Tioum
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Themenstarter
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Das letze Zitat, woran du dann schlussendlich Adornos Homophobie aus der hegelschen Idenitätsphilosophie ableiten willst, lautet wie folgt:
Zitat: |
Der Mann als Herrscher versagt der Frau die Ehre, sie zu individuieren. Die Einzelne ist gesellschaftlich Beispiel der Gattung, Vertreterin ihres Geschlechts und darum, als von der männlichen Logik ganz Erfaßte, steht sie für Natur, das Substratum nie endender Subsumtion in der Idee, nie endender Unterwerfung in der Wirklichkeit.
(Übrigens auf Seite 119 in der Fischerausgabe)
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es ist zumindest ein Missverständnis (von Unredlichkeit in der Beweisführung sehe ich mal ab) wenn du hier "Mann als Herrscher" mit "typus des homosexuellen" Gleichsetzt. Die Reduktion des Subjekts aufs Exemplar der Gattung im Zuge der Aufklärung (ohne jeden Verweis auf Homosexualität) wird von Adorno und horkheimer im Kapitel "Begriff der Aufklärung" schön illustriert und betriff die ganze "Gattung des Menschen".
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Klaus Kummer: http://1945.blogsport.de
Was könnte die kapitalistische Produktionsweise besser charakterisieren als die Notwendigkeit, ihr durch Zwangsgesetz von Staats wegen die einfachsten Reinlichkeits- und Gesundheitsvorrichtungen aufzuherrschen? (Karl Marx)
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18.10.2004 17:55 |
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Tioum
AdministratorIn
Themenstarter
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Ich finde nach wie vor nicht, dass man "von den Dummheiten Adornos" lieber schweigen soll - ich denke eher, dass man genau darüber diskutieren sollte. Die von dir aufgestellten Thesen lassen sich - wie bereits geschrieben - nur aus dem Zitat aus dem Text "Soziologie und Psychologie" (bitte noch immer um Seitenangabe, wenn möglich aus Adorno Soz. Schriften I bei Suhrkamp) herauslesen, da er darin ANDERS als in den anderen angeführten Zitaten "die Homosexuellen" als Kategorie denkt (siehe meine Ausführung). Deine Kausalkette ist dann auch nichts anderes als deine (abgesehen von jener Stelle, deren Kontext ich gerne hätte) Fehlinterpretation (wie ich vermute) auf eine kurze Formel runtergebrochen.
Zitat: |
Die Behauptung, alle Homosexuellen seien Faschisten, ist selber nur von einem faschistischen Standpunkt möglich |
Damit wär deine These auf einen Satz runtergbrochen, belegt ist sie aber mit der Zuspitzung natürlich nicht. Grundsätzlich sei dir wohl zuzustimmen, dass Adorno homosexuelle Regungen bei gewissen Autoritären attestierte (was noch 1. theoretisch einzubetten wäre und 2. nichts über die "mögliche erkenntis oder diffamierung" aussagt - ausser auf moralischer ebene) dass aber alle Homosexuellen Faschisten seien, ist ja wohl nur noch als Diffamierung von Adorno zu verstehen.
Zum Begriff der Homosexualität sei hier nochmals darauf hingewiesen, dass die Psychonalyse (oder jene Strömungen auf welche sich Adorno bezieht) keine Dichotomie aufmacht (selbst ver- bzw. entmischte Bisexualität wird in der "Enzyklopädie der Psychoanalyse" als auf einer Dichotomie basierend verworfen - es sei hier auf Freuds bekannten Ausspruch von der "polymorphen Perversion" hingewiesen), sondern die sexuelle Ausrichtung gerade als Äusserung einer äusserst komplexen Treibstruktur zu begreifen versucht (nb. der Begriff "Perversion" ist in der PA nicht wertend). In diesem Falle wäre bei jenen genannten Autoritärem die (verdrängte) Homosexualität etwas, dass als agressiver Impuls an die Oberfläche tritt, im beschriebenen Verständnis von Homosexualität könnte sich diese aber eben auch in ganz anderer Form auftreten (und dann den Hass des Autoritären erst recht auf sich ziehen).
NB. persönlich mag Adorno ein homophobes und autoritäres Arschloch gewesen sein (ich weiss es nicht). Das finde ich aber vollkommen uninteressant, wenn es sich nicht im Niederschlag in seiner Theorie nachweisen lässt.
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Klaus Kummer: http://1945.blogsport.de
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19.10.2004 02:52 |
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es scheint wohl auf die frage hinauszulaufen, wie problematisch der begriff der homosexualität in der psychoanalyse ist, wo sie ja nur als abweichung von einer "normalen" entwicklung der sexualität erscheint, wenn ich mich jetzt nicht irre - homosexualität also als produkt einer irgendwie "vermurksten" sozialisierung (auch wenn die psychoanalyse das nicht wertet).
ich muss getehen, da fiden ich biologische erklärungen vom bauchgefühl her eigentlich sogar angenehmer...
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Zitat: |
Ich fühle mich an nichts von dem gebunden, was ich geschrieben habe. Ich nehme aber auch kein Wort davon zurück
Jean Paul Sartre |
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19.10.2004 07:22 |
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Man muss bei Adorno tatsächlich zwei Argumentationsschienen unterscheiden. Die eine findet sich in der Minima Moralia und in dem Text "Soziologie und Psychologie". Auf sie bezieht sich Tjark Kunstreich in seinem Artikel in der BAHAMAS Nr. 44. Diese Position lässt sich zwar tatsächlich auf einzelne Äußerungen Freuds zurückführen; ihr liegt aber zugleich ein fundamentales Freud-Missverständnis auf der Seite Adornos zugrunde.
Wenn Freud Homosexualität als Form des Narzissmus charakterisiert, dann ist das selbstverständlich nicht in jenem hegelianisch-identitätslogischen Sinn zu verstehen, wonach Mann = Mann und daher Männerliebe = Selbstliebe. Freud spielt vielmehr auf etwas ganz anderes an: Narzissmus ist für ihn die grundlegende Kategorie, durch die er die Psyche von Frauen bestimmt sieht. Demnach zögen es Frauen vor, begehrt zu werden statt aktiv jemanden anderen zu begehren (wie dies beispielsweise für Männer charakteristisch sei).
Indem Freud männliche Homosexuelle als narzisstisch bezeichnet, behauptet er eine strukturelle Analogie zwischen ihnen und der Psyche von Frauen. Frauen und männliche Homosexuelle hätten demnach gemeinsam, dass sie in der ödipalen Phase stecken geblieben sind und sich daher auf der Stufe von Kindern befinden. Männer und weibliche Homosexuelle haben diese Phase dagegen in idealtypischer Weise durchlaufen. Freud hat wohlgemerkt nie ein negatives Wort über lesbische Liebe verloren - im Gegenteil. Sein Aufsatz "Über die Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität" ist von tiefgreifender Bewunderung gegenüber einem gleichgeschlechtlich orientierten Mädchen durchzogen. Und das nicht nur, weil seine eigene Tochter Anna lesbisch war; vielmehr entspringt diese Haltung der ganzen misogynen Tendenz seiner Theorie: es ist die (unterstellte) männliche Einstellung zum Begehren, die Freud an lesbischen Frauen bewundert. Und was er an homosexuellen Männern verachtet, ist ebenso klar: es ihr weiblicher Narzissmus.
Der Narzissmus der Frauen leitet sich nach Freud aus der Einsicht in die Minderwertigkeit ihres Genitals ab. Diese Einsicht führe nicht nur zur Entstehung der typisch weiblichen Scham, sondern auch zur Sehnsucht, von einem Mann geliebt zu werden, weil sie sich ohne diese Liebe selbst für wertlos halten müssten. Frauen schmücken sich, um ihr Minderwertigkeitsgefühl zu kompensieren; sie sind zu höheren geistigen Leistungen nicht befähigt, bringen es bestenfalls zur Webkunst (was Freud daraus ableitet, dass sie in der Urzeit ihre Schamhaare miteinander verflochten haben, um ihr defektes Genital zu verdecken). Freuds ganze Frauenverachtung, die in der Diagnose des weiblichen "Narzissmus" mündet, lässt sich in Kurzzusammenfassung bei Luce Iragaray ("Spiegel des anderen Geschlechts") nachlesen.
Was Freud unterstellt, ist, dass männliche Homosexuelle aufgrund ihrer Identifikation mit der Mutter und der Verinnerlichung der symbolischen Kastration durch den Vater genauso narzisstisch seien wie Frauen. Diesen theoretischen Zusammenhang von Freuds Auslassungen hat aber Adorno nie verstanden.
So weit zu Adornos erster Argumentationsschiene. Zu seinen ebenso missverständlichen Ausführungen über die "homosexuelle Paranoia" in der Dialektik der Aufklärung schreibe ich später noch was.
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
- Dieser Beitrag wurde zuletzt am 19.10.2004 um 08:07 Uhr editiert -
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19.10.2004 07:56 |
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Frauen schmücken sich, um ihr Minderwertigkeitsgefühl zu kompensieren; sie sind zu höheren geistigen Leistungen nicht befähigt, bringen es bestenfalls zur Webkunst (was Freud daraus ableitet, dass sie in der Urzeit ihre Schamhaare miteinander verflochten haben, um ihr defektes Genital zu verdecken) |
steht das wirklich so bei freud? meine fresse...
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Zitat: |
Ich fühle mich an nichts von dem gebunden, was ich geschrieben habe. Ich nehme aber auch kein Wort davon zurück
Jean Paul Sartre |
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19.10.2004 08:11 |
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- "Wir schreiben also der Weiblichkeit ein höheres Maß von Narzißmus zu, das noch ihre Objektivität beeinflußt, so daß geliebt zu werden dem Weib ein stärkeres Bedürfnis ist als zu lieben."
- "An der körperlichen Eitelkeit des Weibes ist noch die Wirkung des Penisneides mitbeteiligt, da sie ihre Reize als späte Entschädigung für die ursprüngliche sexuelle Minderwertigkeit um so höher einschätzen muß."
- "Der Scham, die als eine exquisit weibliche Eigenschaft gilt, aber weit mehr konventionell ist, als man denken sollte, schreiben wir die ursprüngliche Absicht zu, den Defekt des Genitales zu verdecken."
- "Man meint, daß die Frauen zu den Entdeckungen und Erfindungen der Kulturgeschichte wenig Beiträge geleistet haben, aber vielleicht haben sie doch eine Technik erfunden, die des Flechtens und Webens. [...] Die Natur selbst hätte das Vorbild für diese Nachahmung gegeben, indem sie mit der Geschlechtsreife die Genitalbehaarung wachsen ließ, die das Genitale verhüllt. Der Schritt, der dann noch zu tun war, bestand darin, die Fasern aneinander haften zu machen, die am Körper in der Haut staken und nur miteinander verfilzt waren. [...] Wenn dem so ist, so wäre man versucht, das unbewußte Motiv dieser Leistung zu erraten."
- "Daß man dem Weib wenig Sinn für Gerechtigkeit zuerkennen muß, hängt wohl mit dem Überwiegen des Neids in ihrem Seelenleben zusammen."
- "Wir sagen auch von den Frauen aus, daß ihre sozialen Interessen schwächer [...] sind als die der Männer. Das [...] leitet sich wohl vom dissozialen Charakter ab, der allen Sexualbeziehungen unzweifelhaft eignet."
- "[...] und ihre Fähigkeit zur Triebsublimierung geringer sind als die der Männer."
- "Ein Mann um die Dreißig erscheint als ein jugendliches, eher unfertiges Individuum, von dem wir erwarten, daß es die Möglichkeiten der Entwicklung, die ihm die Analyse eröffnet, kräftig ausnützen wird. Eine Frau um die gleiche Lebenszeit aber erschreckt uns häufig durch ihre psychische Starrheit und Unveränderlichkeit. Ihre Libido hat endgültige Positionen eingenommen und scheint unfähig, sie gegen andere zu verlassen. Wege zur weiteren Entwicklung ergeben sich nicht; es ist, als wäre der ganze Prozeß bereits abgelaufen, bliebe von nun an unbeeinflußbar, ja als hätte die schwierige Entwicklung zur Weiblichkeit die Möglichkeit der Person erschöpft."
Alle Zitate in: Luce Irigaray, Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Frankfurt/M. 1980. S. 143 f. Herhorhebungen durch Irigaray.
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
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19.10.2004 09:42 |
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spricht freud denn hier von allen denkbaren frauen, oder ist für ihn "frau" hier eine kategorie, die die spezifische bürgerliche sozialisation seines zeitgenössischen wiens meint? reflektiert er jemals über das ausmass der gültigkeit seiner theroei für andere gesellschaften? für ihn scheint das gender "frau" ziemlich unlösbar mit dem sex "frau" verbunden zu sein...
wie sehr sind diese zitate aus dem kontext gerissen?
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Zitat: |
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19.10.2004 09:57 |
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freuds theorie ist nirgendwo historisch bzw. vom sozialen kontext abhängig. ebensowenig sieht er die psychische geschlechterdifferenz aber als unmittelbar natürliche an (so gibt es frauen, die den genannten bestimmungen entkommen, z.B. lesben, die in freuds augen eine männlich strukturierte psyche haben, jedenfalls soweit man seine analyse in "psychogenese eines falles von weiblicher homosexualität" verallgemeinern darf). die seelischen unterschiede zwischen den geschlechtern leiten sich für ihn vielmehr aus der komplexen bewältigung der tatsache ab, dass die frau "ein kleiner mann mit einem viel zu kleinen penis" ist. es sei diese "ursprüngliche sexuelle minderwertigkeit" der frau, die den weiblichen narzissmus produziere und alles, was damit angeblich zusammenhängt: scham, eitelkeit, asozialität, neid, unfähigkeit zur triebsublimierung und damit auch zu großen kulturellen leistungen. darüber hinaus sind für freud diese bestimmungen nicht als dichotomische zu denken, sondern als relative, entsprechend der tatsache der angeborenen bisexualität des menschen (worunter freud das gleichzeitige vorhandensein männlicher und weiblicher geschlechtsmerkmale an einem individuum versteht).
man muss dazu wissen, dass freuds theorie der geschlechter stark von otto weiningers damals berühmtem buch geschlecht und charakter beeinflusst ist. so ist zum beispiel freud keineswegs der erfinder der these von der angeborenen bisexualität, sondern, was das angeht, vielmehr ein plagiator, der es versäumt, seine quelle zu zitieren.
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- Dieser Beitrag wurde zuletzt am 19.10.2004 um 14:31 Uhr editiert -
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19.10.2004 14:25 |
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Tioum
AdministratorIn
Themenstarter
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Nochmals, könntest du bitte für das Zitat aus "Soziologie und Psychologie" die Seite angeben, oder zitierst du aus Sekundärliteratur?
Wir kommen in der Diskussion vom Gegenstand ab, könntet ihr nicht einen neuen Thread zur freudschen Psychoanalyse aufmachen? Die Kritik an Freud, dass er den sozialen Kontext seiner Theorie nicht (oder nur sehr gering) reflektierte und dass er seine Theorie als "naturwissenschaftliche" verstanden wissen wollte, obwohl das was er "Kultur" oder "Umwelt" nennt, spezifische gesellschaftliche Verhältnisse darstellen, teile ich. Genau hier muss Adorno (und insbesondere auch Marcuse) zugutegehalten werden, dass sie Freud nicht(!) nicht Verstanden, sondern seine Theorie in eine konkreten gesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen versuchten.
Es scheint mir deshalb wiederum Fragwürdig, Argumente gegen Freud als Argumente gegen Adorno ins Feld zu führen. Es dürfte hier insbesondere interessieren, dass die gesellschaftliche Einbettung der PA einige grundsätzliche Annahmen Freuds in Frage stellten. Die zentrale Bedeutung des ödipalen Komplexes (der wie von Pepsi ausgeführt für Freud zentral ist in der Genese des Homosexuellen) wird von der kritischen Theorie in Frage gestellt, da sich durch den Zerfall der bürgerlichen Familie und die Erstarkung gesellschaftlicher Kontrollmechanismen die Sozialisierung des Subjekts viel direkter gesellschaftlich ereignet (siehe dazu insebsondere Marcuses PA-Schriften). Es fallen also in der materialistischen interpretation der PA sowohl die metahistorischen Annahmen (als konkrete) weg sowie auch jenes Moment, dass du (Pepsi) als zentrales für deinen (theoretische) Homophobievorwurf an Adorno vorbringst.
Wie gesagt, wenn du mir die konrete Seitenzahl des Zitates aus "Soz..." angeben kannst und es im Kontext für das gleiche steht, werde ich den Text mal auf diesen Aspekt hin lesen. Ich lese - wie auch bereits gesagt - Adorno nicht als Ikone, sondern als kritisierbaren Theoretiker, nur finde ich, dass du es dir mit dem Vorrwurf zu einfach machst.
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19.10.2004 15:59 |
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Zitat: |
Es scheint mir deshalb wiederum fragwürdig, Argumente gegen Freud als Argumente gegen Adorno ins Feld zu führen. |
Das habe ich nicht getan. Im Gegenteil. Mir ging es darum, dass Adornos Auslassungen zum homosexuellen Narzissmus auf einem Freud-Missverständnis beruhten. Freud hat etwas ganz Anderes unter Narzissmus verstanden als Adorno. Freud war in Sachen Homosexualität auch viel weniger reaktionär als Adorno. Sein Aufsatz "Zur Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität" ist extrem fortschrittlich. Darin legt Freud dar, dass alle Menschen latent homosexuell sind, dass es deshalb Unsinn sei, von den Homosexuellen als von einem "dritten Geschlecht" zu sprechen, dass "wir alle" lebenslang zwischen den Geschlechtern schwankten, dass auch die Heterosexualtät auf einer "Einschränkung der Objektwahl" beruhe, dass die Heilung eines Homosexuellen ebenso ausgeschlossen sei wie die eines Heterosexuellen, "obwohl man letzteres aus gut praktischen Gründen niemals versucht" und dass er an seiner lesbischen Patientin keine Anzeichen einer Krankheit oder Neurose habe feststellen können.
Diese revolutionären Aussagen Freuds sind natürlich in der Psychoanalyse-Rezeption brutal unterdrückt worden. Stattdessen hat man einige verstreute Bemerkungen aus seinen älteren Schriften zusammengesammelt, um der Homosexualität den Stempel der Pathologie aufzudrücken. Zumindest der späte Freud teilte diese Ansicht, die noch heute in den meisten psychoanalytischen Gesellschaften vertreten wird, ganz und gar nicht. Letztere schließen Homosexuelle nach wie vor von der Ausbildung zum Analytiker aus.
Auch Adorno hat diese fortschrittlichen Ansichten Freuds unterdrückt. Er fiel damit meilenweit hinter Freud zurück. Noch dazu verdanken sich nicht nur seine Einlassungen über den "homosexuellen Narzissmus", sondern auch über die "homosexuelle Paranoia" einem systematischen Freud-Missverständnis; was letztere angeht, z.B. einer geradezu als bösartig zu bezeichnenden Fehldeutung von Freuds Schreber-Analyse. Doch dazu später mehr.
Nun noch kurz die Seitenangabe der Stelle in Adornos Aufsatz "Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie": Gesammelte Schriften Bd. 8/I, S. 84.
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
- Dieser Beitrag wurde zuletzt am 19.10.2004 um 16:55 Uhr editiert -
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19.10.2004 16:48 |
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habe mir erlaubt, den threadtitel anzupassen. wenn es jemandem gelingt, der fähiger als ich ist, die beiträge zur adorno/freud-kritik in n anderen thread komplett zu verschieben (also über die datenbank, nich so unübersichtlich cut'n'paste-mässig) mache ich das wieder rückgängig, und packe dann n kurzen verweis auf den neuen thread mit den alten beiträgen hier rein
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Zitat: |
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19.10.2004 20:07 |
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Tioum
AdministratorIn
Themenstarter
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ich denke, wir kommen so nicht wirklich weiter. man müsste die verschiedenen aspekte einzeln diskutieren:
- identifikation des homosexuellen mit der mutter. jene behauptung von dir, dass adorno dem homosexuellen einen "weiblichen narzissmus" andreht, also wo die von dir aufgestellte kausalkette ihren ursprung hat (es wäre demnach eben die materialistische leseart der PA anzuschauen und nicht bloss als fehlinterpretation zu sehen). quellen dazu fehlen meines wissens nach wie vor.
- die konkreten implikationen, die eine materialistische leseart der PA hat (insbesonder die verscheibung der konkreten schlussfolgerungen betreffs anteil der gesellschaft an der deformation des individuums). so wäre selbst der begriff des narzissmus betroffen, wenn das individuum, wie freud es noch vorfand, durch ein "soziales atom" (marcuse) ersetzt wurde, welches quasi direkt "gesellschaftlich sozialisiert" jene gesellschaftlichen praktiken internalisiert (oder eben auch nicht komplett), die gesellschaftlich konform sind.
- der "männliche charakter", der an jener von dir zitierten stelle aus der DdA (aus dem juliette-exkurs) vorkommt (den du mit homosexuellen gleichsetzt), müsste dringend auch aus anderer perspektive interpretiert werden. konkret wäre da die durchsetzung einer instrumentellen vernunft zu betrachten, nach welcher die menschen (schlussendlich) nur noch als gattungswesen ohne eigene qualität betrachtet werden können (aber nichts mit homosexualität zu tun hat).
(diese punkte wären wohl in separaten threads zu diskutieren)
ich denke im ganzen krankt deine these nach wie vor an ihrer belegbarkeit (die bisherigen zitat udn quellenangaben sind mehr als dürftig). wenn du selber schreibst, dass bei adorno dies auf 1 seite geschrieben werden könnte, dann muss bei deinen anschludigungen schon sehr viel freie interpretation mit dabei sein.
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Klaus Kummer: http://1945.blogsport.de
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20.10.2004 02:02 |
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ich denke auch, dass wir hier einiges auseinanderhalten sollten. allerdings ziehe ich die linien woanders.
erstens müssen wir adorno und freud auseinanderhalten. die theorie vom "weiblichen narzissmus" hat mit adorno nichts zu tun. es war vielleicht ein fehler von mir, dass ich hier den begriff narzissmus eingeführt habe, obwohl ihn adorno gar nicht in diesem zusammenhang verwendet hat. adorno ging es darum, dass homosexuelle "farbenblind" seien, dass sie als männer alles negierten, was nicht ihrer art ist. ich habe das so verstanden, dass adorno sich hier auf die freudsche charakterisierung der homosexuellen als "narzisstisch" bezieht und sie falsch interpretiert. auf jeden fall spielt die "identifikation mit der mutter", die für freud die grundlage des männlich-homosexuellen narzissmus ist, bei adorno keinerlei rolle. diese identifikation sähe er wohl als das einzige kompliment an, dass er den homosexuellen machen könnte, und er macht es ihnen an einer stelle tatsächlich - wenn auch in peinlichster weise:
Zitat: |
"Akzeptiert man aber die psychoanalytische Lehre, daß Homosexualität vielfach neurotisch, Produkt einer Entscheidung von Kindheitskonflikten sei, welche die sogenannte normale Auflösung des Ödipuskomplexes verhinderte, so wird, nach dem psychologischen Gesetz der Anlehnung, der gesellschaftlich-legale Druck, wäre es auch mittelbar, die Neurosen perpetuieren und verstärken. Unter den Homosexuellen dürften recht viel geistig Begabte sich finden; psychogenetisch wohl darum, weil sie kraft der extremen Identifikation mit der Mutter auch jene Züge verinnerlichten, welche die Mutter dem Vater, dem Vertreter praktischen Realitätssinns, entgegensetzte. Trügt meine Beobachtung nicht, so ist gerade unter den geistig begabten Homosexuellen besonders auffällig die psychologische Fesselung ihrer Produktivität, die Unfähigkeit, zustande zu bringen, was sie wohl vermöchten. Daran ist der permanente Angstdruck, und die gesellschaftliche Ächtung, die ebenso die Gesetzgebung inspiriert, wie durch sie verstärkt wird, doch wohl beteiligt. Durch den Homosexuellenparagraphen tendiert die Gesellschaft auch in der legalen Sphäre zum Gleichen wie in ungezählten anderen, zur Zerstörung geistiger Kräfte."
Aus: "Sexualtabus und Recht heute" (GS 10/II, S. 543 f.)
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(Über die Perfidie dieser Argumentation möchte ich mich hier gar nicht unterhalten.)
zweitens muss man klar unterscheiden zwischen der argumentationslinie des paranoiden und psychopathischen charakters der homosexuellen, wie sie sich in der dialektik der aufklärung findet und die ich hier noch nicht einmal ansatzweise auseinander genommen habe, und jener der homosexuellen "farbenblindheit", die adorno in den minima moralia sowie der schrift "zum verhältnis von soziologie und psychologie" verfolgt. der zweiten argumentationslinie habe ich mich deshalb so eingehend gewidmet, weil sie die grundlage der argumentation in kunstreichs artikel über homosexualität als "kultur des autoritären" darstellt. auf die zitate in der dialektik der aufklärung bezieht er sich gar nicht.
drittens muss unterschieden werden zwischen adorno und seinen selbsternannten schülern.
a) für adorno selbst spielte das thema homosexualität keine entscheidende rolle. gerade deshalb würde ich adorno nicht als homophob, sondern als konventionellen typus des antihomosexuellen bezeichnen (um mal seine typologien auf ihn selbst anzuwenden). emotional dürfte ihn das thema gar nicht berührt haben. er übernimmt nur eine bestimmte these, wie sie von wilhelm reich sowie erich fromm ausgearbeitet wurde, und lässt sie hier und da einmal in seine schriften einfließen, ohne dass sie jemals ins zentrum seiner aufmerksamkeit rückt. adornos generation wurde die angebliche verbindung zwischen homosexualität und faschismus in hunderten von antifaschistischen artikeln, karikaturen und gedichten (u.a. auch von bert brecht) systematisch eingebläut. dass sie sich auch in seinen eigenen schriften wiederfindet, ist folglich kein wunder, das man groß erklären muss.
b) gerade adornos homosexuelle schüler (krahl, dannecker und seit neuestem auch kunstreich) haben diese wenigen stellen keine ruhe gelassen und in tiefe abgründe des selbstzweifels gestürzt: es kann doch nicht falsch sein, was der meister über die homosexualität schreibt. wir müssen daher diese schriften reflektieren, uns zwar einerseits als die deformierten, neurotischen wesen anerkennen, die wir nach adorno sind, aber andererseits auch nach einem weg suchen, den buchstaben seiner texte zu wahren, ohne daraus die logische konsequenz zu ziehen und uns die kugel zu geben. das ergebnis ist bei allen dreien eine unerträgliche melange aus homosexuellem selbsthass und einer rabulistischen verharmlosung von adornos antihomosexualität gewesen. es würde sich heute kein schwein (auch wir beide nicht) für diese wenigen dummen sätze adornos interessieren, wenn nicht gerade solche leute versucht hätten, sie durch nachträgliche erhebung in den status einer theorie immer wieder zu rationalisieren.
diesen punkten muss man sich tatsächlich getrennt widmen. da geb ich dir völlig recht. die auslagerung in verschiedene threads halte ich jedoch für übertrieben.
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
- Dieser Beitrag wurde zuletzt am 20.10.2004 um 15:22 Uhr editiert -
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20.10.2004 05:22 |
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Tioum
AdministratorIn
Themenstarter
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1. wäre geklärt. ich halts da eher mir marcuse, der jener über den ödipalen komplex vermittelten identifikation den historischen boden unter den füssen wegzieht (ich denke adorno geht jenen schritt mit, kann mich momentan aber an keine passende stelle erinnern. ein problem ist me. auch, dass adorno - im gegensatz zu marcuse ua. - seiner PA-interpretation nicht systematisiert hat)
2. wäre interessant, wenn du den ersten vorwurf mal ausführen könntest. der zweite ist halt wie gesagt me. bloss angedeutet und nur sehr frei interpretiert systematisierbar (bzw. nicht adornos theorie als immanent nachzuweisen).
werd den artikel von kunstreich wohl mal lesen müssen (in der bahamas?)
3a.
Zitat: |
er [adorno]übernimmt nur eine bestimmte these, wie sie von wilhelm reich sowie erich fromm ausgearbeitet wurde, und lässt sie hier und da einmal in seine schriften einfließen, ohne dass sie jemals ins zentrum seiner aufmerksamkeit |
was eben ihre immanenz in der theorie adornos serh fraglich werden lässt. oder ob eer sich wirklich auf jene these bezieht.
3b. ich habe mich bisher nicht wahnsinnig für kunstreichs theoretische bemühungen interessiert. vielleicht wäre es aber wirklich fruchtbarer, wenn du deine kritik an adorno (welche me. nach wie vor nicht fundiert ist) an kunstreich übst.
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Klaus Kummer: http://1945.blogsport.de
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20.10.2004 19:33 |
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ad 1) Ich glaube, Marcuse und Adorno unterscheiden sich viel stärker, als du denkst. Es sind jeweils Teilaspekte aus der psychoanalytischen Theorie, die die beiden interessieren -- allerdings jeweils völlig unterschiedliche. Bei Adorno ist es vorwiegend die Theorie der pathischen Projektion und der kindlichen Identifikation mit dem Aggressor (= Vater). Mit diesen Werkzeugen untersucht er die autoritätsgebundene Persönlichkeit. Bei Marcuse interessieren ganz andere Dinge, nämlich Freuds Theorie des Eros, der ursprünglichen Richtungslosigkeit der Objektwahl (polymorphe Perversion) und der repressiven (bzw. Möglichkeiten der nicht-repressiven) Triebsublimierung. Diese stehen im Kontext von Marcuses Theorie der Befreiung, etwas für das sich Adorno nie hätte erwärmen können. Adorno hat schon sehr früh eine tiefe Abneigung gegenüber Marcuse entwickelt. In einem Brief an Horkheimer bezeichnete er ihn gar als "durch Judentum verhinderten Faschisten". Du hast auch vollkommen recht damit, dass Marcuses Theorie mit einer antihomosexuellen Tendenz (wie sie bei Adorno relativ offen zutage tritt) vollkommen unverträglich ist.
ad 2) und 3a) Dass Adornos antihomosexuelle Äußerungen seiner Theorie nicht immanent sind, würde ich auch so sehen. Mir geht es, wie gesagt, nicht darum, Adorno anzuprangern, sondern gewisse Leute dazu zu bringen, diese vereinzelten Äußerungen nicht nachträglich zu goutieren und ihnen höhere theoretische weihen zu verpassen.
ad 3b) ich werde gleich mal ein paar krahl- und kunstreich-zitate bringen (und danach etwas über die theorie der paranoia bei freud schreiben).
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
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20.10.2004 20:14 |
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Ich fange mal an, indem ich aus Kunstreichs Auseinandersetzung mit Hans-Jürgen Krahl zitiere:
Zitat: |
Nicht dem Homosexuellen, wohl aber der Homosexualität hält Kritische Theorie vor, ausschließlich am Gleichen, an Identität interessiert zu sein. Zugespitzt hat diese Auffassung Hans-Jürgen Krahl in der posthum veröffentlichten Skizze "Ontologie und Eros - zur spekulativen Deduktion der Homosexualität". Seine Kritik bezieht sich auf die Philosophie der Antike, in der die heterosexuelle Liebe eine Schande gewesen sei, weil sie der Fortpflanzung höhere Weihen verleihe; "Lustprinzip und Zeugungsakt (wurden) auseinandergerissen." Die wahre Liebe, so Krahl, sei die "der Gleichen zu Gleichen" gewesen, "die homosexuelle Päderastenliebe, die, vom Eros begeistert, in der Sphäre reiner Identität sich beseelt".
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Hier muss ich kurz einen Kommentar einfügen: Die Päderastie soll Liebe zwischen Gleichen gewesen sein? Ist das ein Scherz? Das Wesen der Päderastie ist doch wohl gerade, dass sie ein sexuelles Band zwischen zwei völlig ungleichen Partnern knüpft. Diese Tatsache kommt auch im verwendeten Begriff des Eros zum Ausdruck, der keineswegs "Liebe" bedeutet, wie Krahl und Kunstreich behaupten, sondern "Begierde". Das griechische Wort für Liebe ist Philia (und lässt sich auch mit "Freundschaft" übersetzen). Im Unterschied zum Eros bezeichnet Philia eine Beziehung, die auf Gegenseitigkeit beruht, was auf die antike Päderastie wohl eher nicht zutrifft.
Zitat: |
Dies sei die Philosophie des unvermittelten Dualismus von Geist und Materie, der Vermittlungslosigkeit, die im Gegensatz zur Dialektik stehe: "Der Heterosexualität freundlich gesinnt sind alle dialektischen Denker der Vermittlung." [...] Die Gleichung, nach der das Denken im Dualismus totalitär und damit gleich homosexuell, die Dialektik hingegen vermittelnd und gleich heterosexuell sei, übernimmt Krahl von Theodor W. Adorno, allerdings ohne dessen psychoanalytische Grundierung: Krahls Deduktion endet in der Feststellung, "Identität ist nunmehr Tod. Décadence weiß das und vermag sich der Liebe zum Identischen nicht zu entziehen".
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Man fragt sich ernsthaft, ob das der Abschiedsbrief von Krahl war, der wenig später mit dem Auto verunglückte. In der Psychoanalyse werden solche Unfälle oft mit einer Fehlleistung oder einem unbewussten Todeswunsch erklärt. Vgl. hierzu Serge André: Zur Männlichen Homosexualität, in: Jahrbuch für klinische Psychoanalyse, Bd. 1:
Zitat: |
Nach den fünf Sitzungen, die sich zu Vorgesprächen einer Analyse entwickelten, was mir durchaus wünschbar und vielversprechend erschien, schrieb mir Philippe, er ziehe es vor, nicht mehr zu kommen, bevor er sich auf die verbindliche Abmachung einer Analyse einlasse. Fünfzehn Tage später starb er am Steuer seines Wagens. [...] Niemand wird je sagen können, ob Philippes Tod ein Suizid oder ein Unfall war. Wir Psychoanalytiker wissen aber, daß ein Unfall meistens eine Fehlleistung ist, d. h. ein gelungener Akt von der unbewußten Bedeutung her. Auf der Ebene des geläufigen Diskurses kann man sagen, daß dieser Unfall vielen Verkehrsunfällen glich: unvorhersehbar, absurd, unerklärlich. Es fällt mir inzwischen schwer, in diesem Fall an eine einfache Schicksalsfügung zu glauben. Das, was mir über die Umstände des Unfalls berichtet wurde, macht mich zusätzlich nachdenklich: An einer Stelle, wo die Straße sich in zwei Richtungen teilt, die zu verschiedenen Bestimmungsorten führte, hat Philippe weder die eine noch die andere gewählt und ist heftig gegen den Grenzstein geprallt [...]; die eine hätte in die Stadt geführt, wo seine Freundin wohnte, die andere in eine Stadt, wo einer seiner männlichen Partner lebte.
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Hat Hans-Jürgen Krahl aus schwulem Selbsthass Suizid begangen? Selbst wenn, ist Adorno wohl kaum die Schuld dafür zu geben, dass sich Krahl aus einigen wenigen Sätzen seines Lehrers eine geschlossene antihomosexuelle Philosophie zurechtzimmerte.
__________________ guckst du hier: planet.x-berg.de
- Dieser Beitrag wurde zuletzt am 20.10.2004 um 22:12 Uhr editiert -
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20.10.2004 21:28 |
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da haste dir jetzt aber n dicken überinterpretatorischen fauxpas geliefert!
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Und dann das Ende auf der Bundesstraße 252, die von Paderborn über Marburg nach Frankfurt führt, etwa 50 Kilometer vor Marburg, am späten Abend des 14. Februar 1970. Hans-Jürgen Krahl sitzt neben dem Fahrer, der Wagen gerät auf der eisglatten Straße ins Schleudern und stößt zusammen mit einem Lastwagen, der ihnen entgegenkommt. Krahl ist sofort tot. |
http://www.zeit.de/archiv/2002/38/200238_a-krahl.xml
tja...
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Ich fühle mich an nichts von dem gebunden, was ich geschrieben habe. Ich nehme aber auch kein Wort davon zurück
Jean Paul Sartre |
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20.10.2004 21:51 |
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Tioum
AdministratorIn
Themenstarter
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nur zwischendrin ganz kurz zu 1 - 3b:
ad 1) in marcuses "triebstruktur und gesellschaft" geht es sehr wohl AUCH um pathische projektion und identifikation mit der autorität. natürlich gibt es sehr grosse differenz zwischen adorno und marcuse, aber am brief, den adorno vor seinem eintritt ins institut und vor seiner freundschaft zu marcuse schrieb (der mich auch gelinde schockiert hat und auf marcuses heidegger-rezeption anspielt) kann man das wohl nicht festmachen. es wäre erst noch zu untersuchen, wie sich die thesen bezüglich projektion und identifikation der beiden unterscheiden.
ad 2) und 3a)
Zitat: |
Mir geht es, wie gesagt, nicht darum, Adorno anzuprangern, sondern gewisse Leute dazu zu bringen, diese vereinzelten Äußerungen nicht nachträglich zu goutieren und ihnen höhere theoretische weihen zu verpassen. |
ein zu unterstützendes ansinnen. nützlich wäre dabei aber vielleicht, nicht gleich mit der tür ins haus zu fallen (ein paar abwehrreflexe hast du bei mir ja auch aktiviert) und dafür die vorwürfe an adorno zu untermauern.
ad 3b) danke. (krahl kenn ich gar nicht bzw. nur aus sekundärliteratur (seine sachen sind hier schwierig auzutreiben), werde dazu wohl nicht allzuviel sagen können)
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Klaus Kummer: http://1945.blogsport.de
Was könnte die kapitalistische Produktionsweise besser charakterisieren als die Notwendigkeit, ihr durch Zwangsgesetz von Staats wegen die einfachsten Reinlichkeits- und Gesundheitsvorrichtungen aufzuherrschen? (Karl Marx)
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20.10.2004 21:56 |
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