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Vom Überleben zum Leben

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Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort
  2. Definitionen und Ausmaß sexuellen Mißbrauchs
  3. Täter und Täterkreise
  4. Forschungsstandpunkte zu Ursachen und Folgen sexuellen Mißbrauchs

    4.1. Historischer Rückblick der psychiatrischen Beschäftigung mit sexuellen Mißbrauch und Traumatisierung

    4.2. Der psychoanalytische Ansatz: Die Triebtheorie

    4.3. Der sozialpsychologische Ansatz: Sexueller Mißbrauch als Familienkrise

    4.4. Der soziologisch-feministische Ansatz: Das Patriarchat als Ursache sexuellen Mißbrauchs

  5. Folgen für die Opfer
  6. Allgemeine Abwehrmechanismen
  7. Definitionen im Zusammenhang des dissoziativen Kontinuums
  8. Entstehung
  9. Das Multiple System
  10. Diagnostik
  11. Therapie
  12. Sozialpädagogischer Aspekt
  13. Nachwort
  14. Literaturverzeichnis
  15. Anhang

4. Forschungsstandpunkte zu Ursachen und Folgen sexuellen Mißbrauchs

In den vorausgegangenen Abschnitten habe ich zum Thema sexueller Traumatisierung die Definitionen, die Täterschaft, die Opfer aufgeführt. Im Weiteren möchte ich mich mit den Ursachen beschäftigen. Können Gründe für die reale und weit verbreitete Existenz sexuellen Mißbrauchs aufgeführt werden? Können gesellschaftliche, persönliche oder geschlechtliche Momente, die sexuelle Gewalt begünstigen, genannt werden?

Sexueller Traumatisierung liegen bestimmte Strukturen zu Grunde, die den Mißbrauch begünstigen. In verschiedenen theoretischen Erklärungsmodellen wurde versucht, das Auftreten sexuellen Mißbrauchs an Mädchen zu analysieren. Ich werde drei Theorien vorstellen:

1. Den psychoanalytischen Ansatz: die Triebtheorie

2. Den sozialpsychologischen oder familienorientierten Ansatz: sexueller Mißbrauch als Familienkrise

3. Den soziologisch - feministischen Ansatz: das Patriarchat als Ursache sexuellen Mißbrauchs

Alle Theorien über gesellschaftliche Phänomene unterliegen dem Zeitgeist und können nur im politischen und gesellschaftlichen Kontext verstanden werden. Daher möchte ich mit einem historischen Rückblick beginnen, der die Wurzeln der heutigen Theorien beleuchtet.

4.1. Historischer Rückblick der psychiatrischen Beschäftigung mit sexuellen Mißbrauch und Traumatisierung

Als Ahnherren der Erforschung der Hysterie wird der große französische Neurologe Jean-Martin Charcot genannt. Er wirkte auf einem riesigen Pariser Krankenhausgelände, auf dem Bettler, Prostituierte und Geisteskranke Zuflucht vor Gewalt, Ausbeutung und Vergewaltigung nahmen. In seinen Dienstagsvorlesungen stellte er die Ergebnisse seiner Untersuchungen mit lebenden Beispielen dar. Bevor Charcot Mut bewies und das Themengebiet Hysterie mit seinem Engagement und guten Ruf hoffähig machte, galten hysterische Frauen als Simulantinnen, ernteten höhnisches Gelächter und wurden zur Behandlung Hypnotiseuren und Quacksalbern überlassen. "Hysterische Symptome wie Depressionen, Selbstmordversuche, Frigidität, Lähmungen, Magersucht, Halluzinationen, Sehstörungen und so weiter galten bis tief ins 19. Jahrhundert hinein als typische Frauenleiden." (Rijnaarts 1993, S. 87)

Charcot legte Wert auf sorgfältige Beobachtung, Beschreibung und Kategorisierung der Phänome der "großen Neurose", wie er die Hysterie beschrieb. Er konzentrierte sich auf Symptome, die neurologische Störungen nachahmen: motorische Lähmungen, sensorische Ausfälle, Krampfanfälle und Amnesien. 1880 konnte er beweisen, daß die Symptome der Hysterikerinnen psychisch bedingt waren, da sie durch Hypnose hervorgerufen und beseitigt werden konnten. Charcot interessierte sich für die Symptome seiner Patientinnen, für ihr Innenleben nicht. Gefühle waren für ihn Symptome, die es zu kategorisieren galt (vgl. Herman 1993, S. 21 f.).

 

Unter den hervorragenden Ärzten seiner Zeit, die nach Paris reisten, um vom "Meister" Charcot zu lernen, gehörten die begabten Wissenschaftler der Fachrichtungen Neurologie und Psychiatrie Pierre Janet, William James und Sigmund Freud. Janet und Freud waren besonders bemüht, Charcots Werk zu vervollständigen und die Ursachen der Hysterie aufzudecken. Die Forscher erkannten, daß die Beobachtung der Hysterikerinnen nicht ausreichten, um ihr Ziel erreichen zu können. Sie fingen an, ihnen mit Hingabe und Respekt zuzuhören. Nach ungefähr einem Jahrzehnt kamen Janet einerseits und Freud mit seinem Kollegen Breuer andererseits unabhängig voneinander zu ähnlichen Ergebnissen: "Hysterie ist ein Zustand, der durch ein psychisches Trauma verursacht wird. Unerträgliche Gefühlsreaktionen auf traumatische Ereignisse verursachen Bewußtseinsveränderungen, die wiederum hysterische Symptome hervorrufen. Janet nannte diesen veränderten Bewußtseinszustand "Dissoziation", Breuer und Freud sprachen von "doppeltem Bewußtsein" (Herman 1993, S. 23).

Während Janet die Fähigkeit zur Dissoziation für ein Zeichen psychischer Schwäche und Beeinflußbarkeit (eine gute Empfängnis für Suggestionen) hielt, argumentierten Freud und Breuer dagegen, daß dieses Phänomen auch unter geistig klaren, willensstarken, charaktervollen und kritischen Menschen zu finden ist.

Janet und Freud erkannten beide, daß die somatischen Symptome der Hysterie in verschlüsselter Form traumatische Erlebnisse widerspiegelten, die vom Gedächtnis ausgespart werden mußten. Für Janet waren seine hysterischen Patientinnen beherrscht von Erinnerungen an traumatische Ereignisse; Breuer und Freud faßten zusammen, daß der Hysterische unter Erinnerungen, die jemandem etwas bedeuten (Reminiszenzen) leide.

Darüberhinaus fanden sie heraus, daß die Symptome sich vermindern, wenn der Patient die traumatischen Erinnerungen und die damit zusammenhängenden Gefühle wiederentdecken und verbalisieren konnte. Diese Behandlungsmethode wurde die Grundlage der modernen Psychotherapie: Janet nannte es "psychologische Analyse", Freud und Breuer sprachen von "Abreaktion" oder "Katharsis"; Freud nahm später die Bezeichnung "Psychoanalyse". Den einfachsten und vielleicht besten Begriff erfand eine Patientin von Breuer, Anna O.: sie verwendete für den intensiven Dialog mit ihrem Therapeuten die Bezeichnung "talking cure" (dt. "Gesprächskur"). Die Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient bestand größtenteils in einer Wiederherstellung der Vergangenheit, in einer Darstellung des Vergangenen in allen Einzelteilen, in der Suche nach vollständigen Zusammenhängen der Vergangenheit.

Freud verfolgte am weitesten den Faden der Erinnerungen. Dies führte ihn zu der Erforschung der weiblichen Sexualität. Obwohl Ärzte seit Jahrhunderten davon überzeugt waren, daß die Hysterie mit der weiblichen Sexualität zu tun hatte, zweifelten Charot, Breuer und letztendlich Freud diesen Zusammenhang an.

Freud, hörte seinen Patientinnen zu. Sie berichteten ihm von sexuellen Übergriffen, Mißhandlungen und Inzest; entdeckten unter relativ trivialen Ereignissen, die die hysterischen Symptome in Erscheinung brachten, schwerwiegende traumatische Vorkommnisse aus der frühen Kindheit. 1896 veröffentlichte er in seinem Bericht über achtzehn Fallstudien unter dem Titel "Zur Ätiologie der Hysterie" folgenden Satz: "Ich stelle also die Behauptung auf, zugrunde jedes Falles von Hysterie befinden sich - durch analytische Arbeit reproduzierbar, trotz des Dezennien umfassenden Zeitintervalls - ein oder mehrere Erlebnisse von vorzeitiger sexueller Erfahrung, die der frühesten Jugend angehören. " (Freud 1897 in: Herman 1993, S. 25)

Hundert Jahre nach den Beschreibungen Freuds über die Auswirkungen sexuellen Mißbrauchs in der Kindheit gibt es kaum bessere, einfühlsamere Darstellungen dieses Themas. Freud selber betrachtete seine Arbeit wohl als die krönende Leistung seines Fachgebiets. Tatsächlich brachte die Veröffentlichung seiner Berichte das Ende seines Forschungsansatzes mit sich. Ungefähr ein Jahr später verwarf er seine Theorie, da ihn die Konsequenzen seiner Hypothese beunruhigten (vgl. Herman 1993, S. 26). Die weibliche Hysterie war weit verbreitet, also hieß die logische Folgerung, daß die "Perversion gegen Kinder" gleichsam häufig vorkam. Diese Geschehnisse kamen nicht nur im Pariser Proletariat vor, wo er die Hysterie als Erstes erforschte, sondern auch unter geachteten bürgerlichen Familien in Wien, wo er später arbeitete. Dieser Gedanke überstieg das Vorstellungsvermögen.

Die Verführungstheorie schreibt die alleinige Schuld dem Täter, dem "perversen" Vater zu. Freud stieß mit seinen Veröffentlichungen auf heftigen Widerstand, richteten sich seine Anschuldigungen doch vornehmlich gegen sein männliches Publikum. "Wenn die westliche Gesellschaft ein bis heute derart wirksames Tabu errichten konnte, über sexuellen Mißbrauch von Kindern, insbesondere durch ihre nächsten Angehörigen zu denken und zu sprechen, mußte Freud auf weit mehr als "eisige" Ablehnung durch die bürgerliche Gesellschaft gegen Ende des letzten Jahrhunderts gefaßt sein." (Hirsch 1987, S. 28 f.) Die Verführungstheorie stellte für das damalige patriarchale Gesellschaftssystem eine Bedrohung dar und da Freud ebenso an gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Anerkennung wie an materieller Sicherheit gelegen war, verwarf er seine Theorie.

In dieser Zwickmühle sitzend, gab er es auf, seinen Patientinnen zuzuhören. Der Fall Dora markiert den Wendepunkt: er erkennt die Erfahrungen seiner Patientin zwar noch als real an, ihre Gefühle der Wut und Demütigung jedoch nicht mehr. Vielmehr versuchte er ihre sexuelle Erregung und die Befriedigung dessen in der Mißbrauchssituation wiederzufinden. Dora brach die Behandlung ab und von dem Zeitpunkt an starb die vertrauensvolle Zusammenarbeit ehrgeiziger Wissenschaftler und hysterischer Patientinnen.

Freud schuf aus den Trümmern seiner Theorie zur Entstehung der Hysterie durch frühe Traumatisierung die Psychoanalyse. Die Sexualität stand weiterhin im Mittelpunkt seines Interesses. Es verschwand jedoch das soziale ausbeuterische Umfeld, in dem sexuelle Beziehungen stattfinden. Die Psychoanalyse beschäftigte sich losgelöst von realen Erfahrungen mit dem inneren Wandel von Phantasien und Sehnsüchten.

Die Triebtheorie verbannt die realen Inzesterlebnisse in die Phantasiewelt des Kindes. "Um Väter zu entlasten, hielt es Freud für erforderlich, das Wahrnehmungsvermögen seiner Patientinnen zu zersetzen. Es war ihm unmöglich, den Vater als Verführer zu akzeptieren, und so tauschte er weibliche Wirklichkeit gegen weibliche Phantasie aus." (Rush 1985, S. 140)

Die logische Erklärung der Neudefinition vom verführten zum verführenden Kind, bringt Freud in seiner Theorie über den Ödipuskomplex, die im Abschnitt 4.2. näher erläutert wird.

Nach Freuds Widerruf ging die Ära der Hysterie zu Ende. Hypnose und Bewußtseinsveränderung verschwanden wieder in den Bereich des Okkulten und die Erforschung des psychischen Traumas stand still. Einige Zeit später wurde die Krankheit Hysterie als ausgestorben erklärt.

Diese radikale Umkehr ist nicht der alleinige Verdienst von Freud. Das Zusammenbrechen der Hysterieforschung und das Vergessen wichtiger Entdeckungen, wird verständlich, wenn die politischen Hintergründe der Zeit in diesem Kontext genannt werden.

Im Frankreich des 19. Jahrhunderts herrschte ein "Kampf zwischen den Verfechtern einer Monarchie mit religiösem Fundament und den Verfechtern einer laizistischen Republik" (Herman 1996, S.27). Seit 1789 hatte dieser Konflikt die Regierung sieben Mal zum Sturz gebracht. Nach 1870 eröffneten die Gründerväter der Dritten Republik der neuen Demokratie eine aggressive Kampagne. Sie hatten das Ziel, ihre Machtposition zu sichern und die Macht ihres stärksten Gegners zu unterminieren - die katholische Kirche.

Die republikanischen Führer kamen aus dem aufstrebenden Bürgertum und hatten sich aus eigener Kraft hochgearbeitet. Sie sahen sich in der Tradition der Aufklärung und fochten Kämpfe gegen die reaktionären Kräfte Aristokratie und Klerus. Ein zentraler Streitpunkt war die Kontrolle des Bildungswesens, mit dem Ziel, den Zusammenhalt der Männer zu fördern und die Herrschaft über die Frauen zu behalten. "Frauen müssen der Wissenschaft gehören, sonst gehören sie der Kirche." (Herman 1996, S. 28)

Charcot gehörte dieser neuen bürgerlichen Führungsschicht an und trat ausdrucksstark für die Vebreitung wissenschaftlicher Ideen ohne Rücksicht auf die Religion ein. Mit der Modernisierung der Salpetriere wollte er die Überlegenheit weltlicher Lehren in der Medizin und mit den Hysterieuntersuchungen die Überlegenheit eines Forschungsansatzes gegenüber religiöser Anschauungen demonstrieren. Seine Vorlesungen, in denen er hysterische Frauen vorführte, dienten dazu, den Anspruch der Wissenschaft auf diese Frauen geltend zu machen.

Charcots Thesen beinhalteten Erklärungen für Phänomene wie Besessenheit durch Dämonen, Exorzismus und religiöse Ekstasen. Er führte Beweise in Form von Kunstwerken auf, die aussagten, daß religiöse Erlebnisse eine Erscheinungsform der Hysterie darstellten (beispielsweise die Wunderheilungen, die in Lourdes geschahen). Sein Ziel war es, derartige Phänomene der medizinischen Krankheitslehre zu überantworten.

Das leidenschaftliche Interesse an der Hysterie war somit durch politische Ziele motiviert. "Die Wissenschaftler sahen sich als wohlmeinende Retter, die Frauen aus der Erniedrigung heraushalfen, erwogen jedoch keine Sekunde lang eine gesellschaftliche Gleichstellung von Mann und Frau. Frauen sollten Objekte wissenschaftlicher Untersuchungen und menschlicher Zuwendung sein, aber nicht selbständige Subjekte." (Herman 1996, S.29) Dieselben Männer, die sich um eine Aufklärung der Hysterie bemühten, wehrten sich vehement gegen das Frauenwahlrecht, gegen Zulassungen von Frauen an höheren Bildungseinrichtungen oder akademischen Berufen.

Die Frauenbewegung war in den Anfangsjahren des Dritten Reiches relativ schwach. Die feministischen Gruppierungen hatten bis Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts das Recht öffentliche Veranstaltungen durchzuführen oder ihre Literatur zu veröffentlichen. Auf dem ersten Internationalen Kongreß für die Rechte der Frau (Paris, 1878) durften sie sich nicht für das Frauenwahlrecht einsetzen, da dies als zu revolutionär galt. Frauenrechtlerinnen erkannten, daß ihr Überleben von der labilen neuen Demokratie abhing und somit stellten sie ihre eigenen Interessen zurück. Sie wollten die Übereinstimmung der republikanischen Koalition nicht gefährden.

Eine Generation später hatte sich die republikanische, weltlich geprägte Regierung etabliert. Der Kampf gegen den Klerus hatte sie gewonnen. Für die aufgeklärten Männer wurde es allerdings immer schwieriger, sich als Streiter für die Frauen darzustellen, da diese mutiger wurden und für sich selbst redeten. Die Ideen amerikanischer und britischer Frauenrechtlerinnen breiteten sich zunehmend aus und französische Frauen traten in Bezug auf ihre Rechte selbstbewußter auf. Einige kritisierten gezielt die Gründerväter und stellten die Beschützerrolle der Wissenschaftler in Frage.

Um die Jahrhundertwende waren die politischen Ideen, die die Erforschung der Hysterie ermöglicht hatten, in Vergessenheit geraten. Für die Weiterführung des Forschungsansatzes gab es keinen Grund mehr, da die Wissenschaftler von ihrem Ziel abgekommen waren. Bei der Erforschung der Hysterie hatten die Wissenschaftler tiefe Einblicke in das Leben von Frauen, die sie nie haben wollten. Sie hatten nie vorgehabt, sich mit sexueller Traumatisierung von Frauen auseinanderzusetzen.

Solange die Forschungsergebnisse dem ideologischen Kreuzzug dienten, wurden sie begrüßt und die Wissenschaftler wurden für ihr Engagement und ihren Mut bewundert. Als der politische Schwung jedoch versiegt war, erkannten die Forscher, daß die Entdeckungen und die Beziehungen zu den Patientinnen Nachteile für sie brachten. Charcot wurde immer mehr angezweifelt und mußte sich gegen das Gerücht, er würde leicht beeinflußbare Frauen in seinen Vorlesungen vorstellen, die nach seinen Anweisungen handelten, verteidigen. Charcot bereute, daß er dieses Forschungsgebiet begründet hatte.

Zur gleichen Zeit, als Charcot Hypnose und Hysterie hinter sich ließ, zog sich Breuer ebenfalls von seinen Patientinnen zurück. Er beendete fluchtartig die therapeutische Beziehung zu Anna O. Vermutet wird, daß seine Frau ihm die intensive Betreuung der faszinierenden jungen Frau übel nahm. Die Behandlung von Anna O. hatte über zwei Jahre angedauert, phasenweise täglich. Der plötzliche Abbruch der Behandlung führte bei der Patientin zu einer Krise mit der sie ins Krankenhaus eingewiesen werden mußte. Breuer verließ schweißgebadet die Therapie, als er erkannte, daß seine Patientin sich leidenschaftlich zu ihm hingezogen fühlte.

Breuer veröffentlichte gemeinsam mit Freud diesen Fall, verhielt sich von da an jedoch vorsichtiger und mißtrauischer der Forschung gegenüber.

Freud kam mit seinen Forschungen am weitesten. Seine Entdeckung, daß sexueller Mißbrauch in der Kindheit eine Wurzel der Hysterie ist, brachte ihm großen gesellschaftlichen Unglauben ein.

Die Realität psychischer Traumata drang mit dem Ersten Weltkrieg noch einmal in das öffentliche Bewußtsein. In diesem Krieg starben mehr als acht Millionen Menschen, vier europäische Reiche waren vernichtet.

Die Illusion von "ehrbarer Mannhaftigkeit und Ruhm in der Schlacht fiel den Verwüstungen des Krieges zum Opfer." (Herman 1996, S. 34) Eine erschreckend hohe Zahl von Männern, die die Zerstörungen in den Schützengräben miterlebt hatten, brachen zusammen. Viele Soldaten benahmen sich auf einmal wie hysterische Frauen: unkontrollierte Wein- und Schreikrämpfe, Erstarrung und Bewegungslosigkeit, Stummheit und Reaktionslosigkeit, Gedächtnisverlust und Unfähigkeit, Gefühle zu empfinden. Die Zahl der Opfer, die in psychiatrische Behandlung mußten, war sehr groß. Schätzungen sagen aus, daß bei den Briten vierzig Prozent der Kriegsverletzungen auf psychische Zusammenbrüche zurückzuführen waren. Berichte über psychisch geschädigte Opfer wurden von den Militärbehörden zurückgehalten, da sie sich "demoralisierend" auf die öffentliche Meinung auswirkten.

Ein erster Erklärungsansatz lag darin, einen Zusammenhang der psychischen Zusammenbrüche physischen Ursachen zuzuordnen. Der britische Psychologe Myers führte die Symptome auf Minenexplosionen zurück und die nervöse Störung "Schützengrabenneurose". Man erkannte bald, daß auch bei Soldaten, die keine physischen Traumata erlebt hatten, dieselben Symptome auftraten. Die Militärpsychiater mußten anerkennen, daß die Symptome des Granatenschocks auf psychische Traumatisierung zurückzuführen waren. "Die emotionale Belastung, die es bedeutete, über lange Zeit gewaltsames Sterben miterleben zu müssen, konnte bei Männern ein der Hysterie sehr ähnliches Syndrom hervorrufen." (Herman 1996, S. 35)

Die Existenz der Kriegsneurose konnte nicht länger bestritten werden und genau wie in dem Streit um die Hysterie, richtete die Medizin ihr Augenmerk auf Persönlichkeit und Charakter der Patienten. In konservativen Medizinerkreisen herrschte die Meinung, daß Soldaten bereitwillig in den Krieg zu ziehen hatten, keine Gefühle zu zeigen hatten und erst recht nicht an den Untaten zu zerbrechen hatten. Soldaten, die eine Kriegsneurose entwickelten, wurden als minderwertige Menschen eingestuft. Die Mediziner scheuten sich nicht, sie als Feiglinge, Simulanten und "moralische Invaliden" zu bezeichnen. Als Behandlungsstrategie wurden Demütigung, Drohung und Bestrafung eingesetzt. Hysterische Symptome wie Stummheit wurden mit Elektroschock behandelt. Die Patienten wurden angegriffen, als faul und feige beschimpft.

Anerkannte fortschrittliche Mediziner hielten ihren konservativen Kollegen entgegen, daß die Kriegsneurose eine echte psychiatrische Krankheit sei und ebenso mutige Soldaten treffen könne. Sie sprachen für eine humane Behandlung nach psychoanalytischen Gesichtspunkten. Ein wichtiger Vertreter dieser Richtung war Rivers, der Arzt und Professor für Neurophysiologie, Psychologie und Anthropologie. Sein berühmtester Patient war Sassoon, der Auszeichnungen für seine Kriegsverdienste bekommen hatte, der sich noch während des Krieges den Pazifisten anschloß und öffentlich den Krieg verurteilte. Er verfaßte Gedichte und Texte, die sich eindeutig gegen den Krieg richteten. Ein Kamerad, der besorgt war, daß Sassoon vor ein Kriegsgericht gestellt werde, sorgte für seine Einweisung in ein Krankenhaus und der Behandlung durch River. Die Antikriegserklärung konnte dadurch durch einen psychischen Zusammenbruch erklärt werden. Sassoon litt unter keinem vollständigen Nervenzusammenbruch, war nervlich allerdings in keiner guten Verfassung, war unruhig, reizbar und litt unter Alpträumen. Diese Symptomatik würde heute zweifelslos als posttraumatische Störung diagnostiziert werden.

Rivers therapierte Sassoon im humanen, aufgeklärten Sinne und verfolgte damit die Absicht, die Überlegenheit dieser Therapiemethode gegenüber dem strafenden Ansatz vorzuführen. Das generelle Behandlungsziel in der Militärmedizin war, den Patienten kampftauglich zu machen. Rivers stellte dieses Ziel nicht in Frage, setzte jedoch die "talking cure" ein. Sassoon wurde mit Würde und Achtung behandelt, wurde nicht zum Schweigen gebracht, sondern ermutigt, über seine Gefühle und Erlebnisse frei zu sprechen. Sassoon war sehr dankbar für die Zuwendung Rivers. Seine Psychotherapie wurde erfolgreich abgeschlossen angesehen: er widerrief seine pazifistische Erklärung öffentlich und nahm den Dienst wieder auf. Seine politische Einstellung hatte er jedoch nicht aufgegeben, er kehrte aus Loyalität zu den Kameraden zurück.

Wenige Jahre nach Kriegsende verschwand das Interesse für psychische Traumata wieder. In den Veteranenhospitalen waren zwar viele Männer mit schweren psychischen Schäden untergebracht, doch die zivile Gesellschaft vergaß sie.

Mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges lebte das medizinische Interesse an Kriegsneurosen wieder auf. Die Militärpsychiater hofften, eine schnelle und wirksame Behandlungsmethode zu finden. Erstmals wurde anerkannt, daß Soldaten zusammenbrechen konnten. Ein Jahr nach Kriegsende kamen die beiden amerikanischen Psychiater Appel und Beebe zu dem Schluß: "`Es gibt keine `Gewöhnung an den Krieg` ... Im Kampf bedeutet jeder Augenblick eine so hohe Belastung, daß die Zusammenbrüche der Männer in direktem Verhältnis zu der Intensität und Dauer stehen, mit denen sie dem Kampfgeschehen ausgesetzt waren. Daher sind psychiatrische Erkrankungen ebenso unvermeidlich wie Schußwunden und Verletzungen durch Granatsplitter.`" (Appel/Beebe 1946 in: Herman 1993, S. 40) Die Psychiater konzentrierten sich hauptsächlich darauf, Faktoren zu bestimmen, die vor dem akuten Zusammenbruch schützen und eine rasche Heilung bewirken konnten. Dabei entdeckten sie - wie Rivers bei Sassoon - daß enge, emotionale Bindungen zwischen den Soldaten Schutz boten, von der Angst überwältigt zu werden und vor psychischen Zusammenbrüchen. Die Behandlungsstrategien, die im Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden, zielten darauf ab, einen erkrankten Soldaten möglichst nicht lange von den Kameraden zu trennen. Bei der Suche nach schnellen und effektiven Behandlungsmethoden bei psychischen Traumata stießen die Militärpsychiater wieder auf die Bedeutung der veränderten Bewußtseinszustände. Sie machten die Erfahrung, daß man mit künstlich herbeigeführter Bewußtseinsveränderung (mit Hypnose oder "Narkosynthese"), Zugang zu traumatischen Erinnerungen fand. Wie in früheren Arbeiten zur Hysterie beschäftigten sich die Wissenschaftler nun im Zusammenhang mit den Kriegsneurosen wieder mit der "talking cure" und der kathartischen Wirkung, die ein nochmaliges Durchleben der traumatischen Erfahrung haben konnte. Grinker und Spiegel beobachteten, daß die Behandlung jedoch erfolglos blieb, wenn der Patient die Erinnerungen, die er unter Hypnose wiederfand, nicht ins Bewußtsein integrierte. Die kathartische Erfahrung allein ist sinnlos, wenn darauf kein Durcharbeiten folgt.

Die Warnungen wurden ignoriert und die neue, schnelle Behandlungsmethode galt als erfolgreich. Nach einem Bericht nahmen 80 Prozent der amerikanischen Soldaten, die unter akuten Belastungen zusammenbrachen, den Dienst größtenteils schon nach einer Woche wieder auf (Herman 1993, S. 42).

Wie es den Männern nach ihrer Rückkehr in den Dienst erging, wurde kaum noch beachtet. Sie galten als genesen, solange sie noch auf minimaler Ebene funktionierten. Mit dem Kriegsende setzte der bekannte Verdrängungs-Prozeß wieder ein. Die nachhaltigen Folgen des Kriegstraumas wurden wieder vergessen.

Systematische, großangelegte Untersuchungen zu langfristigen, psychischen Kriegsfolgen wurden erst nach dem Vietnamkrieg durchgeführt. Der Anstoß dazu kam diesmal nicht aus Fachkreisen, sondern von kriegsmüden Soldaten. Einmalig in der Geschichte war, daß Veteranen gegen einen Krieg angingen, an dem sie selbst teilgenommen hatten und der noch andauerte. Viele Soldaten waren für besondere Kriegsdienste ausgezeichnet worden und gaben ihre Medaillen mit dem Angebot öffentlich über ihre Kriegsverbrechen auszusagen, zurück.

Die Kriegsveteranen gründeten Selbsthilfegruppen, die zwei Ziele hatten: Zum einen boten sie Unterstützung für die Kameraden und zum anderen schärften sie das allgemeine Bewußtsein für die langfristigen, psychischen Folgen des Krieges. Die Veteranen wollten nicht vergessen und vor allem nicht stigmatisiert werden. Bis Mitte der siebziger Jahre hatten sich Hunderte dieser Gruppen zusammengefunden. Der politische Druck der Veteranenorganisationen führte dazu, daß der gesetzliche Auftrag für ein psychologisches Therapieprogramm erging. Es wurden Hilfszentren eingerichtet, in denen Veteranen mitarbeiteten und sich ehemalige Kameraden gegenseitig unterstützten. Die Kampagnen der Veteranen veranlaßten schließlich auch systematische psychiatrische Forschungen. Das Ergebnis war eine fünfbändige Studie zu den Folgen des Vietnamkriegs, die das posttraumatische Syndrom beschrieb und den direkten Zusammenhang zu Kampferlebnissen bewies.

Das psychische Trauma wurde als dauerhafte und unvermeidliche Spätfolge des Krieges anerkannt. 1980 war das charakteristische Syndrom des psychischen Traumas zum ersten Mal eine "richtige" Diagnose. Der amerikanische Psychiaterverband nahm eine neue Kategorie in das offizielle Handbuch seelischer Erkrankungen auf. "Damit fand das Syndrom des psychischen Traumas, das im Laufe des vergangenen Jahrhunderts wiederholt vergessen und wiederentdeckt worden war, endlich offizielle Anerkennung in der Diagnostik." (Herman 1993, S. 44)

4.2. Der psychoanalytische Ansatz: Die Triebtheorie

Die Psychoanalyse an sich befaßt sich mit der Theorie der Persönlichkeitsentwicklung, mit Augenmerk auf die sexuelle Triebentwicklung. Sie sieht die "fundamentalen Auswirkungen des sexuellen Mißbrauchs vor dem Hintergrund der Persönlichkeitsentwicklung des Mädchens." (Hartwig 1992, S. 75) Zentraler Moment der Psychoanalyse ist die Theorie über den Ödipuskomplex, die die inzestuösen Wunschbeziehungen des Kindes ins Zentrum der psychoanalytischen Persönlichkeitstheorie stellt.

"Sexualität und Inzest haben in der Psychoanalyse in Form inzestuöser Triebwünsche des Kindes und den damit verbundenen unbewältigten Konflikten, die ins Erwachsenenalter pathogen hineinwirken können, einen zentralen Stellenwert." (Hirsch 1994, S. 148)

Wie ich im historischen Rückblick dargelegt habe, war Freud seinerzeit der Erste, der Inzestopfern Gehör schenkte, sie ernst nahm, ihnen glaubte und bereit war, mit ihnen zu arbeiten. Aufgrund der Erfahrungen der Opfer entwickelte er zunächst die "Verführungstheorie", die er später zugunsten der "Triebtheorie" verwarf. Diese soll hier nun näher erläutert werden.

Die "Triebtheorie" verbannt die realen Inzesterlebnisse in die Phantasiewelt des Kindes. Sie werden als Wunsch des Kindes nach sexuellen Verkehr mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil interpretiert. Der Initiator des sexuellen Mißbrauchs ist nicht mehr der Vater, sondern das Kind. Das vormals verführte Kind wird zum verführenden Kind.

Wie läßt sich diese Umdeutung logisch erklären? Die Psychoanalyse sieht die Begründung in der Theorie des Ödipuskomplexes.

Die Sage von König Ödipus

Ödipus, der Sohn des Laios, König von Theben, und der Jokaste, wird als Säugling ausgesetzt, weil ein Orakel dem Vater verkündet hatte, der noch ungeborene Sohn werde sein Mörder sein. Er wird gerettet und wächst als Königssohn an einem fremden Hofe auf, bis er, seiner Herkunft unsicher, selbst das Orakel befragt und von ihm den Rat erhält, die Heimat zu meiden, weil er der Mörder seines Vaters und der Ehegemahl seiner Mutter werden müßte. Auf dem Weg von seiner vermeintlichen Heimat weg trifft er mit König Laios zusammen und erschlägt ihn in rasch entbranntem Streit. Dann kommt er vor Theben, wo er die Rätsel der den Weg versperrenden Sphinx löst und zum Dank dafür von den Thebanern zum König gewählt und mit Jokastes Hand beschenkt wird. Er regiert lange Zeit in Frieden und Würde und Zeugt mit der ihm inbekannten Mutter zwei Söhne und zwei Töchter, bis eine Pest ausbricht, welche eine neuerliche Befragung des Orakels von seiten der Thebaner veranlaßt. (...) Die Boten bringen Bescheid, daß die Pest aufhören werde, wenn der Mörder des Laios aus dem Lande getrieben sei. (nach einer Kurzfassung von Josephine Rijnaarts 1993, S. 99)

Der Ödipuskomplex umschreibt den Umstand, daß das kleine Kind sich in den gegengeschlechtlichen Elternteil verliebt, während der andere als Rivale empfunden wird. Rivalität ist auch ein Merkmal des Patriarchats. Der Rivale ist der Vater, also ein Mann, der mit einem Jungen, einem zukünftigen Mann, in Konkurrenz tritt. Es geht hier um Macht. Die Ursache für die Äußerungen der Patientinnen Freuds über sexuellen Mißbrauch sieht er in eben diesem Wunschdenken; die Patientinnen wünschen sich die Liebe und Zuwendung des Vaters so sehr, daß sie darüber phantasieren. Dies führt soweit, daß sie einerseits die Mutter töten will und andererseits ein Verlangen danach hat vom Vater ein Kind zu bekommen (vgl. Hartwig, 1993). Freud erklärte das weibliche Gegenstück zum Ödipuskomplex als "Elektrakomplex". Er ging zunächst vom männlichen Verhalten aus, das darin bestrebt ist den vermeintlich rivalisierenden Vater auszuschalten und die Mutter als Liebesobjekt für sich zu gewinnen. Freud ging davon aus, daß der Ödipuskomplex sich auf Mädchen übertragen läßt. Der weibliche Ödipuskomplex stellt also das Spiegelbild des männlichen dar. Das hieße, daß der Ödipuskomplex für beide Geschlechter dasselbe bedeutet. Es stellt sich die Frage, warum größtenteils Frauen von sexuellen Übergriffen in der Kindheit berichten. In der Analyse seiner Theorie gelangt Freud schließlich zu dem Eindruck, daß seine Aussagen über den Ödipuskomplex in dem Maße nur für das männliche Kind zutrifft.

Denn nach der Geburt stellt die Mutter auch für das Mädchen das erste Liebesobjekt dar. Wie kommt es zu einer Umkehrprojektion der Zuneigung von der Mutter auf den Vater? Die Theorie des "Penisneids" tritt in Kraft, die besagt, daß das Mädchen irgendwann den geschlechtlichen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Kindern erkennt und dabei feststellen muß, daß ihr etwas fehlt. Da dem männlichen Geschlecht von Geburt an mehr Aufmerksamkeit beigemessen wird, fühlt sie sich durch diesen Mißstand zurückgesetzt und wertlos. Sie fühlt sich dadurch in ihrer Sexualität beeinträchtigt und neidet dem Jungen die "bessere Ausstattung" - ein patriachaler Mythos.

"Dieser Penisneid verderbe dem Mädchen den bisherigen Spaß an seiner Klitoris und die Liebe zur Mutter. (..) Das Mädchen wende sich - voll Feindseligkeit und Haß - von seiner Mutter ab, seine Sexualität sei nun nicht mehr aktiv, sondern passiv, und es hoffe, vom Vater zu bekommen, was ihm die Mutter verenthalten habe, nämlich einen Penis. Schon bald verwandle sich der Wunsch nach einem Penis in den Wunsch nach einem Kind vom Vater." (Rijnaarts 1993, S. 105)

Da Freud sich als einer der Ersten mit dem Thema des sexuellen Mißbrauchs beschäftigte, hat er mit Sicherheit zu seiner Zeit bahnbrechende und revolutionäre Entdeckungen gemacht. Dennoch kann ich Kritik an seinem psychoanalytischen Mißbrauchsverständnis nicht zurückhalten. Die Psychoanalyse sieht Ursachen auf individueller Ebene. Die innerpsychischen Auswirkungen und Folgen für das Sexualleben werden in den Blickpunkt der Betrachtung gerückt. Die Familie wird insoweit mit in Überlegungen einbezogen, daß die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern sich ändern; Ursachen werden hier nicht mehr gesucht.

Kritik an der Psychoanalyse üben Alice Miller, die selbst Analytikerin war, Mathias Hirsch und Josephine Rijnaarts. Sie scheinen sich einig darüber sein, daß die Psychoanalyse "den tiefsten und reinsten Einblick in dieses Geschehen haben könnte" (vgl. Hartwig 1992, S. 28), wenn sie sich durch ihre Theorien an einer Weiterentwicklung nicht selbst hindern würde.

"Eine Psychoanalyse, die einem überholten ideologisierten Schema von ödipalem Triebkonflikt verhaftet bleibt und die Bedeutung des realen Traumas nicht anerkennt, ist wahrlich nicht zur Behandlung von Opfern realen Inzests geeignet." (Hirsch 1994, S. 148)

Der psychoanalytische Ansatz mag geeignet sein zur Erklärung von sexuellen Mißbrauch aufgrunddessen, daß er die Persönlichkeitsentwicklung unter Berücksichtigung der Triebentwicklung analysiert. Er weist Mängel dahingehend auf, daß er verursachende gesellschaftliche und familiäre Aspekte ausspart und zu einer Verschleierung des sexuellen Mißbrauchs durch die Triebtheorie beiträgt.

4.3. Der sozialpsychologische Ansatz: Sexueller Mißbrauch als Familienkrise

Systemorientierte Erklärungsansätze sehen den sexuellen Mißbrauch als ein Symptom gestörter Interaktionsmuster innerhalb eines Familiensystems. Der familienorientierte Ansatz ist ein Teilgebiet der Systemtheorie. Der sozialpsychologische Ansatz oder familienorientierter Ansatz befaßt sich mit der Untersuchung menschlicher Verhaltensweisen in einem spezifischen sozialen Bezugsrahmen. Bezogen auf sexuellen Mißbrauch bedeutet das: Der sozialpsychologische Ansatz untersucht rollenspezifische Verhaltensweisen von Familienmitgliedern untereinander und analysiert auf dieser Grundlage innerfamiliale Gewaltstrukturen.

"Im Gegensatz zum psychoanalytischen Ansatz, der die Krankheit einer Person (psychische oder/und physische Störungen) zum Ausgangspunkt der Intervention macht, gehen sozialpsychologische Ansätze von einer Familienkrise aus, die in ihrer Gesamtheit zu erfassen und zu bearbeiten sei. Dabei stehen weder die Symptome der Mißhandlung noch die Tat oder der Täter im Zentrum des Erkenntnisinteresses, sondern die multifaktoriell bedingte Krise, die das Verhalten der Familienmitglieder bestimmt." (Hartwig 1992, S. 45)

Mitte der 70er Jahre ging man dazu über, das Thema Inzest mehrdimensional zu betrachten. Der einzelne Täter stand nun nicht mehr im Mittelpunkt der Untersuchungen, sondern die gesamte Familiensituation, vor Beginn des Mißbrauchs und die Entwicklung, rückten ins Blickfeld. Das "System Familie" wird als psychisch oder sozial auffällig beschrieben. "Der Zustand der Familie wird als Inzestursache angesehen, als das `eigentliche` Problem, mit dem die Familie konfrontiert ist. Aus dieser Sicht ist Inzest ein pathologisches Symptom, ein Anzeichen dafür, daß die Familie `krank` ist." (Rijnaarts 1993, S. 156)

Der sozialpsychologische Ansatz versteht den sexuellen Mißbrauch als eine Form der Kindesmißhandlung und sieht ihn als Ausdruck einer familialen Krisensituation an. Demnach ruft sexueller Mißbrauch nicht die Krise hervor, sondern er ist die Folge einer bereits bestehenden Krisensituation, eine Reaktion auf den bereits bestehenden Mißstand in der Familie, was zumindest den Gedanken einer Vererbung von Mißbrauchsverhalten beinhaltet.

"Die sexuellen Handlungen sind nach diesem Denken ein Überlebensmechanismus, der dafür sorgt, das System Familie in dieser Form aufrechtzuerhalten und die wirklich bestehenden Konflikte nicht offen werden zu lassen." (Brockhaus/Kolshorn 1993, S. 212; vgl. auch Rijnaarts 1993, S. 156)

Nimmt man Untersuchungen und Fallbeispiele des sozialpsychologischen Ansatzes zur Hand, so sieht man, daß die Konflikte, die eine Familienkrise hervorrufen können, meist zu großen Teilen der Ehefrau und Mutter angelastet werden. Das Augenmerk wird - in meiner Sicht - vom eigentlichen Täter abgelenkt und die Schuldzuweisung verschoben. Dieser Ansatz behauptet, von der Untersuchung der Verhaltensweisen der Familienmitglieder untereinander auszugehen, bei genauerem Hinsehen stellt es sich vielmehr so dar, daß das Verhalten und die Eigenschaften der Mutter unter die Lupe genommen werden. Dieser Meinung von Brockhaus und Kolshorn über eine gegebene Verschleierung der Schuldfrage stimmen auch Rijnaarts und Hartwig zu.

Die Schuldzuweisung auf die Mutter äußert sich in dem Vorwurf, sie entzöge sich dem Ehemann und komme ihren "ehelichen Pflichten" nicht nach. Sie verweigere den Beischlaf und "zwinge" damit ihren Mann, sich zum Ausgleich an der Tochter zu vergreifen. Dies hat zur Folge, daß das Mädchen gegen ihren Willen aus dem Kinderstatus enthoben und als Partnerinersatz mißbraucht wird. Da die Mutter "versagt" hat, soll die Tochter ihren Platz einnehmen und ihren "Pflichten" nachkommen. Die Tochter ist nun verantwortlich für den Zusammenhalt der Familie. Es scheint, daß die Krise behoben ist, solange die Tochter sich dem Vater hingibt, ihm gehorcht, sich ihm überläßt. Bei dieser Konstellation werden die Bedürfnisse geschweige denn die Folgen und Auswirkungen für das Kind in keinster Weise betrachtet oder berücksichtigt.

Andere Erklärungsversuche auf der Basis des sozialpsychologischen Ansatzes sehen den sexuellen Mißbrauch als ein Phänomen der unteren Gesellschaftsschichten an und stellen einen Zusammenhang zwischen sozialem Milieu und dem Mißbrauch her. Arbeitslosigkeit, Kontaktarmut und beengte Wohnverhältnisse begünstigen Krisensituationen in den Familien. Die Schlußfolgerung hieraus lautete, daß in Familien, die auf beengten Raum miteinander lebten, sexueller Mißbrauch nicht ausbleiben könnte.

Mit Beginn der Wohlstandgesellschaft verlor das Argument, daß sexueller Mißbrauch eine Erscheinungsform der Unterschicht ist, an Kraft und Gültigkeit. Heute bekannte Studien zeigen, daß Täter sexuellen Mißbrauchs in allen Gesellschaftsschichten zu finden sind und daß der Sozialstatus kein Charakterisierungsmerkmal darstellt.

Die heute noch teilweise bestehende Assoziation zwischen Asozialtität und sexuellem Mißbrauch ist darauf zurückzuführen, daß sexueller Mißbrauch in gehobenen Kreisen leichter verheimlicht werden kann. Angehörige der Unterschicht kommen leichter in Kontakt mit der Polizei, der Justiz oder zum Beispiel mit dem Jugendamt, so daß Inzestfälle leichter aufgedeckt werden. Hinzu kommt, daß Unterschichtstäter häufiger verurteilt werden, während bei Tätern aus gehobeneren Schichten ein Verfahren eher eingestellt wird. (vgl. Rijnaarts 1993, S. 149)

Der familienorientierte Ansatz sieht sexuelle Gewalt in direkter Abhängigkeit von den bestehenden Beziehungen und Interaktionen der Familienmitglieder und familiale Gewalt als Ursache gesellschaftlich bestehender Gewaltverhältnisse (vgl. Hartwig 1992, S. 75). Es ist sicherlich sinnvoll, die Verhaltensweisen sexuell mißbrauchter Mädchen auf dem familialen Hintergrund zu verstehen.

Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch in keiner Weise die Wirksamkeit des Abhängigkeits- und Machtverhältnisses zwischen Eltern und Kind. Die Geschlechts- und Generationshierarchien bleiben unberücksichtigt, worin die Gefahr liegt, daß Mädchen und Frauen weiterhin auf eine untergeordnete Rolle festgeschrieben werden. Eine solche Sichtweise bietet keinen Schutz für betroffene Mädchen.

4.4. Der feministisch - soziologische Ansatz: Das Patriarchat als Ursache sexuellen Mißbrauchs

Der feministische Ansatz sieht die Ursachen des sexuellen Mißbrauchs in der patriarchalen Gesellschaftsordnung begründet, die auch heute noch trotz aller Bemühungen um Emanzipation und Gleichberechtigung besteht. Im Mittelpunkt der Ursachenanalyse steht also nicht die elterliche Gewalt, sondern die Männergewalt gegen Mädchen und Frauen. Bei diesem Ansatz bildet die gesellschaftliche Situation die Grundlage und individuelle und familiale Aspekte werden mit berücksichtigt.

"Die Bezeichnung Gewalt in der Familie, Gewalt gegen Kinder und elterliche Gewalt verschleiern die tatsächliche Situation, in dem sie weder die Inhaber der Macht noch die Opfer der Gewalt beim Namen nennen." (Hartwig 1993, S. 61)

In einer patriarchalen Gesellschaftsordnung fällt die Machtverteilung zu Gunsten des Mannes aus. Er hat Entscheidungs- und Verfügungsgewalt, in beruflichen Belangen und in familiären Angelegenheiten. Das Bestehen eines derartigen Machtungleichgewichts zwischen Männern und Frauen wird deutlich in der strukturellen und personalen Diskriminierung von Mädchen und Frauen.

Die strukturelle Diskriminierung beinhaltet die Auswirkungen einer geschlechtsspezifischen Sozialisation. Benachteiligung in Arbeit, Ausbildung und Freizeit werden als Folgen angesehen.

Strukturelle Diskriminierung bewirkt, daß Frauen behindert werden Ressourcen, die dem Mann zur Verfügung stehen, nicht in Anspruch nehmen zu können. Sie werden von der Gesellschaft eingeschränkt und Persönlichkeitsmerkmale wie Stärke und Durchsetzungsvermögen werden ihnen nicht zugestanden.

Personale Diskriminierung bezieht sich auf physische und psychische Gewalt, die sich gegen ein einzelnes Mädchen oder gegen eine einzelne Frau richtet. Dies sind Formen struktureller Gewalt.

"Beide Arten von Gewalt bedingen sich gegenseitig und sind begründet in der generell besseren Bewertung des männlich-rationalen über das weiblich-emotionale Prinzip. Sie verhindern eine selbstbestimmte Entwicklung und Identität von Frauen und Mädchen." (Schäfer/Hocke 1995, S. 17)

Die Frage nach der Machtverteilung stellt automatisch die Geschlechtshierarchie in den Vordergrund. Betrachtet werden dabei vorrangig die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern und erst danach die Beziehungen oder das Verhalten der Geschlechter untereinander. Das Verhalten gegenüber dem anderen Geschlecht resultiert aus den bestehenden Machtverhältnissen und des bestehenden Machtungleichgewichts.

"Der feministische Ansatz innerhalb der Soziologie geht von einem Geschlechtsverhältnis aus, das durch die Herrschaft von Männern über Frauen gekennzeichnet ist." (Hartwig 1992, S. 59)

Daraus ist zu entnehmen, daß die Ursachen sexuellen Mißbrauchs in der Gesellschaft auf historischen Hintergründen beruhen. Brockhaus und Kolshorn sehen den Mißbrauch als einen Bestandteil patriarchaler Gesellschaftsstrukturen. Sie führen folgende Grundthesen an:
- Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist ein Bestandteil patriarchaler Gesellschaftsstrukturen, wobei diese Strukturen den Fortbestand sexuellen Mißbrauchs unterstützen und aufrechterhalten.
- Sexuelle Gewalterfahrungen gegen Mädchen und Frauen stellen keine unterschiedlichen Erscheinungsformen dar, sondern repräsentieren eine unterschiedliche Bandbreite sexueller Ausbeutungsformen.
- Sexueller Mißbrauch ist eine mögliche Form, von vielen, sexistischen Denkens und Handelns (vgl. Brockhaus/Kolshorn 1993, S. 217). 

In einer solchen patriarchalen Gesellschaftsstruktur gehört der Mann zum "Geschlecht der Herrschenden". Die Entschuldigung der "Vererbungstheorie", daß Täter in ihrer Kindheit selbst sexuell mißbraucht wurden und ihr erlebtes Leid lediglich weitergeben und ausagieren, läßt nach dieser Vorstellung die Tatsache außer acht, daß sie als Teil der Herrschenden Mitwirkende an den Bestimmungen der Verhältnisse sind. Damit ist der feministisch-soziologische Ansatz in der Lage zu erklären, warum die meisten Opfer Mädchen und die meisten Täter Männer.

"Das Geschlecht bestimmt, wer Täter und wer Opfer der Gewaltanwendung ist, ohne daß damit ausgeblendet wird, daß der Täter möglicherweise lebensgeschichtlich selbst ein Opfer der patriarchalen Verhältnisse und ihrer deformierten Auswirkungen ist." (Hartwig 1992, S. 61)

Aufgrund der geschlechtsspezifischen Rollenzuweisung befindet sich der Mann gegenüber Mädchen und Frauen in einer stärkeren mächtigeren Position und Situation. Dadurch, daß ihm Werte wie Stärke, Durchsetzungsvermögen und Selbstbestimmung vermittelt und anerzogen werden, stehen ihm in der Gesellschaft Privilegien zu, die Mädchen und Frauen verwehrt bleiben. Da Mädchen zu einer dem Mann untergeordneten Rolle (zu Emotionalität und weniger Rationaltität) erzogen werden, lernen sie in ihrer Sozialisation nicht, sich die gleichen Privilegien zu eigen zu machen. Im Interesse des Mächtigeren liegt es, sich diese Privilegien zu erhalten. Männer setzten alles daran, ihre Macht zu erhalten.

"(Männliche) Macht ist durch die Übereinkunft gemeinsam Denkender und Handelnder gekennzeichnet. Sie kann Einzelne ermächtigen, im Sinne der gemeinsam Denkenden und Handelnden zu agieren. Sie ist aber nicht deren `Besitz`." (Hartwig 1992, S. 63)

Wenn Gewalthandlungen auch oftmals in Verbindung mit Machtausübung genannt wird, so sind dennoch Machtstrukturen von Gewaltstrukturen zu unterscheiden. Gewalt im Zusammenhang mit sexuellem Mißbrauch hat immer einen instrumentellen Charakter und kann sowohl in Form direkter Gewalt, als auch im Zusammenhang mit Macht als struktureller Gewalt auftreten. Dabei ist Gewalt aber nicht immer mit körperlicher Gewaltanwendung identisch. Neben der physischen Gewalt wird auch die "psychische" Gewalt erlebt, in Form von Drohungen, dem auferlegten Geheimhaltungsdruck, Grenzverletzungen und dem Vertrauensbruch.

Nach Luise Hartwig wirkt die srukturelle Gewalt in besonderer Weise auf Mädchen, "da sie a) auf die Rolle der Frau, also zur Duldsamkeit und Unterordnung hin erzogen und sozialisiert werden und b) zu einer sozioökonomischen Lebensführung noch nicht in der Lage sind. Insofern sind sie - im Falle der sexuellen Gewalterfahrungen - im doppelten Sinne unterdrückt und ausgebeutet." (Hartwig 1992, S. 63)

"In unserer Gesellschaft haben Männer mehr Macht als Frauen und Erwachsene insgesamt mehr Macht als Kinder, wobei das Machtgefälle am größten ist zwischen Männern und Mädchen." (Braun 1993, S. 14)

Sie sieht in dem Ungleichgewicht der Machtverteilung auch die Folge, daß manche Männer soweit gehen und Mädchen und Frauen als ihren "Besitz" betrachten und sie dementsprechend behandeln.

Die in unserer Gesellschaft herrschenden Frauen- und Männerleitbilder bekräftigen eine solche Einstellung noch, wie sie auch in den Medien, Zeitschriften, Filmen etc. vermittelt werden.

So gilt immer noch das Männlichkeitsideal, daß den Mann als Eroberer beschreibt, der sich nimmt was er will; der bewundert wird, wenn er mit häufig wechselnden Sexualkontakten angibt. Ebenso besteht die Ansicht weiterhin, daß Frauen, die sich wehren und ihre Verneinung äußern, im Grunde zustimmen und also erobert werden müssen. Entschuldigt wird das rücksichtslose Verhalten von Männern damit, daß sie eben stärkere sexuelle Bedürfnisse haben als Frauen.

In der Familie wird die Anerkennung der Autorität des Vaters durch seine Stellung innerhalb der Familie gesichert. In vielen Familien ist der Mann noch der "Herr" im Haus. Dabei bedarf es weder des Zwangs noch der Überredung, um die Autorität anerkannt zu bekommen. Durch die Sozialisation im Sinn einer Erziehung zur Frau lernen Mädchen den nötigen Respekt und die Unterordnung gegenüber dem Vater.

Mädchen werden durch die mädchenspezifische Erziehung zu potentiellen Opfern gemacht. Sie werden an die Vorstellung gewöhnt, daß sie, eben weil sie Mädchen sind, immer Opfer sexueller Übergriffe werden können. Leider werden sie nicht darauf vorbereitet, daß die Übergriffe nicht von fremden Männern, sondern von Männern aus dem nächsten Sozialbereich vollzogen werden.

Im Sinne des soziologischen-feministischen Ansatzes können keine Tätertypologien festgestellt werden. Es handelt sich um völlig "normale", alltägliche Männer, die ihre Macht ausspielen und sie in Form von sexuellen Übergriffen auf Mädchen mißbrauchen.

In einem patriarchalen Gesellschaftssystem wird die Institution Familie nicht in Frage gestellt durch sexuellen Mißbrauch. Sie gilt als Ort, an dem Sicherheit, Schutz und Geborgenheit gewährleistet werden. Durch solche Vorstellungen werden Mädchen keine Alternativmöglichkeiten aufgezeigt, sondern sie werden im Gegenteil noch dem Ort der Gefahr zugeführt. Betroffene Mädchen sehen keine Möglichkeit, dem Gefahrenort zu entkommen, da sie sich zu allem Überfluß für den Familienzusammenhalt und für den Schutz der Geschwister verantwortlich fühlen. Aus dieser Doppelbindung gibt es für die Mädchen kaum ein Entkommen. Diese Mechanismen stabilisieren und verstärken die Geschlechts-, Generationshierarchien und Abhängigkeiten.


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Zuletzt aktualisiert am
01.06.2001
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