritische Sicht; dass jemand für bestimmte Dinge Preise bekommen hat, wird von der einen Seite begrüßt, von der anderen Seite als Problem gesehen. Da sollte man nicht gleich die entsprechenden Verweise als „nicht dazugehörig“ oder „unseriös“ diffamieren, oder entsprechende Äußerungen als „Missbrauch“ von Wikipedia etikettieren. Es sei denn, dass Wikipedia ein Herangehen ablehnt, bei dem auch deutlich Widersprüche herausgearbeitet werden dürften. M.E. gehören Widersprüche unauflöslich zum Leben dazu. Und an manchen „Geistesgrößen“ scheiden sich einfach die Geister. Das macht den Text über solche Menschen zwar etwas komplexer, aber es würde die „Wirklichkeit“ dieser Personen und ihres Werkes wohl ein wenig klarer zur Darstellung bringen. 

 

Alchemy, 4. Jun 2006, 17:23 [auf Benutzerseite Oedipal]

Du hast mich, bzw. was ich schrieb also beleidigt, weil du dich von „Schwall“ beleidigt gefühlt hast, weil dieser die Seriosität deiner Anbringung deines link´s, der auf deine hp führt angezweifelt hat. Interessante Art ziemlich undifferenziert mit Menschen umzugehen. Spricht für dich als Therapeut. Kernberg´s Arbeit mit der Wirkung bzw. Schädlichkeit von Contergan zu vergleichen finde ich doch ein bischen abwegig und ziemlich geschmacklos. Du bezeichnest ihn ja auf deiner hp als „Contergan der Psychotherapie“. Warum setzt du dich denn nicht persönlich mit ihm auseinander anstatt alle möglichen Foren mit deinen ätzenden Ansichten zu überziehen. Er aus Wien stammend kannst du dich doch sicher mit ihm auf deutsch verständigen. Er wird dir dann vielleicht entsprechende von dir in Frage gestellte Textpassagen nochmals erklären. 

 

Oedipal, 4. Jun 2006, 22:19 [auf Benutzerseite Oedipal]

Du hast mich, bzw. was ich schrieb also beleidigt, weil du dich von „Schwall“ beleidigt gefühlt hast, weil dieser die Seriosität deiner Anbringung deines link´s, der auf deine hp führt angezweifelt hat. Es hat etwas gedauert, bis ich diesen Satz verstanden habe. Dann hat’s endlich geklickt (du siehst, bis ich etwas wirklich verstehe, dauert das immer etwas länger): Du hattest ja den Artikel zu Kernberg in seinen Grundzügen verfasst! Das war mir bei meiner ersten Antwort an dich noch nicht bewusst gewesen. O.K. Du hast ja tatsächlich nur ganz neutral Kernbergs Auszeichnungen gesammelt. Daran gibt’s ja tatsächlich nichts zu beleidigen. Sorry. Da ist dein Text dann tatsächlich das Opfer meines Wortspiels geworden, in Reaktion darauf, dass „Schwall“ u.s.w. ... . Aber kritisieren würde ich den Text nach wie vor, unter dem Vorzeichen dessen, was ich zur Neutralität gesagt hatte. Aber nun sag mir doch einmal: Woraus genau leitest du dein Urteil über meine Differenzierungsfähigkeit ab? Was genau findest du ätzend an meinen Ansichten? Wer sagt dir, dass ich nicht schon versucht habe, mit Herrn Kernberg zu kommunizieren? (Jetzt sind wir ja langsam in puncto Beleidigungen wieder quitt, oder?)

Ob der Contergan-Vergleich „abwegig“ oder gar „geschmacklos“ ist, das sei dahingestellt. Ich behaupte das Gegenteil, zumal ich Menschen kenne, denen es nach einer Therapie dieser Art deutlich schlechter ging. Contergan hat m.W. nur unter bestimmten Bedingungen schädlich gewirkt, wenn es in den ersten Schwangerschaftsmonaten genommen wurde. Bei Menschen, die als Kind Opfer brutalster Gewalt geworden sind, ist es m.E. egal, ob man sie zu Beginn, in der Mitte oder am Ende der Therapie damit konfrontiert, sie hätten bspw. während der Vergewaltigung durch ihren Vater einen sexuell erregenden Triumph über die Mutter erlebt! Es wird sich IMMER schädlich auswirken, weil es die Opfer GRUNDLOS in ihr sowieso häufig genug vorhandenes Schuldgefühl weiter hineintreibt, das ihnen eingeredet oder suggeriert wurde! Ebenso wird folgende Äußerung verheerend sein gegenüber einem Menschen, der als 12jähriger aus einem KZ befreit wurde und dort miterlebt hatte, wie seine ganze Familie vor seinen Augen abgeschlachtet worden war, der sich als Erwachsener dann anscheinend seiner Familie gegenüber bisweilen tyrannisch verhielt: „Ich (Kernberg) übertreibe nicht, wenn ich meinen Eindruck wiedergebe, daß dieser Mann sich seiner Familie gegenüber so verhielt, als ob er der Kommandant des Konzentrationslagers sei, in dem seine ganze Familie ermordet wurde.“ Das halte ich für geschmacklos, entwürdigend und ekelhaft! Und Kernberg treibt seine differenzierte „Analyse“ noch weiter: „Klinisch gesehen steht also ein haßerfülltes Opfer haßvoll einem haßerfüllten sadistischen Täter gegenüber.“ (Zitate aus Kernberg, PTT, 1999). Das Problem des KZ-Opfers liege also darin, dass es seinen inneren Hass bereits in das KZ mit hineingebracht hat! Ohne den geringsten konkreten Anhaltspunkt dafür zu benennen, wird dem Kind, das hilflos die Verschleppung in das KZ hinnehmen musste, unterstellt, dass es quasi von sich aus „haßerfüllt“ dem KZ-Kommandanten gegenübergestanden habe – als hätte es nicht die allerbesten und berechtigsten Gründe für diese Einstellung gehabt! Wenn diese Art von „Therapie“ seit Jahren praktiziert wird, dann kann man sich vorstellen, dass ihr viele Menschen zum Opfer gefallen sind und noch immer fallen. Das ist meine feste Überzeugung.

Es gibt den Bericht einer Lehranalysandin, die sich zu Ausbildungszwecken dieser Art von „Therapie“ unterzogen hatte (Dörte v. Drigalski: „Blumen auf Granit“, 1980). 3 KollegInnen (ursprünglich gesunde, erfolgreiche, junge MedizinstudentInnen) hatten sich umgebracht, zwei davon waren junge Familienväter. Eine andere Ausbildungskandidatin war in eine Psychose abgeglitten. Der Vergleich mit Contergan als „ein bischen abwegig“ oder „ziemlich geschmacklos“?

Da du aber Kernberg ja so gut zu kennen scheinst: Magst du mir denn nicht die zitierten Passagen aus deiner Kennerschaft heraus ein wenig erörtern?

 

Schwall, 5. Jun 2006, 19:50

Aus dem text wurde Folgendes rausgenommen: [es folgen die oben wiedergegebene Passage meines kritischen Zusatzes mitsamt der angefügten Ergänzung eines anderen.]

Gründe: es werden keine Kritiker genannt - es werden Zitate losgelöst vom Zusammenhang aufgeführt - es scheint eher die persönliche Kritik des Verfassers zu sein

 

Oedipal, 5. Jun 2006, 22:04

Ich plädiere dafür, meinen Beitrag zur Kritik an Kernberg so bestehen zu lassen, wie er ist.

Gründe: Unter dem angegebenen (wenn nicht gerade wieder von selbsternannten Reinigungskräften gelöschten) Web-Link (http://www.oedipus-online.de Stichwort „Otto F. Kernberg“ - „Reaktionen“) wird eine von mir veranstaltete Umfrage wiedergegeben, in der auf der Grundlage einer an konkreten Zitaten belegten Kritik (im Druck: ca. 11 DinA4 Seiten; Webseite: Stichwort: „Anti-Kernberg-Kampagne“) eine Befragung von ca. 700 Experten durchgeführt wurde. Die ausführlicheren Antworten (Ablehnungen und Zustimmungen zu der Kritik) werden auf der Webseite dargestellt, darunter die Reaktionen von 22 Professoren. Das nur knapp wiedergegebene, auch in seinem Zusammenhang nicht anders zu verstehende Zitat soll nur der sehr KONKRETEN, anschaulichen Illustration der Auffassung von Kernberg dienen. Ähnliche Argumentationen ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Falldarstellungen. (Ich habe insgesamt sechs dieser Fälle aus vier Werken Kernbergs dargestellt.) Auch das hier speziell angesprochene, wohl besonders plastische Beispiel mit dem vergewaltigten Kind wird auf der Webseite sehr ausführlich und im weiteren Zusammenhang dargestellt. Unter den Zustimmungen zu meiner Kritik lese man bspw. Prof. Sophie Freud, Prof. Z1, Prof. Raymond Battegay, Prof. Wolfgang Schulz, Dr. NR1. Dass diese Kritik den AnhängerInnen von Kernberg nicht schmeckt, das muss man wohl mit Gelassenheit hinnehmen. Entsprechende Abweisungen meiner Kritik sind an der angegebenen Stelle ebenso zitiert. Jegliche Ideologen werden die Kritik an ihren Doktrinen kritisieren. Das macht ja auch nichts. Trotzdem sollte ein Internet-Forum die Möglichkeit bieten, sich auch mit den ablehnenden Stimmen oder gar begründeten Warnungen gegenüber bestimmten „Theorien“ oder „Therapien“ zu beschäftigen. Ich habe auf meiner Diskussionsseite (Oedipal) bereits unter der Rubrik „Kernberg“ gegenüber zwei Teilnehmern (Schwall, Alchemy) ausführlich Stellung bezogen, u.a. zu der Frage der sog. „Neutralität“ - ich behaupte, dass „Neutralität“ gegenüber einem Thema wie bspw. „Contergan“ schwer möglich ist, dass gerade hier die Referenz gegenüber kritischen Stellungnahmen sehr wichtig ist. --

 

schwall, 5. Jun 2006, 22:13

Ich plädiere für die Streichung der Kritik in dieser Form:

1. es handelt sich hier nicht um ein Forum wie Oedipal meint, sondern um eine Enzyklopädie.

2. Kritik muss in einer nicht polemischen und verfälschenden Form dargelegt werden, dazu gehören annerkannte Kritikpunkte und nicht persönliche Erhebungen

3. der Stil muss für einen kritischen Teil deutlich entschärft werden

Gruß –

 

schwall, 5. Jun 2006, 21:30 [auf Benutzerseite Oedipal]

Da du dich von mir angegriffen fühlst - zur Klarstellung. Deine Meinung tust du ja auf deiner HP kundt. 1. Reicht dir das nicht? 2. Wenn du eine wirklich tragfähige Kritik hast, dann schreibe sie sachlich und verständlich auf. Deine Polemik ist fragwürdig. 3. Findest du es nicht peinlich immer weider auf deine HP zu verlinken - ewtas peinlich oder? Gruß 

 

Oedipal, 5. Jun 2006, 22:20 [auf Benutzerseite Oedipal]

Hallo, Schwall. Ich kann mich ja sicherlich kurz halten, weil du es ja auch anscheinend schätzt, auf meine Beiträge nur äußerst knapp einzugehen. 1) Nein. 2a) Ist schon geschehen 2b) Ansichtssache. 3) Nein.

Sofern du eine ausführlicher Antwort wünschst, solltest du selbst erst einmal etwas substantieller zu meinen Ausführungen Stellung nehmen. Kurzreaktionen auf eine umfangreiche, mit Zitaten belegte Kritik - „fragwürdig“ „Polemik“ „peinlich“ - könnte ich eigentlich ähnlich etikettieren, inklusive einem Rechtschreibfehler und der fragwürdigen Auslassung eines Satzzeichens: „ewtas peinlich oder?“ Gruß

 

schwall, 5. Jun 2006, 22:30 [auf Benutzerseite Oedipal]

Hätte ich mir wohl schenken können - du suchst Streit - ohne mich - weder Wikipedia noch Leute wie du sind das wert - wie gesagt, die Zeit und die Masse der vernünftig argumentierenden Menschen werden es richten. Frage: Warum denkst du wohl halten wie meisten Menschen mehr von Kernberg als von deiner Kritik und warum haben wohl so wenige auf deine Umfrage geantwortet? Wie gesagt peinlich - und zeitlich letztlich begrenzt

 

Oedipal, 5. Jun 2006, 22:48 [auf Benutzerseite Oedipal]

Falsch geraten: Ich suche Antworten. U.a. auf die Frage, was Leute (wie anscheinend du) so toll an einem Mann finden, der behauptet, dass Kinder bei ihrer Vergewaltigung durch einen Elternteil „sexuell erregende Triumphe“ feiern. Ob die Masse wirklich vernünftig argumentiert, da habe ich meine Zweifel. (Es gibt zu viele unvernünftige Massenphänomene! Leider! Die Populär-Version der Psychoanalyse ist auch ein solches.) Dass so wenig Menschen auf meine Umfrage reagiert haben, oder dass bei einer Umfrage der hiesigen Universität ca. 65% der befragten „Experten“ angegeben haben, sie glaubten, dass die Berichte ihrer KlientInnen über einen sexuellen Missbrauch in der Kindheit ein Phantasieprodukt sei, wenn die Betroffenen mit großer Sicherheit vom Realitätsgehalt ihrer Erinnerung ausgingen (!) und wenn sie die Schuld für den Vorfall beim Täter suchten (!) (ausführlich dazu, auch wenn du es wieder „peinlich“ findest: vgl. http://www.oedipus-online.de Rubrik Saarland, Anke Kirsch). Für derartige Phänomene passt der von dir offenbar so geschätzte Begriff „peinlich“ aus meiner Sicht besser. Ich könnte auch noch „erschreckend“, „bezeichnend“ o.ä. hinzusetzen. Zeitlich begrenzt ist es sicherlich. In ca. 100 Jahren werden Freuds und Kernbergs Lehren - so meine Hoffnung - nur noch als Paradebeispiele für Verirrungen des menschlichen Ungeistes dienen. Warten wir’s ab. Wir werden es beide wohl nicht mehr erleben.

 

Alchemy, 5. Jun 2006, 23:09

Ich plädiere ebenfalls für die Streichung der Kritik:

1. Meines Erachtens sind die Kritikpunkte aus dem Zusammenhang gerissen und eine höchst subjektive Rezeption eines Einzelnen.

2. Kernberg´s Denken und Arbeiten insgesamt auf wenige Sätze zu reduzieren und ihm damit eine, auch noch geschmacklos mit Contergan verglichene, Patienten schädigende Absicht zu unterstellen kann ich nicht nachvollziehen.

Ich kenne von Kernberg nur das was er bezüglich Borderlinestörungen geschrieben hat. Wenn er, wie es „Oedipal“ mehrfach behauptet hat, sich angeblich als Therapeut irgendwelcher Verfehlungen schuldig gemacht haben soll, so haben dann doch die betroffenen Patienten eigentlich nur das Recht ihm als Therapeut einen tüchtigen Arschtritt zu verpassen, ihn bei der Ärztekammer anzuzeigen oder sonstiges Selbstverteidigendes tun. Wieso muss sich ausgerechnet bei Wikipedia ein selbsternannter Patientenretter diesbezüglich hier so impertinent in den Vordergrund schieben und sich hier ein Forum schaffen, was ihm nicht zusteht. Irgendwie stimmen hier die Grenzen nicht mehr. Übrigens kenne ich Herrn Prof. S.M. Prof. S. F., Prof. S.M., Prof. R.B., Prof. W.S., Dr. L.R. nicht. Auf der hp finden sich die (ausgeschriebenen) Namen auch nicht. Außerdem sollte doch alles in einem Abschnitt so verständlich sein, dass man nicht noch auf diverse Homepages herumsurfen muss, oder machen wir bei wikipedia auch noch Schnitzeljagd? 

 

Oedipal, 7. Jun 2006, 23:43

Zu Schwall und Alchemy ganz allgemein: vgl. die auch andernorts geführte Diskussion (Benutzer Oedipal - Diskussion)

Zu Schwall:

Punkt 1: „Enzyclopädie“ meint „ein umfassendes Werk, das den Gesamtbestand des Wissens seiner Zeit oder ein Teilgebiet der Wissenschaft oder der Kunst sammelt, einheitlich ordnet und übersichtlich darstellt“ (Brockhaus, 1953). Es wird also zusammengetragen, präsentiert und angeboten. „Forum“ bedeutet, wie du aus deinem womöglich vorhandenen Wissen um die lateinische Sprache unschwer ableiten kannst: „Marktplatz“. Auf einem Marktplatz werden ebenso Güter (auch Wissen ist ein Gut) offen zusammengetragen, präsentiert und angeboten. Auch Kritik an bestehendem „Pseudo-Wissen“ ist in dieser Hinsicht „Wissen“ (ein Gut). Du darfst zwar versuchen, als „Marktaufseher“ zu fungieren und bestimmte Anbieter vom Platz zu vertreiben, aber dies stellt eigentlich einen Verstoß gegen die „Marktgesetze“ dar. Eigentlich sollte jede/r etwas anbieten dürfen, und die Kundschaft entscheidet über den Erfolg des Produkts. Insofern beanspruche ich, die Internet-Enzyclopädie Wikipedia als Forum zu nutzen, auf dem ich als Händler mein Produkt anbiete.

Punkt 2: Was genau findest du an meiner Kritik „verfälschend“? Über eine Konkretisierung wäre ich dankbar. Was genau sind für dich „anerkannte Kritikpunkte“? Sind das Kritikpunkte, die auch deine persönliche Anerkennung finden? Oder gibt es dafür einen amtlich anerkannten Kriterien-Katalog? Und inwiefern disqualifiziert sich eine „persönliche Erhebungen“ in einem Forum von ca. 700 „Experten“, nur weil sie womöglich ohne Unterstützung durch die Deutsche Forschungs-Gemeinschaft durchgeführt wurde? (Bei der Universität des Saarlandes ist bereits die Befragung von 91 „Experten“ ausreichend, um als sog. „Delphi-Studie“ gewürdigt zu werden.)

Zu Punkt 3: Wo genau meinst du, dass mein „Stil“ in dem Abschnitt zur Kritik „entschärft“ werden müsste? Konkretisierungen würden mir helfen, ein Stochern im Nebel zu vermeiden.

Zu Alchemy:

Zu Punkt 1: Wie genau siehst du den Kontext zu den von mir zitierten Textstellen? Inwiefern genau ist meine „Rezeption“ „höchst subjektiv“? Konkretisierungen würden mir helfen, meine möglichen Verfehlungen leichter zu erkennen.

Zu Punkt 2: Es ist in der Tat eine Kunst und ein Problem, die Kritik an einem bestimmten Gedankengebäude auf einige Sätze zu reduzieren - z.B. für eine Enzyclopädie. Man wird sich als Kritiker dann darauf gefasst machen müssen, die knappe Kritik durch entsprechende Belege auch fundieren zu können. Dies habe ich für meinen Teil versucht durch den Verweis auf eine bestimmte, materialreiche Webseite (der durch bestimmte Vandalen immer wieder gelöscht wird). Missverstanden fühle ich mich auch, wenn du von „Absicht“ sprichst. Die Wissenschaftler, die das Contergan hergestellt hatten, hatten wohl keineswegs die ABSICHT, schwere Missgestaltungen an Ungeborenen hervorzurufen. Aber tragischer Weise war dies häufig die WIRKUNG, die bei den Kindern hervorgerufen wurde, deren Mütter dieses Mittel in den ersten Schwangerschaftswochen auf Empfehlung Ihrer Ärzte oder Apotheker als Schlaf- und Beruhigungsmittel eingenommen hatten. Ich spreche nicht über Kernbergs ABSICHTEN, sondern über die WIRKUNGEN seiner Auslassungen!

Respekt, wenn du schreibst: „Ich kenne von Kernberg nur das was er bezüglich Borderlinestörungen geschrieben hat.“ Da hast du dann wohl eindeutig mehr von Kernberg gelesen, als ich. Ich kann mich nur konkret beziehen auf drei seiner Bücher und einen Fachartikel. Da habe ich dann wohl die Stelle übersehen, wo er erklärt, seine Äußerung über die sexuell erregenden Triumphe vergewaltigter Kinder seien nur als Scherz gedacht, oder? Könntest du mir bitte hierzu genauere bibliografische Angaben machen?

In der Tat „behaupte“ ich, dass sich Kernberg in 6 auf meiner Webseite konkret dargestellten und im O-Ton ausführlich zitierten Fallgeschichten diverser Verfehlungen schuldig macht. Vielleicht könntest du dich nur ein einziges mal ansatzweise darum bemühen, eine KONKRETE Widerlegung meiner ausführlich dargelegten und (offenbar schlecht) begründeten Sicht zu versuchen, z.B. bei dem Vergewaltigungsopfer (Fall 5), oder bei dem aus dem KZ befreiten Jungen (Fall 4) oder bei der Frau, die durch die sexuelle Affäre mit ihrem Therapeuten (in Kernbergs Klinik!) in den Suizid getrieben wurde, und nun von Kernberg als „Täterin“ (!!!) dargestellt wird, ohne dass auch nur im Geringsten die Verfehlung des angestellten „Therapeuten“ problematisiert würde (Fall 6). Konkrete Einwände wären mir lieber, als pauschale Phrasen. Oder hast du Angst, dass dir bei einer ernsthaften Diskussion bald die Luft ausgehen würde?

Retter werden meist nicht fremdernannt. Auch das Selbsternennen ersparen sie sich in der Regel. Sie versuchen es einfach. Manchmal geht es schief. Manchmal gelingt’s. Das ist im Voraus meist nicht so genau absehbar. Jedenfalls fände ich es schäbig, wenn man sagen würde: „Überlasst doch die Gegenwehr gegen Contergan den davon betroffenen Kindern!“ „Überlasst doch den Müttern, die an Kindbettfieber dahinsiechen, die Gegenwehr gegen unhygienische Zustände!“ Ignaz Semmelweiß ist wohl mit an der Ignoranz seiner Kollegen verrückt geworden. Das ist mir gut nachvollziehbar! Ignoranz scheint mir in manchen „Experten-Kreisen“ bis heute arg ausgeprägt zu sein. Da ist es doch ein Segen, dass es das Internet gibt, über das auch kritische Botschaften leichter zugänglich sind!

Übrigens bin ich fast sicher, dass du als so belesener Experte die Personen Prof. Z1, Prof. S. F. [Sophie Freud], Prof. R.B. [Raymond Battegay] und Dr. NR1 schon einmal namentlich gehört hast. Prof. W.S. [Wolfgang Schulz] kennst du vermutlich nicht. Aber es ist nicht mein Ziel, dich mit illustren Namen zu beeindrucken oder zu „bezwingen“, sondern es würde mir reichen, wenn du dir die Argumente ein wenig zu Gemüte führen würdest. Und dann kannst du immer noch sagen, ob du dich davon angesprochen fühlst, oder nicht. Bei dir würde ich vermuten, dass es nicht der Fall ist. Das ist o.k. Ich würde auch von keinem Taliban erwarten, dass er sich von meinen Argumente gegen eine Verschleierung von Frauen beeindruckt zeigt. Da habe ich KEINEN missionarischen Eifer.

„Schnitzeljagd“ ist ein Spiel, das sich gerade bei InternetbenutzerInnen großer Beliebtheit erfreut. Neudeutsch heißen die „Schnitzel“ dann „Links“ . Spielverderber haben eine diebische Freude daran, aufgefundene „Schnitzel“ verschwinden zu lassen, um interessierte MitspielerInnen im Ungewissen herumtappen zu lassen. 

 

Tobnu, 7. Jun 2006, 21:27

[Tobnu ist ein sog. „Administrator“ (Abk.: Admin), der befugt ist, auf einer höheren Ebene in mit mehr Befugnissen in die Diskussion und Publikation einzugreifen; K.S.]

Sperrung

Wegen des Edit-wars [Kriegsgetümmel unter verschiedenen Editoren; es hatte wiederholt Löschung und Wiederherstellung der umstrittenen Kritik-Passage gegeben; K.S.] über den Kritikabsatz und den Weblink habe ich den Artikel jetzt in der Fassung „ohne“ gesperrt (vgl. meta:Die_falsche_Version). Einigt Euch.

 

Oedipal, 8. Jun 2006, 06:50

Mein Vorschlag: Alchemy und Schwall konkretisieren ihre Einwände gegen meinen Text anhand der von mir in meiner letzten Antwort auf ihre Kritik aufgeworfenen Fragen. Sofern sie mich dadurch überzeugen, nehme ich die Streichung der Passage ohne Widerrede hin. Andernfalls wird auf der Grundlage der bisherigen Diskussion eine Abstimmung unter Wikipedianern über Streichung oder Beibehaltung der umstrittenen Passage samt Link durchgeführt. Oder es wird ein Vermittler um Moderation bei einer Lösungsdiskussion gebeten.

Diskussionstechnisch wäre es m.E. übrigens sinnvoll, die gestrichenen Passagen - zumindest für die begrenzte Zeit der Diskussion - wieder in den Text zu integrieren, oder zumindest andernorts so zu deponieren, dass sie auch für nicht ausgeprägte Wiki-Experten leicht aufzufinden sind. Denn vielleicht interessieren sich ja auch noch andere für die Diskussion, und die sollten dann wissen dürfen, worum die Diskussion eigentlich geht. Ähnlich wird ja auch dann, wenn es um die Abstimmung über die Streichung eines ganzen Artikels geht, dieser ja zumindest noch so lange einsehbar gehalten.

 

schwall, 8. Jun 2006, 17:38

Antwort an Oedipal und Vorschlag zur Aufhebung der Sperrung

Oedipal hat in den obigen Aussagen seine Kritik an Kernberg und die Notwendigkeit des kernbergfeindlichen Links verteidigt. In der weiteren Auseinandersetzung wurde mir Vandalismus vorgeworfen - in der Zeile Zusammenfassung von einem gewissen Schwall gesprochen.

Unabhängig von der Art der Auseinandersetzung hier möchte ich drei Aspekte aufgreifen die Oedipal immer weider anführt und die meines Erachtens falsch sind.

Oedipals Verständnis von Kritik

Oedipals Form der Kritik

Oedipals Linkwunsch

Oedipals Verständnis von Kritik: Ob Oedipals Äußerungen Kritik sind oder Polemik sei dahin gestellt. Jedenfalls nimmt Oedipal für sich in Anspruch, dass seine Kritik an Kernberg hinreichend sei, um in einer Enzyklopädie aufgenommen zu werden. Dieses ist grundsätzlich nicht der Fall. Hinreichend wäre seine Kritik, wenn seine Kritik einen wesentlichen Aspekt an Kernbergs Theorien anspräche, die auch von anderen Vertretern des Faches vertreten würde - und zwar öffentlich, in Zeitschriften und Büchern.

Oedipals Form der Kritik: Oedipal nimmt einen Abschnitt aus einem Aufsatz von Kernberg ohne diesen im Lichte der Theorie Kernbergs darzustellen. In diesem Zitat sagt Kernberg sinngemäß, dass eine Frau, die als Kind von ihrem Vater mißbraucht wurde, ihren dabei empfundenen Triumph als Schuld annehmen müsse. Hierzu Folgendes zum Verständnis: Im Verständnis der Objektbeziehungstheorie, einem einflussreichen Zweig der Psychoanalyse, entwickelt sich eine gesunde Persönlichkeit durch die Internalisierung äußerer Objekte (interpersonale Beziehungen im Gegensatz zu Freud, Bezugspartner als Ziel der Triebregung). Es geht Kernberg um ein Zwischen, nicht um ein Gegenüber. Nach Kernbergs Verständnis nun kann es in einem Fall von Mißbrauch nun zu einer Störung dieser Internalisierung führen, die Abhängig ist von den bereits internalisierten Strukturen und den Real Vorhandenen Beziehungen und wie diese besetzt werden. Läge nun eine Rivalität zur Mutter und eine positive Besetzung zum Vater vor, welches sich nicht unbedingt im explizit sexuellen Bereich abspielen muss, so kann der Mißbrauch durch seine explizite Form, Empfindungen von Rivalität verschärfen (ich schreibe hier immer mit Bedacht KANN). Dieses kann dann eben auch zu Schuldgefühlen führen. Und da Schuld nicht einfach weggeredet werden kann, zumindest führt dies bei den Betroffenen dazu, sich nicht ernst genommen zu fühlen, besteht eine Therapie wohl auch darin zu lernen diese Schuld in der Form zu akzeptieren damit sie bearbeitet werden kann. Möchte man nun diesen Ansatz kritisieren, so soll man dies, bzw. Oedipal auch tun und nicht mit Schlagworten und Zitaten um sich werfen. Das es geht zeigen auch andere. Er sollte den Ausspruch Kernbergs im Rahmen der Theorie darlegen und dann genau kritisieren.

Oedipals Linkwunsch: Der Linkwunsch ist aus verschiedenen Gründen nicht zuzustimmen. Zunächst sind seine Stellungnahmen eher tendenziös (siehe oben). Weiter gilt der Grundsatz, dass möglichst der Link auch zum Thema passen soll, allerdings verweisen die Links immer nur auf seine Hauptseite, die aber das ganze Sammelsurium von Oedipals Gedanken anbietet. Letztlich sind die Art der Darstellungen streckenweise höhnisch.

Ich schlage deshalb vor, dass Oedipal seine Kritik an Kernberg im klassischen Sinne einer Kritik präzisiert ohne zu diffamieren und seine Links nicht setzt, sondern, wenn es ihm wirklich um die Sache geht links setzt, die seine Kritik entsprechend seriös untermauern. Gruß an alle Beteiligten

 

Alchemy, 9. Jun 2006, 18:59

Ich verstehe diesen Satz bezüglich der 10jährigen vom Vater Vergewaltigten von Kernberg auch nicht vollständig und finde vor allem, „ihre Schuld (zu) tolerieren“ auch unglücklich ausgedrückt, verstehe diesen aber letztenendes ähnlich wie es schwall weiter ober auch noch mal versucht hat darzustellen. Ich verstehe Kernberg diesbezüglich, dass er meint, dass die Frau lernen muss mit ihren Schuldgefühlen klar zu kommen. Kernberg findet sie per se aber nicht schuldig, wie das oedipal immer wieder hinstellen will.

Ich arbeite u.a. mit missbrauchten Patienten und das Thema Schuld ist insbesondere bei Missbrauch ein ganz wichtiges Thema. Ich habe bisher noch keine einzige missbrauchte Patientin kennengelent, die nicht über Schuldgefühle geklagt hat, obwohl sie natürlich niemals dafür verantwortlich zu machen ist, sondern immer der Täter. Auch Kernberg wird diesbezüglich genau dieselbe Meinung haben. Es ist doch geradezu absurd und undenkbar, dass ein dermaßen bekannter Therapeut wie Kernberg solche fragwürdige Aussagen über diese heiklen Themen, wie Missbrauch machen könnte, ohne das ein Aufschrei durch die gesamte Expertenriege gehen würde. Ich habe diesen Aufschrei bisher aber nie gehört. Bin ich taub????

Wer sind denn diese Kernberg-Kritiker im Einzelnen? Im Moment ist immer nur vo einem hier zu lesen. Diese nur mit Anfangsbuchstaben anonymisierten Professoren haben die Formulierungen von oedipal teilweise sogar auch kritisiert, dass er Kernberg falsch wiedergegeben oder verstanden hätte und die Fomulierung der Kritik zu unsachlich sei. Warum werden diese Professoren nur anomysiert wiedergegeben? Wo bleibt deren Engagement, und warum nicht gerade hier? Da hätten wir doch endlich fundierte Sachlichkeit.

Genauso von oedipal missverstanden finde ich seine Unterstellung, dass Kernberg angeblich seinen Patienten vorwerfen würde, dass diese als Säuglinge versagt haben sollen, weil sie angeblich ihre „orale Wut“ u.ä. nicht im Griff gehabt hätten. Das ist doch komplett absurd. Das hat doch Kernberg sicher nicht so gemeint. Er beschreibt doch damit ein Krankheitsmodell. Das kann doch nicht wörtlich verstanden werden.

Das ist eine der großen Schwierigkeit bei der psychoanalytischen Terminologie, die sich vieler wohlklingender Worte bedienen, dabei aber oft genaue Wortdefinitionen fehlen und dem Leser überlassen wird, wie er die Begrifflichkeiten genau zuordnet und wie er sie präzise verstehen soll. Ich denke, dass dies eine der vielen Schwachpunkte der Psychoanalyse ist, dass die Begriffe nie klar definiert werden und deshalb ganz unterschiedlicher Rezeptionen unterliegen. Deshalb sind vermutlich auch die vielen Strömungen und Schulen innerhalb der Psychonanlyse entstanden, weil jeder für sich seinen Blickwinkel als den Richtigen verstand.

Bezüglich der link-Anbringung finde ich dies hier bei wiki unpassend, da mir insgesamt die Seriosität und Sachlichkeit der Kritik auf der hp von oedipal fehlt und der beleidigende Ton nicht gefällt. Als Leser von wiki wäre ich sehr irritiert auf solch eine hp zu gelangen.

 

Oedipal, 9. Jun 2006, 20:36

Hallo Schwall, hallo Alchemy,

ich antworte zunächst nur auf Schwall, deine Ausführungen, Alchemy, habe ich erst gerade aufgenommen. Eine Antwort muss ich noch ein wenig genauer formulieren. Nur eins, was mir aufgefallen ist: Du schreibst: „Es ist doch geradezu absurd und undenkbar, dass ein dermaßen bekannter Therapeut wie Kernberg solche fragwürdige Aussagen über diese heiklen Themen, wie Missbrauch machen könnte, ohne das ein Aufschrei durch die gesamte Expertenriege gehen würde. Ich habe diesen Aufschrei bisher aber nie gehört. Bin ich taub????“ Meine Vermutung: Du bist nicht taub, sondern bloß stumm - wie die meisten anderen eben auch!

Und jetzt zu dir, Schwall:

Zunächst vorweg: Warum erklärst du denn eventuellen ZuhörerInnen unseres Disputs nicht, dass du am 05.06.06 meine längeren Ergänzungen zu dem Artikel über Otto Weininger vom 27.05.06 (konkretes Quellenmaterial) komplett herausgenommen hattest (rein aus persönlicher Animosität?) unter dem Vorwand: „revert vandalismus“. Wenn du dich nun schon mit Vandalen einlässt, dann musst du doch mit dem Schlimmsten rechnen; da kommen die Brocken, die man selbst geworfen hat, eben manchmal auch zurückgeflogen. So habe ich meinerseits zwei Tage später bei der Wiederherstellung meiner Einfügungen den Vandalismus-Vorwurf gegen dich gewendet. Jetzt sei doch kein Mimöschen, dass du über eine Titulierung zu greinen anfängst, die du selbst zuvor noch gegen mich erhoben hast!

Bisher habe ich in meinem Leben oft genug erfahren, dass Zusammenfassungen von Schriften höchst problematisch sein können. Es empfiehlt sich immer, auch auf das Original zurückzugreifen. Ansonsten schleichen sich doch leicht Verzerrungen und fragwürdige Deutungen ein. Das sog. „Wissen“ – z.B. über Otto Weininger und sein Werk – mutiert dann immer mehr zu einem Pseudowissen. Das Internet bietet den Vorteil, bestimmte Themen durch konkrete, auf den jeweiligen Inhalt bezogene Zitate problemlos zu bereichern. Dieser Vorteil sollte genutzt werden. Das schafft wahreres „Wissen“ – wahrer, als die manchmal immer geschraubteren Phrasen, die sich jemand aus Sekundär- und Tertiärliteratur zusammenbastelt.

Aber nun zum eigentlichen Thema unseres Streits und zu deinem konstruktiven Vorschlag, ich solle die kritisierten Aussagen Kernbergs in den von dir schon einmal grob umrissenen Kontext von Kernbergs Theorie einbetten und auf meine Links verzichten, statt dessen ein paar seriösere Verweise einbauen. Ich möchte auf die einzelnen Punkte eingehen.

Zu Punkt 1: Schön, dass du mal Grundsätzliches klarstellst, dass meine Kritik nämlich nicht „hinreichend“ sei, weil (scheinbar) nicht von anderen ähnlich publiziert. Du verzichtest also darauf, meine Kritik anzuerkennen, weil sie (jedenfalls in deiner Wahrnehmung) nicht von Experten abgesegnet ist. Das sei dir freigestellt. Da halte ich selbst es jedoch ganz prinzipiell lieber mit dem alten Kant: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Nun musst du dich ja als Mitwirkender bei Wikipedia keineswegs der „Aufklärung“ verpflichtet fühlen. Als Reinigungskraft ist es ja vollauf ausreichend, dass du solange hinter allen Kritikern in Wikipedia herwischst und -löschst, solange sich jemand nicht auf einen publizierenden Leumund berufen kann. Du kannst bei dieser Arbeit die Leitung deines Verstandes einer externen Autorität überlassen. Das ist eigentlich recht praktisch. Das schafft Freiräume für’s Nachdenken. Umgekehrt entnehme ich, dass du dich der Löschtaste enthalten könntest, wenn einer meiner FreundInnen sich für Wikipedia interessieren und sich bei derselben Kritik an Kernberg auf meine publizierten Ausführungen beziehen würde. Wahlweise würdest du, als Äquivalent, womöglich auch die Offenlegung der Namen der Professoren tolerieren, die meine Kritik befürwortet haben. Ich denke darüber nach.

Zu Punkt 2: Nun äußerst du dich ja einmal auch inhaltlich zu Theorie und Praxis von Otto Kernberg. Scheinbar bist du ja tatsächlich ein exzellenter Kenner dieser komplexen Materie. Man hat fast den Eindruck, es wäre dein tägliches Brot, Studienanfängern ohne richtige Berufs- und Lebenserfahrung diese schwierigen Sachverhalte plausibel zu machen. Respekt. Wir lernen von dir, dass die „Objektbeziehungstheorie“ einen „einflussreichen Zweig der Psychoanalyse“ darstellt. Und diese Theorie, so deine knappe und präzise Erläuterung, besagt, dass sich „eine gesunde Persönlichkeit“ entwickelt „durch die Internalisierung äußerer Objekte (... Bezugspartner als Ziel der Triebregung)“. Das ist sehr schön formuliert, und es wird sicherlich jedermann und jederfrau sofort einleuchten. Aber wie genau werden die „Objekte“ – gemeint sind hier ja Papa und Mama – „internalisiert“? Oral-kannibalistisch? Anal? Vaginal? Hier würde ich mir noch ein paar Präzisierungen wünschen, damit die LeserInnen nicht unnötig über kleinliche Detailfragen stolpern.

Sehr einleuchtend ist mir deine schmucklos-direkte Formulierung: „Es geht Kernberg um ein Zwischen, nicht um ein Gegenüber.“ Eine solche Sicht eröffnet mir tatsächlich neue Welten! Jetzt erst kann ich erahnen, worauf dieses Genie hinaus will: Es geht also nicht um ein „Gegenüber“, sondern um ein „Zwischen“! Kompliment! Ich hätte nicht gedacht, dass man das Wissen um so komplexe Zusammenhänge auch so einfach ausdrücken kann!

Aber jetzt noch einmal konkret: Nach dir kommt es „in einem Fall von Mißbrauch ... zu einer Störung dieser Internalisierung“. Warum eigentlich? Wie genau? Die Internalisierung muss doch eigentlich sehr viel besser gelingen, wenn dieses Mädchen den Schwanz seines Papas in seiner Vagina, seinem After oder seinem Mund real zu spüren bekommt, der Vati ihm dabei noch einen Teil von sich in Form seines Spermas überlässt!? Zumal das Kind dabei ja noch mit sexueller Erregung belohnt wird. Das muss doch im Hinblick auf die „Internalisierung“ dieser „Objektbeziehung“ eine unglaubliche Bereicherung sein!?

Dezent beseitigst du ein wenig das Anstößige in Kernbergs Aussage vom sexuell erregenden Triumph der Kinder, die vom Papa vergewaltigt werden, und du vertiefst dabei unsere Aufklärung, wenn du davon sprichst, dass dabei „Empfindungen von Rivalität verschärft“ werden KÖNNEN – also EINE Möglichkeit von mehreren, wie dir so wichtig ist zu betonen. Warum denn auf Kernbergs knackige Formulierung verzichten? Wenn dieses Grundschulkind seinen Papa vögelt, um der Mama eins auszuwischen, dann soll es doch gefälligst dafür gerade stehen!

Sehr schön herausgearbeitet, wenn du schreibst: „Schuld [kann] nicht einfach weggeredet werden ..., zumindest führt dies bei den Betroffenen dazu, sich nicht ernst genommen zu fühlen“. Vom Vater gefickte Grundschülerinnen fühlen sich in ihrer Therapie nur ernst genommen, wenn sie dort mit dem ganzen Ausmaß ihrer Schuld konfrontiert werden! Ich muss sagen: Das überzeugt mich! Und schon morgen werde ich eine großangelegte Rückrufaktion starten unter meinen KlientInnen, denen ich fälschlich immer eingeredet hatte, dass sie KEINE SCHULD an dem sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit durch erwachsene Bezugspersonen hätten. Wahrscheinlich sind sie deswegen alle doch relativ rasch aus meiner Therapie enteilt, weil sie sich von mir einfach NICHT ERNST GENOMMEN gefühlt hatten! Jetzt bin ich ja doch unglaublich erleichtert, dass es Wikipedia gibt, denn nur durch die fundierte Diskussion mit so einem kenntnisreichen Schwall bin ich auf einen katastrophalen Denkfehler in meinem Konzept aufmerksam gemacht geworden! Ein Glück, dass heute reichhaltiges Wissen so leicht zugänglich ist!

Aber halt - jetzt tauchen ja neue Fragen für mich auf: Was passiert denn, wenn die Neunjährige von ihrem Onkel, einem Betreuer, Arzt, Psychologen, Priester oder Nachbarn gefickt wird? Würde die „Objektbeziehungstheorie“ denn davon ausgehen, dass dies nur dann die „Empfindungen von Rivalität verschärfen“ KÖNNTE, wenn die Mama nun gleichzeitig mit dem Onkel, dem Nachbarn u.s.w.? Oder würde es schon ausreichen, dass die entsprechenden „Objekte“ verheiratet sind bzw. in einer festen Beziehung leben? Und wie würde sich die Schuld-Thematik entwickeln, wenn eine Grundschülerin von einem wildfremden, erwachsenen Single gevögelt wird? Würde die „Objektbeziehungstheorie“ davon ausgehen, dass in derartigen Situationen bei dem Kind keinerlei Verwirrung entstehen würde, sofern der Sexualpartner nur glaubwürdig genug versicherte, dass er aktuell völlig beziehungsfrei sei und zu der Mutter des Kindes zu keiner Zeit ... ? Das könnte doch zum Motto einer schönen Aufklärungskampagne werden: „Liebe Vergewaltiger! Wenn Sie sexuelle Kontakte zu unseren Kindern aufnehmen wollen, dann tun Sie dies doch bitte nur, wenn Sie im Hinblick auf Partnerbeziehungen wirklich völlig ungebunden sind! Machen Sie dies dann unseren kleinen Engelchen plausibel und nachvollziehbar! Denn nur so lassen sich spätere seelische Krisen bei den Kleinen vermeiden! Haben Sie ein Herz! Machen Sie mit!“ Ich bin sicher, dass auch Presse und Rundfunk da mitziehen werden!

Aber noch etwas ist mir unklar, und eine Aufklärung aus Sicht der „Objektbeziehungstheorie“ würde mein defizitäres Wissen sicherlich bereichern: Was passiert denn, wenn ein kleiner Junge von seinem Papa anal oder oral penetriert wird? KANN sich die „Empfindung von Rivalität“ dabei – naturgesetzlich ja ursprünglich auf den Papa orientiert – dadurch ENT-schärfen? KANN sich nun statt dessen eine – von der Natur her ja ursprünglich nicht so vorgesehene – „Empfindung von Rivalität“ bei dem Knaben gegenüber seiner Mama VER-schärfen bzw. überhaupt erst entwickeln? Und wie verhält es sich hier mit der Schuldfrage? Fragen über Fragen, und ich bin schon ganz gespannt auf einen Schwall von Antworten (sorry, die letzten drei Worte haben sich gerade irrtümlich vertauscht).

Ich sehe natürlich ein, dass eine nüchterne und sachliche Darstellung der „Objektbeziehungstheorie“, ihrer Axiome und Grundbegriffe, einen ungeheuren Wissensschatz eröffnet. Da kann meine kurz gehaltene Kritik an Kernberg mitsamt den Verweisen zu den nur wild dahingeworfenen, aus ihrem stimmigen Kontext gerissenen Zitaten natürlich keinerlei Anspruch auf Bereicherung des Wissens der Allgemeinheit beanspruchen. Und so sollte man folgerichtig dieser unqualifizierten Kritik – als kodifizierte Form des Nicht-Wissens und des Nicht-Wissen-Wollens – ihren Platz bei Wikipedia streitig machen.

Damit ist natürlich auch Punkt 3 gewissermaßen schon beantwortet. Denn tatsächlich sind die bei meinen Links zu findenden „Stellungnahmen eher tendenziös“, ich muss es gestehen. Ich habe aus meinem Irrglauben heraus die kindlichen Opfer von Vergewaltigung oder sonstiger Drangsalierung in Schutz genommen, hatte versucht, ihnen jegliche Schuldgefühle auszureden. Darüber hinaus beleidige ich in geradezu übelster Form diejenigen, die redlich um eine Beleidigung kindlicher Vergewaltigungsopfer bemüht sind – Freud, Kernberg und Konsorten. Das widerspricht jedem Anspruch auf Aufklärung und Wissensvermittlung! Denn Beleidigung von Beleidigung bleibt Beleidigung! Wissen um Nicht-Wissen bleibt Nicht-Wissen! (Oder gab’s da nicht mal so einen Blödmann, der stolz darauf war, zu wissen, dass er nichts wisse? Sollte es vielleicht doch manchmal sinnvoll sein, zu wissen, wer uns weis machen möchte, er wisse was, wo es aber nur um einen Schwall hohler Phrasen geht? Ist – dialektisch betrachtet – nicht das Wissen um die Begrenzung oder die Fragwürdigkeit von Wissen womöglich eine überaus sinnvolle Bereicherung von Wissen?)

Aber bei mir ist es schon arg schlimm: „Die Art der Darstellungen sind streckenweise höhnisch“ – das ist vielleicht richtig; und schon wieder kann ich mir bei dieser Formulierung im Original-Schwall-Ton eine gewisse Häme über einen weiteren grammatikalischen Fehler bei diesem doch sonst so präzisen Schwall nicht verkneifen. Ich habe tatsächlich manchmal die Tendenz, in Resignation vor so viel Ignoranz anderer gegenüber dem Leid ihrer (v.a. kindlichen) Mitmenschen, vor der selbstgefälligen Absonderung von Phrasen, die sich als „Wissenschaft“ geriert, vor der Beharrlichkeit gestandener PsychotherapeutInnen, die den von ihren Vätern gefickten Grundschülerinnen unverdrossen allen Ernstes vorhalten, sie hätten dabei sexuell erregende Triumphe gefeiert, mit Spott und Ironie bis hin zu Sarkasmus zu reagieren. Rationale Überzeugungsversuche versagen offenbar restlos. Und so bin ich manchmal wirklich fast ratlos. Und schreibe dann so böse Polemiken gegen die Ankläger von vergewaltigten Kindern. Und währenddessen sitzt eine Expertenschaft stumm drum rum! Und ich bekenne ketzerisch:

Hier stehe ich! Ich kann nicht anders!

 

schwall, 10. Jun 2006, 00:15

Du verstehst es nicht. NICHT DIE KLIENTEN HABEN SCHULD SIE FÜHLEN SICH SCHULDIG. Aber was mich wirklich schokiert ist, dass du offensichtlich als Therapeut tätig bist. Von Kant hast mal so gar keine Ahnung, dann würdest du nicht so dünn zitieren und weiter hättest du eine deutliche Vorstellung von dem Begriff Kritik.

Da ich keine Lust habe den ganzen Quatsch zu kommentieren, den du von dir gibts nur kurze Reaktionen: Weininger wurde revidiert, da NUR ein ZITAT als Kritik eingesetzt wurde - es stimmt aber auch dass du mir mehr als unsympatisch bist und hoffentlich irgendwann gesperrt wirst oder du die Lust verlierst. Von Kernberg hast du weniger als Null Ahnung, wenn du den Begriff des Objektes konkret mit Vater oder Mutter gleichsetzt - dachte mir schon, dass du das mit dem Zwischen nicht verstehen würdest.

Zu Punkt 1: Ja ich erkenne aus den genannten Gründen deine Kritik nicht an - sie ist zu dünn und eigentlich auch ohne Substanz, da sie nicht argumentiert sondern polemisiert - mir fehlt auch etwas der Aufschrei in der Fachliteratur - die alle als stumm zu bezeichnen lässt wohl eher Rückschlüsse auf dich zu

Zu 2: Bist du so dünn oder tust du nur so: Meine Darstellung war kurz, da sie dir einen Anhaltspunkt geben sollte, wie eine Kritik eingebettet sein könnte - ich schreibe hier weder einen Artikel über Kernberg noch über Objektbeziehungstheorie - sondern ich zeige nur auf welchen Müll du verbreitest.

Zu 3: Deine drastischen Schilderungen in einem Kontext, der dieses nicht erfordert, lässt nur den Schluss zu, dass du polemisch weiter machen möchtest. Da sag ich nur: Viel Vergnügen mit deinen Klienten - meine Darstellung war ebenfalls nur eine mögliche Form der entwicklung von Schuld im Kontext eines Inzest - aber da kennst du dich ja wohl deutlich besser aus - heile sie heile sie alle mach es ja, aber lasse die Finger von Dingen, die dir nicht liegen: sachliche Argumente.

Abschluss: Mich als Kenner Kernbergs zu ironisieren ist halt dein Stil - dagegen kann ich nichts machen, aber ich bin ja auch kein Kenner - ich erkenne aber wann jemand Unsinn schreibt und offensichtlich sich auf einem Feldzug befindet und dieses Wiki dazu mißbraucht - Meine Äußerungen waren allerdings kurz - aber richtig. Im Gegensatz zu dir, der bis jetzt nichts über seinen Kenntisstand hat verlauten lassen.

Ich halte es für bedenklich, dass du nicht anders kannst. Ansonsten beende ich die Diskussion mit Dir an dieser Stelle, da ich denke, dass ich damit nur füttere - und weiter deine Fragen wirklich nicht im Sinne Kernbergs beantworten kann. Was ich aber gelernt habe ist, dass es sicherlich ein Fehler wäre dich zu fragen - Ich werde weiter einen Admin bitten dich zu verwarnen, wegen deines Tonfalls und hoffe das dem nachgegangen wird.

 

Alchemy, 10. Jun 2006, 14:52

Voller Entsetzen verfolge ich hier wie sich diese Diskussion vor allem von Seiten oedipal zu einer immer unsachlicheren Schlammschlacht weiter entwickelt. Ich werde mich an keiner weiteren Diskussion mehr beteiligen. Weil es offensichtlich nicht von schwall´s Seite als auch von meiner Seite möglich war in einer von unserer Seite aus sehr bemühten und sachlich geführten Weise eine Verständigung mit oedipal zu finden. So werden wir, Schwall und Alchemy, zu guter Letzt, in den Augen von oedipal, als die Anhänger von einem Kernberg gesehen werden, den er, wohl aufgrund eigener Probleme, seit Jahren zu einem vermeintlichen Täterlobbyisten aufgeblasen hat. Er (oedipal)kann (offensichtlich)nicht anders...Ok, ich konstatiere es geht nicht anders. Ich plädiere auch für eine Verwarnung. Worüber man nicht reden kann, (weil man es nicht kapieren will oder kann) sollte man schweigen....Ich werde mich an dieser Stelle nicht mehr an solch einer Schlammschlacht beteiligen, weil ich das Gefühl habe, dass ich auch noch am Schluß mit diesem Müll beworfen werde, der, nicht in Kernberg, aber in einem anderen steckt und fortwährend herausgeschleudert werden muß. oedipal gegen den Rest der Welt.

 

Oedipal, 11. Jun 2006, 07:55

Hallo, ihr zwei,

es wäre doch schade, wenn wir unsere interessante Diskussion hier beenden müssten. Es könnte der Verdacht aufkommen, dass euch die Argumente ausgehen, ihr gar nicht mehr inhaltlich zu den Sätzen Kernbergs Stellung nehmt. Gerade bei dir, Alchemy, hatte ich sogar eine gewisse Skepsis gegenüber psychoanalytischer Begrifflichkeit herausgehört. Darauf habe ich auch noch eine Antwort:

Ich finde es schon einmal sehr fortschrittlich, wenn du, Alchemy, eingestehst, du verstündest den Kernberg-Satz „nicht vollständig“ und hieltest die Passage, wo er der als Kind vergewaltigten Frau empfiehlt, ihre „Schuld [zu] tolerieren“ für „unglücklich ausgedrückt“. Und du hast frei und offen zugegeben, dass auch du eine „große[.] Schwierigkeit bei der psychoanalytischen Terminologie“ siehst, dass sie sich „vieler wohlklingender Worte bediene[.], dabei aber oft genaue Wortdefinitionen fehlen und dem Leser überlassen wird, wie er die Begrifflichkeiten genau zuordnet und wie er sie präzise verstehen soll“. Das sind für mich überaus erfreuliche Signale, dass du zumindest eine gewisse Offenheit für eine kritische Diskussion zeigst. Hier würde ich gerne ein wenig weiter ansetzen. (Nebenbei: Mach das Vergewaltigungsopfer bitte nicht älter, als es war: Kernberg spricht von Kindern „unter einem Alter von 10 Jahren“. Es muss also im Alter von null bis neun Jahren zu dieser Vergewaltigung gekommen sein, das Opfer war also HÖCHSTENS 9 Jahre alt!)

Meine Überzeugung ist, dass es wichtig ist, Texte IM ORIGINAL zu lesen, anstatt sich auf das zu verlassen, was dir jemand DARÜBER erzählt. Und bei der Lektüre des ORIGINALS müsstest du erkennen, dass du dir etwas vormachst, wenn du schreibst: „Ich verstehe Kernberg diesbezüglich, dass er meint, dass die Frau lernen muss mit ihren Schuldgefühlen klar zu kommen.“ Kernberg schreibt nicht, es gehe hier um die „SCHULDGEFÜHLE“ dieser Frau, sondern es gehe um „IHRE SCHULD“! Das ist ein gewaltiger Unterschied! „Schuldgefühle“ lassen sich suggerieren, etwa wenn ein Kinderschänder seinem Opfer einredet: „Du hast es doch gewollt!“ Oder wenn ein Psychotherapeut ein solches Opfer entsprechend traktiert. Bei der „Schuld“ geht es schon deutlich mehr um die Frage objektiver Gegebenheiten.

Meine Überzeugung ist auch, dass es im Leben oft genug, gerade in einem Job als Psychotherapeut, zentral ist, sprachlich möglichst korrekt zu sein. Ansonsten ergeben sich viel zu leicht Missverständnisse. Wenn du schreibst, Kernberg meine, „dass die Frau lernen muss mit ihren Schuldgefühlen klar zu kommen“, dann würde ich hier [einmal abgesehen von den Schuldgefühlen, auf die sich Kernberg explizit NICHT reduziert] auch an anderer Stelle um Differenzierung bitten: Was genau meinst du selbst mit „Klarkommen“? Welche Art von „Klarkommen“, glaubst du, hat Kernberg hier vor Augen? Soll die Frau ihre Schuld bzw. ihr Schuldgefühl abschütteln? Soll ihr ihre Schuld bzw. ihr Schuldgefühl gleichgültig werden? Oder soll sie ihre Schuld bzw. ihr Schuldgefühl anerkennen und daraus z.B. die Erkenntnis einer Verfehlung ableiten und dann – womöglich durch entsprechende Sühnerituale, Schuldbekenntnisse (etwa im Sinne des christlichen Sündenbekenntnisses) – ihre Reintegration in die Gemeinschaft suchen, von der sie sich schuldhaft entfernt hat?

Hier ist in der Tat ein wenig Deutungskunst gefragt. Kernbergs Aussage, dass die Frau „ihre Schuld tolerieren“ müsse, finde ich da schon relativ eindeutig. Aber wenn du Zweifel hast, dann schau dir seine weiteren Fallgeschichten an, und du wirst sehen, dass Kernberg ganz schnell an dem Punkt ist, wo er anderen so etwas wie objektive SCHULD zuschiebt.

Du merkst, dass ich immer wieder gerne bei „Fallgeschichten“ lande. Stell dir vor, jemand sagt dir, er habe größten Respekt vor dem Eigentum anderer. Und dieser Mann wird von der Polizei mehrfach dabei angetroffen, wie er nachts die Wohnungen anderer Leute ausräumt. Würdest du sagen: „Das ist ein Mann, der das Eigentum anderer wirklich respektiert! Das hat er mir mehrfach versichert!“? Oder würdest du sagen: „Der Kerl klaut ja wie eine Elster!“? Ich vermute, du würdest eher zu der letzteren Sicht neigen. Wissentlich oder intuitiv hättest du dabei ein äußerst wichtiges Prinzip beachtet: Wenn sich „verbale Mitteilung“ und „Handlungsmitteilung“ widersprechen, dann ist auf die „Handlungsmitteilung“ in aller Regel Verlass!

Du wirst doch vielleicht auch sagen, dass viele von Kernbergs Schriften nicht gerade flüssig zu lesen sind, und dass man sich wirklich mühsam hindurchkauen müsste, wenn man sie wirklich von vorn bis hinten durchlesen wollte. Meine Auffassung: Kernberg hat ein gehöriges Gerüst an Phrasen aufgebaut, hinter dem er recht geschickt das versteckt, worum es ihm eigentlich geht. An wenigen Punkten sagt er wirklich so deutlich und knapp, was er eigentlich meint, wie z.B. in dem Aufsatz von 1999.

Egal, welche psychologische, politische, soziale Idee du nimmst: Wirklich beurteilen kannst du sie eigentlich nur, wenn du dir sehr genau ansiehst, wie diejenigen, die sie vertreten, auch HANDELN. Deswegen finde ich es überaus interessant zu fragen, WIE KERNBERG THERAPEUTISCH VORGEHT! Wenn du dir das ansiehst, dann bekommst du in knappester Form mit, was er eigentlich meint. Deswegen sind seine Fallgeschichten so wichtig und interessant. Du liest da z.B., dass Kernberg einem seiner Patienten, der sich seiner Familie gegenüber „tyrannisch“ zeigt (was Kernberg insgesamt wenig konkretisiert), vorhält, er verhalte sich wie der Kommandant des Lagers, in dem die Angehörigen dieses Mannes vor dessen Augen ermordet worden sind! Der Mann war damals ein Kind von ungefähr 12 Jahren. Kernberg teilt jedenfalls diesen seinen „Eindruck“ dem Publikum mit, und du kannst davon ausgehen, dass er es auch ungefähr so dem Betroffenen selbst gesagt hat. Wohlgemerkt: Kernberg berichtet nicht, dass der Mann selbst Kinder oder Ehefrau vergast, erschossen, abgestochen, stranguliert oder ausgehungert hätte. Und trotzdem kommt Kernberg zu der folgenden Aussage (O-Ton): „Ich übertreibe nicht, wenn ich meinen Eindruck wiedergebe, daß dieser Mann sich seiner Familie gegenüber so verhielt, als ob er der Kommandant des Konzentrationslagers sei, in dem seine ganze Familie ermordet wurde.“ Und jetzt sage mir, Alchemy: Ist so ein Vergleich nicht geschmacklos? Beschämend? Ekelhaft? Widerwärtig? Wird hier nicht in unerträglicher Weise der KZ-Terror quasi verharmlost, gewissermaßen auf das Ausleben kleiner Tyrannenallüren reduziert?

Und wenn dir hier schier die Worte fehlen, wenn es dir fast unmöglich ist, mit deiner Vernunft zu bergreifen, wie ein studierter Mensch zu so einer Phrase kommen kann, wenn du bei dieser Lektüre ein Gefühl von Ärger, Wut, Entsetzen oder was auch immer spürst, wenn sich dir hier, ähnlich wie mir, Bewertungen aufdrängen wie „unglaublich“, „ekelhaft“ oder „geschmacklos“, DANN SCHREI AUF!

Und wenn du merkst, dass dir da kein Ton über die Lippen kommt, dann liegt das womöglich daran, dass du denkst: „Das kann doch nicht sein! Das kann der berühmte, gefeierte Psychotherapie-Guru Kernberg doch nicht gesagt haben!“ Wenn du mir nicht glaubst, dann liest du wohl besser tatsächlich erst einmal im Original nach. Dann wirst du feststellen, dass da Wort für Wort so drinsteht. Jetzt kannst du dich aber doch noch beruhigen, und zwar mit dem Gedanken: „Ja, das Zitat ist ja aus dem Kontext gerissen!“ Das ist allerdings ein weitgehend leeres Argument, das leider auf jedes Zitat zutrifft – andernfalls könntest du es ja gar nicht in deine Texte einbauen. Deshalb müsstest du dich noch um weitere hilfreiche Gedanken bemühen. Dann besser: „Das kann doch nicht wörtlich verstanden werden!“ Und vielleicht: „Das hat doch Kernberg sicher nicht so gemeint!“ Wenn du dir das glauben willst, dann darfst du das tun. Denn in unserem Land besteht weitestgehend Glaubensfreiheit. Und in diesem Glauben kannst du dich – nach dieser etwas in Aufregung versetzenden Auseinandersetzung – dann zur Ruhe begeben, vielleicht noch mit einem Gebet auf den Lippen: „Lieber Kernberg, mach mich fromm, dass ich meine Ruh bekomm!“

Aber wenn dich – wider Erwarten – die Lektüre des Zitats in seinem Original-Kontext doch irgendwie erschüttert, und du auf einmal doch den Impuls verspürst, laut aufzuschreien, und wenn dann immer noch aus dir kein Ton heraus kommt, dann liegt das vielleicht daran, dass du denkst: „Ich hab ja noch gar keinen Aufschrei von den anderen gehört! Die Experten müssten doch schon längst vor mir geschrieen haben!“ Da hast du eigentlich Recht! Aber leider herrscht in der Wissenschaft oft das Zwei-Krähen-Prinzip (die eine hackt der anderen u.s.w.). Und die Fachleute von niedrigerem Status denken womöglich genauso wie du, dass sie erst einmal in die Welt hinaus lauschen, ob von den Experten schon jemand zu vernehmen ist, so dass man ein Echo darauf ertönen lassen könnte. Sie werden womöglich in Wikipedia nachsehen, ob da irgend etwas Kritisches über diese Passagen von Kernberg zu finden ist. Sie wissen, wie du, dass dort seriöse Kritik zu finden ist – genaue bibliografischen Angaben zu zuverlässigen Quellen sind vorausgesetzt; dort zitierte Umfragen müssen von autorisierter Stelle abgesegnet sein. Wenn die anderen, so wie du, bei Wikipedia nichts entsprechendes finden, dann könnt ihr euch wieder beruhigt zurücklegen. Der Anflug von Kritik ist dann nämlich nicht „hinreichend“, wie uns der Kollege Schwall so schön erläutert hat. Und dann hält man nämlich besser den Mund. Denn sonst bekommt man noch eins drauf, weil man vorlaut (also: früher laut, als die anderen) war. Gefahr droht noch, dass du jetzt durch einen neuen Gedanken beunruhigt wirst, dass nämlich die Gemeinschaft der Wissenden oder der Wissen-Wollenden durch diesen Mechanismus in einen blöden Teufelskreis des Unwissens um Kritik geraten kann: Weil noch niemand diese Kritik geäußert hat, ist sie nicht hinreichend, deshalb darf sie nicht als Wissen gewertet werden, deswegen wird sie auch nicht so leicht publiziert, weil ja nur wirkliches Wissen publiziert wird! Aber wenn du diesen Anflug neuer Beunruhigung möglichst erst gar nicht aufkommen lässt, dann hast du die Chance, jetzt noch einmal deine Augen schließen und dich, wie die vielen anderen, in beruhigenden Schlaf fallen lassen zu können.

Aber wenn du doch immer noch ein wenig erschüttert bist, und du weiterhin einen (sicherlich schwächer gewordenen) Impuls spürst, doch noch aufzuschreien, weil du zu den wenigen Mutigen gehörst, die kein Problem damit haben, als erste in einen Ausruf auszubrechen, und wenn du dann merkst, dass da immer noch kein Ton kommt, dann liegt das vielleicht daran, dass dich womöglich ein neuer Gedanke bremst: „Kernbergs Vergleich eines jüdischen Überlebenden des Holocaust mit dessen früheren KZ-Kommandanten KANN doch gar nicht ekelhaft, widerwärtig oder geschmacklos gemeint gewesen sein! Kernberg musste doch selbst als jüdisches Kind mit seiner Familie vor den Nazis fliehen!“ Wenn dich dieses Wissen um die Vita von Kernberg beruhigen kann, dann ist das gut für dich. Du darfst dann nur nicht z.B. einen winzigen Gedanken auf den Vierteljuden Adolf Hitler richten, dessen Wirken ja weltweit bekannt ist. Das könnte nämlich womöglich deine soeben gewonnene Sicherheit wieder zerstören. Du müsstest womöglich erkennen, dass dich so ein Denkmuster – „Der ist doch das und das, da kann der doch nicht dies oder jenes gemeint haben!“ – womöglich ganz gehörig in die Irre leiten kann. Du solltest es dir aber leicht machen, und es dir einfach noch einmal laut und fest wiederholen: „Nein, das kann doch nicht sein! Das kann Kernberg nicht so gemeint haben!“ Und dann kannst du dich zum Weiterschlafen auf die andere Seite drehen.

Aber wenn du weiterhin noch erschüttert bist, und jetzt vielleicht nicht mehr aufschreien, sondern vielleicht nur noch etwas matt über die Lippen bringen willst: „Moment mal! Das kann doch nicht sein, was dieser Kernberg da von sich gibt!“, wenn du dann merkst, dass da immer noch kein richtiger Ton kommt, dann kann das daran liegen, dass du denkst: „Bevor ich jetzt meinen Mund aufmache, werde ich das mal mit meinen KollegInnen diskutieren!“ Wenn du so denkst, dann solltest du mit dem guten Vorsatz, dies bei einer der nächsten oder übernächsten Gelegenheiten einmal zu tun, vorerst einmal weiterschlafen. Und wenn es dann tatsächlich irgendwann soweit kommt, dass du unter deinen KollegInnen jemanden findest, der das Interesse hat, mit dir darüber zu diskutieren, dann wirst du vielleicht die Erfahrung machen, dass du es mit einer Menge KollegInnen zu tun hast, die sich auf derselben Stufe der Auseinandersetzung mit Otto Kernberg befinden, wie du selbst. Oder eher, dass sie sich noch auf einer der weiter oben benannten, weitaus bequemeren Stufen des Auseinandersetzungsprozesses behaglich-schläfrig räkeln. Ihr könnt euch dann gegenseitig noch einmal bestätigen: „Nein, das glauben wir nicht! Das kann doch nicht sein, dass Otto Kernberg das so gemeint hat!“ – und dann zusammen weiterschlafen. Vielleicht nicht mehr so tief.

Aber wenn du weiterhin noch ein wenig beunruhigt bist, zwar nicht mehr viel reden, geschweige denn schreien willst, aber immerhin noch merkst, dass du leichte Schlafstörungen hast, dann gehe zu deinem Arzt oder Apotheker und lass dir ein gutes Schafmittel verschreiben. Der freundliche Kollege wird dir dann Mittel und Wege an die Hand geben, diese komplexe Thematik besser einzuordnen, die Zitate einmal auf ihrem eigentlichen Hintergrund, der „Objektbeziehungstheorie“, kritisch zu beleuchten, das heißt: verständlich zu machen. Er wird dir erst einmal erklären, dass es Kernberg nicht um ein Gegenüber, sondern um ein Zwischen geht. Und er wird dir freundlich die Textstellen rund um das Zitat erläutern. (Kommentar des Kritikers: Kernberg spricht nur davon, dass der Mann als 12jähriges Kind aus dem KZ befreit wurde; es wird kein Wort darüber verloren, wann genau er dort hineingeschleppt wurde, wie lange er diese Tortur über sich ergehen lassen musste, wie alt er war, als er das Abschlachten seiner Familie miterlebt hat.) Dieser Junge, so wird dein Arzt oder Apotheker leise säuseln, hatte das Problem, eine „antisoziale Persönlichkeit“ zu sein. Antisoziale Persönlichkeiten hätten das Problem, dass in ihnen massivster „Hass und Neid gegenüber den anderen“ vorherrschten. Und diese Disposition, so wird dir dein Arzt oder Apotheker mit ruhig und sanft vorgetragenen Worten erläutern, sind als „internalisierte Objektbeziehung“ fest verankert, sie sei also als das Resultat sehr früher kindlicher Festlegungen zu verstehen. Und diese Festlegung des Patienten auf eine „antisoziale Persönlichkeit“ sei geschehen, weil der Betreffende als Säugling seinen „Hass“ und – als „Sonderform des Hasses [.], [.]in gewisser Weise sogar auf eine gefährlichere Art pathologisch, als der Hass“ – seinen „Neid“ nicht recht in den Griff bekommen hatte. Und deswegen müsse man über diesen als Kind in das KZ verschleppten Patienten – das sei nun mal die Realität – sagen: „Klinisch gesehen steht also ein haßerfülltes Opfer haßvoll einem haßerfüllten sadistischen Täter gegenüber.“ Es komme nicht in Frage, dass die Erfahrungen in dem Nazi-KZ (Anmerkung des Kritikers: gröbste Brutalität, fieseste Willkür, gnadenlosester Hass, inklusive der unbeschreibbaren Erfahrung, der Abschlachtung der eigenen Angehörigen beiwohnen zu müssen!!!), dieses Kind in seinem gestörten Verhalten gegenüber der späteren eigenen Familie geprägt haben könnte, sondern das alles hätte spurlos an diesem Menschen vorübergehen können, wenn er nicht schon seinen inneren Hass in das KZ mit hineingebracht hätte. Und von daher seien sich speziell dieser kindliche KZ-Insasse und der erwachsene KZ-Kommandant eigentlich ziemlich ähnlich. Deshalb sei an dem Vergleich der beiden NICHTS in irgend einer Weise anstößig. Dein Arzt oder Apotheker wird dir diese Erläuterungen sorgfältig in präzisen Stichworten, und mit verschiedenen Anleitungen, wie oft du dir dies morgens, mittags und abends jeweils durchlesen sollst, auf seinem Rezeptblöckchen aufnotieren. Mit dem Hinweis, wo du unter Wikipedia eventuell noch weiteres verständliches Wissen zur Objektbeziehungstheorie findest, die nun einmal erkannt hat, dass bestimmte Verhaltensmerkmale sich aus sehr früh bereits angelegten Triebregungen von Kindern entwickeln, wird er dich dann auf dem schnellsten Weg wieder in dein Bettchen schicken. Und wenn du es dir leicht machen willst, dann schluckst du diese Sachen. Vermutlich wirst du merken, dass dir schon bald ein wenig schwindelig davon wird. Aber das zeigt ja nur, dass das Mittel bereits zu wirken anfängt. Und so wirst du – vielleicht noch ein wenig unruhig und noch ein bisschen unsicher ob der möglichen Nebenwirkungen dieses Mittelchens – in eine Art bewusstlosen Zustand verfallen, der dafür sorgt, dass du nun nicht mehr so viel um dich herum mitbekommst.

Aber wenn du eine natürliche Abneigung hegst gegen künstliche Mittel zur Beeinflussung deines Schlafs und deiner Psyche, und wenn du dich JETZT dafür interessierst, was ICH dir empfehlen würde, dann lass dir von mir geraten sein: Sei selbstbewusst. Sei dir deiner selbst bewusst. Sei dir bewusst, dass dein Zustand von leichter Anspannung und Erregung nun mal vorhanden ist und ernst genommen werden möchte. Sei achtsam. Nutze deine Zeit der Schlaflosigkeit, um dir in der gewonnen Zeit Gedanken zu machen und weitere Informationen zu sammeln. Lies dir die Passage über Kernbergs Umgang mit diesem KZ-Opfer noch einmal, zweimal, dreimal durch, sooft du willst. Male dir aus, wie der als Kind aus dem KZ befreite Mann sich händeringend bemüht, seinem Therapeuten auszumalen, welche UNSÄGLICHEN GREUEL er erlebt hat, wie entsetzlich es für ihn war, das Abschlachten von Mutter, Vater und Geschwistern hilflos mit ansehen zu müssen, wie sehr ihn noch heute die Schuldgefühle quälen, dass er es doch vielleicht hätte schaffen müssen, sein eigenes Leben für diese geliebten Menschen zu opfern, dass dann sicherlich ein anderes Familienmitglied, oder vielleicht sogar alle, statt seiner überlebt hätten. Stell dir vor, wie dieser Mann den vermeintlichen Experten in Fragen psychischen Leids verzweifelt anfleht: „Glauben Sie mir nicht? Sind Sie nicht meiner Meinung? War das nicht entsetzlich?“ Und dann versetzte dich in die Position dieses ehemaligen KZ-Insassen. Stell es dir vor. Stell dir bildlich vor, wie dein Gegenüber jetzt die Antwort formuliert. Stell dir vor, wie sich der dazugehörige Klang der Stimme anhört. Und spüre, wie es sich körperlich anfühlt. Erlebe mit allen Sinnen, wie es ist, wenn du – in der Rolle des Betroffenen – jetzt zu hören bekommst: „Warum brauchen Sie meine Meinung, anstatt eine eigene zu haben?“ Sieh dir an in der Vorstellung, wie jedes einzelne dieser Worte über die schmalen Lippen dieser eiskalten, runzligen Fratze zu dir herüberschwappt! Höre den dünnen, knarrenden, näselnden, hektischen Ton eines Mannes, für dessen eigene Ohren kaum jemals ein Bruchteil dieser Ekelhaftigkeit und Gemeinheit bestimmt gewesen sein kann! Spüre nach, wie schon beim ersten Anhören von jedem einzelnen dieser Worte ein Gefühl aufflammt, als würde dir jemand mit einer neunschwänzigen Katze mitten ins Gesicht schlagen! Spüre, wie jedes innere Wiederholen dieses Satzes, der dich fortan jeden Tag begleitet bis in den Schlaf, dich sofort und in aller Lebhaftigkeit noch einmal in die ganze Hölle des ungeteilten Elends deiner Gefangenschaft zurückstößt, als du – deine Familie frisch geschlachtet – völlig hilflos diesem Folter-Lager ganz alleine ausgesetzt warst!

Und von weiterer Erregung angeheizt machst du vielleicht erst einmal eine kleine Pause. Und du spürst vielleicht einen Drang, noch mehr über Kernbergs angeblich „therapeutisches“ HANDELN herauszufinden. Du versuchst, dir eine Vorstellung davon zu machen, wie dieses Ekel mit seinen PatientInnen umgeht. Nur deshalb blätterst du weiter. Und du liest von einem Studenten, dessen zunehmende Studienschwierigkeiten während seiner Therapie gar nicht beachtet und bearbeitet werden, so dass er nach drei Jahren seines Stipendiums verlustig geht, und deshalb seine Psychoanalysestunden nicht mehr bezahlen kann. Und Otto Kernberg erzählt seinen LeserInnen mit der ruhigen Gelassenheit eines Märchenonkels, im Rückblick erkenne er jetzt „das lebenslange Muster von Destruktivität, das nun im Bedürfnis des Patienten, die Behandlung zu zerstören, seinen Höhepunkt erreichte“! Und du bist dir auf einmal sicherer, wie die angeblichen Weisheiten über das, was in vergewaltigten Grundschulkindern vorgeht, gemeint sind! Und du liest von einer Therapie, die in Kernbergs Klinik stattfindet, bei der eine in der Kindheit sexuell missbrauchte Frau durch eine Affäre mit ihrem Therapeuten in den Selbstmord getrieben wird. Und du merkst, dass Kernberg diesen Vorfall nicht etwa zum Anlass nimmt, über Therapeutenfehler zu reflektieren. Sondern er erklärt dir, dass es sich hier um den „schwerste(n) uns bekannte(n) Fall“ der „Transformation des Opfers in einen Täter“ handle. Denn die Frau sorgt noch vor ihrem Selbstmord dafür, dass eine Freundin eine schriftliche Schilderung der Affäre in die Hände bekommt. Und diese Freundin, von Kernberg en passant in eindeutig diskreditierender Absicht als „homosexuell“ etikettiert, strengt dann erfolgreich eine Klage gegen den Therapeuten und Kernbergs Klinik an. Den letzten verzweifelten Versuch der missbrauchten Frau, auf ihre miserable „Behandlung“ in Kernbergs Klinik aufmerksam zu machen, nimmt der Klinikchef zum Anlass, ihr quasi als Nachruf zu attestieren, es finde hier eine „Transformation des Opfers in einen Täter“ statt!

Und wenn du dann merkst, dass sich bei dir so langsam eine zunehmende Übelkeit ausbreitet, und du dich auf einmal auf der Toilette wiederfindest, wo du einen Schwall von Kotze in die Kloschüssel absetzt, und wenn du, derartig erleichtert und entlastet, danach so langsam deine Stimme wieder findest, und wenn du dann anfängst immer lauter zu schreien: „So eine Scheiße! Wie kann das sein, dass sich so ein Arschloch Psychotherapeut nennen darf? Wie kann so ein Widerling einen Verlag finden, der seine ekelhaften Phrasen abdruckt? Wie kann dieser Drecksack jahrelang im wissenschaftlichen Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen sitzen, wo er diesen ganzen ekelhaften Schmäh im Jahr 1997 life vortragen durfte, ohne dass ein Aufschrei der Entrüstung durch das Publikum gegangen wäre? Und wie lässt sich bloß ein solches Ausmaß von krankhaftem Entwertungsbedürfnis verstehen? Was für eine Psychodynamik erklärt mir diesen abartigen Irrsinn?“, dann würde ich dir die Hand reichen und sagen: Willkommen im Club! Ja, aus meiner Sicht hast du recht! Deine Fragen sind berechtigt. Die habe ich mir so ähnlich auch schon gestellt. Und wenn du magst, dann tauschen wir uns weiter aus über die Antworten, die wir dazu finden können oder vielleicht schon gefunden haben. Und das Ganze wird dann vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

 

schwall, 11. Jun 2006, 10:51

Bemerkungen zum Artikel und zur Diskussion

Leider hat die Diskussion hier eine Form angenommen, die so nicht tragbar ist. Benutzer Oedipals Kritik stellt nicht die Meinung einer größeren Forschergemeinschaft dar, sondern ist eher randständig und findet deshalb keinen Eingang in den Artikel, weiter weil seine Kritik nicht sachlich, sondern polemisch ist. Es wird keine ussage über sein Buch hier getroffen oder seine Vorträge. Allerdings bezweifele ich, dass diese argumentativ sind, denn sonst könnte er ja seine Argumentation hier vortragen. Oedipal arbeitet mit der Methode der Diskreditierung indem er versucht die Äußerungen anderer als nicht fachlich orientiert aussehen zu lassen (siehe oben) oder indem er persönlich wird, oder indem er obszön schreibt oder indem er schreibt uns gingen die Argumente aus. Dazu sei bemerkt: gegen seine Darstellung kann man nicht argumentieren, da sie selber nicht argumentativ ist. Oedipal nimmt Beispiele aus Kernbergs Praxis, die er nutz um gegen diesen zu polemisieren. Die Beispiele von Vergewaltigungen von Kindern und von KZ Opfern. Hier sei bemerkt: das aus Opfer Täter werden können ist nicht neu, dass viele Serienmörder selber als Kind unsägliches Leid erlitten haben ist bekannt. Aber darum geht es Kernberg nicht, sondern darum, wie dieses geschieht. Nun gut ich habe einen Antrag auf Sperrung von Benutzer Oedipal gestellt und gebeten diese Diskussionsseite zu bereinigen.

 

Oedipal, 11. Jun 2006, 11:24

(Den folgenden Text hatte schwall, kurz nachdem ich ihn in Wikipedia veröffentlicht hatte, mit seinen Zwischenkommentaren fast bis zur Unleserlichkeit zersetzt. Trotz meiner Bitte war von den Admins niemand bereit, diese Zerstörungsaktion zu rügen, geschweige denn rückgängig zu machen. Hier habe ich die Zwischenrufe von schwall erst einmal herausgenommen und ans Ende postiert. Die nummerierten Links verweisen auf die i.d.R. völlig nichtssagenden, unqualifizierten Kommentare Schwalls.)

Weitere Antwort auf Schwall

Mein lieber Schwall,

ich antworte hier zunächst noch auf deine vorletzte Reaktion auf meine Stellungnahme.

Es ist ja genau der Punkt, über den wir uns auseinandersetzen: Wer von uns versteht etwas, und wer von uns nicht? Aber es geht ja nicht um uns zwei, wir ringen ja jetzt hier nicht um die Wahrheit, nur weil es so schön ist, dass wir um uns selbst herum kreisen, oder weil wir beweisen wollten, wer von uns beiden sympathisch oder „unsympat[h]isch“ ist. Sondern wir wollen ja klären, was den Wikipedia-NutzerInnen als wirkliches „Wissen“ angeboten wird. (Nebenbei: Wenn du es mir so leicht machst, deine Äußerungen „als nicht fachlich orientiert aussehen zu lassen“, wie du mir mein Treiben vorwirfst, dann trägst du doch womöglich selbst ein wenig die Verantwortung dafür, oder? Dies nur als Kurzreaktion auf deine letzte Äußerung.)

Das Wissen um die Theorie und die Bedeutung eines Menschen hängt davon ab, dass man erst einmal korrekt wiedergibt, was dieser Mensch geschrieben und (vermutlich) gemeint hat. [1] Um dazu in der Lage zu sein, gehört erst einmal, lesen zu können. Und da habe ich in meiner Antwort an Alchemy zu verdeutlichen versucht, was Kernberg schreibt, und was er nicht schreibt. [2]

Immer wieder bin ich verblüfft, zu welch rascher Auffassung von anderen Menschen du in der Lage bist: Meine Unfähigkeit als Psychotherapeut hast du blitzschnell durchschaut, ebenso, dass ich von Kant keine Ahnung habe. Wie habe ich mich dir verraten? Habe ich wieder falsch zitiert? Aus dem Zusammenhang gerissen? Nichts verstanden? [3] Das tut mir leid. Ein bisschen „scho[c]kiert“ bin ich jedoch auch, allerdings nur von der Häufigkeit grammatikalischer oder orthografischer Fehlleistungen in deinen Texten. Wikipedia ist doch auch für Kinder zugänglich, deren schriftliches Ausdrucksvermögen oft erst noch in der Entwicklung steckt! (Sorry, aber wenn du so undifferenziert und pauschal mir gegenüber „argumentierst“ – Müll, Quatsch, schokiert, Du verstehst es nicht, keine Ahnung, ... – dann musst du damit rechnen, dass ich bei den auch für andere (Nichtfachleute) schnell wahrnehmbaren Fehlleistungen deinerseits eine diebische Freude habe, darauf aufmerksam zu machen. Das wirft nämlich womöglich auch schon mal einen kleinen Lichtschimmer auf deinen „Wissensstand“. Aber allmählich langweilt es mich sogar schon ein wenig. Deswegen werde ich ab hier darauf verzichten, deine schriftliche Ausdrucksweise zu korrigieren. Dazu gibt es ja ganz gute Volkshochschulkurse.) [4]

Noch mal: Es geht hier um Argumente. [5] Wikipedia soll „Wissen“ verbreiten. Ich finde, richtig gutes Wissen darf seiner Zeit auch einmal voraus sein. Und wenn jemand sein Wissen plausibel machen kann, warum es nicht ernst nehmen, auch wenn es noch nicht an jeder Straßenecke zu haben ist (vgl. Aufklärung)? [6] Stell dir vor, es hätte im 17. Jahrhundert Wikipedia schon gegeben. Wäre es sinnvoll gewesen, damals die Lehre von der Bewegung der Erde um die Sonne in Wikipedia aufzunehmen? Oder hättest du damals auch in den Chor derer eingestimmt, die gesagt hätten: absurd, irrig, ketzerisch. Oder anders formuliert: Quatsch, Müll, weniger als Null Ahnung? Nur weil Galileis Kritik – aus damaliger Sicht – nicht „hinreichend“ war? Hätte sich die Gemeinschaft der Wikipedianer darauf beschränkt, die lächerlichen zweihundert Jahre abzuwarten, bis die Kritik am geozentrischen Weltbild auch von höchster Autorität her anerkannt wurde? [7]

Oder würdest du mir zustimmen, dass ein Projekt wie Wikipedia ganz prinzipiell eine sehr sinnvoll Aufgabe erfüllen würde, wenn es Leuten wie Galilei ein wenig Rückendeckung geben würde? Nun wissen wir ja oft erst im Nachhinein, welche Darstellung der „Wahrheit“ wirklich näher kommt. Deshalb ist es in der Gegenwart manchmal schwer zu entscheiden, welches Wissen jetzt wirklich besteht. In den Naturwissenschaften ist es da i.d.R. einfacher, weil durch Experimente relativ schnell geklärt werden kann, was jetzt „falsch“ oder „richtig“ ist. Hier geht es primär um Beobachtungen, die gedeutet werden müssen, und auf deren Grundlage z.B. bestimmte Verfahren umgesetzt werden können. Aber auch da ist man sich z.B. vor Nachlässigkeit (vgl. Contergan) oder Fälschungen und Betrug (vgl. die koreanische Klon-Affäre) nie ganz sicher. [8]

Ziemlich kompliziert ist es jedoch in den Sozialwissenschaften. Und der Bereich von Psychologie, Soziologie, Politik, Pädagogik ... ist für Glaubensfragen wohl (noch?) ähnlich anfällig, wie die Naturwissenschaft des 17. Jahrhunderts. Auch hier gibt es heute noch Päpste, Inquisition, Scheiterhaufen u.ä. [9]

Nun geht es aber in der Psychologie nicht darum zu entscheiden, welcher Brocken im Weltall dreht sich um welchen, wo man zur Not sagen könnte: „Egal. Hauptsache ich habe auf meinem Brocken einen festen Stand!“, sondern es geht – ähnlich wie beim Contergan – darum, welche Mittel, Worte, Ideen träufelt man Menschen ein, die sich in seelischen Krisen befinden. [10] Gibt es da mögliche Gefahren? Und natürlich kann man – ganz sachlich – die chemische Struktur des Contergan, seine Herstellung und seine Wirkungsweise neutral und sachlich auflisten. Aber dieses sog. „Wissen“ ist eben absolut fatal, wenn du als Schwangere dieses Mittel aufgrund seiner beschriebenen Wirkungsweise von Arzt, Apotheker oder Nachbarin empfohlen bekommst und – nach einem kurzen Nachsehen in Wikipedia, wo dir die gepriesene Wirkungsweise bestätigt wird – einfach schluckst. Und wenn du dir die Vorgänge um Contergan aus der historischen Perspektive einmal ansiehst, dann wirst du eben feststellen, dass hier die „Experten“ leider zum größten Teil VERSAGT haben, dass trotz der durchaus früh aufgekommenen warnenden Stimmen von einzelnen dieses Zeug mit seinen teilweise verheerenden Folgen munter weiter verbreitet wurde – ob aus Ignoranz, wirtschaftlichem Interesse oder was auch immer für Gründen. [11]

Und natürlich ist die fatale Wirkung des Versagens der Expertenschaft nicht mehr rückgängig zu machen, und den Opfern dieses skandalösen Nicht-Wahrnehmen-und-Handeln-Wollens bleibt leider überhaupt nichts anderes übrig, als ihr Schicksal radikal anzunehmen. Aber es wäre doch schön, wenn sich die Menschheit ein wenig lernfähig zeigen würde. (Ich weiß: Ich bin manchmal grenzenloser Optimist. Manchmal sehe ich es auch realistischer!) Und die Contergan-Affäre ernst zu nehmen könnte bedeuten, sehr viel offener für die – auch sehr radikale und scharfe – Kritik an bestimmten Theorien, Ideen und Gedankengebäuden zu sein. Denn es wird immer Menschen geben, die umgekehrt ein Glaubenssystem aufs Schärfste verteidigen. Es reicht aus meiner Sicht nicht aus zu sagen: „Ach, ich sehe das ein wenig anders!“ – und zu meinen, du könntest damit die Beharrlichkeit derer überwinden, die für viel Geld ihr Wissen um heilsame Worte als Therapie verkaufen. Denn sie haben sich dieses Wissen ja selbst für teures Geld durch Seminare, Lehranalysen oder Lehrbücher angeeignet. Das muss sich doch erst einmal amortisieren. Und die seelischen Verkrüppelungen, die aus solch einer Prozedur resultieren, sind halt leider nicht so gut sichtbar. Und selbst, wenn die durch schlechte Therapie behandelten Opfer in Psychosen abgleiten, sich selbst verstümmeln oder Suizid begehen, so kannst du als Psycho-Guru ja immer noch sagen: Ja, dieser Mensch war eben doch sehr gestört! Wegen seiner als Säugling internalisierten Objektbeziehungen hat er sich so entwickelt. Ich habe mein Bestes gegeben. Mehr war leider nicht möglich. Du hast da eben gerade die „Transformation eines Opfers in einen Täter“ miterlebt. [12]

Genau deshalb wird wohl im Ringen um die „richtige“ Theorie, auf deren Grundlage Psychotherapie betrieben werden sollte, so erbittert gekämpft. [13] Und für viele Wirksamkeitsstudien, die die Wirksamkeit des einen Verfahren belegen werden neue Studien geschaffen, die das Gegenteil „beweisen“. Der Streit um den Inhalt der einzelnen Schulen wird dann auf den Bereich der Wirksamkeitsstudien verlagert. Da wird es vermutlich noch ein paar Jahrzehnte dauern, bis sich durch genaueres, präziseres Wissen abzeichnet, was hilft und was nicht hilft bzw. schädigt. [14]

Mein Punkt, an dem ich meinen Hebel ansetzen möchte, ist ein anderer. Ich möchte die „Theorien“ bestimmter Herrschaften, ihre „Begriffe“ und – vor allem – ihr „Handeln“: das, was sie in ihren „Therapien“ konkret den Menschen sagen, die zu ihnen kommen einer kritischen und auch scharfen Untersuchung unterziehen. Und wenn du, Schwall, dich auf diese Auseinandersetzung einlassen willst, dann tu es. Aber dann tu es auch richtig. Und mit echten Argumenten, und nicht mit Phrasen. [15]

Für mich würde dazugehören, dass du auf die Analyse der von mir umfangreich wiedergegebenen Zitate einmal konkreter antwortest als „Quatsch, Müll, Unsinn“, sondern dass du z.B. mit konkreten Gegenzitaten entkräftest, was ich aus Kernbergs Texten abgeleitet habe, die er z.B. über kindliche KZ-Opfer oder über eine Patientin, die an seiner Klinik von ihrem Therapeuten in den Suizid getrieben wurde, verbreitet. [16] Und da muss ich noch einmal betonen: In den „Geisteswissenschaften“ wird ja Wissen geschaffen, indem man seinen Geist arbeiten lässt. Und der Geist kommt eben am deutlichsten in konkreten Worten zum Ausdruck. Die Naturwissenschaftler haben es da einfacher: Die nehmen die Natur zur Hilfe und beobachten möglichst präzise, was da passiert (ist manchmal wohl schwierig genug). Und das so gewonnene Wissen über Zusammenhänge lässt sich wohl relativ leicht unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Aber bei den Geisteswissenschaften ist dies leider ein wenig schwieriger. Das macht ja unsere kleine Debatte wohl hinreichend deutlich. Wer von uns hat jetzt Otto Kernberg (oder Otto Weininger, oder Sigmund Freud) „richtig“ verstanden? Was ist das eigentliche „Wissen“, das diese Genies der Menschheit hinterlassen haben?

Du würdest in deiner Zusammenfassung sagen, dass z.B. Herr Kernberg „Schuldgefühl“ meint, wo er von „Schuld“ schreibt. Wir könnten uns darüber beruhigt zurücklehnen. Oder aber wir könnten einsehen, dass es mit knappen Zusammenfassungen manchmal nicht getan ist. Da müssen eben Zitate ran. Es hat wenig Wert, wenn wir das Wissen der genannten Herrschaften darstellen wollen, aber schon bald nur noch darüber diskutieren, was wir glauben, dass die Betreffenden so oder so „gemeint“ haben müssten oder „nicht gemeint“ haben können. [17]

In der Naturwissenschaft ist so ein affiger [18] Streit relativ schnell erledigt: Man macht ein Experiment und berichtet darüber. [19] In der Geisteswissenschaft ist das nicht so einfach. Und weil es hier einfach so viel Verwirrung gibt, so würde ich (vorsichtig) sagen: Was für die Geisteswissenschaft das Experiment ist, das sollte für die Geisteswissenschaft das Zitat sein. [20] Und um dessen Auslegung muss dann gerungen werden. Das kann natürlich recht komplex werden. [21]

Und wenn dir für diesen Prozess Puste und Argumente [22] fehlen, dann klink dich doch einfach aus. Nur sei dann auch so fair, und unterlasse in Zukunft, das Material oder den Verweis auf Materialien von anderen zu löschen. [23]

Wenn du in der Diskussion weiter machen möchtest, dann geh doch bitte etwas ausführlicher auf meine Argumente ein. Z.B. bei Punkt 1: Gefragt war ja z.B., ob du den Verweis eines anderen auf meine Kritik akzeptieren würdest? Oder welche der von mir anonym zitierte Befürwortung meiner Kritik durch Professoren spricht dich so an, dass du bei der Offenbarung des Autors vielleicht bereit wärst, meine Kritik anzuerkennen? Ich hatte die betroffenen Personen zwar bei meinem Anschreiben (das ist schon 5 Jahre her) darauf angesprochen, dass ich ihre Antwort gerne einmal veröffentlichen würde, nur würde ich in dem einen oder anderen Fall eventuell noch einmal konkret mit der betreffenden Person abklären, ob sie jetzt auch noch damit einverstanden ist. Manche Menschen schätzen ja doch sehr ihre Anonymität in der Auseinandersetzung, nicht wahr, Schwall? [24]

Und zu Punkt 2 ist mir deine Gegen-Argumentation nun auch eindeutig zu „dünn“. [25]

Unter Punkt 3 freut mich immerhin, dass du eingestehst, dass ich mich in Fragen der „entwicklung von Schuld im Kontext eines Inzest“ „wohl deutlich besser“ auskenne, als du. Auch, dass mir „sachliche Argumente“ nicht liegen, hast du richtig erkannt, zumindest in einem Kontext, in dem nicht „sachlich“ diskutiert wird, sondern wo es nur um die Verteidigung von Glaubensfragen geht. Da geht es nämlich per se schon nicht mehr um „Sachlichkeit“, sondern um „Emotionalität“. Nur wenn es z.B. um Zitate geht – das ist für mich auch ein sehr wichtiger Bereich von „Sachlichkeit“ – dann darf ich wohl sehr eindeutig sein und sagen, dass ich da „deutlich besser“ bin, als du. [26]

Dass ich dich „als Kenner Kernbergs“ ironisiere, ist, wie du sachlich richtig darstellst, mein „Stil“, zumindest, solange du so banal argumentierst. [26a] Dass du jetzt eingestehst, dass du „ja auch kein Kenner“ bist, empfinde ich als ein sehr selbstkritisches und hoffnungsvolles Zeichen. [27] Für eine gewisse Selbstüberschätzung halte ich jedoch wieder, wenn du von dir behauptest, du würdest erkennen, „wann jemand Unsinn schreibt“. [28] In Bezug auf Herrn Kernberg warst du zu dieser Erkenntnisleistung jedenfalls offenbar nicht fähig. [29] Ob ich hier Wiki für irgendwas missbrauche, sei dahingestellt. [30] Ich hatte es jedenfalls so verstanden, dass es in Wiki um Wissen gehe. Und in Bezug auf das „Wissen“ um Herrn Kernberg, seine Theorie und seine Praxis, meine ich, dass ich doch schon das eine oder andere von meinem „Kenntisstand“ habe verlauten lassen. [31] In welcher Hinsicht genau deine Äußerungen, im Kontrast zu den meinigen, „richtig“ gewesen sein sollen – grammatikalisch, orthografisch, inhaltlich, im Hinblick auf ein bestimmtes Glaubensbekenntnis, oder inwiefern genau – müsstest du den LeserInnen vielleicht noch ein wenig genauer erörtern, [32] wenn sie es nachvollziehen können sollen. 

 

Ein Schwall von „sachlicher“ Kritik des Kollegen Schwall, die er freundlicher Weise mitten in den Text platziert hatte, die von mir aber sorgsam ans Ende gesetzt wurde. Über die Schreibfehler dieses mutmaßlichen Legasthenikers bitte ich hinwegzusehen, auch darüber, dass ich mir nicht die Mühe gemacht habe, sie zu verbessern.

[1] Was du nirgends auch nur im Ansatz getan hast

[2] hast du nicht - einfach gelogen - ich finde nichts von Introjektionen von Internalisierungen und erklärungen wie kernberg sich diese prozesse vorstellt Die Wiederholung sei mir erspart. mal wieder sand in die augen streuen

[3] Deine Wortwahl erscheint mir wirklich eher diagnostisch relevant, deshalb bin ich schockiert - weiter hättest du Kant gelesen, wüsstest du, was Kritik ist, der Auspruch Kants, den du zitierst ist in unserem Kontext falsch, weil dies bedeuten würde, dass jeder Idiot seine Gedanken äußern könnte, wie falsch sie auch seien - Vernunft und Kritik ist nicht zufällig und schon gar nicht idiosynkratisch

[4] Es ist die Art von kritk die ich wirklich mag - und wenn ich kein einziges Wort richtig schreiben würde - es ändert nichts an meiner Kritikfähigkeit an dir, es steht dir weiterhin frei dich über mich lustig zu machen, wenn es dir damit gut geht

[5] es gibt von dir nicht ein Argument - nicht ein einziges

[6] Aber genau in so einem Zusammenhang muss die Argumentation stichhaltig sein.

[7] Du vergleichst dich ernstahft mit Galilei? Ist das nicht ein wenig viel

[8] Es geht um begründete Kritik, die du nicht bringst - nicht darum keine Kritik zuzulassen, aber dies wurde ja bereits mehrfach erwähnt

[9] Dem ist nicht so

[10] Darum geht es in der PSychologie? Nein darum geht es da nicht und auch nicht in der Psychotherapie.

[11] Und dies bedeutet, dass alle experten unsinn erzählen? Welche Form von Wissenschaftsverständnis ist das?

[12] Nochmal, argumentiere doch - zeige die Bruchstellen der Theporie Kernbergs auf - du hast doch ein Buch darüber geschrieben oder - ich sehe auch hier keine Argumente. Aber ich kenne die Überlegungen Kernbergs recht ausführlich - ich kann sie aber bei dir nicht als Basis für eine Kritik wiederfinden

[13] Vielleicht von Leuten wie dir - ich sehe da keinen erbitterten Kampf um Wahrheit

[14] Dieses Verfahren nennt man Wissenschaft und diese ist von realen sozialen und historischen Situationen abhängig siehe Kuhn

[15] Nenne mir doch bitte ein Argument - bitte nur eines, dass diesen Namen verdient

[16] habe ich in ansätze oben gemacht, indem ich darauf hinwies, dass Serienmörder durchaus massive Traumata in ihrer Kindheit erlebt hatten, die dann zu den malignen Entwicklungen führten siehe auch Studien zu Ian Brady und anderen von z.B. Coid. Müssenw ir uns darüber unterhalten, dass eigener erlebter Missbrauch mich nicht davon befreit später ebenfalls Täter zu werden.

[17] Nein hier müssen keine Zitate ran, da hier nciht der Ort ist eine Theorie in einzelnen Aspekten und am text zu kritisieren oder wie du es machst dagegen zu polemisieren. Wie sollen denn dann die Artikel hier aussehen? Außerdem geht nach meinem verständnis Kernberg nicht von einer Schuld aus, wenn er von triumphalen gefühlen und erhöhung über die Eltern spricht - mal so gar nicht. Zeige mir doch bitte die Stellen, wo er explizit es als eine moralische Verfehlung in seinem Sinne sieht, dass dies für IHN Schuld sei

[18] dies ist hier kein streit, sondern nur eine begrenzung von dir bis du hoffentlich gesperrt wirst

[19] Stimmt so nicht, ergebnisse werden auch dort kontrovers diskutiert, einen hermeutischen Bezug gibt es auch dort

[20] auch dies siehst du so - andere denke ich nicht

[21] richtig aber nicht hier - schreibe dafür bücher und suche dir zuhöhrer

[22] es fehlt mir immer noch ein Argument von dir

[23] das werde ich tun, solange du nicht argumentierst

[24] sollte ich das als drohung auffassen? - es erschüttert vielleicht dein Ego, aber du bist nicht der erste der mir droht - zu deinen Punkten: ich würde die website auf keinen fall akzeptieren, wer auch immer sie einsetzen würde, weiter steht dein Buch doch noch weiter in der Liste der Literatur, und wenn jemand deine Kritik sinnvoll darlegen würde, so wie auch du ja die gelengenheit hattest, könnte sie in angemessener Form im Artikle verbleiben

[25] du steht in der Pflicht, nicht ich - du polemisierst gegen Kernberg, nicht ich und du versuchst deine Meinung hier zu etablieren - ich denke, dass meine darlegungen, so dünn sie auch sind für deine darstellungen ausreichen, hättest du mir komplexere darstellungen gegeben, so hätte ich dir auch darauf komplexer geantwortet

[26] Wie man Ziate seriös einsetzt solltest du dir aber nochmal überlegen - es geht auch dort um die möglichkeit zu verfälschen

[26a] ich habe wenigstens argumentiert

[27] das bedeutet nicht, dass ich kernberg nicht kenne oder nicht weiß worin der Unterschied zu Kohut besteht oder sein System der Objektbeziehungen nicht von denen Kleins oder Mahler oder Fairbairns unterscheiden könnte. Das nur als Hinweis

[28] da bin ich ja nicht der einzige, der das so sieht oder? vielleicht ist meine einschätzung eher grundständig?

[29] Irrtum, seine Überlegungen zu Ehe, Liebe und beziehungen sehe ich schon problematisch, aber ich möchte doch nicht mit dir in einen Topf geworfen werden

[30] das tuts du, oedipal, das tust du

[31] du hast polemisiert, das war falsch, außerdem ist es deine private meinung, das reicht nichtr aus - tip setzte doch für deine Person ein eigenes Lemma, vielleicht word es ja nicht gelöscht

[32] argumentativ und inhaltlich - reicht das?

 

Alchemy, 11. Jun 2006, 13:44

Ich halte oedipal für hochmanipulativ, hochaggressiv, geschmacklos und verwirrt. Er versucht mit allen Mitteln, auch mit den primitivsten, wie den Gebrauch von widerwärtigen Obszönitäten, manipulativen NLP-Hypnotechniken und wiederholten, verbalen Beleidigungen, mithilfe wikipedia seinen einsamen Feldzug gegen Kernberg zu führen, weil er ansonsten keine andere Plattform mehr findet seine verwirrten Gedanken an Menschen weiter zu geben. Ich plädiere weiter dafür ihn zu sperren. Ich halte ihn für untragbar. Er wird wikipedia nur Schaden zufügen!!!!!

 

Admin Entscheidung [Mitteilung von schwall, 11. Jun 2006,12:50]

Admin Lennert findet den Ton von Oedipal nicht beleidigend und da ich keine lust habe mich hier weiter mit dreck bewerfen zu lassen - überlasse ich Oedipal das Feld und den Artikel für seine Ideen und seine Links Gruß -- schwall

 

Lennert B (Admin), 11. Jun 2006, 13:01

Außenseiterperspektive

(Bevor sich jemand wundert, der Außenseiter bin ich.)
Nur zur Info: Mein Wissen über Psychoanalyse beläuft sich auf einen Semsterkurs Psychologie. Erwartet also bitte nicht allzu viel Vorwissen von mir, geht aber davon aus für Leute wie mich und solche mit noch weniger Vorwissen schreibt ihr Artikel. Das nur als Vorrede.

Die Situation, wie sie sich mir momentan darstellt, ist dass Oedipal Kritik am Werk Kernbergers im Artikel erwähnt haben möchte, Schwall dies jedoch vehement ablehnt. Mir stellt sich vordergründig eine Frage: Davon ausgehend, das die Zitate wirklich so in den Texten Kernbergers zu finden sind (das tue ich einfach mal), wieso folgte anscheinend keinerlei Auseinandersetzung der Fachwelt mit diesen Aussagen (weder positiv noch negativ)? Wie kann ein 7 Jahre alter Artikel völlig ignoriert werden? Und ehrlich gesagt glaube ich weder an Ignoranz noch stillschweiges Tolerieren der Fachwelt. Diese ist eher geneigt divergierende Meinungen von allen Seiten zu kritisieren, als sie stillschweigend zu akzeptieren. Warum ist die einzige Quelle die ich dazu finde Oedipals Homepage? Und in diesem Sinne, nur als Weiterführung des Gedankens: warum spricht der kritisierte Abschnitt dann von „Kritikern“?

Ansonsten würde ich trotzdem darum bitten diese Diskussion sachlich zu halten.

 

Alchemy, 11. Jun 2006, 15:15

hier mein Text den ich Lennart geschrieben habe: Hallo Lennert anbei meine Einwürfe bezüglich den Beiträgen v. oedipal

Ich halte oedipal für hochmanipulativ, hochaggressiv, geschmacklos und verwirrt. Er versucht mit allen Mitteln, auch mit den primitivsten, wie den Gebrauch von widerwärtigen Obszönitäten, manipulativen NLP-Hypnotechniken und wiederholten, verbalen Beleidigungen, mithilfe wikipedia seinen einsamen Feldzug gegen Kernberg zu führen, weil er ansonsten keine andere Plattform mehr findet seine verwirrten Gedanken an Menschen weiter zu geben. Auf den ersten Blick sieht sein Geschwätz sehr gelehrig und durchdacht aus, ist es aber nicht. Er gleitet immer wieder in seine subjektive, für mich und andere nicht nachvollziehbare Weise ab. Da wo er nicht sachlich argumentieren kann, wird er beleidigend, verhöhnend, manipulativ und benutzt rhetorische Verwirrtechniken. Er hat ca. 700 Experten angeschrieben und ihnen Ausschnitte aus Kernbergs Texten zugesandt. Davon hat er auf seiner hp gerade mal 6 Professoren und eine Ärztin, als eindeutige Zustimmer seiner Anti-Kernberg-Aktion und deren email Antworten wiedergegeben. Von den 7 Experten haben sich nur 2 eindeutig für sein Engagement ausgesprochen. Der Rest beklagte etwa Zeitmangel, seinen unsachlichen Stil oder teilweise falsche Rezeption und war an weiteren unterstützenden Aktionen nicht interessiert. Nur ein Professor hat seine Argumente gegen K. im Rahmen eines seiner Seminare zur Diskussion gebracht. Ich plädiere weiter dafür ihn zu sperren. Ich halte ihn für wikipedia untragbar. Er wird wikipedia nur Schaden zufügen!!!!!--

 

khs, 11. Jun 2006, 17:10

Eins vorweg, ich bin Vollaie. Die Krontroverse Trauma- vs. Triebtheorie sollte woanders geführt werden. Vielleicht geht es auch um das dahinterstehende Welt- und Menschenbild.

Die Fachwelt handelt bei Koryphäen und ihren Theorien allerdings wohl eher nach dem Krähenprinzip. Auf Kernberg und der Theorie die er vertritt baut sehr, sehr vieles auf, auch in Form sich selbst bestätigender Prinzipien. - Und wenn’s versagt ist (schon mit eingebaut) der Patient Schuld.

Als ich oedipals Zitate las, fühlte ich mich spontan an das Weltbild des Lebenshelfers Bert Hellinger erinnert. Dem hat erst seine offensichtliche Sympathie für den Nationalsozialimus und das dahinterstehende Weltbild die Reputation gekostet. Bei manchen wird das, was ebenfalls damit sympatisiert nicht so zur Schau getragen. Das weiter zu Verfolgen würde die Psychologie dann aber mit der Philosophie (Heidegger?) verküpfen und hier zu weit führen. Zeigt aber wie eingeschränkt „objektiv“ sie nur handeln kann.

Die Diskussion erinnert mich in einigem ein wenig, wenn auch nicht ad personam geführt, an die um die Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung der, nach hartem Ringen ein eigener artikel gewährt wurde. Der Begriff war/ist in der Fachwelt noch nicht vollständig etabliert. Es wurde sogar schon die Frage auf- und wieder verworfen, ob die Diagnose Borderline ganz durch KPTBS zu ersetzen sei. (Luise Reddermann und die Bielefelder Traumaklinik haben da z.B. wichtige Akzente gesetzt.)

Wobei auch hier eigentlich mal wieder die recht perspektivische, ansatzabhängige unterschiedliche Gewichtung der vorliegenden Syptomatik bei der Diagnostik psychischer Störungen („Sag mir zu wem du mit deinen Symptomen gehst und ich sag dir die Diagnose“), sowie die mangelnde Integration der, so kommt es mir oft vor, zum Schaden des Patienten konkurrierenden Ansätze und Schulen , den Mittelpunkt gerückt wird.

Ein Komplexer Traumapatient, der fälschlich als Borderliner diagnostiziert wurde und nach Kernberg psychodynamisch ‚konfrontiert’ wird, hat meist definitiv retraumatisiert und chronifiziert verloren!

Von dem rethorischen Stil der von Benutzer:oedipal teilweise an den Tag gelegt wurde möchte ich mich distanzieren, halte die Debatte sowie die Darstellung an sich jedoch auch für überfällig. 

 

schwall, 11. Jun 2006, 17:37

Hallo khs. Es geht mir hier nicht darum, ob eine Diskussion geführt wird, sondern darum wie. Ein Argument wie in der Diskussion um Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung, welches z.B. darauf basiert, das bei anhaltenden Traumatisierungen ähnliche Symptome zu finden seien, wie bei Borderline oder malignen Narzissmus ist doch hinreichend für eine Aufführung in dem Artikel. Aber dieses würde Kernberg auch gar nicht verneinen - auch nicht die sich daraus ergebenen Konsequenzen für eine Therapie. So war es Kernberg, der sagte, dass wahrscheinlich Therapieformen mit stärkerem Support für den Erfolg durchaus sinnvoll sind. Von daher - wie du sagts, es geht nicht um die Schulen, sondern um die Form der Intervention.

 

khs, 11. Jun 2006, 19:17

Hallo schwall, und ich war bislang der Auffassung das Kernbergs TFP zum grossteil auf Konfrontation basiert und er sich auch sehr deutlich von den anderen, defizitär orientierten und supportiven psychodynamischen Verfahren abgrenzt. Diese fast schon moralische Konfrontation wird dem Menschenbild entsprechend erzwungen, ohne grossartige und weitergehende Beachtung darauf, das das angesprochene und so gewertete Fehlverhalten das eigentliche Problem, und Abwehr, Abspaltung, sowie Verleugnung existenziell wichtige Überlebensmechanismen des Patienten geworden sind, die er natürlich erst einmal verteidigen muss. Dieses Verhalten eines Therapeuten und die Reduktion auf so genanntes prä-ödipales (Spiel-)Verhalten wirkt m.e.; kurzfristig vielleicht Symptom unterdrückend, langfristig traumatisierend. Das ist ja nur eine sicherlich fehlinterpretierende Laienmeinung, aber dieses Material z.B. hat mich schon sehr abgeschreckt. Gerade das die Schwierigkeiten die (für normale Menschen wie mich)offensichtlich Ansatzbedingt sind, nicht zu einer Veränderung oder Umdenken geführt haben sondern dem Patienten angelastet werden. Aber TFP wird ja auch gerne in der Forensik eingesetzt, da gehört ein wenig Leiden lassen vielleicht auch zum Sühnekonzept. Das Kernberg stärkeren Support unterstützt ist mir ganz neu (hast du da vielleicht eine Quelle für mich?), in einem Nebensatz um Kritiker zu besänftigen gefallen, oder noch nicht (für mich) ausreichend publiziert. Dennoch haben seine, noch gar nicht so alten Theorien noch immer sehr grossen Einfluss auf die Fachschaft, incl. Ausbildung. Mit oedipal zu diskutieren hätte ich, so manipulativ wie er sich darstellt auch überhaupt keine Lust, wollte seine Anregung trotzdem kurz kommentiert haben. Vielleicht sollte er überdenken, das er seinem Ansinnen damit mehr schadet als nutzt und letztendlich sogar vielleicht Kernbergs Theorien das Wort redet.

Ein Rezensent der FAZ hält Kernberg auch für simplifizierend, wiedersprüchlich und „schroff“:[1]

 

schwall, 11. Jun 2006, 19:23

Hallo khs, zum einen habe ich diese Informationen von Leuten, die Kernberg selber kennen und die immer weider den Unterschied zwischen der eher sachlich emotionslosen Art seiner Schriften von dem unterscheiden, wie Kernberg selbst arbeitet. Weiter ist in einem Buch von ihm Kernberg: Objektbeziehungen und Praxis der Psychoanalyse im Kapitel 9 Für eine integrative Theorie der Klinikbehandlung folgendes zu finden: S.285 Der Therapeut kann dem Patienten nicht helfen, sich als Individuum zu entwickeln, wenn er keinen authentischen Respekt und keine authentische Anteilnahme für ihn empfindet. Nur als kleine Beispiele. Weiter gibt er in dem Band Innere Welt und äußere Realität ab Seite 204 eine Theorie der psychonalytischen Psychotherapie, die er durchaus als Mögliches Behandlungskonzept für leichtere Fälle sieht. Allerdings sieht er auch Gefahren in einer weniger deutenden Haltung. Weiter fällt mir noch Achim Votsmeier ein hier, der ein auf Gestalttherapie und Objektbeziehungstheorie basierendes Behandlungskonzept für Borderlinebehandlung entwicklet hat. es ist also nicht allers schwarz und weiß Gruß

NAchtrag: Der FAZ Text bezieht sich auf Kernbergs Analysen bzw. Übertragungen seiner Konzepte auf Organisationen - diese sind zwar interessant aber auch in der Tat vielleicht als problematisch zu sehen - vielleicht vereinfacht er hier stark. Aber durchaus sehr interessant und als Ansatz sicherlich nicht unbedeutsam

 

khs, 11. Jun 2006, 20:13

Hallo schwall, danke erst einmal für deine Informationen.

Ich finde auch das nicht alles schwarz weiss ist, halte als (naiver?) Laie die Objektbeziehungstheorie nur für sehr negativ (so authentisch wie auch immer) wertend, und sehr frühkindlich reduzierend. Und wenn man innerhalb seines Behandlungskonzeptes eine vielleicht auch darauf bezogene, m.e. sehr verständliche negative therapeutische Reaktion wie folgt auslegen kann, ist meines Erachtens das Erkennen Methodischer Fehler bereits von vornherein ausgeschlossen:

„Eine negative therapeutische Reaktion ist nicht einfach ein Mangel an Verbesserung, sondern vielmehr eine Verschlechterung in Situationen, in denen der Patient fühlt, daß der Therapeut hilfreich war. Patienten mit einer neurotischen Persönlichkeitsorganisation und Borderline-Patienten in fortgeschrittenen Phasen der Behandlung können negative therapeutische Reaktionen aus einem unbewußten Schuldgefühl heraus zeigen.“

Als „häufige Komplikation“ beobachtete „Paranoide Regression“ „Bsp. Patient glaubt, anonyme, beleidigende Telefonanrufe aus dem Sekretariat des Therapeuten zu erhalten, [...]Patient glaubt, der Therapeut spuckt auf den Boden, wenn er ihm auf der Straße begegnet.“ (Uni Saarland, Klinisches Kolloquium WS 96/97, Seminarleiter: Prof. Krause)

Das alles NUR als Übertragung und schwere Formen des Wiederstandes auszulegen ohne weiter auf das Individuum einzugehen oder versuchen zu differenzieren ist m.e. Kritikimmunisierung und Zirkelschlüssig. Manchmal kommt es mir so vor, als wenn es der Patient nicht schafft seine Krankheit nach dem Konzept auszurichten dieses als „Wiederstand“ gedeutet wird. Aber das Zitierte kommt ja auch nicht von Kernberg selber, er hat nur die Vorrausetzungen dafür geschaffen. Aber damit sind wir auch schon gar nicht mehr beim Thema, von dem ich auch gar keine Ahnung habe, aber immerhin schon bei 2 (Laien-)Kritikern von Kernberg ;-) Grüsse

 

Oedipal, 11. Jun 2006, 20:15

Hallo Lennert, hallo khs,

zunächst bitte ich dich, Lennert, die Kritikpunkte, mit denen Schwall meinen letzten Text überschwemmt hat, so aus dem Text herauszufiltern, dass sie nicht mit meinen Ausführungen verschwimmen. Kannst du sie ohne großen Aufwand in einen eigenen Abschnitt hineinkopieren? Sonst lösche sie bitte und überlasse es Schwall, seinen Beitrag noch einmal in zusammenhängender eigener Fassung anzuhängen - aber bitte nicht mehr mitten in meinen Text. Das möchte ich den LeserInnen meiner Ausführungen gerne ersparen; zumal es verwirrend ist, wenn du nicht mehr weißt, ob irgendein Satzanfang von mir oder von Schwall stammt (auch wenn geübte LeserInnen dies relativ schnell erkennen; aber es ist einfach unnötig). Darüber hinaus beantrage ich, Schwall wegen dieser destruktiven Aktion eine Nachdenkpause von 24 oder 48 Stunden zu gönnen (= Sperrung für diesen Zeitraum wegen unfairer Störung von Textzusammenhängen, und damit: von Diskussion).

Du schreibst: „Wie kann ein 7 Jahre alter Artikel völlig ignoriert werden? Und ehrlich gesagt glaube ich weder an Ignoranz noch stillschweiges Tolerieren der Fachwelt. Diese ist eher geneigt divergierende Meinungen von allen Seiten zu kritisieren, als sie stillschweigend zu akzeptieren. Warum ist die einzige Quelle die ich dazu finde Oedipals Homepage?“ Ich habe gesehen, dass du noch am Anfang deiner akademischen Karriere stehst. Da wirst du im Laufe der Zeit deine eigenen Erfahrungen mit der akademischen Welt machen. In der Medizin sollten die Zeiten eines Ignaz Semmelweiß eigentlich der Vergangenheit angehören. Aber die Contergan-Affäre zeigt m.E., dass bestimmte Formen von Ignoranz selbst vor 40 Jahren noch ziemlich deutlich ausgeprägt waren. Insgesamt seid ihr Mediziner sicherlich einfach sehr viel besser dran, weil ihr euch im naturwissenschaftlichen Bereich sehr viel leichter tut, eine unsinnige oder schädliche Operationstechnik z.B. bald zu verwerfen. Und trotzdem kommt es auch bei euch vor, dass derartige Dinge passieren.

7 Jahre sind wirklich eine lange Zeit. Und dass ich mit meinem Versuch einer Kritik an Kernberg nun schon seit 10 Jahren unterwegs bin, verschärft seit seinem Artikel von 1999, von mir gelesen in 2000, also seit jetzt 6 Jahren, das ist in der Tat ein Phänomen, so wie die Psychoanalyse insgesamt ein Phänomen darstellt. Ein System von höchst skurilen Thesen, Fallstudien und Begriffen, das seit über einhundert Jahren sein Bestehen feiert, wobei es durchaus seit Beginn dieses Unternehmens auch Kritiker gab, selbst in den eigenen Reihen der Psychoanalyse. Diese haben jedoch i.d.R. - konfrontiert mit dem Vorwurf, ihren Ödipus-Komplex ausleben zu wollen (Vatermord-Impuls gegen Übervater Freud) - das Handtuch geschmissen, um sich weitere erschöpfende Diskussionen zu ersparen (C.G. Jung, A. Adler z.B. in den frühen Jahren, A.Miller und J.Masson z.B. in späterer Zeit). Andere Mitglieder der Truppe sind stark ausgegrenzt worden (S. Ferenczi, K. Horney). Ich glaube, diese Entwicklung hat die Psychoanalyse als „Wissenschaft“ sehr stark geprägt: Diejenigen, die der PSA nahestehen, wissen, dass sie mit ihrer Kritik sehr vorsichtig sein müssen, weil sie sonst schnell exkommuniziert werden. Ausschluss ist eben ein nicht zu unterschätzendes Mittel. (Das wissen auch die Mitglieder der katholischen Kirche.) Viele andere Menschen, die mit der PSA von vornherein einfach nichts am Hut hatten, haben sehr oft das Gefühl, ihre Zeit zu verschwenden, wenn sie sich mit derart abstrusen Thesen beschäftigen. Ich persönlich finde das sehr schade, weil die gründliche Auseinandersetzung mit der PSA m.E. für die Psychologie und Psychotherapie wirklich sehr wichtig ist!

Aber auch die VertreterInnen der PSA tragen ja redlich das Ihrige dazu bei, seriösen Menschen eine Auseinandersetzung mit ihr zu erschweren. Man denke an die Geheimhaltungspolitik des Freud-Archivs, in dem Dokumente zu Freud und der PSA gelagert sind, die bis zum Jahr 2113 (in Worten: zweitausendeinhundertdreizehn) vom öffentlichen Zugang ausgeschlossen sind. Man muss sich das mal für eine Naturwissenschaft vorstellen: Irgend jemand entwickelt eine sagenhafte Theorie, und bei dem Versuch, deren Entstehungszusammenhänge durch postmortale Archivarbeit zu klären, bekommt man zu hören: „Nein! Heute leider nicht! Beauftragen Sie doch bitte ihre Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel mit der Recherche. Da lässt sich dann sicher was machen!“ Ich fühle mich an die Bewahrung des Geheimnisses von Galilei erinnert. Das war - jedenfalls von der katholischen Kirche - auch ca. 200 Jahre bewahrt worden.

Aus meiner Sicht ist das 7-Jahre-Phänomen z.B. dadurch zu erklären, dass die Leute, die sich innerhalb dieser Disziplin bewegen, aufpassen müssen, wenn sie ihren Mund aufmachen. Ist doch schon wirklich erstaunlich, dass gestandene Professoren und Fachleute sich zunächst noch kurz äußern, solange sie ein paar Zitate anonym vor sich haben, dann aber verstummen, wenn ihnen der Name der Autorität bekannt gemacht wird. Diese von mir zuvor in mündlichen Diskussionen oft genug gemachte Erfahrung hatte mich dazu bewogen, das beschriebene Verfahren zu wählen (Zitate erst nur ohne bibliografische Angabe zu dokumentieren und dann um Rückmeldung zu bitten).

Ich spreche insofern von „Kritikern“, als sich eben durchaus Menschen sich zu einer kritischen Äußerung gegenüber Kernberg bereit gefunden hatten. Manche Antworten sprechen von dem Erschöpfenden eines solchen Unterfangens, z.B. weil man auf das Desinteresse der Studierenden stößt (Prof. W.S.). Mein Angebot steht weiter, mir zu sagen, welche der zitierten BriefeschreiberInnen den DiskussionsteilnehmerInnen hier als Garant geeignet schiene, meine Kritik zu validieren. Ich würde dann die betreffende Person eventuell anschreiben und um Zustimmung bitten. Wahlweise könnte ich versuchen anzubieten, so etwas wie eine notarielle Beglaubigung über die Existenz dieser Äußerungen und die Existenz der AutorInnen als anerkannte Fachleute vorzulegen. Und, wie an anderer Stelle gesagt: Ich garantiere, dass fast alle entsprechenden Namen (S.F., S.M., R.B., L.R., P.F., weniger womöglich Prof. S.H. oder W.S.) den hier ernsthaft diskutierenden, nicht ganz fachfremden Leuten bekannt sein werden.

In der Zwischenzeit hat sich womöglich ja auch einer von den DiskussionsteilnehmerInnen mehr mit Kernberg beschäftigt und mag - so oder so ähnlich - in meine Kritik einstimmen. Ich kann den Kernberg-Artikel nur wärmstens empfehlen für alle, die sich in knapper Form über das therapeutische Denken und Handeln des langjährigen IPA-Präsidenten informieren wollen. Wer dann noch eine ausführliche Kommentierung wünscht, der findet - abgesehen von dieser Diskussionsseite - Entsprechendes auf der angegebenen Webseite (http://www.oedipus-online.de).

Im Moment möchte ich auch noch kurz zu den Ausführungen von khs sagen, dass es nicht verwundern muss, wenn die hier geführte Debatte an den Streit um KPTBS erinnert (ich war damals wohl noch nicht mit WIKIPEDIA vertraut und habe das nicht mitbekommen, kann mir aber lebhaft vorstellen, wie es dabei zugegangen ist; muss das mal nachlesen; vielen Dank für den Hinweis! Ich würde mal tippen, dass AutorInnen wie Schwall oder Alchemy gegen die Einrichtung einer derartigen Seite gestimmt haben oder gestimmt hätten): Hier wie dort geht es um die zentrale Frage, welcher Stellenwert der REALEN TRAUMATISIERUNG zukommt. Es geht hier um nichts anderes als DAS ZENTRALE DOGMA der klassischen Psychoanalyse - den ÖDIPUS-KOMPLEX: Freud hatte ursprünglich noch als zentralen Entstehungsfaktor der Neurose „Hysterie“ das REALE TRAUMA gesehen, m.E. ein sehr vernünftiger Ansatz, der von Josef Breuer stammt, der aber schon 1895 von Freud pervertiert wurde zu einem Ansatz, der am Ende - 1896/1897 - allein in der Vergewaltigung des 2-8jährigen Kindes durch den Vater ein Trauma anerkennen wollte - wohlgemerkt: NICHTS ANDERES, schon der Großvater oder ein höheres Alter kamen nicht mehr in Betracht! Ab September 1897 stellt Freud diesen Ansatz quasi völlig auf den Kopf und sieht den zentralen Ursprung der Neurose in einem PHANTASIEGESCHEHEN, das sich das Kind aus seinen „Perversionskeimen“ heraus selbst konstruiere. Kristallisationspunkt dieses Geschehens ist die Behauptung des Ödipus-Komplexes: Die Behauptung des universellen Impulses von 2-5jährigen Knaben, die Mama vögeln und den Papa deswegen aus dem Weg räumen zu wollen. Für die Mädchen gelte etwas analoges. (Näheres dazu auch auf meiner Webseite: Stichwort Freud.)

Interessant übrigens, dass der alte Sophokles eine vollkommen gegenteilige Geschichte erzählt: Die Mama weiß, vermutlich von Anfang an, dass sie mit ihrem Sohnemann vor dem Traualtar steht. Ödipus kommt dem makaberen Spuk erst am Ende des Stückes auf die Spur. Und auch der Tötungsimpuls ging in der Geschichte von Sophokles eindeutig vom Vater aus, auf den Ö. dann in Notwehr re-agiert hat. Das zentrale Problem: Vater und Sohn konnten sich in dieser Situation nicht erkennen. Denn Ödipus war als Säugling ausgesetzt worden. Und wenn ihr wissen wollt, wer für diese Aussetzung verantwortlich war, dann müsst ihr die üblichen zusammenfassenden Darstellungen des Geschehens oder gar Fachkommentare zu dem Stück von Sophokles beiseite lassen und einen Blick auf meine Seite, oder, für Freunde von Details, in mein Buch gucken; das könnt ihr z.B. auf jeden Fall über Fernleihe bekommen.)

Das Dogma vom perversen Phantasiegeschehen bei Kindern, kristallisiert im Ödipus-Komplex, wird von Freud und seinen getreuen Erben vernunftwidrig und patientInnenschädigend bis heute mit Zähnen und Klauen verteidigt. Das genau ist die Grundlage für die „Theorie“ von Kernberg. Deswegen ist die Anerkennung der KTPBS für alle braven Freudianer und Kernberg-Fans ein Horror: Sie sehen die Basis ihres ganzen schönen Gebäudes zerbröseln. Wer sieht dem schon gerne zu?

Und ich teile auch so ähnlich (oder genauso?), wie du, khs, deine Einschätzung, dass den skurilen Guru Hellinger „erst seine offensichtliche Sympathie für den Nationalsozialismus und das dahinterstehende Weltbild die Reputation gekostet“ hat. Es war dadurch sehr viel leichter, ihn so relativ rasch (und verdient) an den Pranger zu stellen.

Übrigens freue ich mich sehr, wenn hier jetzt ein wirklich sachlicher und konstruktiver Diskurs einsetzt. Mir ist es auch lieber, in Ruhe und Gelassenheit zu diskutieren. Nur manchmal möchte ich jedenfalls - angesichts einer (von mir) wahrgenommenen Ignoranz, Kälte, Begriffsstutzigkeit, ... - laut aufschreien. Und das tu ich dann eben auch mal. Aber freut mich sehr, wenn die Anlässe dafür weniger werden oder gar ganz verschwinden!

 

Oedipal 12. Jun 2006, 23:23

Noch ein Statement von Oedipal - mit einem besonderen Gruß für den Rain Man

Hallo, Rain Man; hatte meinen Beitrag geschrieben bevor ich deinen wohltuenden Beitrag hier vorgefunden hatte. Habe dich am Ende kurz erwähnt. Hätte dich demnächst angeschrieben. Schön, dass du hier auftauchst! Du bist wie ein Regenschauer in der Wüste!

Sorry, Leute, nicht dass ihr denkt, ich hätte wirklichen Bedarf an solchen Diskussionen, sie erschöpfen mich womöglich genauso – oder sogar mehr –, wie euch. Deshalb in aller Kürze:

Grundsatzdiskussion: Glaubt ihr etwa, ich bin scharf darauf, „Grundsatzdiskussionen“ zu führen? Merkt ihr nicht, wie beklemmend es ist, Grundsatzdiskussionen führen zu müssen, zu Themen, die eigentlich völlig undiskutabel sein sollten: Ob Kinder, die in KZ’s verschleppt worden sind und dort die hinlänglich geschilderten GREUEL erlebt haben, ihre psychische Störungen aus diesen Erlebnissen beziehen „dürfen“, oder ob man ihnen vielmehr scharfsinnig die Perversionen aus ihrem Säuglingsalter nachweisen muss? Ob man bei vergewaltigten Grundschülerinnen deren „(ödipale[r]) Schuld“, nämlich dem Empfinden eines „sexuell erregenden Triumphes“ nachschürfen muss, um die Entwicklung von deren psychischer Störung zu verstehen? Für mich ist es erschütternd, dass diese für mich für selbstverständlich gehaltenen Dinge hundertmal oder tausendmal oder öfter durchgekaut werden müssen, bis sie unter gebildeten, verständigen Menschen eine Resonanz erzeugen! Und das Trauerspiel, das sich hier in Wikipedia unter den Augen der Interessierten abspielt, bietet „hinreichendes“ Material, um nachvollziehen zu können, warum es so lange dauert, bis eine Expertenschaft auf dieses Geschwätz mit Protest reagiert: Ihr seht hier, wie (Mini-)Experten aus verschiedenen Lagern auf eine pointierte Kritik an Kernberg und seinen ekelhaften Thesen reagiert! „Das kann er nicht so gemeint haben! Er meint das bestimmt so und so! Deine Argumentation ist Müll! Das ist alles Quatsch, was du schreibst! Du hast keine Ahnung! Du musst das im Kontext seiner Theorie sehen! Kernberg würde niemals sagen, dass ...! Ich kenne Leute, die Kernberg persönlich kennen, und die sagen, dass er ...!“ Welch ausgereiftes Diskussionsniveau! Das hat in der Tat Kant’sche Dimensionen! Vielen Dank! Das liefert mir reichhaltiges Material für eine weitere Real-Satire!

Wikipedia ist in der Tat EINE, aber sicher nicht die letzte Plattform, auf der ich versuche, Werbung für die Vernunft zu betreiben!

Könnt ihr denn nachvollziehen, was es bedeutet, nichtssagende Phrasen und Beschimpfungen von der Qualität eines Schwall oder Alchemy in mündlicher direkter oder schriftlicher Form wieder und wieder um die Ohren geschlagen zu bekommen, nur weil ihr Kernbergs Widerwärtigkeiten einmal IM WORTLAUT zitiert habt? Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Auf dieses „Vergnügen“ könnte ich gerne verzichten!

Zur Neutralität: Ich muss wohl anerkennen, dass der Mensch einen Hang zur Neutralität hat: „Also, ich halte mich da raus, ich kann das ja sowieso nicht so genau beurteilen! Deswegen registriere ich einfach mal nur so, was da gerade genau abläuft. Ohne Bewertung. Ohne Handlungsimpuls.“ Man könnte es sogar „innere Achtsamkeit“ nennen. Das beruhigt auf jeden Fall die Nerven! Mit diesen Worten kann man den zur Deportation abgeführten Juden hinter den Gardinen nachblicken, ebenso den stalinistischen Schauprozessen achselzuckend beiwohnen.

Da waren die alten Griechen womöglich klüger: Der weise Solon (ca. 640-560 v.u.Z.) hatte ein Gesetz formuliert, wonach in Athen im Fall eines Bürgerkrieges jeder Bürger eine Position beziehen MUSSTE! Er ging davon aus, dass dadurch die gerechte Sache schneller eine Mehrheit finden würde. (Er soll später von dieser Idee nicht mehr so überzeugt gewesen sein. Vielleicht musste er erkennen, dass die Mehrheit nicht immer ein Garant für vernünftige Entscheidungen ist!)

Mir geht es jedenfalls so, dass ich die Einstellung von „Neutralität“ in einem wirklich heftigen Konflikt – und der Vergleich eines kindlichen KZ-Opfers mit dessen Kommandanten oder die Beurteilung der Vorgänge in einem vergewaltigten, maximal neunjährigen Kind ist für mich so ein Fall – beklemmender empfinde, als eine klare Parteinahme für irgendeine der beiden Seiten. Gegen einen klaren Befürworter einer perversen Auffassung lässt sich leichter argumentieren, als gegen jemand, der ständig argumentiert, das sei zwar so und so geschrieben, aber so und so gemeint.

Zu khs: Lass mich noch einige Anmerkung zu deinem Kommentar abgeben. Nach einem kurzen Blick auf die m.E. sehr informationsreiche, gut gestaltete Seite von The Rain Man zu KPTBS kann ich diesem nur zustimmen! Aus meiner Sicht ist das, was unter dem so gut wie nichtssagenden Etikett „Borderline“ subsumiert wird, eindeutig besser durch KPTBS zum Ausdruck gebracht, weil in diesem Begriff die Problematik des Betroffenen als OPFER traumatisierender Umstände EINDEUTIG zum Ausdruck gebracht ist. (Übrigens empfinde ich die kommentierende Überschreibung seiner Seite im „Asyl“ als versteckt gehässig und eindeutig abwertend! Wo bleibt da die gepriesene Neutralität?) Aber das passt natürlich den Verteidigern der Kernberg’schen Theorie nicht ins Konzept, weil ihr Ansatz („Objektbeziehungstheorie“) geradezu das komplette GEGENTEIL des KPTBS-Ansatzes zum Ausdruck bringt: Traumatisierungen können zwar vorkommen, aber sie bieten der ohnehin angelegten triebhaften Deformation der Kleinkinder (orale Wut, oraler Neid) nur eine Folie, auf der diese sich erst richtig gut abbilden kann (siehe z.B. KZ-Opfer). So legen die Kernbergianer Wert darauf, dass sich von der KPTBS eine „Borderline-Störung“ (angeblich) ziemlich eindeutig abgrenzen lasse. (Kommentar von Oedipal: Ha-Ha-Ha! “Borderline” = Nahezu aussageloser Begriff, der in seiner Diffusität und Unbestimmtheit nur sehr schön dem Drang der Besserwisser nachkommt, ihren wirklichkeitsverdrehenden Theorien eine schöne, glatte Spielwiese zu verschaffen!)

Dass dich das Internetmaterial der Uni Saarbrücken „schon sehr abgeschreckt“ hat, sollte dich nicht verwundern. Otto Kernberg und Rainer Krause, unter dessen Schirmherrschaft die von dir wahrgenommenen Thesen ins Netz gestellt wurden, sind befreundet. Das hat er jedenfalls mir gegenüber in einer Diskussion in der Saarbrücker VHS (anlässlich der Attentate auf das WTC am 09.11.) dargestellt, als ich ihn zur Theorie Kernbergs befragt habe. Krause hat auch in demselben Heft einen Beitrag geleistet, in dem Kernberg seine Thesen von 1999 verbreitet. (Auf diesen Artikel gehe ich auch auf meiner Webseite ein: Stichwort: Psychotherapeuten-Warndienst für das Saarland / Rainer Krause.) Das, was dich abschreckt, die automatische Verortung der „Schuld“ oder „Verantwortung“ für das Geschehen bei den Betroffenen finde ich auch – gerade auch in den von mir kritisierten Fällen – unerträglich! Da geben sich aber Krause und Kernberg wohl unschwer die Hand.

Über schwall (da er sich ja aus dem Diskussionsprozess ausklinken wollte, um nicht noch mehr „mit Dreck beworfen zu werden“, diskutiere ich wohl besser nur noch über ihn; ist eigentlich nicht mein Stil): Es ist ja rührend, wie er Kernberg mit den Worten zitiert: "Der Therapeut kann dem Patienten nicht helfen, sich als Individuum zu entwickeln, wenn er keinen authentischen Respekt und keine authentische Anteilnahme für ihn empfindet." Es ist das erste ausführliche Kernberg-Zitat, das er bringt. Und jetzt sagt mir, ob ihr IRGENDEINEN FUNKEN an Respekt in den Fallgeschichten über das Kz-, das Vergewaltigungs- und das Therapeuten-Missbrauchs-Opfer findet!?!?!? Viel Glück bei der Suche! Ich fürchte, sie wird ohne Erfolg bleiben! Hier zeigt sich Kernberg als der Einbrecher, den ich im Verlauf der Diskussion schon einmal geschildert hatte: Als der Mann, der beteuert, vor dem Eigentum anderer größten Respekt zu haben!

So long – gute Nacht

 

schwall 13. Jun 2006, 08:44 

Hallo. Ein Vorschlag: könnten wir nicht alle, eine neue Seite als Vorschlagseite aufbauen und diese dann in den Artikelraum stellen lassen, in der auch eine Kritik enthalten ist, die auf die aktuelle Diskussion in der Traumatalogie hinweist, bzw. die Probleme einer Objektbeziehungstheorie darlegt ohne polemisch zu sein, so dass alle Leser etwas davon haben?

 

khs 13. Jun 2006, 17:40

Zustimmung! Das meinte ich mit „Die Krontroverse Trauma- vs. Triebtheorie sollte woanders geführt werden“. Wir sollten dabei vielleicht beachten keinen „POV-Fork“ - „Objektbeziehungskritik“ o.ä. zu produzieren. Ob die Relevanz für einen eigenen Atikel reicht glaube ich auch noch nicht so ganz. Aber Argumente und FAKTEN in Artikel-ähnlicher Form auf einer Unterseite im Benutzerraum zusammen zu sammeln und DORT zu diskutieren, dieses dann ggf. in verwandte Artikel kritisch, aber unpolemisch, dem Stand der wissenschaftl. Diskussion (und das ist eben sehr dünn!) entsprechend unterbringen ... (uhie-juhie-juhie ....;-) -- Fänd ich gut!

 

schwall 13. Jun 2006, 17:01

In welchem Namensraum soll der Arikel angelegt werden?

 

Sebi,

Also langsam bewegt sich die Sache in die richtige Richtung. Echt schön, dass es hier doch zu klappen scheint. Nur möchte ich noch kurz auf schwall eingehen, auch auf seine Antwort auf mein Statement von oben.

Natürlich halte ich dich nicht für einen Vandalen, gar kein Thema. Nur wenn Du wegen eines Zitates gleich einen ganzen Absatz entfernst, dann kann das schon einen falschen Eindruck erzeugen. Das Wichtige dabei: Wikipedia hat Regeln, aber für diesen Fall besonders wichtig: Es gibt auch noch andere Regeln auf der Welt - und auch hier in Deutschland - die wichtiger sind als so manche Wikipedia-Regel, allerdings richtet sich die Wikipedia dann dementsprechend danach.

Auf was ich hier hinaus will: Das Entfernen eines solchen Absatzes kann bei einem Betroffenen unglaublich schweren Schaden anrichten. Das kann ein Nichtbetroffener kaum nachvollziehen, wie fatal das sein kann. Allein die Existenz eines solchen Artikels über Kernberg kann, zumindest in einer solch unkritisierten Form, eine schlimme Verletzung und Quälerei, ich würde sagen auch Folter mit bleibenden Schäden für Betroffene sein. Im Zweifelsfall geht hier der Menschenschutz und die Menschenwürde vor.

Viele Leute haben schlimm gelitten wegen der Dinge die Kernberg propagiert. Ob dieser Professor das alles aus Fahrlässigkeit macht, aus niederen Beweggründen oder weil selbst die schlauesten Menschen an ihr Lebenswerk glauben wollen und ohne schlechte Absicht gegenüber Dingen blind werden; solch ein Wahnsinn muss dringend gestoppt werden.

Jedenfalls finde ich es super, dass Schwall bei der neuen Seite mitmacht. Was diese Seite betrifft unterstütze ich Euch so gut ich kann. Momentan habe ich zwar sehr viel Arbeit, aber ein bisschen Zeit finde ich auf jeden Fall. Die grundsätzlichen Entscheidungen überlasse ich erst mal Euch. Übrigens: Eine etwas modifizierte Seite des alten Artikels findet ihr hier. Stört Euch bitte nicht an dem gelben Schild über dem Artikel, ich bin auch nur ein Mensch. Und zu der ganzen Geschichte wie der Artikel massakriert wurde, musste ich sagen

This user is not amused.

 

----> Aber die Zeiten ändern sich. Danke an Euch!

 

schwall 13. Jun 2006, 18:57

Super - es geht ja in die richtige Richtung - werde erstmal deinen Artikel durchlesen. Habe in meinem Namensraum [4] ein Lemma Kernberg eingerichtet und die Inhalte des bestehenden Artikels eingesetzt. Ich schlage vor neben der Biographie die Arbeit Kernbergs in Bezug auf die Objektbeziehungstheorie darszustellen und dann die für mich sehr wichtige phänomenische Übereinstimmung zwischen komplexer PTBS und Borderlinern. Ich nehme die mögliche Verletzung von Betroffenen ernst (ernster, nach dem Einwand von dir Sebi) und möchte aber auch gerade deshalb versuchen, die Sachlage so darzustellen, dass sie eine Chance in diesem Artikel haben wird. Frage an dich Sebi: warum ist dein Artikel letztlich untergegangen - könnte zwar nachforschen, aber vielleicht geht es ja so schneller. Also würde mich über alle Beteiligten freuen (alle!) und hoffe, dass das Projekt gelingt. Eine andere Projektseite geht natürlich auch, wenn Bedenken wegen meines Namensraums bestehen. Gruß 

 

Sebi 13. Jun 2006, 19:31 

Hört sich toll an. Bin mir sicher, das klappt. Möglicherweise wird es während der Neugestaltung noch die ein oder andere Diskussion geben, aber letztendlich sitzen hier vernünftige Leute am Tisch.

Wegen des von mir geschriebenen Artikels; da hat es zu der Zeit einige grundsätzliche Missverständnisse gegeben. Den Inhalt hat hier keiner geglaubt und zudem für eine grobe Verletzung des Neutral Point Of View gehalten. Zu der Zeit war ich noch relativ neu hier und kannte mich noch gar nicht aus. Ich wusste noch nicht mal, wie man hier den NPOV versteht. Ich bezog das auf die Wikipedia als Gesamtheit. Aber nach meinem momentanen Wissensstand soll schon innerhalb jedes einzelnen Artikels der NPOV erreicht werden. Wenn es also zwei sich wiedersprechende wissenschafliche Theorien gibt, müssten sie demnach in einem Artikel einander gegenübergestellt werden. Dass das nicht überall der Fall ist (vgl. BPS-Artikel und andere Wissensgebiete) und sein kann, war in diesem Fall nicht ausschlaggebend.

Natürlich war ich sehr echauffiert davon, dass jemand ein paar Bilder aus dem Artikel genommen hat und hab mich, ohne es richtig zu wahrzunehmen und zu wollen, mit diesem jemandem in die Haare gekriegt. Aber keine Sorge, mit betreffender Person verstehe ich mich inzwischen sehr gut. Da ist schon wieder Gras drüber gewachsen.

Ich habe dann einen von betreffender Person eingesetzten Überarbeiten-Baustein und auch den Neutralität-Verletzt-Baustein rausgenommen. Dann hat man den Artikel gesperrt, ich wusste da noch gar nicht was „Sperren“ bei Wikipedia bedeutet. Aber ich hab mich darüber aufgeregt, dass der Artikel so fertig gemacht wird. Ein paar Minuten später war er zur Löschung angesetzt. Die Meisten fanden ihn wohl relativ verstrahlt bis geistesgestört. Leider. Und viele fanden das „Lemma komplexe PTBS“ überflüssig bzw. irrelevant. Zum Schluss kam dann Scepticfritz, ein Psychologie-Professor. Der hat das Lemma komplexe PTBS verteidigt und den neuen Artikel geschrieben.

Was mich betrifft; ich hatte mir vorgenommen Abstand zu diesen Themenbereichen zu nehmen und mich auf unbestimmte Zeit hier nicht mehr damit zu beschäftigen. Aber in so einem Fall wie hier bin ich gerne dabei. Grüsse –

 

khs 13. Jun 2006, 19:43

Find ich Klasse! Werde mich aber erst Morgen gegen Abend beteiligen können. Grüsse an alle die schon mit im Boot sind.

 

schwall 13. Jun 2006, 19:46

Sehr schön - habe den Artikel mal grob strukruriert [5] - als Vorschlag - werde mich erstmal auf die Darstellung der Objektbeziehungstheorie verlegen - mal sehen. Warum hast du dich (sebi) zurückgezogen? Grüße

 

Sebi  13. Jun 2006, 22:37

Jup, das schaut schon nicht schlecht aus. Hoffe dass Oedipal die Sache auch im Groben begrüßt. Das mit dem Zurückziehen von diesen Themen würde ich gerne irgendwann später erzählen. Also, Bis demnächst .
 

Oedipal 14. Jun 2006, 08:17

Hallo Sebi,

du fragst mich (Oedipal), ob ich die Sache im Groben begrüße. Dazu sollte vielleicht zunächst einmal die Bootsfrage geklärt werden: Wer sitzt denn hier überhaupt drin? Wer übernimmt das Steuer? Wer rudert? Von khs habe ich bisher nur gehört, dass er sich eigentlich nicht vorstellen kann, mit mir zu diskutieren. Wie ist denn da wohl der Stand der Dinge? Er hat bisher eher vermieden, auf meine Beiträge direkt einzugehen.

Zu schwall muss ich erst noch einmal meinen Ärger loswerden: Er hat einmal angekündigt, er wolle sich aus der Diskussion zurückziehen. Bisher hatte er das nicht zurückgenommen, ist jetzt aber schon dabei, sich zum Vorreiter einer kritischen Umgestaltung zu machen. Das ist in meinen Augen geradezu geschmacklos, denn er hat in der bisherigen Auseinandersetzung hinreichend bewiesen, dass er zu dieser kritischen Auseinandersetzung gerade NICHT in der Lage ist. Sein schöner Entwurf zeigt das ja auch: Zunächst ausführliche Darstellung der klugen Theorie. Vielleicht abgeschlossen mit einem von Kernbergs Zitaten über die Bedeutung von authentischer Anteilnahme und authentischem Respekt? Derart eingelullt kann den LeserInnen dann auch eine kleine „Kritik“, oder gar „radikale Kritik“ zugemutet werden. (In Klammern: Die kann man dann, wenn die Wogen sich ein wenig geglättet haben, leicht unter einen Radikalenerlass fallen lassen!) Eine solche Kritik hat vor allem eine FEIGENBLATTFUNKTION: Sie soll helfen, etwas zu bedecken, was man beschämt am liebsten den Augen der anderen verbergen möchte. (Ein Fortschritt ist immerhin, dass schwall die „Nacktheit“ von Kernbergs Theorie jetzt wenigstens erkannt zu haben scheint. Da hatte er sich ja vor wenigen Tagen noch im Zustand naiver Unschuld befunden. Wenn seine neue Position wirklich einen Umdenkungsprozess offenbart, dann habe ich dafür tatsächlich Respekt! Dann würde ich aber auch erwarten, dass er im weiteren Verlauf dieses Prozesses z.B. seine (von mir nachgezählten) 32 Kommentare aus dem Beitrag von mir herausnimmt, den er offenbar damit zerstückeln wollte. Das ist bislang noch nicht geschehen.)

Mein Gegenvorschlag: Schaut euch mal z.B. die Seiten von Hitler, Stalin oder Ceausescu an: Da wird (zumindest bei den ersten beiden Herren) ganz am Anfang direkt eine deutliche Bewertung von deren Tätigkeit vorgenommen. Erst danach geht es um die Darstellung von ihrem Wirken, jeweils aus einer distanzierten Perspektive, die keineswegs auf die Brocken der alten Propaganda zurückgreift, bzw. da, wo sie es tut, diese als Propaganda benennt und richtigstellt.

Bei den gerade genannten Herrschaften ist die einigermaßen „neutrale“ Auseinandersetzung mit ihrem Wirken dabei ja noch relativ einfach, weil die Bewertung ihrer Gesamtleistung unter den einigermaßen vernünftigen LeserInnen kaum umstritten sein wird. Aber bei Leuten wie Kernberg, die sich noch in dem Zustand befinden, dass sie sich – wie seinerzeit auch die drei genannten Herrschaften – größter Zustimmung und Popularität erfreuen, wird das alles etwas schwieriger. Gerade da ist m.E. für ein Medium wie Wikipedia wichtig, sehr direkt und deutlich das WISSEN um die zentralen Positionen solcher Menschen darzustellen – und zwar sehr KONKRET.

Noch einmal ein Beispiel: Hätte es Wikipedia schon zu Hitlers, Stalins, Ceausescus, ... Zeiten gegeben: Hätte sich eine (kritische) Wikipedia-Gemeinschaft damals herausnehmen sollen, ZU BEGINN einer ausführlichen Darstellung der entsprechenden Personen auf deren EINDEUTIGE AUSSAGEN und HANDLUNGEN in Hinblick auf Intoleranz (gegenüber Juden, Kranken, Minderheiten, ...), Missachtung geistiger Freiheit oder was auch immer einzugehen? (Natürlich nur, sofern entsprechende Textstellen im Original zitiert, entsprechende Handlungen belegt sind!) Ich würde mir jedenfalls wünschen, dass es - gerade in heutiger Zeit - leichter gelingen würde, entstehende Tyranneien oder unmenschliche Doktrinen bereits in ihrem Entstehen zu bremsen und auszuhebeln. Schon die alten Griechen hatten sich mit derartigen Fragen beschäftigt und dann z.B. ihr Scherbengericht erfunden. Ob spätere Historiker einmal in Wikipedia eine solch kritische Wächter-Institution sehen werden? Wenn darin auch eine Funktion von Wikipedia gesehen wird, zeitnah und kritisch bestimmte Doktrinen und Machenschaften zu dokumentieren, könnte das dann dazu beitragen, dass die Welt in Zukunft nicht mehr so viele Disaster erleben muss, über die dann - IM NACHHINEIN - jeder Bescheid weiß und wo dann wieder die viel zu oft gestellte Frage auftaucht: Warum wurde denn dieser üble Spuk nicht schon viel früher beendet?

Ich höre jetzt schon den Aufschrei, dass es doch eine Schweinerei sei, Kernberg mit den genannten Drei zu vergleichen. Und natürlich weiß ich auch, dass diese Drei unvergleichlich sind. Aber an drastischen Beispielen lässt sich manches eben leichter darstellen: Dass für mich nämlich die GRUNDLAGE jeder Auseinandersetzung mit Kernberg die gründliche Beschäftigung und eindeutige Bewertung seines Umgangs mit kindlichen KZ- und Vergewaltigungs-Opfern, mit Opfern schwerer TherapeutInnenfehler (sexuell missbrauchte Frau; alleingelassene Studenten, die ihr Stipendium verlieren), u.s.w. stehen MUSS. Jede andere Darstellung seines Wirkens macht sich m.E. mitschuldig, der Verbreitung dieses Horrors Vorschub zu leisten.

Deswegen meine Position, zusammengefasst:

Ich steige nur in ein Boot, bei dem ich weiß, dass die Insassen mit mir in folgenden Punkten übereinstimmen:

- Die kindlichen Opfer sind Opfer, und nicht die Agenten triebhafter Verfehlungen!

- Die Bemäntelung von Gewalt (v.a. wenn sie sich gegen Kinder richtet, aber natürlich auch, wenn sie sich gegen Erwachsene richtet) mit Schuldzuschreibungen gegenüber den Opfern ist obszön, nicht die drastische Darstellung dessen, was den Betroffenen widerfahren ist! (Zumindest, solange die drastische Schilderung nur dazu dient, das ganze Ausmaß der verbalen Verschleierung dieses Elends zu verdeutlichen!)

- Eine (kritische) Darstellung von Otto Kernberg erfordert, dass eine eindeutige Stellungnahme zu den zentralen Aspekten seines Handelns allen Aussagen über seine Ehrungen, Theorien u.s.w. VORANGESTELLT wird: Sein Rückgriff auf (angebliche) frühkindliche triebhafte Verfehlungen (orale Wut, oraler Neid) auf Seiten der Betroffenen, um deren psychisches Leid zu „erklären“; seine Opfer-Täter-Verkehrung; die Gefahr einer Re-Traumatisierung für Betroffene unter solch einer „Behandlung“. Dann lassen sich die entsprechenden Auszeichnungen, Titel u.s.w. auch besser einordnen.

Bei dir, Sebi, habe ich bereits sehr deutliche Aussagen dazu wahrgenommen! Dir gegenüber habe ich volles Vertrauen, dir könnte ich mit ruhigem Gefühl das Steuer überlassen! Bei khs scheint eine deutliche Kritik an Kernbergs Praxis ebenso durch. Von ihm würde ich mir vielleicht noch eine kurze Bestätigung wünschen, ebenso eine Klärung, ob er mich für diskussionswürdig hält, oder nicht. (Ansonsten könnte die Zusammenarbeit an Deck ein wenig schwierig werden.) schwall und Alchemy haben bisher nur Belege dafür abgegeben, dass sie diejenigen für abartig halten, die Kernbergs Praxis klar und eindeutig für abartig halten. Wenn sie in der Lage sind, diese Haltung klar und eindeutig zu revidieren, dann seien auch sie auf dem Kahn willkommen.

In einem solchen Schiff wäre ich jedenfalls gerne dabei! Leinen los?

In diesem Sinne

 

Widescreen 14. Jun 2006, 10:38

Der "Streit"

Hallo, da ich den Artikel Kernberg nicht beobachte, bin ich erst jetzt auf euren "Streit" gestossen. Dieser dreht sich im Wesentlichen um die Person Kernberg und seine Aussagen als auch die Psychoanalytische Therapie dreht. Obwohl ich keine Lust hatte, mir die gesammte Diskussion durchzulesen, bin ich doch auf einige Widersprücklichkeiten gestossen.

Das Zitat von O.F.K: Darin erklärt Kernberg u.a., dass das zentrale Problem einer Frau, die als Mädchen von noch nicht zehn Jahren von ihrem Vater vergewaltigt wurde, darin bestehe, dass sie dabei einen "sexuell erregenden Triumph über ihre Mutter" erlebt habe. Die Frau, die unter schweren Depressionen leidet, müsse lernen, "ihre Schuld (zu) tolerieren".

Hier liegt bei oedipal ein grundlegendes Missverständniss vor. Zwar wäre es schön, wenn die die Thematik eine so eindeutige Polarisierung in schwarz und weiß in sich tragen würde, doch hier ist dass Probem, dass, vor allem wenn der Missbraucher eine nahe Bezugsperson ist, es leider selten eine solche Verdammung statt finden darf. Das liegt daran, dass vor allem im Falle einer Vergewaltigung von einem Elternteil hier äußerst selten der Missbraucher als nur böse gesehen werden kann. Oftmals ist es sogar so, dass der Missbraucher dem Kind oder Jugendlichen als Verschleierungstaktik die Schuld an dem Geschehen gibt, ihm einredet, dass er bestraft würde, wenn der Missbrauch jemals ans Tageslicht kommt usw. Selten gehen Missbraucher, vor allem wenn sie in engen Kontakt zu den Ki. u. Ju. stehen brutal vor. Dass bei einem solchen Vorgang sexuelle Lust erlebt wird, erhöht die Schuldgefühle des Opfers, da das Opfer ja zumeist weiß dass etwas falsch daran ist. Wenn der Missbrauch, wie so oft, verborgen bleibt, kann es zu höchst ambivalenten Einstellungen gegenüber dem Missbraucher kommen.

Zudem ist der Missbraucher in der überwiegenden Zahl der Fälle ein Verwandter oder enger Freund der Familie, der sich oftmals "rührend" um die Kinder kümmert. Diese Aspekte, dass der Missbraucher oft auch eine sehr nette Seite hat (Manchmal Vater oder Onkel ist), lässt selten eine so eindeutige Polarisierung zu. Kernberg (als Kluger Theoretiker und Kliniker) weiss, offenbar im Gegensatz zu anderen, dass eine solche Schuld oft schwerer wiegen kann als die einmalige Tat an sich. Wenn sich hier die Patientin selber die Schuld für ihre sexuelle Lust gibt, dann ist es sehr klug, diese ihr nicht ausreden zu wollen, und den (geliebten?) Vater, über den manche Kinder und Erwachsene niemals etwas kommen lassen würden, nicht schlecht zu reden.

Aufgrund der Objektbeziehungstheorie kann der Vater als Selbstobjekt fungieren. Ihn zu beschuldigen, kann einer Beschuldigung der Patientin gleich kommen. Auf so Ich-schwache Persönlichkeiten kann eine Beschuldigung des Vaters als Suizidgrund wahrgenommen werden. Da Kernberg ja beinahe ausschließlich mit Borderlinern (mangelnde Realitätsprüfung, suizidale Tendenzen) arbeitet, die selten zur Integration von guten und schlechten Seiten eines Menschen fähig werden, ist hier zumindest ein Anfang gesetzt, sich selbst mit den immer wieder schwammigen Gefühlen gegenüber sich selber wahr zu nehmen (wer bin ich eigentlich? selbst: bin ich Homo- oder Heterosexuell). In dieser Verwirrung zu deuten: "Sie fühlen sich Schuldig"; ist möglicherweie für diese Patientin der einzige Weg, sich der Aufgabe Ich zu nähern. Gruß

 

Sebi 14. Jun 2006, 17:46

Also Widescreen , genau diese Theorien die Du hier darstellst sind nicht nur menschlich pervers, sondern sie stoßen sogenannte "Borderliner" sehr vor den Kopf. Sie sind auch der Grund, warum sich Oedipal hier so deutlich ausdrückt. Das zeigt mir wieder einmal mehr, dass eine Neufassung der Seite zu Herrn Kernberg dringend geboten ist. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Du neben deinen Darstellungen von Kernbergs Theorien auch daran denken würdest, was Deine Darstellungen hier bewirken. Was das Elternbild von Missbrauchten Kindern angeht; so wie hier dargestellt ist das verdreht und nicht in Ordnung.

Diese Gegensätzlichkeiten im Zusammenhang dieser Untaten zerreißen die Persönlichkeiten der Kinder. So wie Kernberg es darstellt ist das mehr als missverständlich und stellt die Opfer in ein falsches Licht. Und genau dieser Punkt stellt ein grosses Problem dar. Viele Irrtheorien, nicht nur in der Psychologie und bei Ideologien, haben die Eigenschaft, dass sie etwas Wahres beinhalten, was aber noch lange nicht heißt, dass die Theorien richtig sind. Diese Eigenschaft macht solche Theorien erst richtig gefährlich. Und die von Kernberg sind nicht nur meiner Beurteilung nach überflüssig, da die wirklichen Sachverhalte bereits erforscht wurden in korrekter Darstellung veröffentlicht sind.

Versteh mich bitte richtig; Ich weis Dein Engagement hier schon zu schätzen und bin mir auch im Klaren darüber, dass Du von der Materie bzw. den Kernbergschen Theorien wirklich Ahnung hast. Aber man hat sich aus guten Gründen für eine Neufassung entschlossen.

In Anlehnung an Deine Überschrift hier würde ich es begrüßen, wenn Du den sogenannten Streit nicht wieder anschürst, genau jetzt wo sich die Sache einigermaßen zu harmonisieren beginnt. Ein paar Eischätzungen von Dir dürften tatsächlich daher kommen, weil Du die Ellenlange Seite nicht wirklich durchgelesen hast. Ich muss mich hier so deutlich ausdrücken. Ich hoffe Du kannst das Verstehen.

 
--
Oedipal 14. Jun 2006, 20:10

Von Oedipal: Hallo Widescreen,

ein Glück, dass du dich jetzt endlich in die Diskussion einmischst! Wir wären ja sonst ohne dich bald an einen Punkt gekommen, wo wir zu einem konstruktiven Ende gelangt wären. Da ist es doch schön, wenn du jetzt dafür sorgst, das alles wieder von vorne anfängt, indem du die bisherige Argumentation einfach ohne Beachtung lässt, die Diskussion über die Orientierung der Expedition mal eben so über den Haufen wirfst, uns statt dessen noch schnell deine Weisheiten als Seekarten anempfiehlst.

Findest du es nicht ein wenig unverschämt zu sagen: „Obwohl ich keine Lust hatte, mir die gesammte Diskussion durchzulesen, bin ich doch auf einige Widersprücklichkeiten gestossen.“? Glaubst du, ich hätte große Lust, noch einmal alle meine Argumente vor dir auszubreiten oder auf die Einwände von Sebi oder khs zu verweisen, nur um dich noch einmal auf den Stand der Dinge zu bringen, zu versuchen die bei dir entstandenen scheinbaren Widersprüche (übrigens: welche Widersprüche konkret?) aufzulösen? Und auf der offensichtlich sehr dünnen Basis deines Kenntnisstandes dieser Diskussion hier gelangst du dann zu der klaren Einschätzung: „Hier liegt bei oedipal ein grundlegendes Missverständniss vor.“ Solche oberlehrerhaften Phrasen mögen sich in deinem sozialen Umfeld großer Beliebtheit erfreuen, bei mir wirst du bei so einer Frechheit mit Gegenwind rechnen müssen. Du kannst sagen: Aufgrund meiner Unkenntnis des Standpunkts von Oedipal und aufgrund von 4 Zeilen, die ich in dieser Diskussion aufgeschnappt habe, komme ich zu der Auffassung, dass bei Oedipal ...“ Und dann darfst du dich gerne den buntesten Phantasien überlassen, was in meiner Welt so alles schief läuft. Und du darfst zu meiner Belehrung unbekümmert den alten Sabber daherleiern, der „Schuld“ und „Schuldgefühl“ vermischt, der die KZ-Opfer außen vor lässt, vergewaltigende, beziehungslose Singles möglicherweise als harmlos betrachtet (weil: da gibt es ja nun wirklich keinerlei Schuldgefühl für die Grundschülerin zu entwickeln!). Und du darfst uns auch in aller Ruhe den Brei von dem fürsorglichen Kernberg vorkauen, der sich doch nur händeringend bemüht, den armen suizidalen, ich-schwachen Klientinnen aus der Patsche zu helfen. Und der – im Unterschied zu anderen – so viel Kluges weiß und so wichtige klinische Erfahrung aufweist. Derweil halte ich es mit Sebi, der z.B. einen Satz sehr schön klar formuliert hat: Viele Leute haben schlimm gelitten wegen der Dinge die Kernberg propagiert. Ob dieser Professor das alles aus Fahrlässigkeit macht, aus niederen Beweggründen oder weil selbst die schlauesten Menschen an ihr Lebenswerk glauben wollen und ohne schlechte Absicht gegenüber Dingen blind werden; solch ein Wahnsinn muss dringend gestoppt werden. (Hallo Sebi! Ich glaube, dass wir uns an diesem Punkt wirklich sehr eindeutig sehr einig sind! Ich denke, die von mir zitierten 6 Fallgeschichten können deutlich machen, wie es zu dem Leiden der Betroffenen an Kernberg kommen kann! Warum Kernberg das macht, das habe ich übrigens in meinem 11-Seiten-Papier zu ergründen versucht: s.m. Homepage, Verweis auf das Anschreiben an die KollegInnen!)

Es ist noch nicht klar, welches Schiff jetzt hier Anker lichtet und ablegt; für blinde Passagiere, die sich ihr Ticket nicht gelöst haben (d.h.: sich NICHT über den Stand der Diskussion informiert haben, bevor sie ihren Sermon dazugeben), habe ich auf dem Schiff, auf dem ich mitreisen möchte, kein Verständnis. Den zum fünften mal aufgebrühten Selbstberuhigungstee – von wegen: „Kernberg meint dies so und jenes so!“ – werde ich mir nicht mehr vorsetzen lassen. Er schmeckt abgestanden, bitter, kalt, faulig. Wenn du – oder irgend jemand anderes – die dargelegten kritischen Analysen von Fallgeschichten widerlegen möchte, der möge dies auch mit konkreten Belegstellen tun, und es nicht mit dem Abbeten der eigenen Glaubenbekenntnisse bewenden lassen. Es geht mir nicht darum, zu widerlegen was du glaubst, sondern massiv, klar und deutlich zu hinterfragen, was Kernberg selbst zitierbar in die Welt setzt.

Wenn dieses Schiff ablegen soll, und ich bin wirklich dafür, dass es flott gemacht wird, dann nur mit Leuten, denen an einer ernsthaften Diskussion gelegen ist. Für mich ist – wie gesagt – die Anerkennung der oben genannten drei Punkte VORAUSSETZUNG für die weitere Mitwirkung. Fakten, Zitate sind willkommen, ebenso das Eingehen auf bisherige Fragen oder Argumente, explizite Zustimmung oder Ablehnung zu bestimmten, konkret formulierten Positionen wird die Klärung erleichtern.

 

Oedipal 14. Jun 2006, 20:10

Nachtrag von Oedipal zu Sebi: Ich sehe, dass wir wirklich viel Gemeinsames haben. Ich hatte meinen Text gerade erst fertiggestellt und habe deinen Text hier vorgefunden. Der Tenor deiner ersten Passage deckt sich stark mit meiner Position.

Nur bin ich wirklich ganz schön verärgert über die Dreistigkeit von widescreen. Ich bin dafür, Dinge offen beim Namen zu nennen. Das ist hier ja nicht irgendein banales Geplänkel, sondern eine Diskussion, die sehr ernsthaft gemeint ist und hohen Energieaufwand erfordert - jedenfalls für mich. Und dann so quasi zu schreiben: „Mich interessiert eigentlich gar nicht im Einzelnen, was ihr da diskutiert, aber ich mische mich schon mal ein und behaupte, dass ....“, ist in meinen Augen ganz schön dreist. Das sollte m.E. auch gesagt werden. Ein solcher Vorgehen weckt jedenfalls nicht gerade mein Vertrauen in die weiteren Beiträge aus dieser Ecke.

Ich persönlich bin über den Sperrungsantrag von Alchemy nicht beleidigt. Ich bin bei jedem Projekt dabei, das die von mir genannten drei Grundsätze berücksichtigt.

Dass man formuliert, die Kritik an Kernberg käme vor allem von Seiten der Betroffenen, ist einerseits sicher gut. Andererseits fühle ich mich NICHT als Betroffener, kann mir aber mit ein wenig Einfühlungsvermögen sehr gut vorstellen, was Kernbergs Äußerungen für die Betroffenen bedeuten.

Ich kann ja tatsächlich versuchen, einmal einen Vorspann zu formulieren. Weiß nicht genau, wie ich zwischen Diskussion, Arbeit, Freizeit u.a. (KEIN Fußball) noch dazu komme; kann vielleicht ein wenig dauern.

 

Widescreen 15. Jun 2006, 11:03

Also ich habe nicht vor, hier eine persönliche Schlammschlacht mit Oedipal und Sebi (The Rain Man?) zu führen. Der Punkt ist, warum ich auch so sehr für Kernberg plediere, dass ich Erfahrungen mit Persönlichkeitsstörungen vor allem natürlich "Borderlinern" habe. Ich finde Kernberg trifft den Nagel auf den Kopf! Ich habe auch die Internetseite von Oedipal gelesen. Dazu kann ich leider nur sagen: Du solltest vielleicht doch einmal versuchen die Theorie als gesamtes zu verstehen. Deine Kritik an Kernberg gibt es nicht. Du kritisierst lediglich einige seiner Aussagen, die Du im Zusammenhang nicht verstenden hast (nicht verstehen willst) und einige Fallbeispiele, die Du wenn Du Dich mit der Thematik auskennen würdest, sicherlich anders bewertet hättest.

Deine Abneigung, auch gegen meinen Beitrag, zeigt mir aber, dass ich Dich davon nicht überzeugen kann. Leider. Darum muss ich darum Bitten, hier sachliche Kritik zu üben. Es gibt sicherlich Dinge, die an der Objektbeziehungstheorie zu kritisieren sind. Ich würde euch dabei helfen, eine sachliche Kritik zu formulieren. Gruß

 

Widescreen 15. Jun 2006, 11:53

Nachtrag Sebi. Leider ist es das Ziel der Wissenschaft, Phänomene durch wissenschaftliche Mittel darzustellen. Grundsätzlich ist es dabei egal, ob damit jemanden vor den Kopf gestossen wird. So hat Kopernikus sicherlich auch der römisch-katholischen Kirche vor den Kopf gestossen, oder Darwin. Ich kann bei Kernberg ehrlich gesagt nichts finden, was einem Borderliner, sofern er sich mit der ganzen Theorie auskennt, beleidigen könnte. Ihr bezieht euch hier auf einige Aussagen, welche in der Gesamtheit richtig und nicht anstössig sind. Das beste Beispiel ist der von euch exemplarisch ausgewählte Satz von Kernberg.

 

Oedipal 15. Jun 2006, 12:34

Gegenvorschlag von Oedipal

Im Folgenden habe ich einen Text entworfen, der sich unmittelbar an die Geburtsdaten von Kernberg anschließen sollte. Dabei scheint mir der erste Abschnitt mehr oder weniger nicht diskutierbar, d.h. ich würde auf keinen Fall wollen, dass daran etwas in inhaltlicher Sicht weggenommen oder wesentlich verändert wird. Bei dem zweiten Teil wäre ich zu Zugeständnissen bereit, dass er eventuell an irgendeiner anderen Stelle, auf die in der Einleitung kurz verwiesen werden müsste, abgelegt ist. Ich nenne den ersten Teil Vorbehalt, den zweiten Teil Begründung.

Was die Ausformulierung der weiteren Theorien von Kernberg anbelangt, da würde ich mich persönlich eher heraushalten. Es fehlt mir die Leidenschaft, mich mit weiteren solcher kranken Ideen tiefergehend zu beschäftigen. Kernberg hat hier m.E. die Theorie von Sigmund Freud konsequent auf die Spitze getrieben. Mit dem neurotischen, systemisch und drogeninduziert zu verstehenden Hintergrund der Theorieentwicklung Freuds habe ich mich an anderer Stelle sehr eingehend auseinandergesetzt (s. Ödipus – komplex betrachtet). Vorbehalten würde ich mir das Eingreifen in die Darstellung, wenn sie die Form der reinen Darstellung von Ideengebäuden verletzt und die im Vorspann getroffenen Grundaussagen auszuhebeln versucht.

Mir wäre an einem möglichst konkreten „Ja“ oder „Nein“ gelegen.

Vorbehalt

Den Ausführungen über die (z.T. bis heute gelehrte und verbreitete) Theorie und Praxis von Otto F. Kernberg wird von Seiten der Editoren – im Bewusstsein der Verantwortung von denjenigen, die „Wissen“ verbreiten, für diejenigen, die sich „Wissen“ aneignen wollen – ein schwerer Vorbehalt vorangeschickt:

Kernberg beschäftigt sich vor allem mit psychischen Störungen von Menschen, denen er (wie auch andere Autoren) eine Borderline-Persönlichkeitsstörung oder narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. Diese Störungen führt Kernberg regelmäßig auf Deformationen im Kleinkindalter zurück. Allein frühkindliche Triebe (als „narzisstisch“ oder „ödipal“ gekennzeichnet) stünden im Hintergrund einer derartigen Entwicklung. Ob es sich um die Vergewaltigung eines maximal neunjährigen Mädchens durch seinen Vater handelt, oder um den KZ-Aufenthalt eines unter 13-jährigen Jungen, der sogar noch die Tötung seiner ganzen Familie miterleben muss: Diese und ähnliche Gräuel haben nach Kernberg nicht per se schädigende Wirkung. Sie wirkten nur deshalb an der Beeinträchtigung einer gesunden seelischen Entwicklung mit, weil sie der schon zuvor bestehenden triebhaften Deformation der entsprechenden Opfer quasi einen Kristallisationspunkt böten. Das Mädchen, so ungefähr Kernbergs Argumentation, habe primär das Problem eines ungelösten ödipalen Konflikts (nach der psychoanalytischen Theorie in seiner Entstehung auf ein Alter von 2-5 Jahren festgelegt), und erlebe dann z.B. in der Vergewaltigung durch den Vater gewissermaßen eine Reaktivierung dieses Konflikt, indem es seien Schändung als einen „sexuell erregenden Triumph“ über seine Mutter, erlebe; es müsse lernen, seine (ödipale) „Schuld [zu] tolerieren“. Bei dem Jungen, der aus dem KZ befreit wurde, müsse im Grunde vor allem der Hass, den er bereits als Säugling entwickelt und somit schon in das KZ mit hineingebracht habe, bearbeitet werden. Insgesamt sei er in seinem Verhalten mit dem KZ-Kommandanten des Lagers vergleichbar, in dem die ganze Familie des Opfer vor dessen Augen getötet worden war.

Die psychische Situation von Gewaltopfern unter eine Perspektive bringen zu wollen, die ihnen quasi in erster Linie eine bereits in der frühesten Kindheit bestehende Täterschaft unterstellt, bedeutet für genügend Fachleute, wie gerade auch für viele Betroffene, eine schwere Kränkung und Beleidigung der Opfer. Im Behandlungsfall ist eine Re-Traumatisierung solcher Gewaltopfer durch diese Herangehensweise geradezu vorprogrammiert. Anders ausgedrückt: Eine auf diesem Hintergrund durchgeführte „Therapie“ läuft größte Gefahr, schädigende Effekte zu produzieren.

Eine ausgiebige, überaus kontrovers geführte Auseinandersetzung auf den Diskussionsseiten von Wikipedia hat die Erstellung des Beitrags zu Otto Kernberg begleitet, in dem die hier formulierte Position herausgearbeitet wurde. Mit dieser kritischen Einschätzung verbindet sich die Auffassung, dass eine „neutrale“ Darstellung im Sinne einer bloßen Wiedergabe von Kernbergs Thesen in Widerspruch geraten würde zu einem u.E. höher zu achtenden Schutz von kindlichen wie erwachsenen Opfern extremer und extremster Gewalt.

Begründung

Die Erfahrung zeigt, dass derartig formulierte Vorbehalte leicht massive Einwände von Befürwortern Kernbergscher Konzepte auslöst. Hierzu sei noch einmal ausdrücklich unterstrichen und mit einem drastischen Vergleich illustriert: Eine Darstellung der Auffassung des Nationalsozialismus oder des Stalinismus (vgl. Hitler, Stalin), die nicht auch an allererster Stelle den brutalen Auswirkungen dieser Doktrinen Referenz erweist, könnte für sich schwerlich den Anspruch auf „Neutralität“ geltend machen, weil sie den Respekt vor den Opfern dieser Ideologien in grober Weise verletzen würde.

Gerade bei einem Gedankengebäude, das sich noch nicht aus der Position seiner Überwindung betrachten lässt, ist es ein Anliegen von den hier argumentierenden Nutzern von Wikipedia, ernstzunehmenden kritischen Einwänden, die durch konkrete Zitate und Aussagen belegt sind, ein besonderes Gewicht beizumessen. Diese Einwände sind in den untenstehenden Literatur- und Link-Angaben weiter im Detail ausgeführt. Nur auf diesem Hintergrund scheint den aktuellen Editoren eine nähere Darstellung von Kernbergs Theorien vertretbar zu sein. (Für viele mag die detaillierte Darstellung dieser Theorie weit weniger bedeutungsvoll sein, als der Hinweis auf die möglichen Folgen von deren konkreter Umsetzung.)

Ende des Vorschlags

Soweit mein Vorschlag

 

Lennert B (Admin) 15. Jun 2006, 12:39

Ohne das jetzt inhaltlich zu werten (ich habe es nur überflogen) muß ich dir leider sagen das das in dieser Form kein Enzyklopädieartikel sondern ein Aufsatz ist.

 

Widescreen 15. Jun 2006, 14:07

Finde ich ebenso. Vor allem die Terminologie ist nicht angemessen und stimmt auch nicht mit der Objektbeziehungstheorie überein.

 

Alchemy 15. Jun 2006, 15:48

Neuer Vorschlag

Von alchemy, die (und nicht "der") "unsäglich Angreifende"

Ich empfehle allen Beteiligten dringend die Lektüre des diesen Jahres erschienen „Handbuches: Körper und Persönlichkeit“, herausgegeben von A. Remmel, Otto F. Kernberg (man staune! Warum erklärt sich weiter unten), W. Vollmoeller und B. Strauß (Schattauer Verlag 2006). ISBN-10: 3-7945-2411-X, ISBN-13: 978-3-7945-2411-2 In diesem Handbuch findet sich u.a. auf S. 3 ff. ein Artikel von Kernberg, mit seinen neuesten Überlegungen zur Frage der Identität und geht hier ausführlich auf sein theoretisches Konzept bezüglich der Entstehung von Borderline- Persönlichkeitsstörung (BPS), unter der Berücksichtigung von traumatisierenden, wie schwere körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch oder das chronische Bezeugen schwerer körperlicher und sexueller Misshandlung, ein. Ebenfalls sieht Kernberg es als erwiesen an, dass ein Zusammenhang zwischen chronischen Schmerzen im Rahmen einer körperlichen Erkrankungen im 1. Lebensjahr und der Akzentuierung aggressiven Verhaltens. Weiterhin ist die Auswirkung chronischer Vernachlässigung und extremer chaotischer familiärer Umstände, insbesondere der Zusammenbruch der Generationengrenzen, sowie chronisch unberechenbares Verhalten seitens der Eltern maßgeblich dafür, dass sich eine schwere Persönlichkeitsstörung (PS) und eine Identitätsdiffusion entwickeln können.

Eine seiner HYPOTHESEN (man beachte, es handelt sich, wie es in der Wissenschaft üblich ist, um eine Hypothese, die es gilt durch saubere, sprich zeitaufwendige Untersuchungen und nicht abenteuerlichen Mutmaßungen zu beweisen, welche sich auch in hier genannten Handbuch wiederfinden) zur Entstehung einer schweren PS oder BPS, ich zitiere:“ Die wichtigste Hypothese zur Entstehung von einer PS oder BPS besagt, dass ausgehend von einer konstituellen, negativen Affektdisposition und Impulsivität, bzw. einer defizitären Affektkontrolle- Faktoren wie desorganisierter Bindungsstil, körperlich und sexuelle Traumatisierungen, Vernachlässigungen oder familiäres Chaos eine Prädisposition dafür darstellen, dass es zu einer abnormen Fixierung an jene Entwicklungsstufe, die der Integration einer normalen Identität vorausgehen. Das heißt: Unter der Vorherrschaft negativer und positiver affektiver Spitzen persistiert die allgemeine Spaltung zwischen idealisierten und verfolgenden internalisierten Erfahrungen. Klinisch gesehen manifestiert sich dieser Zustand als Syndrom der Identitätsdiffusion mit der typischen defizitären Integration eines Selbstkonzeptes, bzw. eines Konzeptes bedeutsamer anderer.“ Weiterhin schließt sich Kernberg den neuesten Untersuchungen an, die vor allem die neurobiologischen Faktoren der Entstehung von BPS zugrunde legen. Er (K.) VERMUTET eine genetische Disposition für eine bestimmte Affektaktivierung, die an die Pathologie des Neurotransmitter- Systems geknüpft ist, und es dadurch zu einer Hyperreaktivität für schmerzliche Stimuli kommt, die sich durch eine angeborene exzessive Entwicklung des aggressiven Affektes manifestiert. Er vermutet weiter, dass insbesondere die Hyperaktivität der Amygdala zur negativen Affektaktivierung beiträgt (de Vagvar et al. 1994, Gurvits et al. 2000, Silk 2000, Steinberg et al. 1994, usw). Weiterhin räumt er eine genetische Disposition für die potenziell primäre Hemmung der Hirnareale ein, die für die kognitive Kontrolle, des präfrontalen und präorbitalen Kortexes, sowie des vorderen Teiles des Cingulums zuständig sind, alles Bereiche die die Fähigkeit zur „gerichteten Kontrolle“ bestimmen.

Meines Erachtens stellt sich nun die Frage, was war zuerst war: „Die Henne oder das Ei“, sprich die traumatisierende Umgebung, die die stressverarbeitenden Hirnaktivitäten erst ungünstig verändert, so dass der BPS-Patient nicht adäquat und angemessen mehr auf die traumatisierende Umgebung reagieren kann. Oder der BPS-Patient bringt genetisch bedingt zu „ungünstige“, sprich, Trauma-verarbeitende „ungeeignete“ Hirnaktivitäten mit und scheitert deshalb an den traumatisierenden Bedingung denen er ausgesetzt ist. Im übrigen spricht auch Frau Prof. Marsha Linehan ebenfalls von einer genetischen Prädisposition bei BPS ohne diese, zumindest in dem Trainingsmanual „Der dialaktisch-behavioralen Therapie der Borderlinstörung“ mit hirnphysiologischen Nachweisen zu unterstützen.

Im selbigen Handbuch findet sich nun, friedlich vereint, weil, wie erwähnt ist u. a. der „böse“ Kernberg Mitherausgeber dieses Handbuches ist, nachfolgenden Artikel von Frau Prof. Herpertz, den ich hier zusammenfasse. Die meisten Formulierungen habe ich übrigens meiner home-page entnommen, da ich ebenfalls viel mit BPS-KlientInnen arbeite.

Nachdem die Borderline-Persönlichkeits-Störung (BPS) über mehrere Jahrzehnte von Klinikern häufig als Restkategorie für diagnostisch oder therapeutisch schwierige Patienten oder auch als subschizophrene Erkrankung aufgefasst wurde, ist das Störungsbild in jüngster Zeit vermehrt auch neuroanatomisch untersucht worden. Es wurde in den letzten Jahren damit begonnen, bei BPS die Hirnareale zu untersuchen, denen eine Bedeutung für die Auslösung und Regulation von Gefühlen zugemessen wurde. So wurden bestimmte Bereiche des sog. Limbischen Systems und Teile des Hirnes im Stirnbereich (neokortikale frontale Strukturen), die eine zentrale Rolle für emotionale, motivationale, kognitive (gedankliche) und motorische Verarbeitungsprozesse spielen, untersucht. Auch die Fähigkeit zur sozialen und emotionalen Selbstregulation wird dem Zusammenwirken spezifischer frontaler und limbischer Areale zugesprochen. Mittlerweile zeigen neuere Forschungsergebnisse, dass nicht nur Schädigung des Gewebes frontaler und limbischer Strukturen (z.B. nach einem Unfall) gravierende Persönlichkeitsveränderungen verursachen, sondern dass auch chronischer Stress oder erhebliche Verwahrlosungserlebnisse in der Kindheit zu einer Beeinträchtigung neurobiologischer Reifungsprozesse und damit verbundenen kognitiven und emotionalen Störungen führen können (Bohus, M. u. Schmahl, C., 2006). So ergaben Untersuchungen an Tieren, die unkontrollierbarem Stress ausgesetzt waren, Hinweise auf funktionale und strukturelle neuronale Veränderungen im limbischen System. Dabei wurde insbesondere eine Schädigung und Volumenverminderung der Strukturen im Hippocampus festgestellt. Der Hippocampus ist die zentrale Schaltstation des limbischen Systems. Hier fließen Informationen verschiedener sensorischer Systeme zusammen, die verarbeitet und von dort zum Kortex zurückgesandt werden. Damit ist er eminent wichtig für die Gedächtniskonsolidierung, also die Überführung von Gedächtnisinhalten aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis). Es fanden sich Volumenreduktionen des Hippocampus bei Patienten mit BPS gegenüber gesunden Kontrollgruppen um 16 %. Auch das Volumen der Amygdala war um 8 % verkleinert (Driessen et al., 2000). Die Amygdala oder der Mandelkern ist ein Kerngebiet des Gehirns im mittleren Teil des Temporallappens. Sie gehört zum limbischen System. Die Amygdala ist an der Entstehung der Angst wesentlich beteiligt und spielt allgemein eine wesentliche Rolle bei der emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren. Diese Befunde decken sich mit den Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen, die ebenfalls Volumenreduktionen dieser Hirnareale bei Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) fanden.

Da bei der Entstehung der BPS frühe Gewalterfahrungen und unkontrollierbarer Stress eine zentrale Rolle spielen, kann zumindest im Analogieschluss eine traumabedingte Störung angenommen werden. Klinische Studien belegen die Bedeutung des Lebensalters zum Zeitpunkt der Traumatisierung. Da die Hirnentwicklung über die Pubertät bis weit in die Adoleszenz hineinreicht, muss die Rolle von vulnerablen (verletzbaren) Entwicklungsphasen für die Entstehung traumabedingter Persönlichkeitsveränderungen in Betracht gezogen werden. Es kommen aber noch weitere Befunde hinzu, die auf neuroanatomische Besonderheiten hindeuten, die die Störung von Affektivität und Impulskontrolle bei Patienten mit BPS erklären können. Für die hohen Affektintensität einerseits und ein verzögertes Abklingen von hochemotionalen Zuständen andererseits finden sich in neuesten Untersuchungen an Patienten mit BPS eine Hypersensitivität der Amygdala gegenüber negativen Stimuli (Herpertz et al. 2001) im Vergleich zu gesunden Frauen. Weiterhin finden sich neben der reizspezifischen Überreagibilität der Amygdala auch ein zeitlich stabiler Hypometabolismus inhibitorischer Strukturen, d.h. herabgesetzte Aktivität des präfrontalen Kortex, der insbesondere für die Verarbeitung kognitiver Prozesse zuständig ist, so dass diese kognitiven Prozessverarbeitung nur unzureichend ablaufen und durch emotionale Stimuli immer wieder unterbrochen werden. Hier können wieder Parallelen zur PTBS gezogen werden, bei der das Trauma-Gedächtnis dadurch gekennzeichnet ist, dass das Trauma nur ungenügend in seinen Kontext von Zeit, Raum, vorangegangenen und nachfolgenden Informationen und anderen autobiografischen Erinnerungen integriert ist und durch spezifische Trigger leicht reaktiviert werden kann.

Die anatomische und physiologische Forschung bei BPS-Patienten mit neuen bildgebenden Verfahren begann vor ca. 20 Jahren und hat eine enorme Zunahme an Studien erfahren, die ich an dieser Stelle kaum alle wieder geben kann und empfehle der/m interessierte(n) Leser(in) die ausführliche Lektüre des Handbuches "Körper und Persönlichkeit".

Zerfleischt euch nicht, arbeitet!!!! Gruß

 

Alchemy 15. Jun 2006, 15:59

Übrigens meint Frau Luise Reddemann, Traumatherapeutin, bezüglich oedipal´s obszönen Äußerungen, die er auf meine Einwürfe schrieb (s.o.):

Sehr geehrte Frau xy,

Dank fuer Ihre Nachricht.

Den Ton von Herrn Schlagmanns Ausfuehrungen finde ich auesserst unangenehm. Ein Urteil darueber, warum er so schreibt, kann ich nicht faellen. Mir gefaellt jede Art von Fanatismus nicht und deshalb beteilige ich mich auch nicht an Herrn S. Kampagne, obwohl es an Kernbergs Konzept viel zu kritisieren gibt. Ich vertraue mehr darauf, dass man sich mit dem beschaeftigt, was einem am Herzen liegt und das andere laesst.

Mit freundlichen Gruessen

Luise Reddemann

Nochmals Grüsse

 

Widescreen 15. Jun 2006, 16:09

Davon ganz abgesehen, ist die Objektbeziehungstheorie in der modernen Variante, auch eine "Traumatheorie". Hier wird stets, im Gegensatz zu den kleinianischen Ansatz, eine permanente Traumatisierung angenommen. Kein einmaliges Trauma, obwohl dass auch häufig zusätzlich vorkommt, ist verantwortlich für die Strukturschwäche, sondern ein oft unhaltbarer Zustand, der in der nachträglichen Erzählung (psychoanalytische Narrationsforschung) als einmaliges Traumata (sozusagen pointiert) Nacherzählt wird. Die Aussagen von Kernberg, die hier so angegriffen werden, gehen aus einer sehr differenzierten Theorie der Auswirkung eines Traumatas hervor. Ich denke, dass dies mehr zur Auflösung des Konfliktes beiträgt, als weitere Diskussionen darüber wer welche Aussage getroffen hat. Gruß

 

khs 15. Jun 2006, 21:58

Hallo Alchemy, hallo widescreen. Er (K.) hat sein Konzept der chronifizierten Aggression hin zu Bindungstraumata modifiziert? Kann mann es den dann jetzt so noch überhaupt noch Objektbeziehungsbasiert nennen?

Noch (oder Kernbergs, von dir zitierte, neues Buch „Handbuches: Körper und Persönlichkeit“ vorwegenommen - "schon") Mitte 2004 kritisierte Ruppert Kernberg für dessen eingeschränkte Traumabetrachtung (Quelle s. Benutzer:Schwall/Kernberg#Weblinks, und nimmt auch das von Alchemy so benannte Henne-Ei Problem scharf unter die Lupe:

"Kommentar zu Kernberg.- Obwohl sich Otto Kernberg im Rahmen der Fortentwicklung seiner Theoriebildung zur BPS der Einsicht nicht mehr verschließt, dass es Trauma-Erfahrungen sind, welche die seelischen Spaltungen hervorrufen, so ist seine Argumentationsweise bezüglich vermeintlicher „Prädispositionen“ zu diesen seelischen Problemen in gewisser Weise idealtypisch für den Versuch, letztlich doch den Patienten selbst zur Ursache seiner „Störung“ zu machen. Diese Argumentation fußt auf verschiedenen logischen Fehlern, die im Rahmen der Psychiatrie immer wieder anzutreffen sind: - Die Veranlagung („Prädisposition“) zu einem Symptom wird aus dem Vorhandensein eines Symptoms geschlossen. Somit wird das Symptom logisch gesehen verdoppelt: in es selbst und in seine Voraussetzung dazu. Einen eigenen Nachweis der Veranlagung, z.B. dadurch, dass die spezifischen Gene benannt werden könnten, welche die „Affekte“ verursachen, gibt es aber nicht. Es handelt sich also nur um eine Annahme, die durch nichts weiter belegbar ist. Eine solche Aussage hat damit den Charakter eines Glaubensdogmas. - Gefühle haben immer bestimmte Inhalte und richten sich auf etwas Konkretes. Indem Gefühle jedoch als „Affekte“ bezeichnet werden, erscheinen sie inhaltsleer. Es wird ihnen damit der Bezug zur Realität genommen und sie können so als Folgewirkungen von biochemischen Vorgängen angesehen werden. - Auf dieser Basis kann ein Zusammenschluss in der Argumentation zwischen „übermäßigen“ Affekten und „gestörten“ Neurotransmittersystemen vorgenommen werden. Was jedoch „gestörte Neurotransmittersysteme“ wirklich sind, was „normale“ und „nicht-normale Stoffwechselprozesse“ sind, auch dafür können seitens der biologisch argumentierenden Psychiatrie keine konkreten Angaben gemacht werden. Wiederum handelt es sich um eine bloße Behauptung. - Der spekulative Charakter dieser biologischen Theorien zeigt sich auch in der häufigen Verwendung des Wortes „könnte“. Fehlende Argumente für die Verursachung von seelischen Abspaltungen durch genetisch begründete biochemische Stoffwechselvorgänge im Gehirn werden durch die Logik der Möglichkeit ersetzt. Es könnte ja sein ... . Bei der von mir geübten Kritik dieser biologischen Argumentationsketten handelt es sich nicht um akademische Spitzfindigkeiten. Vielmehr haben diese biologischen Theorien, selbst wenn sie mit psychosozialen „Faktoren“ angereichert sind, zur Konsequenz, dass nur der einzelne Patient Thema der Therapie ist und seine ihn traumatisierenden Lebenssituationen jedoch ausgeblendet werden. So werden aus Opfern die eigentlichen Subjekte gemacht, die krank sind, weil sie angeblich eine Veranlagung dazu besitzen. Über diejenigen, welche die Traumen verursachen, wird nicht gesprochen. Wenn nun speziell Kernberg das Traumakonzept für nicht ausreichend hält, um eine BPS zu erklären, so vor allem auch deshalb, weil er in der fehlentwickelten Aggression solcher Menschen die eigentliche Ursache sieht. Für ihn „ist es wichtig, zwischen Trauma und chronischer Aggression zu differenzieren. Trauma ist als eine einmalige, intensive, überwältigende und desorganisierende Erfahrung bzw. als ein Erleben zu sehen, das von der Psyche nicht absorbiert und ‚metabolisiert’ werden kann und das von einer chronischen Auseinandersetzung mit aggressiven Einflüssen unterschieden werden muss.“ (Kernberg, 2000, S. 525) Abgesehen davon, dass Kernberg in diesem Zitat ein sehr eingeschränktes Verständnis von Trauma hat, frage ich mich, wer sich hier „chronisch“ mit welchen „aggressiven Einflüssen“ auseinandersetzt? Wer ist Subjekt und wer oder was ist das Objekt? Was ist Grund, was Folge und was Bedingung?"

Womit wir wieder am Anfang, und bei K.'s chronifizierter Aggression wären. Ich habe den Eindruck das Herr Kernberg die letzten 5-6 Jahre bez. Traumatas sehr dazugelernt hat (musste), auch dadurch das er Anregungen aus vielen anderen Richtungen (z.B. Dulz) aufgegriffen hat. Sich aber nun immer weiter, noch an den psychatrischen letzten, neurologischen Strohhalm objekttheoretisch klammert, damit noch ein bisschen was übrigbleibt. Ansonsten schliesse ich mich Frau Reddermann an und hoffe das die gesammelten Erkenntnisse multimodal und integrativ in die Behandlungmethoden Einfliessen. Grüsse

 

Widescreen 16. Jun 2006, 02:02

Also ich bemerke hier zwei gengenläufige aber auch eigentlich falsche Tendenzen.

1. Die einen kritisieren die Theorien Kernbergs als nicht so Traumaspezifisch.

2. Die anderen halten Kernberg für so eine Art Hitler der Psychotherapie.

Zu 1. Ich kann nur sagen, dass die Objektbeziehungstheorie auch eine Traumatherorie ist, die a) sowohl die Beeinflussung von traumatisierenden Erfahrungen auf die inneren Phantasien berücksichtigt als auch b) die Beeinflussung von inneren Phantasien auf äußere Traumata. Das Trauma verändert auf jeden Fall die Beziehung zu äußeren Objekten. (Davon abgesehen, wäre es Kernbergs gutes Recht auch eine "traumagegensätzliche" Position zu beziehen).

Zu 2. Zunächst einmal versucht die Psychoanalyse (Pa.) (und hier beziehe ich Kernberg mit ein) nicht irgendwem die "Schuld" für etwas zu geben. Die Pa versucht Phänomene möglichst genau zu beschreiben (was ihr hier und da auch gelingt, leider nie ohne Bergriffsverwirrung). Wenn Kernberg hier beschreibt, was denn ein traumatisches Ereigniss mit der Psyche eines Menschen macht, und wie er nach dem Trauma sein Leben gestaltet; welche Voraussetzungen ein Säugling, der traumatisiert wird, in die traumatische Situation mitbringt, und wie er später diese Erlebnisse verarbeitet, dann macht Kernberg dass, um den Menschen zu helfen (Wie einer Frau, die sich schuldig fühlt zu sagen, sie ... müsse lernen, "ihre Schuld (zu) tolerieren"). Daraus ein Monster namens Kernberg zu kreieren, stimmt nicht mit der Realität überein. Die Psychoanalyse geht sogar soweit, und dass nicht unbedingt in der Therapie mit einem traumatisierten Opfer, obwohl sich dass oft überschneidet, den Täter mit den ihr eigenen Mittelen (über die man sich streiten kann) zu verstehen, und nach Ursachen für sein Verhalten zu suchen. In der pa Therorie gibt es kein schwarz und weiß, nur die Suche nach der Ursache.

 

Oedipal 16. Jun 2006, 08:14

Antwort an Alchemy, Frau Dr. Reddemann, Lennert B und Widescreen von Oedipal

Hallo Alchemy,

na, da hast du ja wirklich sehr fleißig gearbeitet, während ich mich ganz aufs Zerfleischen oder Verwursten konzentriert hatte. Du beweist, dass du sehr schön die Literatur zur modernen Hirnforschung rezipieren und zusammenfassen kannst. Unter arbeitsökonomischen Aspekten könnte man allerdings sagen, es hätte ausgereicht, wenn du – jedenfalls, was die Hirnprozesse anbelangt – auf die Seite von Sebi zu KPTBS verwiesen hättest, da ist dies alles jedenfalls übersichtlicher und klarer beschrieben. Und wenn dein Beitrag ein Schüleraufsatz wäre, müsste darunter stehen: Thema verfehlt! Denn die Aufgabe war ja nicht, einen Beitrag zur modernen Hirnforschung zu schreiben, sondern über Otto F. Kernberg und seine Theorie/Praxis. Ansonsten fällt deine Fleißarbeit unter einen Vorbehalt, den ich gleich noch einmal ausdrücklich nenne. Aber zuvor noch ein Vorschlag an Schwall, Alchemy und Widescreen: Wenn bei euch so wenig Bereitschaft besteht, auf bereits einmal vorgetragene Argumente einzugehen, dann sollte jemand vielleicht einmal daran gehen, die ganzen (Pseudo-)Argumente aller Beteiligten zu nummerieren, dann könnten wir uns jetzt auf die Nennung der entsprechenden Ziffer beschränken, was sehr viel Schreibarbeit ersparen würde. Unser Austausch könnte dann ungefähr so aussehen:

Oedipal: A2, A5, A7, A13

Alchemy: B2, B4, B1

Oedipal: A1, A2, A3, A6, A8

Schwall: B1, B3, B1

Widescreen: B1

Oedipal: ...

u.s.w. – bis ins Unendliche.

Aber noch einmal im Klartext und in der Wiederholung (A17): Deine ganzen Ausführungen, Alchemy, stehen unter dem Vorbehalt, dass sie nur die Naivität derjenigen spiegeln, die – mit einem Einbrecher konfrontiert, der mit vollgeladenem Rucksack in fremder Wohnung angetroffen wurde – sagen: „Mir gegenüber hat er mehrfach ausgiebig beteuert, das Eigentum anderer zu respektieren. Ich glaube ihm.“ Der Aussagewert solcher Beteuerungen von Verbrechern ist in diesem Fall, wie deine Argumentation insgesamt auch, gleich Null. Denn nach dem Worte-Tat-Prinzip führt dich das Beobachten des HANDELNS des anderen sehr viel verlässlicher zu dem, was er EIGENTLICH denkt, als das Lauschen auf den Inhalt seiner süßen, kreidegebleichten Stimme. Da war ja das Rezeptionsniveau der sieben Geißlein schon reifer und kritischer, als es – nach deiner (realen oder vorgespielten) Gutgläubigkeit zu urteilen – bei dir der Fall sein kann.

In diesem Zusammenhang verstehe ich auch deine martialische Selbsttitulierung nicht so recht: Warum nennst du dich bloß „die unsäglich Angreifende“; „die unsäglich Nichtssagende“ – d.h., „die, die ohne etwas zu sagen in der Tat nichts sagt“ – wäre m.E. angemessener. Aber vielleicht meinst du ja nur, dass du – ohne wirklich etwas zu sagen (unsäglich) – hier bei den (doch hoffentlich verbal bleiben sollenden) Attacken mitmachen möchtest. Da wäre die Namensgebung natürlich doch wieder korrekt.

Erwartest du denn wirklich, dass Sebi und ich (und wohl auch khs) nach deiner paraphrasierenden Fleißarbeit sagen: „Ah, jetzt sind wir ja beruhigt! Dann hat Kernberg sein ganzes Zeugs von früher (z.B. 1999) jetzt im Jahr 2006 endlich widerrufen! Jetzt wird er mit uns in die scharfe Kritik seiner alten Fallstudien mit einfallen!“ Kernberg in vorderster Front im Kampf gegen Kernberg!? Na, vielleicht hast du ja auch einen guten Draht zu dieser Prominenz und wartest demnächst mit einer solchen Erklärung auf. Wir könnten sie ja dann über den Artikel stellen: „Die nachfolgenden Aussagen über meine Praxis stehen unter dem Vorbehalt, dass ich sie selbst heute für eiskalt, brutal, ekelhaft und geschmacklos halte! Ich vertraue meinem Handeln von damals heute selbst nicht mehr!“ Das wäre natürlich wirklich ein sehr kompetentes Geleitwort aus erster Hand! Also, Alchemy, ran an die Arbeit!

Und bis wir dieses wichtige Dokument in unseren Händen halten, legen wir großen Wert darauf, in einem Beitrag für Wikipedia über Herrn Kernberg ganz konkret und korrekt (möglichst im Wortlaut) dessen Umgehen mit ehemaligen Vergewaltigungsopfern, KZ-Insassen und in den Suizid getriebenen Klinikspatientinnen in den Vordergrund der Betrachtung zu rücken.

Ein Gutes hat deine Fleißarbeit natürlich, Alchemy: Jetzt haben wir endlich eine prominente Fachfrau in unsere Diskussion mit eingebunden. Deshalb – ich glaube dir, Alchemy, dass du diesen Briefgruß authentisch wiedergibst, der Ton kommt mir nämlich bekannt vor – sage ich an dieser Stelle:

„Hallo, Frau Dr. Reddemann!“

Ich begrüße Sie ganz herzlich bei dieser Grundsatzdiskussion, in die Sie jetzt (indirekt) ein wenig dazugeschaltet sind! Wenn Sie sich zu dem Ton meiner Äußerungen vernehmen lassen, sind Sie immerhin so vorsichtig, dass Sie schreiben: „Ein Urteil darueber, warum er [ich, Oedipal] so schreibt, kann ich nicht faellen.“ Das ist sehr richtig, denn Sie haben womöglich meine Äußerung ja nicht im Gesamtzusammenhang wahrnehmen können. Wie bereits oben schon einmal ausgeführt (Argument A 23) ging es mir an dieser Stelle darum, der Verharmlosung eines Schwall etwas drastisch die ekelhafte, widerwärtige Wirklichkeit entgegenzustellen: Die Situationen, die bei den kleinen Mädchen (angeblich!!!) „Empfindungen von Rivalität“ gegenüber der Mama „verstärken“ KÖNNTEN (das Potentielle daran war für Schwall wichtig zu betonen), und die auf Seiten des Therapeuten eine klare Stellungnahme erfordern würden zu der bei den Betroffenen hier auf sich geladenen Schuld (damit sich die Klientinnen auch ernst genommen fühlten), seien solche, in denen Grundschülerinnen von ihren Vätern gef... würden. Und in der Wiederholung (A27): Für das eigentlich Obszöne halte ich nicht die drastische, ungeschminkte Darstellung von Ekligem, sondern dessen blumige Verschleierung! Glauben Sie mir, oder tun Sie es nicht: Der an dieser Stelle gewählte Ton ist nicht der, in dem ich mich üblicherweise über derartige Themen äußere. Diese Wortwahl ist mir an dieser Stelle zum ersten mal über die Lippen gekommen, weil mir Schwall und Alchemy den Eindruck vermittelt hatten, dass an ihnen die Schilderung der Wirklichkeit vollkommen abprallt, weil sie bei dem, was vor ihren Augen geschieht, nur dieselben verklärt nach oben richten und ihr Glaubenbekenntnis sprechen: „Der Kernberg ist ein guter Mann, der so etwas nicht meinen kann!“ Solche selig Gläubige würde ich gerne einmal ein wenig wachrütteln. Aber dieses Bemühen ist doch leider recht frustrierend, vor allem, wenn die Zahl der Nach-oben- oder Weg-Sehenden so unendlich groß ist!

Ihre Haltung finde ich übrigens – um es mit den Worten von Schwall zu sagen – „etwas dünn“. Mir reicht es nicht zu sagen: „Ich selbst verbrenne ja keine Hexen, verschreibe kein Contergan, deportiere keine Juden u.s.w. Ich vertraue mehr darauf, dass man sich mit dem beschaeftigt, was einem am Herzen liegt und das andere laesst. Das reicht mir für meinen Teil!“ Gerade von denjenigen, die sogar sagen: „An Kernbergs Konzept gibt es viel zu kritisieren!“ – vielen Dank übrigens für diesen hilfreichen Beitrag, den ich tatsächlich zu schätzen weiß; sie wurden so bereits schon an anderer Stelle (A16) zitiert –, wünsche ich mir, dass sie sich wacher und mutiger zeigen, als die Ewiggestrigen. Sie haben doch schon bewiesen, dass sie zum Gebrauch ihres Verstandes ohne die Leitung eines anderen in der Lage sind.

Es steht mir nicht an, Ihre Selbstaussage anzuzweifeln: „Jegliche Art von Fanatismus ist mir fremd!“, ich muss Ihnen deswegen jedoch eine deutliche Rüge erteilen (neues Argument: A34): Wenn Sie sich über die Bedeutung des Wortes „Fanatismus“ Rechenschaft abzulegen versuchen, dann stellen Sie fest: Es kommt von (lat.) fanum = „der heilige Ort“; fanaticus = „von der Gottheit, dem Heiligen ergriffen“. Ich sehe es eher als ein PROBLEM an, dass viel zu vielen Menschen heute NICHTS mehr heilig ist. Mir jedenfalls ist es wichtig, bestimmte Dinge als „heilig“ zu nehmen und mich davon ergreifen zu lassen. Der große RESPEKT VOR DEM LEID VON GEWALTOPFERN, gerade wenn es Kinder sind (aber es dürfen selbstverständlich auch Erwachsene sein), gehört für mich zu diesem „Heiligen“. In diesem Sinne „fanatisch“ genannt zu werden nehme ich also als Kompliment. Es unterscheidet mich von denjenigen, die – aus Feigheit, Bequemlichkeit, mangelnder Achtsamkeit oder aus was für Motiven auch immer heraus – Heiliges, das in den Dreck getreten wurde, achtlos dort liegen lassen.

Es ist anscheinend tief in der menschlichen Natur verankert, dass man bei Gladiatorenkämpfen, Hexenverbrennungen, Deportationen, Vergasungen, Schauprozessen, Arzneimittelskandalen, Klima- und Hungerkatastrophen, seelischer Folter von sog. Borderlinern durch entwertende Deutungen u.s.w. lieber tatenlos zusieht, als einmal klar und unmissverständlich Stellung zu beziehen. Wie schon einmal gesagt (A15): Da waren die alten Griechen womöglich schlauer, die nach dem Gesetz des weisen Solon dazu VERPFLICHTET waren, in einem Bürgerkrieg (man könnte es vielleicht ausdehnen auf alle Fragen von existentieller Bedeutung für die Menschheit bzw. die Humanität) EINDEUTIG Stellung zu beziehen, Partei zu ergreifen.

Zu Lennert B – Neuer Lösungsvorschlag

Zum einen würde ich dich bitten, die Texte, zu denen du dich äußerst, auch wirklich gründlich zu lesen (Prinzip P1), und nicht nur zu überfliegen. (Immerhin: Bei der Wertung auf der Ehrlichkeitsskala – P3 – bekommst du für diese Äußerung 100 Punkte.

Zum anderen möchte ich es noch einmal anhand eines Ver-Gleich-Nisses versuchen: Stell dir vor, wir wären gerade in einer Zeit, in der ein zunehmend beliebteres Mittel aufkommt, das gerade Schwangeren einen guten Schlaf beschert. Und nun gäbe es erste Stimmen, die von Missbildungen bei Neugeborenen unter diesem Mittel berichten würden. Wie würdest du konkret hier in Wikipedia einen Beitrag sehen mögen, der – encyclopädisch, also neutral und ohne Wertung – von diesem Mittel berichtet? Wie würdest du der Verantwortung, die eine encyclopädische Veröffentlichung ja auch hat, gerecht werden wollen? Hättest du anhand dieses Beispiels einen Formulierungsvorschlag, der nicht in Aufsatzform abgleitet? Oder wäre es aus deiner Sicht unnötig oder anstößig, am BEGINN des Artikels eindringlich auf diese mögliche Gefahr hinzuweisen? Würde das bereits gegen das NPOV-Prinzip verstoßen? Würde sich Wikipedia darauf beschränken, gegebenenfalls ein paar Jahre später – ganz neutral – über die Folgen und Auswirkungen dieses Medikaments zu berichten? Wäre es Wikipedianern dann erlaubt, Erhebungen durchzuführen (und unter dem entsprechenden Lemma zu referieren), wie viele der Missbildungen darauf zurückzuführen seien, dass Nutzerinnen sich seinerzeit bei Wikipedia bzgl. der positiven Wirkung des Mittels beruhigt hatten?

Vielleicht könnte die Lösung ja tatsächlich darin liegen, bei Wikipedia eine neue Kategorie zu eröffnen: Das „Di-Lemma“. Di-Lemma = wenn zu einem bestimmten Lemma zwei sich völlig konträr gegenüberstehende Positionen existieren, bei denen sich die Administratoren von Wikipedia keine Entscheidung anmaßen, für oder gegen die eine oder andere Version zu stimmen, sondern dass in solchen Fällen beiden Parteien gleichermaßen die Möglichkeit geboten wird, ihre jeweilige Position (sofern sie vernünftig und plausibel vorgetragen wird) darzustellen.

Zu Widescreen:

A1 – A 34.

Gruß

In diesem Sinne, an alle: Wieder einmal herzlichen Dank für’s direkte und indirekte Mitmachen bei der Materialsammlung für Realsatiren, Trauerstücke und konstruktive Fortentwicklungen von Wikipedia!

 

Widescreen 16. Jun 2006, 08:42

Ich halte diese Art der Diskussion für kontraproduktiv

Ich bin der Meinung, dass wir zu einer sachlichen Ebene finden sollten. Dies gilt vor allem für Oedipal und Alchemy. Wer die Diskussion auf dieses Niveau gebracht hat ist mir egal. Ich möchte nicht auf so einer Ebene kommunizieren. Der "Briefwechsel" von dritten, ist, dass muss ich sagen, allerdings höchst absurd. Zu den Argumenten a1 - a23: ich sehe dass eher als Sarkasmus, und würde doch darum bitten, mir als gerade zu diesem "Bodenkampf" dazugestossenem eine etwas weniger merkwürdige Antwort zu geben. Zumal mir noch keiner sagen konnte:

1. Warum die Objektbeziehungstheorie als Traumatheorie so in die Zange geraten ist.

2. Warum meine korrekte Interpretation von Kernbergs Aussagen, hier keinerlei Schuppen von den Augen rieselen lässt.

Wenn hier die jeweilige Seite überhaupt gar nicht mehr mit Argumenten zu erreichen ist, dann ist die Diskussion sinnlos. Die Seite ist gesperrt und dass wird sie dann wohl auch bleiben... Gruß

 

Sebi 16. Jun 2006, 12:10

"...Grundsätzlich ist es dabei egal, ob damit jemanden vor den Kopf gestossen wird..." Gute Aussage für nen Psychologen. Dank Dir für Deine Ehrlichkeit.

P.S.: Warum die Objektbeziehungstheorie in die Zange geraten ist? Hab ich oben eigentlich schon angesprochen; weil sie die Wahrheit auf ziemlich üble Art und Weise verdreht. Gefährliche Theorien haben immer die Eigenschaft, dass sie Dinge einbeziehen, die in der Wirklichkeit existieren. Ganz nebenbei: Für schwere Dissoziative Störungen taugen diese Theorien nix, für Triggererlebnisse ebensowenig. Allerdings sind die verfehlten Behandlungsmethoden fatal. Von mir als "Borderliner" bzw. Menschen mit schwerer komplexer PTBS die Bitte: Bleibt mir und meinen Leidensgenossen mit dem Zeug vom Leib. Es gibt Theorien, welche die Probleme der Betroffenen richtig ergründen und erklären.

Sebi 16. Jun 2006, 12:23

P.P.S. Zu unserer gefundenen harmonischen Lösung von oben; wir haben da vom Prinzip her ne gute Idee gehabt - und die ziehen wir auch durch. Geht gar nicht anders. Das Ergebnis muss ausgewogen sein. Wir erinnern uns: Der NPOV... Aber ich stimme zu, dass wir die hitzige Phase beenden müssen. Nur so kommen wir zu einem Ergebnis mit dem alle Leben können.

Widescreen 16. Jun 2006, 15:01

Stimmt es kann eine Kritik an Kernberg als auch der Objektbeziehungstheorie geschrieben werden. Allerdings wird da nichts von den Sachen drin stehen, die hier bislang besprochen wurden. Da das schlicht falsch ist. Es ist ein POV Standpunkt, da es ausser der Website von Oedipal keinen weiteren Beleg gibt, dass die von euch genannten Vorwürfe auch nur ansatzweise stimmen. Desweiteren würde ich es begrüßen, wenn meine Aussagen nicht wie die von Kernberg aus dem Zusammenhang gerissen werden und gegen mich verwendet werden. Das ist kein guter Diskussionsstil. Gruß

 

Sebi 16. Jun 2006, 15:27

OK, dann gehn wir mal zum sachlichen Teil über. Geh mal davon aus, ich bin jetzt ein vollkommener Laie. Ich bin über Folgenden Text gestoßen:

Die Lehren von Otto Kernberg sind umstritten. Kritiker werfen Otto Kernberg vor, dass er Menschen mit psychischen und psychosomatischen Beschwerden anlastet, bereits als Säuglinge und Kleinkinder darin versagt zu haben, ihre Impulse von Wut und Hass zu kontrollieren ('orale Wut', 'oraler Neid'). Kernberg, so der Vorwurf, erkläre damit quasi die kindlichen Opfer von Misshandlungen zu Tätern. Dies führe geradezu zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Befindens seiner PatientInnen. Sehr aufschlussreich für Kernbergs Sicht ist einer seiner Artikel aus dem Jahr 1999: Persönlichkeitsentwicklung und Trauma (in: Persönlichkeitsstörungen - Theorie und Therapie (PTT), 1999, Jg. 3, Heft 1, S. 5-15). Darin erklärt Kernberg u.a., dass das zentrale Problem einer Frau, die als Mädchen von noch nicht zehn Jahren von ihrem Vater vergewaltigt wurde, darin bestehe, dass sie dabei einen "sexuell erregenden Triumph über ihre Mutter" erlebt habe. Die Frau, die unter schweren Depressionen leidet, müsse lernen, "ihre Schuld (zu) tolerieren". Der Versuch eines Psychologen, Kernbergs Artikel unter Fachleuten kritisch zur Diskussion zu stellen, hat zu sehr unterschiedlichen Reaktionen geführt.

Und jetzt habe ich folgende Frage: Könnte es sein, dass Einige von Kernbergs Kritikern die Sache so betrachten bzw. so darstellen?
 

Widescreen 16. Jun 2006, 15:46

Ernsthafte? Nein! Es geht nicht darum, ob er irgendwem Vorwürfe macht, sondern a. darum, dass hier die Realität wertfrei abgebildet wird; b. dass er diese Dinge gar nicht so gesagt hat, wie ihr sie interprätiert.

Nochmal Kernberg untersucht hier die komplizierte Wechselwirkung zwischen Individuum und Umwelt. Dass schein irgendwie nicht zu euch durchzudrinen.

 

Oedipal 16. Jun 2006, 16:49

Nachtrag von Oedipal zu Sebi, zu meinem Beitrag vom 14.06., 20.10 Uhr:

Irgendwie ist das, was ich da sagen wollte, völlig wirr und durcheinander geraten. Ich weiß nicht, wie das gekommen ist, ob ich den Text ohne Durchlesen weggeschickt hatte, oder ob da irgendwas bei der Übertragung nicht geklappt hatte. Offenbar hatte ich das Ergebnis der Übertragung nicht sofort geprüft, bin erst jetzt darauf gestoßen. Ich möchte sehr gerne einfach noch einmal rekonstruieren, was ich dort ungefähr sagen wollte:

„Nachtrag von Oedipal zu Sebi (14.06., 20:10 Uhr): Ich sehe, dass wir wirklich viel Gemeinsames haben. Ich hatte meinen Text gerade erst fertiggestellt und habe deinen Text hier vorgefunden. Der Tenor deiner ersten Passage deckt sich stark mit meiner Position.

Nur bin ich wirklich ganz schön verärgert über widescreen. Ich bin dafür, Dinge offen beim Namen zu nennen. Das ist hier ja nicht irgendein banales Geplänkel, sondern eine Diskussion, die sehr ernsthaft gemeint ist und hohen Energieaufwand erfordert - jedenfalls für mich. Und dann so quasi zu schreiben: „Mich interessiert eigentlich gar nicht im Einzelnen, was ihr da diskutiert, aber ich mische mich schon mal ein und behaupte, dass ....“, ist in meinen Augen einfach nur dreist. Das sollte m.E. auch gesagt werden. Ein solcher Vorgehen weckt jedenfalls nicht gerade mein Vertrauen in die weiteren Beiträge aus dieser Ecke.

Ich persönlich bin über den Sperrungsantrag von Alchemy nicht beleidigt. Ich bin bei jedem Projekt dabei, das die von mir genannten drei Grundsätze berücksichtigt.

Dass man formuliert, die Kritik an Kernberg käme vor allem von Seiten der Betroffenen, ist einerseits sicher gut. Andererseits fühle ich mich NICHT als Betroffener, kann mir aber mit ein wenig Einfühlungsvermögen sehr gut vorstellen, was Kernbergs Äußerungen für die Betroffenen bedeuten.“

So hätte das ungefähr aussehen sollen.

Und jetzt noch eine Antwort auf deinen vorletzten Beitrag, Sebi: Ich möchte es nur noch einmal unterstreichen, was du gesagt hast, und zwar doppelt und dreifach!!!

Du hast widescreens Aussage aufgegriffen „...Grundsätzlich ist es dabei egal, ob damit jemanden vor den Kopf gestossen wird...“ und angemessen kommentiert: „Gute Aussage für nen Psychologen. Dank Dir für Deine Ehrlichkeit.“ Vielleicht noch als Ergänzung: Etwas anderes ist in der psychoanalytischen Psychotherapie kaum zu erwarten. Freud soll, nach Ferenczi, ihm gegenüber gesagt haben (Klinisches Tagebuch, 1932): die Patienten seien Gesindel, dem man sowieso nicht helfen könne, aber auf deren Geld man angewiesen sei. Ist doch bezeichnend, oder? Und schon 1909 soll Freud an Ferenczi geschrieben haben: „Die Patienten sind ekelhaft.“

Und auch deine folgende Einschätzung, Sebi, teile ich voll und ganz: „Allerdings sind die verfehlten Behandlungsmethoden fatal. Von mir als „Borderliner“ bzw. Menschen mit schwerer komplexer PTBS die Bitte: Bleibt mir und meinen Leidensgenossen mit dem Zeug vom Leib.“ Dem kann ich mich nur mit ganzem Herzen und mit ganzer Überzeugung anschließen!

Wenn jemand wie widescreen das nicht nachvollziehen kann oder nachvollziehen will, dann ist das ja o.k. Er kann auch Kernbergs Unsinn gebetsmühlenartig wieder und wieder absingen, Phrasen absondern wie: „Die Aussagen von Kernberg, die hier so angegriffen werden, gehen aus einer sehr differenzierten Theorie der Auswirkung eines Traumatas hervor.“ – und jeden Beleg für diese kühne These schuldig bleiben. Allerdings disqualifiziert er sich dann in meinen Augen für jede weitere ernstgemeinte Diskussion. (Vgl. A 1-17 in Verbindung mit A 23-32.) Entweder widescreen steigt richtig in den Ring und gibt einmal ganz konkret seinen Senf zu Kernbergs Fallstudien – zumindest für die hier angesprochenen 4 Fälle –, oder er lässt es bleiben und steigt aus der Diskussion aus. Oder er macht was er will. Oder er versucht, weiter mitzumachen. Und beschwert sich dann, dass ihn keiner ernst nimmt. Und textet weiter, dass diejenigen, die sich gegen die Passagen von Kernberg wehrten, sie halt nicht verstanden hätten.

Auf solche Pseudo-Argumente reagiere ich einfach nur noch allergisch und ärgerlich bis böse bzw. - für mich sehr viel erträglicher - mit Ironie und Sarkasmus! Warum jemandem mit ernstgemeinten Argumenten ehren, wenn er dich ja doch in keiner Weise ernst nimmt? Das ist ja auch nicht weiter schlimm. Auf dieser Welt gibt es doch einfach genug Verrückte. Die Leute, die zu mir in die Praxis kommen, sind übrigens in der Regel diejenigen, die unter diesen Verrücktheiten der anderen leiden. Widescreen praktiziert eine unerträgliche Missachtung der Argumentation der anderen. Das ist für mich so, als würde man den Kritikern von Hexenverbrennungen sagen, sie könnten da ja nicht mitreden, weil ihnen die theologische und inquisitorische Schulung fehle. Gegen so eine Argumentation kann man bis zur Erschöpfung argumentieren. Man kann es aber auch ganz einfach sein lassen.

Was hältst du denn von meinem Vorspann, Sebi? Oder von meiner Di-Lemma Lösung? Und meine ursprüngliche Passage findest du ja anscheinend auch nicht ganz verkehrt. Oder sollten wir vielleicht mal einfach eine 1-wöchige Pause vereinbaren und danach weiter diskutieren? Frau Dr. Reddemann hat dann vielleicht schon auf mein Anschreiben reagiert. (Ich werde sie mit meiner hier formulierten Antwort auch noch direkt anschreiben.) Vielleicht kommen ja in der Zwischenzeit auch noch Reaktionen von neuen InteressentInnen.

Deine letzen Bemühungen, Sebi, habe sie gerade gesehen, zeigen nur einmal mehr: Es ist völlig ausreichend, gegenüber widescreen auf dem Standpunkt von A1-A32 zu bleiben. Er kommt ja auch über sein C1 nicht hinaus. Warum also der Aufwand? Vielleicht lässt sich ja mit ein paar Erwachsenen, die sich vielleicht noch hierher verirren, vernünftig diskutieren.

 

Sebi 16. Jun 2006, 22:26

Ich antworte jetzt auf verschiedene Statements. Natürlich will ich unbedingt endlich auf Oedipal antworten.

... Meine zweite Antwort bezieht sich auf den von Alchemy eingestellten obigen längeren Auszug wissenschaftlicher Erkenntnisse. Was da steht, das entspricht genau Dem was ich bisher auch in Erfahrung bringen konnte. Das war ein Hauptthema eines von mir geschriebenen Artikels. Nicht zuletzt wegen diesen Inhalten wurde Ich samt Artikel von der Communitiy hier fast für verrückt erklärt. Der Artikel wurde gelöscht. Dank großer Anstrengung und der Hilfe eines Psychologieprofessors konnte wenigstens das Lemma gerettet werden. Allerdings erfährt der Leser hier nicht mehr wirklich viel (er merkt evtl. nur nicht, dass er in die Materie gar nicht einblickt), und für Betroffene nutzt es so auch fast nix.

Zu der ganzen Neurobiologischen Veranlagungs - Geschichte: Klar gibt es Menschen, die von Natur aus sensibler für Traumatisierungen sind. Dazu gehören beispielsweise wir ADHSler. (Die Wahrscheinlichkeit traumatisierender Situationen ist bei uns übrigens auch größer). Die Neurotransmitter feuern bei uns auf gleiche Reize heftiger. Bei schlimmen Situationen erleidet also das Amygdala-Hippocamus-System leichter nachhaltigen Schaden, die Persönlichkeit wird leichter nachhaltig zerrissen, mit seinen ganzen komplexen Folgeerscheinungen. Grundsätzlich ist allerdings jeder Mensch auf diese Weise zerstörbar bzw. traumatisierbar. Ist halt ne Frage der Heftigkeit von dem, was auf ihn einwirkt und in welcher Entwicklungsphase.

Wenn also ein etwa 14 oder 15 Monate altes Kind wie ich sich einen vollen Lackeimer über den Kopf stülpt und nur knapp einer Blindheit entkommt, dann ist das schlecht. Meistens passieren dann im Verlauf der Kinheit auch noch andere ungünstige Dinge. Aber daraus diese ganzen Theorien von Kernberg zu entwickeln greift bei mir genauso daneben wie bei meinen weiblichen Leidensgenossinen.

Auf jeden Fall finde ich es super, dass Du dir die Mühe gemacht hast, das Ganze hier reinzusetzen.

Aber jetzt zum Eigentlichen Gegestand der Diskussionsseite. Dass hier Kernbergs Theorien hin und herdiskutiert werden ist ja OK. Und auch das Problem, ob er nun schädlich wirkt oder nicht oder was auch immer. Und ich persönlich habe dazu ja auch eine ausgeprägte Meinung. Langsam geht es nun ja darum, wie die Wikipedia-Seite zu Kernberg in Zukunft gestaltet sein soll.

Bisher liegen drei Vorschläge mit konkreten Aussagen auf dem Tisch: ->1) die zensierte und gesperrte Seite ->2) eine durch die Diskussion hervorgegangene Vorschlagsseite in einem Benutzerverzeichnis ->3) die klaren Vorschläge von Oedipal

Ich wollte dir ja sowieso endlich eine Antwort auf Deine Vorschläge geben, Oedipal. Natürlich sagt mir das persönlich voll zu. Kein Thema. Denn wie schon gesagt, dieser Therapeutische Wahnsinn dieses einflussreichen Wissenschaftlers muss dringend gestoppt werden. Soweit es mich persönlich betrifft, kann und will ich das Kernberg nicht ersparen, um der Betroffenen willen. Die Frage ist nur, ob nicht nur die Editoren hier, sondern ob Wikipedia überhaupt das akzeptieren würde. Ich habe hier schon Einiges an eindeutiger Erfahrung hinter mir. Mein Vorschlag wäre, die Sache im Benutzerverzeichnis mal als Rahmen zu nehmen. Diese stark Wertenden Inhalte gleich nach dem Geburtsdatum werden aber nicht durchgehen oder auf Dauer nicht bestehen (aber wer weis?). Mein konkreter Vorschlag wäre, schon am Anfang bzw. in der Einleitung über dem Inhaltsverzeichnis zu schreiben, dass Kernberg mit seinen Theorien Kritische Stimmen hervorruft. Aber die genauen Kritikpunkte würde ich dann unter der entsprechenden Überschrift ausführen. Natürlich brauchen wir für die jeweiligen kritischen Stimmen Belege (also Referenzen), dann können wir da auch reinschreiben was sie Kritisieren. Ob wir eine Woche Pause machen oder nicht ist eigentlich nicht so wichtig. Allerdings fahre ich morgen oder übermorgen zu meinen Eltern, bin dann für ein paar Tage praktisch nicht hier. Aber ich bin in jedem Fall sicher... dat Läuft...
Grüsse

 

Alchemy 17. Jun 2006, 00:43

Siehste sebi (der) die Alchemy ist doch nicht so unsäglich, wie du irgendwo geschrieben hast, in den mittlerweile über 47 Seiten, allein nur Diskussionsbeiträge!!!!! Der reinste Wahnsinn!!!!

 

Widescreen 17. Jun 2006, 11:33

Also ich finde immer noch diese Inhalte sind eure Privatsache. Die können nicht in den Artikel rein, weil sie Oedipals "Privattheorie" sind, und nicht die tatsächlichen Theorien Ks. wiederspiegeln.

 

Widescreen 17. Jun 2006, 11:45

Nachtrag: Ich bleibe ungerne etwas schuldig: Hier die Belege für meine Aussagen, dass die Objektbez. Theorie eine Traumatheorie ist: 1, 2 Gruß

 

khs 18. Jun 2006, 19:13

Hallo widescreen, danke für die beiden Links. Gruss

 

Oedipal 26. Jun 2006, 22:56

Letzter Versuch?

Nach einer Pause möchte ich, Oedipal, noch einmal einen (letzten?) Versuch starten.

Zu der bisherigen Diskussion sind keine neuen Diskutanten oder Stellungnahmen hinzu gekommen. Außer Sebi ist niemand wirklich konkret auf meine Vorschläge eingegangen, nicht einmal mit einem ausdrücklichen „Nein“, geschweige denn mit einem „Ja“. Außer Sebi, der aus einer (überaus kompetenten und reflektierten) Betroffenen-Perspektive heraus meine Einschätzung einer fatalen und schädigenden Therapie-Wirkung von Otto Kernberg klar bestätigt, werden die von mir konkret zitierten Fallbeispielen mit der lapidaren Bemerkung abgetan, dass ja sonst nirgendwo eine Kritik an Kernbergs Vorgehen geübt werde. Kernberg habe es jedenfalls nicht so gemeint. Er habe in letzter Zeit auch die Wirkung von Traumatisierung und die neuere Neurowissenschaft anerkannt. Gut gemeint – aber völlig wertlos! Wenn solche Aussagen von Kernberg selbst kämen, so würde ich sagen: Das Gesäusel eines Wolfes, der Kreide gefressen hat! Sonst nichts!

Würdet ihr einmal das 7-Geißlein-Prinzip beherzigen – die wohltönenden Worte, da sei das Mütterlein, das gute Gräser und Kräuter bringe, einmal zu hinterfragen und klare, praktische Belege für diese Behauptungen einzufordern –, dann würde Kernbergs Wolfsgestalt schnell deutlich werden. Dem Ungeheuer die Tür aufzureißen, nur weil man gerade (vermeintlich) keinen kompetenten Fachmann findet, der das Biest als solches entlarvt, das wirft das Aufklärungs-Prinzip vollkommen über den Haufen: Jeder aufgeklärte Mensch sollte selbst in der Lage sein, seinen Verstand zu gebrauchen, das Vieh vor der Tür daraufhin kritisch zu befragen und zu begutachten, ob es sich tatsächlich um die Ziegenmutter handelt, oder ob da jemand auf Wolfspratzen daher kommt.

Welche auf meiner Web-Seite zitierte Kernberg-Kritik würde einen von euch überzeugen, wenn er hinter dem entsprechenden Namenskürzel einen bekannten Professor genannt bekäme? Wie deutet ihr KONKRET Kernbergs Vorgehen gegenüber dem KZ-Opfer, der Suizid-Klientin in seiner Klinik, dem Studenten, der über die dreijährige Therapie sein Stipendium verloren hat? Wie haltet ihr’s mit der Di-Lemma-Lösung? Habt ihr hierzu irgend eine konkrete Antwort?

Führt euch doch noch einmal das Beispiel von dem konkreten Vorgehen von widescreen mit dem weiten Horizont vor Augen. Nicht nur, dass er weiß, dass jede Kernberg-Kritik beweist, dass der Kritiker Kernberg nicht richtig verstanden hat. Nein, er vermag sogar auch bei „Google“ Begriffe wie „Trauma“ und „Objektbeziehungstheorie“ gleichzeitig einzutippen und seine Recherche-Ergebnisse dann als „Beitrag“ in diese Kernberg-Diskussion einzuführen: U.a. den Verweis auf einen Gesamttext, in dem eine berufsunerfahrene Studentin ihr „Wissen“ zu einer Diplom-Arbeit zusammengeschustert hat. Diese intellektuelle Glanzleistung hat die Fan-Gemeinde ja sogleich freudig beklatscht.

Aber: Erst lesen, dann jubeln! In dieser Arbeit findet ihr Kernberg nur in der Literaturangabe, er wird ansonsten so gut wie gar nicht inhaltlich zitiert. Statt dessen kommt Martin Ehlert-Balzer zu Wort, dessen Argumentation den Kernbergschen Ton schon recht gut trifft. Bereits der Titel seines Beitrags (1996) – „Das Trauma als Objektbeziehung“ – lässt da zwei Begriffe auftauchen und gewissermaßen verschmelzen: „Trauma“, d.h. Erfahrungen von Vergewaltigung, Folter, KZ u.a., mit „Objektbeziehung“, d.h. einem ominösen Konstrukt, das an zentraler Stelle oft genug als Synonym für die Beziehung eines Kindes zu wichtigen Bezugspersonen gebraucht wird. Vergewaltigung als Kind-Bezugsperson-Beziehung? KZ-Aufenthalt als Geschehen im Rahmen einer Kind-Bezugsperson-Beziehung? Schon allein die grammatikalische Konstruktion erscheint recht abstrus. Der Inhalt ist es dann um so mehr. Die Diplomandin paraphrasiert: „Durch die Traumatisierung kommt es zur Freisetzung von archaischem Hass, denn das Trauma wird als primärer Objektverlust erfahren. Das Ich kehrt zu primitiven, längst aufgegebenen Aggressionsformen zurück. Dieser Hass gilt nur scheinbar dem Täter, denn er ist anwesend und somit nicht gänzlich verloren. Endgültig abwesend erscheint dagegen die Mutter, die ihr Kind zum Zeitpunkt der Tat nicht geschützt hat. ... Erstens lädt das Opfer auf unbewusster Ebene Schuld auf sich, indem das Opfer sich aufgrund des regressiven Soges zum heimlichen Komplizen des Täters macht. Weiterhin weckt der Anschluss des traumatischen Introjektes an verdrängte Triebimpulse immense Schuldgefühle, denn dies kann im nachhinein beim Opfer den Eindruck erwecken, als habe es die Tat selbst herbeigewünscht. Das tiefe Schuldgefühl hat jedoch die Zerstörung der eigenen inneren Objektwelt und somit der „Mord an der guten Mutter“ (ebd. S. 305) zur Folge.“ Da wird natürlich deutlich, dass es wahnsinnig schwer ist, traumatische Erfahrungen von frühkindlichen Deformationen (oralem Neid) zu trennen. Das können halt nur Fachleute. Am besten wohl Ehlert selbst oder vielleicht Otto Kernberg.

Stellt euch vor: Dieser elende Balzer um die Gunst seines Gurus Kernberg sitzt einem Menschen gegenüber, der jahrelang in einem KZ vor sich hin vegetieren musste: „Sie haben zunächst Schuld auf sich geladen, weil sie sich in einem regressiven Sog zum Komplizen der KZ-Betreiber gemacht haben. Sie haben sich sogar selbst – natürlich unbewusst – ihre Verschleppung dorthin in einem masochistischen Bedürfnis herbeigewünscht. Sie haben dann diesen KZ-Aufenthalt als primären Objektverlust erfahren. Deshalb greift ihr Ich auf primitive Aggressionsformen zurück. Der Hass gilt natürlich nicht dem KZ-Kommandanten (denn der war ja noch anwesend), sondern ihrer Mutter, die zu diesem Zeitpunkt schon vergast war, sie also nicht beschützen konnte.“ Und wir müssen davon ausgehen, dass dieser Perverse seinen ekligen Dreck auch noch selbst glaubt! Und alle Kritiker als Ignoranten und Unwissende wie lästige Fliegen abschüttelt. Und bei diesem Fliegenvertreiben wird er noch von Helfershelfern wie Schwall und Alchemy unterstützt.

Wer mir jetzt Polemik und Unwissenheit vorwirft, der hat natürlich Recht! Ich habe weder Ahnung noch Taktgefühl noch sonstwas! Aber wie wäre es denn, noch ein paar andere Knöpfe zu drücken und in „Google“ ein wenig mehr nach dem ehrenwerten Herrn Ehlert-Balzer zu recherchieren? Da stößt man z.B. auf einen Kommentar zu dem in der Diplomarbeit zitierten Balzer-Beitrag von der in der hiesigen Diskussion bereits indirekt eingeführten Frau Dr. Reddemann, die anhand eines Fallberichts ihren diametralen Gegensatz zu Balzer durchblicken lässt: „Es wird vom Einzeltherapeuten alles getan, um die Arbeitsbeziehung zu fördern und die Regression in der Übertragung bzw. therapeutischen Beziehung, nicht zu fördern. Als die Patientin davon berichtet, daß sie während der Vergewaltigung kurzfristig die Vorstellung hegte, „das geschieht mir recht“, wird ihr dies nicht als unbewußter Wunsch, mit dem Täter zu verschmelzen, gedeutet (Ehlert-Balzer, 1996, Kretschmann 1993), sondern als Coping-Strategie verstanden und erklärt: besser sich mit dem Täter identifizieren und dadurch die Kontrolle behalten, als in der Gefahr höchster Not durch sinnloses Kämpfen die Kontrolle verlieren. Wir unterstellen der Patientin nicht, daß sie unbewußt wieder zum kleinen Kind wird, das sich „gute Eltern“ wünscht, sondern daß es ihr - auch unbewußt - um ihr Überleben ging.

Zu einem anderen Artikel des Balzers, den er für die Zeitschrift „Psychotherapie im Dialog“ (1/2000) geschrieben hat (Titel: „Phantasie und Realität“), findet sich folgender Leserbrief: „Dieser Artikel ist eine unnötige, wirklich unnötige Provokation. ... Was ist hier beabsichtigt? Ein Eigentor der Psychoanalyse? Eine Realsatire, in dem ein Verfahren anhand des - man verzeihe mir - karikaturhaftesten, dogmatischsten und - man verzeihe mir nochmals - borniertesten Fossils präsentiert wird, das sich auftreiben lässt? ... In völliger Unschuld, durch Tunnelskotom vor Seiteneinsichten geschützt, von Realitätsprüfungen unangefochten... selbst wenn es die beste Behandlungsform wäre, wir könnten sie nicht auf breiter Basis anwenden, weil die Kassen das nicht zahlen würden. Und wenn es bezahlt würde: Wir könnten höchstens ein Zehntel der derzeit versorgten Patienten behandeln. Macht ja nichts, oder? Den anderen wird ja sowieso nicht wirklich geholfen... da kann ich, liebe Kollegen Senf und Broda, nicht „ohne aufkommenden Affekt“ reagieren, und das lege ich mir hier nicht als Manko aus. Und würde Herr Ehlert-Balzer die im KBT-Artikel beschriebenen Traumata auch komplett in die Übertragung zerren wollen? Ich habe mich viel mit Auschwitz beschäftigt, auch mit den grausigen Details, aber nach dem Lesen dieses sehr anrührenden und aufwühlenden Artikels hatte ich trotzdem wieder einen Albtraum. Resümee: Verehrtes Redaktionsteam, die Zeitschrift ist insgesamt ein vielversprechendes Kind, und ich werde ihre Entwicklung mit großem Interesse weiter verfolgen, aber den programmbildenden Dialog so ausdrücklich mit Füßen tretende Autoren wie Herr Ehlert-Balzer haben, bitte sehr, in diesem Forum nichts zu suchen. Hier wird das alte Dilemma der Intoleranz gegenüber der Intoleranz berührt, aber: Die Schützengräben sind tief genug und der Dialog so überfällig, da muss man ihn doch nicht systematisch durch die Autorenauswahl belasten. Ich stelle es mir übrigens auch für den o.g. Autor demütigend vor, von klaren und unmissverständlich auf seine Überzeugungen anwendbaren Äußerungen wie „obsolet“ (Langkafel, S. 10) und „verbietet sich“ (Senf/Broda, S. 56) eingerahmt zu werden. Da haben Sie beiden Seiten (Autor und Lesern) etwas unnötiges zugemutet. Dr.med. Sebastian Gruben, 82418 Murnau

Oder: „Selten hat uns jemand so aus dem Herzen gesprochen wie Dr. Gruben in seiner Stellungnahme zu dem Artikel von M. Ehlert-Balzer (Leserbrief Dr. Gruben, Heft 2, 2000). Wir selbst hatten mit großer Vorfreude auf das Erscheinen des Heftes Nr. 1 gewartet und waren wirklich entsetzt über diesen der Zielsetzung der Zeitschrift (Dialog innerhalb der verschiedenen Psychotherapie-Schulen) diametral entgegengesetzten Beitrag. Unverständlich erschien uns insbesondere, wie ein derartiger Beitrag eine redaktionelle Konferenz „überstehen“ kann; bei sonst wirklich sehr ansprechenden Artikeln muss dieser Artikel als grobe Entgleisung gelten, wir hoffen dass sich derartiges nicht wiederholt ... Dr. N. Niedermeier (FA für PTM) Dipl. Psych. W. Mangold Dr. H. Manzinger (FA für PTM)

Und wem das alles noch nicht reicht zur Beurteilung des wertvollen Beitrags des Kollegen mit dem weiten Bildschirm, dem sei noch gesagt, dass die von ihm zur Lektüre empfohlene Diplomarbeit unter der Betreuung von Anke Kirsch stand. Diese wiederum hat – wie an bekannter Stelle nachzulesen (http://www.oedipus-online.de/) – in einer Delphi-Studie (1999) OHNE KRITISCHEN KOMMENTAR und ohne rot zu werden ihre „Erkenntnis“ mitgeteilt, dass 65,7 % bzw. 63,9 % der von ihr befragten Therapie-„Experten“ die ihnen geschilderten Traumatisierungen ihrer KlientInnen eher bis eindeutig einer „retrospektiven Phantasie“ zuordnen, WEIL die Betroffenen von ihrem sexuellen Missbrauch OHNE EIGENES SCHULDBEWUSSTSEIN und MIT SICHERER ERINNERUNG berichten! Nur winzige 4,7 % bzw. 4,9 % der Experten lehnen eine solche Schussfolgerung deutlich und entschieden ab! (Anke Kirsch hatte übrigens kein Problem, meine Antwort auf ihre Umfrage, die mit klaren kritischen Kommentaren ausgestattet war, kurzerhand aus ihrer Untersuchung auszuschließen.)

Das als weiterer Beitrag meinerseits zu dieser Materialschlacht.

Jetzt gibt’s verschiedene Möglichkeiten:

Ihr gesteht ein, dass ihr die Position der Kernberg-Kritiker respektieren müsst, und macht damit den Weg frei zu einem von unserer Seite gestalteten Vorschlag.

Oder ihr beharrt auf eurer betulichen Befürwortungs-Position und bearbeitet die Administratoren weiterhin dahingehend, eure Löschung von kritischen Zusätzen weiter zu schützen und zu unterstützen. In eurer neuen Seite begrabt ihr die Kritik an Kernberg unter einem Schwall von allem möglichen Gelaber. Damit folgt ihr der typischen Strategie vieler „moderner“ Analytiker, kritische Einwände wie ein Feigenblatt vor sich her zu tragen, um in diesem Schutz den ekelhaften Unsinn weiter auszubreiten. Prominente Beispiele für diese Art von Schizophrenie könnte ich nennen. Das ist, finde ich, wirklich eine raffinierte Strategie: Du täuschst eine kritische Haltung vor, verhältst dich aber völlig unkritisch.

Ihr habt Prof. Ruppert zwischen eure Feigenblätter drapiert, der dann aber auch sogleich als Hellinger-Schüler diskreditiert wird (Verweis auf Weber). Hellinger ist für mich ohne Frage ein übler Bursche! Man kann jedoch die Methode an sich – das Aufstellen von Familien oder Organisationen – auch durchführen, ohne auf Hellingers patriarchalisches, teilweise offenbar faschistoides Denken zurückzugreifen. Hellinger kommt übrigens Kernberg letztlich recht nahe, wenn er eine vom Vater vergewaltigte Frau sagen lässt: „Papa, für die Mama habe ich es gerne getan!“ Ich weiß nicht, wieweit Prof. Ruppert die ganze Ideologie Hellingers mit vertritt. Die Methode funktioniert wohl auch – und wohl auch besser! – ohne! Der zentrale Satz, an dem sich Webers Kritik an Ruppert aufhängt – „Kriegsfolgen sind die schlimmsten Traumafolgen.“ – ist für mich jetzt z.B. in gar keiner Weise spektakulär. Eine solche Feststellung ist doch nicht per se Ausdruck einer faschistoiden Ideologie! Die ganze Trauma-Diskussion ist ja nicht umsonst wegen der Alpträume und seelischen Krisen amerikanischer Vietnamheimkehrer erstmals wieder ernsthaft aufgekommen. Kriegserlebnisse – d.h. massenhafte sinnliche Eindrücke davon, wie sich Menschen mit ausgefeilten Gewaltmitteln und äußerster Kaltblütigkeit gegenseitig entwerten, quälen, foltern und massakrieren, und zwar über einen langen Zeitraum hinweg – bedeuten von der Natur der Sache her schlimmste Traumaerfahrungen. Selbst einigermaßen stabile Erwachsene können dadurch bis ins Mark erschüttert werden. (Die Klassifizierung eines Traumas nach seinem Schweregrad anhand zweier Achsen – Ausmaß der erlebten Beeinträchtigung und Dauer von deren Einwirkung – ist bei einer Fülle von Kriegserlebnissen geradezu zwangsläufig auf beiden Achsen im Höchstmaß erfüllt!)

Aber hier zeigt sich wieder ein altes Prinzip: Wirf erst einmal mit viel Dreck auf deinen Gegner – irgendwas wird schon hängen bleiben! Kernberg-Kritiker sind faschistoide Querulanten. Damit wird dem Kernberg-Unheil weiter Vorschub geleistet. (Übrigens ein alter Hut in der Psychoanalyse, die Kritik an ihr mit „antisemitischen“ oder „faschistischen“ Tendenzen zu erklären.)

Wenn die hiesige Diskussionsrunde, geschützt von den Administratoren, sich so mit dem Thema „Kernberg“ auseinander zu setzen gedenkt, dann werde ich dieses Forum gerne wieder verlassen, denn dann weiß ich: Dieses Forum hätte bis ins 19. Jahrhundert hinein mit dem Verweis auf „gesichertes Wissen“ die Rotation der Sonne um die Erde verteidigt. Dieses Forum hätte vor 70 Jahren mit dem Verweis auf „gesichertes Wissen“ die Rassenlehre als wesentliche Bereicherung der Menschheit aufgefasst. Dieses Forum hätte mit dem Verweis auf „gesichertes Wissen“ vor 45 Jahren Schwangeren das Contergan wärmstens als Schlafmittel empfohlen. Und dieses Forum wird noch in Zukunft mit dem Verweis auf „gesichertes Wissen“ jeglichen Unsinn, jegliche Ideologie, jeglichen Werbeschmäh bereitwillig so lange unterstützen, bis dessen oder deren Unheil unübersehbar geworden ist.

Wenn sich diese Art von Auseinandersetzung mit dem Wissen um die Wirklichkeit dieser Welt „enzyklopädisch“ nennt, dann werde ich „enzyklopädisch“ zukünftig nur noch als Schmähwort gebrauchen. In solch einem „enzyklopädischen“ Forum habe ich nichts mehr zu suchen. Und ich werde auch jeder und jedem anderen Suchenden raten, es bei Wikipedia nicht mehr zu tun. Weil die dort abgelegten Seiten oft genug nichts anderes sind als virtuelle Feigenblätter, die gewisse Blößen der Unwissenheit zu verdecken helfen, anstatt nackte Tatsachen sichtbar zu machen.

 

Widescreen 26. Jun 2006, 23:17

Ich kann nur wiederholen, dass die Objektbeziehungstheorie eine Traumatheorie ist. Oedipals weitschweifige Auslassungen bleiben hiervon unangetastet. Zu Oedipal kann ich leider nur sagen, dass er sich offenbar mit der Psychoanalyse nicht auskennt, trotzdem aber massive Kritik aufwirft, sich dann aber wundert, warum sie bei seinen Kontrahenden nicht auf Verständnis oder gar Beifall stösst. Zur Narrationsforschung habe ich mich ja bereits geäußert. Es ist Lehrmeinung in der Psychoanalyse, dass Traumata in der Kindheit die Ursache für Psychische Störungen sein können (Kohut, Miller, Battegay, Balint und eben auch Kernberg usw.). Hier eine Vulnerabilität anzunehem ist sicher nicht verkehrt, wie das interdisziplinäre (oder eklektische) Diathese-Stress-Modell veranschaulicht. Hier wäre dann die gesamte psychiatrisch- klinisch psychologische Forschung zu kritisieren (was sicherlich nicht schaden würde aber nicht alle Ergebnisse einfach so vom Tisch wischt, weil es bequemer ist). Die Kritik an Kernberg die Oedipal formuliert hat ist falsch und sollte aus diesem Grund nicht in den Artikel.

 

Oedipal 5. Jul 2006, 22:50

Bitte um Entscheidung an die Verantwortlichen von Wikipedia

Liebe Administratoren/-innen, liebe Betreiber/-innen von Wikipedia,

nachdem ich versucht habe, ein wenig bei Wikipedia mitzuarbeiten (konkret u. vor allem: Seite zu Otto Kernberg, aber auch: Narzissmus, Wilhelm Jensen, Otto Weininger, Sigmund Freud), stehe ich vor der Frage, ob ich – als „Experte“ in gewissen Fragen der Sozial- und Geisteswissenschaft und als jemand, der seine „Expertenschaft“ praktisch betreibt (psychotherapeutische Praxis) – weiterhin an dem (im Prinzip sehr spannenden) Wikipedia-Projekt teilnehme, ob ich weiterhin Mühe und Zeit aufwende, es voranzubringen.

Die Frage stellt sich mir aus folgendem Grund: Mein kritischer Zusatz zu dem Beitrag von Kernberg wurde von Menschen, die offenbar rückhaltlos an Kernberg „glauben“, gelöscht. Ebenso einige der anderen Zusätze, die ich an den genannten Stellen eingefügt hatte. Von Administratoren aufgefordert, uns zu einigen, wurde eine ausführlichere Diskussion begonnen. Der kritische Zusatz wurde einstweilen herausgenommen, der Artikel insgesamt gesperrt. Damit hat sich die Diskussion festgefahren. Da einige Mitdiskutanten (v.a. Schwall und Widescreen, aber auch Alchemy) über ein sehr niedriges Reflexionsniveau nicht hinauskommen (ist jedenfalls mein persönlicher Eindruck), die Schlussfolgerungen aus den von mir konkret vorgelegten Zitaten in keiner Weise entkräften, zu meinen konkreten Vorschlägen einfach nicht Stellung nehmen, sich statt dessen mit ein paar flachen Glaubensfloskeln über diverse Ungeheuerlichkeiten Kernbergs hinwegsetzen, bleibt deren Position (Nicht-Kritik) weiterhin im Raum stehen.

Gerade die Sozial- und Geisteswissenschaften leiden darunter, dass sie i.d.R. noch nicht zu strikten Wissenschaften ausgebaut werden konnten (was vermutlich auch nicht möglich sein wird). Der eigensinnige Mensch in der Wechselwirkung mit seinem sozialen Umfeld lässt sich nicht so exakt erfassen, wie ein chemisches Element oder ein physikalischer Prozess. Dieser Bereich ist heute m.E. noch so offen für Glaubenssätze, wie die Naturwissenschaft des Mittelalters. Auf dieser Glaubensgrundlage ergeben sich nur allzu gerne Glaubenskriege. Und ich verhehle nicht: Auch ich habe einen starken Glauben an bestimmte Werte, für die ich gerne und engagiert streite. Beispielsweise bin ich strikt der Überzeugung, dass die Opfer von Gewalt in allererster Linie als Opfer betrachtet werden müssen, vor allem, wenn es sich um Kinder handelt. Und diesen Opfern muss größter Respekt entgegengebracht werden.

Aber hier sind wir schon mitten in einer Auseinandersetzung um Glaubensfragen. Und da sind dann schon mannigfache Ansätze für Kritik und Einwand gegeben. Da kommt es dann in einem so offenen Forum wie Wikipedia darauf an, wer den längeren Atem hat. Und da ergibt sich dann schnell, dass – wie mein Kollege BerndUnt dies an anderer Stelle schon einmal recht schön ausgedrückt hat, als er wohl ähnlich schlechte Erfahrungen mit Widescreen gesammelt hatte: Experten haben meist kein ausgeprägtes Bedürfnis, sich mit Dilettanten herumzustreiten. Dafür ist ihnen die Zeit meist zu schade. Engagierte Dilettanten haben dagegen oft sehr viel mehr Zeit zur Verfügung, sich um ihre Glaubensangelegenheiten zu kümmern. So kommt es dann häufig zu einer Situation, die der Redensart entspricht: Der Klügere gibt nach! Mit der Folge, dass damit der Dummheit das Feld überlassen wird.

Ich habe einen konkreten, sehr ernstgemeinten Vorschlag gemacht, einen solchen Streit um „Glaubensfragen“ zu vermeiden: Themen, um die ein „Glaubenskrieg“ tobt, direkt als ein Di-Lemma (griech. „di“ = zwei, doppelt) zu etikettieren. Unter dem Aufruf eines Di-Lemmas sollte man dann direkt eine Entscheidungsmöglichkeit haben, zwei – am besten völlig getrennte – Bereiche aufzurufen: Den Pro-Bereich und den Contra-Bereich. Wer möchte, der kann sich beide Bereiche ansehen. Wer das nicht möchte, der beschränkt sich auf seine vorgefasste Glaubensrichtung. Auf diese Weise könnte man m.E. sehr, sehr viele Diskussionen im sozial- und geisteswissenschaftlichen Bereich sehr gut entschärfen: Es wäre eindeutig, wer sich auf welcher Seite zu äußern hat. Die Aufgabe der Administratoren/-innen würde m.E. sehr viel leichter. Sie können sich im Wesentlichen darauf beschränken, die Beitragenden auf die entsprechenden Bereiche zu verweisen.

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie hat Wikipedia sehr gute Noten, was das Niveau der naturwissenschaftlichen Themen betrifft. Nicht so anscheinend bei den Sozial- und Geisteswissenschaften. (Diese Meldung hatte ich zufällig im Radio aufgeschnappt.) Meine Hypothese wäre, dass gerade in den Geisteswissenschaften die eigentlichen Experten recht schnell von den Eiferern anderer Glaubensrichtungen in die Erschöpfung oder Resignation getrieben werden (s.o.).

Bei kurzen Recherchen habe ich bemerkt, dass in letzter Zeit der Rückzug von sehr differenzierten Experten wie BerndUnt und Oliver Walter (promoviert) stattgefunden hat. Und es gibt ja anscheinend bereits ein ausgesprochenes Konkurrenzprojekt zu Wikipedia, offenbar v.a. von frustrierten ehemaligen Wikipedia-Benutzern betrieben (Wikiweise).

Ist Wikipedia bereit, meine Anregungen aufzunehmen? Dann bitte ich um konkrete Signale und Antwort. Z.B. ob sich die Di-Lemma Lösung auf ein paar Bereiche (Kernberg u.a.) und vielleicht eine gewisse Zeit beschränkt (3-6 Monate) umsetzen lässt. Nach Ablauf dieser Zeit könnte einmal über den Nutzen eines solchen Vorgehens reflektiert werden.

Bekomme ich keine Antwort oder Resonanz auf meine Vorschläge, dann werde ich meine Energien künftig anderweitig einsetzen.

 

 

Stand vom 14. September 2006: Bis heute ist auf dieses Schreiben keinerlei Reaktion von Betreiber- oder Administratoren-Seite erfolgt.