Eine Welt ohne Krieg
Ich hoffe es macht Ihnen nichts aus wenn ich mit
einigen Binsenweisheiten beginne. Es ist kaum eine überraschende Neuigkeit, dass
wir in einer Welt der Konflikte und Konfrontationen leben. Dabei gibt es viele
Betrachtungsebenen und Verwicklungen, aber in den letzten Jahren sind die
Grenzen ziemlich scharf gezogen worden. Sehr vereinfachend, aber nicht zu sehr,
kann man sagen, dass einer der Teilnehmer an diesem Konflikt die konzentrierten
Machtzentren sind, sowohl staatliche als auch private, wobei diese Untereinander
sehr stark verbunden sind. Die andere Seite ist der Großteil der Bevölkerung,
weltweit. In altmodischen Begriffen, würde man das einen Klassenkampf
nennen.
Die konzentrierte Macht führt diesen Krieg ohne Mitleid durch,
und das sehr bewusst. Regierungsdokumente und Veröffentlichungen aus der
Wirtschaftswelt zeigen, dass sie zum großen Teil Vulgärmarxisten sind, mit
umgedrehten Werten natürlich. Sie sind ängstlich – das geht sogar bis ins
England des 17. Jahrhunderts zurück. Sie verstehen, dass das System der
Herrschaft zerbrechlich ist, dass es auf die Disziplinierung der Bevölkerung,
mit dem einen oder anderen Mittel, angewiesen ist. Es gibt eine verzweifelte
Suche nach solchen Mitteln. In den letzten Jahren waren das Kommunismus,
Kriminalität, Drogen, Terrorismus, und andere. Die Vorwände ändern sich, aber
die Politik bleibt recht stabil. Manchmal ist die Änderung des Vorwands bei
gleich bleibender Politik dramatisch, und es bedarf echter Anstrengung dies zu
übersehen: Sofort nach dem Zusammenbruch der UDSSR, zum Beispiel. Sie ergreifen
natürlich jede Möglichkeit mit ihrer Agenda weiterzumachen. Der 11. September
ist ein typischer Fall. Krisen erlauben es die Angst und Beunruhigung
auszunutzen und vom Feind zu verlangen sich unterwürfig, gehorsam und still zu
verhalten, und sich anderweitig zu beschäftigen, während die Mächtigen diese
Zeit nutzen um ihre eigenen beliebten Programme mit verstärkter Intensität
durchzuführen. Diese Programme hängen von der Gesellschaft ab: In den brutaleren
Staaten, eine Eskalation der Unterdrückung und des Terrors, in Gesellschaften wo
die Bevölkerung etwas mehr Freiheit gewonnen hat, Maßnahmen um Disziplin zu
erzwingen, während noch mehr Reichtum und Macht in die eigenen Hände gebracht
wird. Es ist eine einfache Übung Beispiele der letzten paar Monate von überall
auf der Welt zu geben.
Deren Opfer sollten sich selbstverständlich der
vorhersehbaren Ausnutzung der Krise widersetzen, und sich nicht weniger intensiv
auf ihre eigenen Bemühungen konzentrieren, welche die unveränderten Hauptthemen
betreffen: unter diesen sind, zunehmende Militarisierung, die Zerstörung der
Umwelt, und ein weitreichender Angriff gegen die Demokratie und die Freiheit,
der Kern der „neo-liberalen“ Programme.
Der andauernde Konflikt wird
gerade jetzt symbolisiert: durch das World Social Forum hier und das World
Economic Forum in New York. Das WEF – um die nationale US Presse zu zitieren –
ist ein Treffen der „movers and shakers“, der „Reichen und Berühmten“, „Zauberer
von überall auf der Welt“, „Regierende und Manager, Minister von Staaten und von
Gott, Politiker und Gelehrte“, welche sich aufmachen um „tief gehende Gedanken
zu denken“ und „die anstehenden Probleme der Menschheit“ zu besprechen. Ein paar
Beispiele werden gegeben, z.B., „Wie kann man moralische Werte in das was wir
tun einbringen?“. Oder das Thema „Sag mir was du isst“, angeführt vom
„regierenden Prinz der New Yorker Gastronomieszene“, dessen elegante Restaurants
von „Teilnehmern des Forums belagert werden“. Es gibt auch eine Erwähnung von
einem „Anti-Forum“ in Brasilien, wo 50000 Menschen erwartet werden. Das sind
„die Freaks, die sich versammeln um gegen die Treffen der World Trade
Organisation zu protestieren“ Man kann auf einem Photo mehr über die Freaks
erfahren, auf dem ein verkommen wirkender Typ, mit verborgenem Gesicht, „World
Killers“ auf eine Wand schreibt.
Auf ihrem „Karneval“, wie es beschrieben
wird, werfen die Freaks Steine, schreiben Graffiti, tanzen und singen über eine
Anzahl von langweiligen Themen, welche nicht ansprechbar sind, zumindest in den
USA: Investitionen, Handel, die Finanz-Architektur, Menschenrechte, Demokratie,
nachhaltige Entwicklung, die Beziehungen zu Brasilien und Afrika, GATS, und
andere Randthemen. Sie sind nicht dabei „tiefgehende Gedanken zu denken“, über
„große Probleme“; das wird den Zauberern von Davos in New York
überlassen.
Die kindliche Rhetorik ist, so nehme ich an, ein Zeichen für
eine sehr zurecht empfundene Unsicherheit. Die Freaks auf dem „Anti-Forum“ hier
werden als „Gegner der Globalisierung“ bezeichnet, eine Propaganda-Waffe, welche
wir mit Verachtung zurückweisen sollten. „Globalisierung“ meint lediglich
internationale Integration. Keine vernünftige Person ist
„Globalisierungsgegner“. Das sollte besonders für die Arbeiterbewegungen und die
Linke offensichtlich sein; das Wort „international“ ist nicht gerade unbekannt
in ihrer Geschichte. Tatsächlich ist das WSF die interessanteste und
vielversprechendste Verwirklichung der Hoffnungen der Linken und der vom Volk
getragenen Bewegungen, von ihren modernen Ursprüngen für eine echte
Internationale, welche das Programm der Globalisierung im Sinne der Menschen und
ihrer Interessen verfolgen wird, anstatt jener von illegitimen Konzentrationen
von Macht. Diese wollen das Wort „Globalisierung“ natürlich anpassen um es auf
ihre eigenartige Version der internationalen Integration einzuschränken, in
welcher es nur eine Sorge um ihre Interessen gibt, und diejenigen der Menschen
beiläufig sind. Mit dieser etablierten verdrehten Terminologie können
diejenigen, welche eine vernünftige und gerechte Form der Globalisierung
anstreben als „Globalisierungsgegner“ bezeichnet und ins lächerliche gezogen
werden, als Primitivlinge, welche in die Steinzeit zurück wollen um die Armen zu
schädigen, und andere missbrauchte Worte mit welchen wir vertraut
sind.
Die Zauberer von Davos nennen sich bescheiden die „Internationale
Gemeinschaft“, aber ich für mich bevorzuge den Ausdruck der von der
weltführenden Wirtschaftszeitung benutzt wird, der Financial Times : „Die
Herrscher des Universums“. Da die Herrscher vorgeben Bewunderer von Adam Smith
zu sein, könnten wir erwarten dass sie sich an seiner Beschreibung über ihr
eigenes Verhalten orientieren, aber er nannte sie lediglich „Herrscher der
Menschheit“ - das war vor der Raumfahrt.
Smith bezog sich auf die
„wichtigsten Gestalter der Politik“ seiner Zeit, die Händler und Industriellen
von England, welche dafür sorgten, dass ihre eigenen Interessen „peinlich genau
verfolgt werden, egal wie „schmerzlich“ dabei die Wirkung auf andere, der
Bevölkerung Englands mit eingeschlossen, ist. Zu Hause und Anderswo verfolgen
sie „die abscheuliche Maxime der Herrscher der Menschheit“: „Alles für uns und
nichts für die anderen“. Es sollte kaum überraschen, dass die heutigen Herrscher
die gleiche „abscheuliche Maxime“ verehren. Zumindest versuchen sie das, auch
wenn sie manchmal von Freaks behindert werden – „Dem großen Biest“, um einen
Ausdruck von den Gründerväter der amerikanischen Demokratie auszuborgen, mit
welchem sie die ungehorsame Bevölkerung meinten, welche nicht verstand, dass die
Hauptaufgabe der Regierung darin besteht, „die Minderheit der Wohlhabenden vor
der Mehrheit zu beschützen“, wie der führende Gestalter der Verfassung in den
Debatten um sie erklärte.
Ich werde darauf zurückkommen, aber zuerst ein
Paar Worte über das augenblickliche Thema dieses Zusammentreffens, welches nah
verwandt ist: „Eine Welt ohne Krieg“. Wir können über menschliche Verhältnisse
nicht viel sicheres sagen, aber manchmal ist das möglich. Wir können, z.B.,
ziemlich sicher sein, dass es entweder eine Welt ohne Krieg geben wird, oder
keine Welt mehr – zumindest eine Welt, welche auch noch von anderen Lebewesen
als Bakterien, Käfern und ein paar anderen ähnlichen Arten bevölkert wird. Der
Grund ist bekannt: Die Menschen haben Mittel entwickelt sich selbst zu
vernichten, und noch viel mehr, und sie sind gefährlich Nahe daran gewesen diese
auch einzusetzen. Weiters widmen sich die Führer der zivilisierten Welt gerade
der Ausweitung dieser Gefahren für das Überleben, im vollen Bewusstsein was sie
tun, zumindest wenn sie die Berichte ihrer eigenen Geheimdienste und
strategischen Analysten lesen, von denen viele das Hinarbeiten zur Zerstörung
befürworten. Was noch viel bedenklicher ist, ist, dass diese Pläne von der
vorherrschenden Ideologie und ihrem Wertesystem aus betrachtet rational sind, da
diese Überleben meist unterhalb der Hegemonie reihen, das Ziel, welches von den
Befürwortern dieser Programme, wie sie auch offen zugeben, verfolgt
wird.
Kriege um Wasser, Energie und andere Ressourcen sind in der Zukunft
nicht unwahrscheinlich, mit Folgen, die verwüstend sein könnten. Zum großen Teil
jedoch, hatten Kriege mit der Errichtung des Nationalstaatlichen-Systems zu tun,
was eine unnatürliche soziale Ordnung darstellt, welche üblicherweise mit Gewalt
aufgezwungen werden muss. Das ist der Hauptgrund warum Europa für viele
Jahrhunderte der wildeste und brutalste Erdteil war, währenddessen es einen
Großteil der Welt eroberte. Die europäischen Bemühungen staatliche Systeme in
den eroberten Territorien zu errichten ist der Hauptgrund für die Konflikte die
es zur Zeit gibt, nach dem Zusammenbruch des früheren Kolonialsystems. Europas
eigener beliebtester Sport sich gegenseitig abzuschlachten musste 1945 abgesagt
werden, da man begriff, dass das nächste mal wenn das Spiel wieder ausgetragen
werden würde, es das letzte mal sein würde. Eine andere Voraussage, welche wir
mit großer Zuversicht machen können, ist, dass es keinen Krieg zwischen den
Großmächten geben wird; Der Grund ist, dass wenn diese Voraussetzung sich als
falsch herausstellen sollte, es keinen mehr geben wird, der davon berichten
könnte.
Außerdem hatte der politische Aktivismus der Bevölkerungen in den
reichen und mächtigen Gesellschaften einen zivilisierenden Effekt. Die „movers
and shakers, können nicht länger ähnliche langzeitige Angriffe, wie sie zuvor
möglich waren, unternehmen, so wie die USA vor 40 Jahren Südvietnam attackierte
und dabei einen Großteil des Gebiets verwüstete, bevor sich ein entscheidender
Protest der eigenen Bevölkerung entwickelt hatte. Unter den vielen
zivilisierenden Auswirkungen der Unruhe der 60er Jahre war eine breite
Opposition zu großräumigen Aggressionen und Massakrierungen, was als Weigerung
Verluste unter den Streitkräften zu akzeptieren umgedeutet worden ist (das
„Vietnam – Syndrom“). Das ist der Grund, warum Reagan und Seinesgleichen sich
des internationalen Terrorismus bedienen mussten, anstatt Zentralamerika direkt
nach dem Kennedy-Johnson Modell anzugreifen, als sie ihren Krieg zur
Niederschlagung der Befreiungs-Theologie führten, wie die School of the Americas
ihre Leistung mit Stolz pries. Die selben Veränderungen erklären den
Geheimdienst-Bericht der in Kraft tretenden Bush-I-Regierung 1989, welcher
warnte, dass die USA in Konflikten mit „viel schwächeren Gegnern“ – die einzige
Art von Konflikten die Sinn macht – ihren Feind „schnell und entschieden
schlagen“ müssen, da sonst der Feldzug an „politischer Unterstützung“ verlieren
würde, von welchem man annimmt, dass er ohnehin dünn ist. Die Kriege hatten sich
seit dem an dieses Muster gehalten, und der Grad des Protestes und des
Widerstandes haben sich kontinuierlich vergrößert. Also es gibt Veränderungen
gewisser Art.
Wenn die vorgeschobenen Gründe verschwinden, müssen neue
ausgedacht werden um das große Biest unter Kontrolle zu halten, während die
traditionell Politik, auf die aktuellen Umstände angepasst, fortgeführt wird.
Das wurde schon vor 20 Jahren klar. Es war nicht schwer zu sehen, dass der
sowjetische Gegner vor internen Problemen steht und möglicherweise nicht mehr
lange eine glaubwürdige Bedrohung abgeben würde. Das ist ein Grund warum die
Reagan–Verwaltung vor 20 Jahren erklärte, dass der „Krieg gegen den Terror“ das
wichtigste Element der US-Außenpolitik sein würde, insbesondere in
Zentralamerika und dem Nahen Osten, wo die Hauptquellen der Plage lägen, welche
von den „verkommenen Gegnern der Zivilisation“ verbreitet wird, in einer
„modernen Rückkehr zur Barbarei“, wie der gemäßigte Minister George Shultz
erklärte, wobei er auch vorwarnte, dass die Lösung dafür Gewalt ist, in
Vermeidung von „utopischen juristischen Mitteln wie einer Vermittlung durch
Dritte wie dem Weltgerichtshof oder den Vereinten Nationen“. Wir brauchen uns
jetzt nicht damit beschäftigen, wie der Krieg in diesen Gegenden und Anderswo,
von einem außergewöhnlichen Netzwerk von Hilfs-Staaten und Söldnern geführt wird
– einer „Achse des Bösen“, um einen modernen Ausdruck auszuborgen.
Es ist
von einigem Interesse, dass, seitdem der Krieg nach dem 11. September mit
beinahe der gleichen Rhetorik aufs neue ausgerufen worden ist, dieser
Hintergrund vollkommen ignoriert wurde, sogar die Tatsache, dass die USA vom
Weltgerichtshof und vom Sicherheitsrat (mit Veto) für internationalen
Terrorismus schuldig gesprochen wurde, und darauf mit einer starken Eskalation
jener terroristischen Angriffe antwortete, welche sie Einstellen hätte sollen;
Oder der Tatsache, dass genau die Leute, welche die militärischen und
diplomatischen Bereiche dieses erneut erklärten Kriegs gegen den Terror
anführen, während der ersten Phase des Krieges führende Verantwortliche für die
Durchführung der terroristischen Grausamkeiten in Zentralamerika und im Nahen
Osten waren. Das Schweigen über diese Angelegenheiten verdient eine wahrhafte
Hochachtung für die Disziplin und den Gehorsam der gebildeten Klasses der freien
und demokratischen Gesellschaften.
Es ist anzunehmen, dass der „Krieg
gegen den Terror“ in den nächsten Jahren wieder als Vorwand für Interventionen
und Grausamkeiten dienen wird, nicht nur für die USA. Tschetschenien ist nur
eines von vielen Beispielen. Man muss nicht lange darüber nachdenken, was das
für Lateinamerika bedeutet. Sicherlich nicht im Falle von Brasilien, welches das
erste Ziel für eine Welle der Unterdrückung war, die durch Lateinamerika fegte,
nachdem die Kennedy-Verwaltung, in einer Entscheidung von historischer
Wichtigkeit, die Aufgabe für die lateinamerikanischen Heere von „hemisphärischer
Verteidigung“ zur „internen Sicherheit“ verlagerte – Ein Euphemismus für
Staats-Terror gegen die eigenen Bevölkerungen. Das findet noch immer im großen
Maßstab statt, besonders in Kolumbien, welches in den 90er Jahren der
unangefochtene Führer in Menschenrechtsverletzungen in der Hemisphäre war, und
auch bei weitem der führende Empfänger von Waffen und militärischem Training von
der USA war, in Übereinstimmung mit einem gleich bleibenden Muster, welches
sogar in den Mainstream-Arbeiten dokumentiert wird.
Der „Krieg gegen den
Terror“ war natürlich das Thema von Massen an Literatur, während der ersten
Phase in den 80ern und auch seit er in den letzten Monaten wieder ausgerufen
worden ist. Ein interessanter Aspekt dieser Massen an Kommentaren, älteren wie
neueren, ist, dass uns nicht gesagt wird, was „Terror“ ist. Was wir aber hören,
ist dass dies eine sehr schwierige und quälende Frage sei. Das ist
bemerkenswert: Es gibt klare Definitionen in den offiziellen US Dokumenten. Eine
einfache beschreibt Terror als den „bewussten Gebrauch von Gewalt oder der
Drohung mit Gewalt um politische, religiöse oder ideologische Ziele zu
erreichen“. Das scheint angemessen, aber man kann diese Definition aus 2 Gründen
nicht verwenden. Der eine ist, dass es auch die offizielle Politik mit
einschließt, welche „Kampf gegen Aufständige“ [„Counter-Insurgency“] oder
„Konflikt niedriger Intensität“ genannt wird. Ein anderer ist, dass davon ganz
falsche Antworten resultieren, was alles offensichtlich genug ist, aber mit
bemerkenswerter Effizienz unterdrückt wird.
Das Problem eine Definition
von „Terror“ zu finden, welche die bekanntesten Fälle ausschließt ist
tatsächlich quälend und kompliziert. Aber glücklicherweise gibt es eine einfach
Lösung: Definiere „Terror“, als Terror den sie gegen uns ausüben. Eine
Betrachtung der wissenschaftlichen Literatur über Terror, der Medien und der
intellektuellen Journale zeigt, dass diese Definition des Begriffs fast
ausnahmslos ist, und dass jede Abweichung von ihr beeindruckende Wutanfälle
auslöst. Außerdem ist diese Praxis beinahe allgegenwärtig: Die Generäle in
Südamerika beschützten die Bevölkerung vor „Terror der von außerhalb geleitet
wird“, genauso wie die Japaner in der Mandschurei und die Nazis im besetzten
Europa. Wenn es eine Ausnahme gibt, dann habe ich sie nicht
gefunden.
Kommen wir wieder auf die „Globalisierung“ und ihrer Verbindung
mit der Gefahr eines Krieges, möglicherweise eines letzten, zurück.
Die
von den Herrschern des Universums angeführte Spielart der „Globalisierung“
genießt eine äußerst breite Unterstützung bei der Elite, was nicht überraschend
ist, genau wie ihn die „Freihandelsabkommen“ genießen – die das Wall Street
Journal etwas ehrlicher „freie Investmentabkommen“ nannte. Es wird sehr wenig
über diese Verhältnisse berichtet, und notwendige Informationen werden einfach
unterdrückt; zum Beispiel sind die Positionen der US–Arbeiterbewegungen in Bezug
auf NAFTA und den diese bestätigenden Schlussfolgerungen des Forschungs-Büros
des Kongresses [Office of Technological Assessment, OTA] nach einem Jahrzehnt
noch immer nicht außerhalb von Dissidenten-Blättern publiziert worden. Und diese
Themen werden in Wahlkämpfen gar nicht erst angesprochen. Dafür gibt es gute
Gründe. Die Herrscher wissen, dass die Bevölkerung ablehnend wäre, wenn
Informationen verfügbar würden. Sie sind jedoch ziemlich ehrlich, wenn sie unter
sich sind. So hat etwa der Kongress vor einigen Jahren unter riesigem Druck der
Bevölkerung das „Fast Track“ Gesetz abgelehnt, welches dem Präsidenten die
Autorität gegeben hätte internationale Wirtschaftsabkommen zu erlassen, wobei
der Kongress das Recht gehabt hätte „Ja“ (bzw. theoretisch „Nein“) zu stimmen,
ohne Diskussion und ohne Benachrichtigung der Bevölkerung. Wie auch andere
Sektoren der Meinung der Elite war das Wall Street Journal über das Versagen
beim Untergraben der Demokratie äußerst enttäuscht. Aber es erklärte das
Problem: Die Gegner dieser stalinistischen Maßnahmen haben eine „letztendlich
entscheidende Waffe“, nämlich den Großteil der Bevölkerung, welche deswegen
darüber im Dunklen bleiben muss. Das ist sehr wichtig, besonders in den
demokratischeren Gesellschaften, wo Dissidenten nicht einfach eingesperrt oder
umgebracht werden können, wie es die Empfänger der militärischen Hilfe der USA
machen können, wie El Salvador, die Türkei und Kolumbien, um die aktuellen
Weltführer aufzuzählen (von Israel und Ägypten abgesehen).
Man könnte
fragen, warum der öffentliche Widerstand gegen die „Globalisierung“ für viele
Jahre so energetisch war. Das scheint seltsam für eine Ära, in welcher sie zu
einem nie da gewesenen Wohlstand führte, worüber wir ja andauernd informiert
werden, besonders in den USA mit ihrer „Traumwirtschaft“. In den 90er Jahren
erfreute sich die USA an dem „größten wirtschaftlichen Boom in der Geschichte
Amerikas – und der Welt“, schrieb Anthony Lewis vor einem Jahr in der New York
Times, wobei er den üblichen Refrain des linken Endes des erlaubten Spektrums
wiederholte. Es wird zugegeben, dass es Mängel gibt: Manche können vom
Wirtschaftswunder nicht profitieren, und wir gutmütigen Leute müssen uns darum
kümmern. Die Mängel weisen auf ein grundlegendes und problematisches Dilemma
hin: Das schnelle Wachstum und der Wohlstand den die „Globalisierung“ brachte,
wurden von einem Wachstum in der Ungleichheit begleitet, da es manchen an den
notwendigen Fähigkeiten mangelt um sich an den wunderbaren Geschenken und
Möglichkeiten zu erfreuen.
Dieses Bild ist so konventionell, dass es
schwierig sein könnte zu begreifen, wie wenig es die Realität widerspiegelt.
Tatsachen welche schon während des ganzen Wunders wohlbekannt waren. Bis zum
kurzen Aufschwung Ende der 90er Jahre (welcher für die meisten Menschen kaum die
vorausgehende Stagnation bzw. den Rückgang ausglich) war das pro Kopf Wachstum
in den „brüllenden 90ern“ in den USA ungefähr dasselbe wie für den Rest der
Industrieländer, viel niedriger als in den ersten 25 Nachkriegsjahren vor der so
genannten „Globalisierung“, und bei weitem niedriger als in den Kriegsjahren,
welches der größte wirtschaftliche Boom in der Geschichte Amerikas war, unter
einer halben Planwirtschaft. Wie kann sich dann das konventionelle Bild so
drastisch von unstrittigen Tatsachen unterscheiden? Die Antwort ist die
Einfachheit selbst. Für einen kleinen Sektor der Gesellschaft waren die 90er
tatsächlich eine wirtschaftliche Glanzzeit. Dieser Sektor ist nun eben einmal
derjenige, welcher den anderen die fröhlichen Nachrichten übermittelt. Und man
kann ihnen keine Unehrlichkeit vorwerfen. Sie haben keinen Grund an dem zu
zweifeln was sie sagen. Sie lesen es andauernd in den Magazinen für die sie
schreiben, und es stimmt mit ihren persönlichen Erfahrungen überein. Es ist wahr
für die Leute, die sie treffen; In den Redaktionsbüros, Fakultäten-Clubs und auf
den elitären Konferenzen wie derjenigen welcher die Zauberer im Moment
beiwohnen, wie auch in den eleganten Restaurants in denen sie essen. Es ist nur
die Welt, die eine andere ist.
Werfen wir einen kurzen Blick auf die
langfristige Geschichte. Die internationale wirtschaftliche Integration – ein
Aspekt der „Globalisierung“, wenn man sie als neutralen Ausdruck betrachtet,
steigerte sich vor dem 1. Weltkrieg rasch, und setzte sich nach dem 2. Weltkrieg
fort, wobei sie jetzt im großen Maßstab wieder das gleiche Niveau wie vor einem
Jahrhundert erreicht. Die feinere Struktur ist komplizierter. Nach manchen
Maßstäben war die Globalisierung vor dem 1. Weltkrieg größer: Ein Beispiel ist
die „freie Beweglichkeit der Arbeitskraft“, für Adam Smith das Fundament des
freien Handels, aber nicht für seine heutigen Verehrer. Nach anderen Maßstäben
ist die Globalisierung heute viel größer: Ein dramatisches Beispiel – aber nicht
das einzige – ist der Fluss von kurzzeitigem Spekulationskapital, welches bei
weitem nie derart hoch war. Die Unterscheidung spiegelt einige grundlegende
Eigenschaften derjenigen Globalisierung wider, welche von den Herrschern des
Universums bevorzugt wird: In einem sogar noch weit größeren Ausmaß als ohnehin
normal, hat Kapital für sie Priorität, Menschen sind nebensächlich.
Die
Grenze zu Mexiko ist ein interessantes Beispiel. Sie ist künstlich, das Ergebnis
einer Eroberung, wie es die meisten Grenzen sind, und sie war aus einer Vielzahl
von sozio-ökonomischen Gründen schon immer in beide Richtungen porös. Sie wurde
von Clinton nach NAFTA militarisiert, um die „freie Beweglichkeit der
Arbeitskraft“ zu verhindern. Das war wegen der für Mexiko zu erwartenden
Auswirkungen von NAFTA notwendig: ein „Wirtschaftswunder“, was ein Desaster für
die Masse der Bevölkerung darstellt, welche zu fliehen versuchen würde. In den
selben Jahren beschleunigte sich der bereits zuvor sehr freie Kapitalfluss
weiter, zusammen mit dem was „Handel“ genannt wird, von dem 2/3 innerhalb von
privaten Tyranneien zentral verwaltet werden, was vor NAFTA eine Hälfte
ausmachte. Das gilt nur per willkürlicher Definition als „Handel“. Die
Auswirkungen von NAFTA auf tatsächlichen Handel sind meines Wissens nach nicht
beobachtet worden.
Eine technische Definition von Globalisierung ist die
Konvergenz zu einem einheitlichen globalen Markt, mit einem einzigen Preis und
Lohn. Das ist ganz einfach nicht passiert. In Bezug auf das Einkommen ist das
Gegenteil eher wahr. Obwohl vieles genau davon abhängt wie man misst, gibt es
gute Gründe anzunehmen, dass die Ungleichheit sich sowohl innerhalb als auch
zwischen den Ländern ausgeweitet hat. Man erwartet, dass das so weitergeht.
Nachrichtendienste der USA haben kürzlich zusammen mit Spezialisten von
Universitäten und dem privaten Sektor einen Bericht über die Erwartungen für
2015 herausgegeben. Sie erwarten, dass die „Globalisierung“ wie bisher
vorangeht: „Ihre Evolution wird holprig sein, durch andauernde finanzielle
Volatilität und eine größer werdende wirtschaftliche Kluft ausgezeichnet“. Das
bedeutet weniger Konvergenz und weniger Globalisierung im technischen Sinn, aber
mehr Globalisierung im bevorzugten Sinn der Doktrin. Finanzielle Volatilität
beinhaltet noch langsameres Wachstum, mehr Krisen und Armut.
An diesem
Punkt wird die Verbindung zwischen der „Globalisierung“ im Sinne der Herrscher
und der wachsenden Wahrscheinlichkeit eines Krieges offensichtlich. Die
militärischen Planer verwenden dieselben Voraussagen, und haben ganz offen
erklärt, dass diese Erwartungen die enorme Ausweitung der militärischen Macht
noch nicht berücksichtigen. Sogar vor dem 11. September überstiegen die US
Militärausgaben jene der Verbündeten und Gegner zusammen. Die terroristischen
Angriffe sind ausgenutzt worden um ihre Finanzierung nochmals stark auszuweiten,
was wichtige Teile der Privatwirtschaft sehr entzückt. Das gefährlichste
Programm ist die Militarisierung des Weltraums, was ebenfalls unter dem Vorwand
geschieht „Terror“ zu „bekämpfen“.
Die eigentlichen Beweggründe die
hinter diesen Programmen stehen werden in Dokumenten der Clinton–Ära öffentlich
erklärt. Ein Hauptgrund ist die wachsende Kluft zwischen den „Besitzenden“ und
den „Nichtbesitzenden“ [„haves“ and „have-nots“] von der man erwartet, dass sie
weiter wächst, was entgegengesetzt zur Wirtschaftstheorie ist, aber mit der
Realität übereinstimmt. Die „Nichtbesitzenden“ – das „große Biest“ der Welt –
könnten aufmüpfig werden und müssen im Interesse von dem was „Stabilität“
genannt wird beherrscht werden, wobei jene ein technischer Jargonausdruck für
die Unterwerfung unter die Befehle der Herrscher ist. Das bedarf Gewalt und da
sie „aus eigenem Interesse heraus die Verantwortung für das gute Funktionieren
des weltweiten kapitalistischen Systems übernommen haben“ muss die USA dabei
weit in Führung sein; Ich zitiere vom diplomatischen Historiker Gerald Haines,
der auch der leitende Historiker des CIA war, wobei er hier die Planung der USA
in den 40ern, in einer wissenschaftlichen Studie beschreibt. Überwältigende
Führerschaft in konventionellen Militärkräften und Massenzerstörungswaffen
allein ist unzureichend. Es ist nötig sich an eine neue Grenze heranzubewegen:
Die Militarisierung des Weltraums, in Verletzung des Outer Space Treaty von
1967, welches bis jetzt eingehalten worden ist. Dieses Vorhaben erkennend, hat
die UNO Generalversammlung das Abkommen mehrmals wieder bestätigt; Die USA
weigerte sich mitzustimmen, praktisch in vollkommener Isolation, und Washington
hat im vergangenen Jahr Verhandlungen darüber in der UNO Abrüstungskonferenz
blockiert – was alles kaum berichtet wird, aus den üblichen Gründen. Es ist
nicht klug zuzulassen, dass die BürgerInnen über Pläne erfahren, welche das
einzige Experiment der Biologie mit „höherer Intelligenz“ zu einem Ende bringen
könnten.
Wie es von vielen verstanden wird profitiert von diesen
Programmen die Militärindustrie, aber wir sollten uns darüber bewusst sein, dass
dieser Ausdruck irreführend ist. Während der ganzen neueren Geschichte, wobei es
einen dramatischen Anstieg nach dem 2. Weltkrieg gab, hat man das Militärsystem
als ein Mittel verwendet, um Kosten und Risiken zu sozialisieren, während der
Profit privatisiert wird. Die „New Economy“ ist zu einem wichtigen Teil aus dem
fortgeschrittenen staatlichen Sektor der US Wirtschaft herausgewachsen. Der
Hauptgrund warum die öffentlichen Ausgaben für die biologischen Wissenschaften
in einer dermaßen hohen Geschwindigkeit erhöht werden, ist, dass intelligente
Rechtsgesinnte verstanden haben, dass der modernste Teil der Wirtschaft
öffentlicher Unterstützungen bedarf. Eine riesige Erhöhung ist unter dem Vorwand
des „Bioterrors“ gelaufen, genauso wie die Öffentlichkeit dazu gebracht wurde
für die New Economy zu zahlen, indem man vorgab, dass die Russen kommen –
beziehungsweise nach deren Zusammenbruch mit der Drohung der „technischen
Fortschrittlichkeit“ der Länder der 3. Welt, als die Parteilinie sich 1990
sofort änderte, ohne einen Trommelschlag auszulassen, und beinahe ohne einem
kommentierenden Wort. Das ist auch der Grund warum Ausnahmen für die nationale
Sicherheit Teil von internationalen Wirtschaftsabkommen sein müssen: das ist
keine Hilfe für Haiti, aber es ermöglicht der US Wirtschaft gemäß dem
traditionellen Prinzip von brutaler Marktdisziplin für die Armen und einem
Kindermädchen-Staat für die Reichen zu wachsen – was man „Neoliberalismus“
nennt, obwohl es kein besonders gutes Wort ist: Die Doktrin ist Jahrhunderte alt
und würde die klassischen Liberalen empören.
Man könnte argumentieren,
dass diese öffentlichen Ausgaben sich oft rentiert haben. Mag sein, mag nicht
sein. Aber es ist klar, dass die Herrscher sich davor fürchten eine
demokratische Wahl darüber zuzulassen. All das wird vor der allgemeinen
Bevölkerung verborgen, obwohl die Mithelfer es sehr wohl verstehen.
Die
Pläne die letzte Grenze für die Gewalt zu überschreiten werden als
„Raketenverteidigung“ verhüllt, aber jeder der ein bisschen auf die Geschichte
achtet weiß, dass wenn das Wort „Verteidigung“ fällt, man sofort „Angriff“
denken sollte. Der aktuelle Fall bildet keine Ausnahme. Das Ziel wird ziemlich
offen dargelegt: Die Garantie „globaler Dominanz“, „Hegemonie“. Offizielle
Dokumente betonen nachdrücklich, dass es das Ziel ist „die US Interessen und
Investments zu beschützen“, und die „Nichtbesitzenden zu kontrollieren“. Heute
bedürfe dies der Beherrschung des Weltraums, genauso wie früher die mächtigen
Staaten Armeen und Flotten erbauten „um ihre Handelsinteressen zu beschützen und
zu erweitern“. Es wird verstanden, dass diese neuen Initiativen, bei welchen die
USA weit in Führung sind, eine bedeutende Gefahr für das Überleben darstellen.
Und man versteht auch, dass sie durch internationale Abkommen verhindert werden
könnten. Aber wie ich bereits erwähnte hat Hegemonie einen höheren Stellenwert
als Überleben, eine moralische Berechnung, die sich bei den Mächtigen im Laufe
der Geschichte durchgesetzt hat. Was sich verändert hat ist, dass das, was auf
dem Spiel steht, viel größer ist, unbeschreiblich größer.
Um was es hier
geht, ist, dass der erwartete Erfolg der „Globalisierung“ im Sinne der Doktrin
ein Hauptgrund für die Programme ist, die den Weltraum für Angriffswaffen
nutzen, die eine sofortige Massenvernichtung ermöglichen.
Kehren wir zur
„Globalisierung“ und „dem größten wirtschaftlichen Boom in der Geschichte
Amerikas – und der Welt“ in den 90ern zurück.
Seit dem 2. Weltkrieg hat
die internationale Wirtschaft zwei Phasen durchlaufen, die Bretton Woods Phase
bis in die frühen 70er und der Abschnitt seit dem das Bretton Woods System der
geregelten Wechselkurse und der Kontrolle auf Kapitalbewegungen abgebaut worden
ist. Die zweite Phase wird „Globalisierung“ genannt, und mit der neoliberalen
Politik der „Washington-Übereinkunft“ [„Washington Consensus“] in Verbindung
gebracht. Die beiden Phasen unterscheiden sich ziemlich. Die erste wird häufig
als das „goldene Zeitalter“ des (Staats-)Kapitalismus bezeichnet. Die zweite
Phase wird nach den makroökonomischen Standardmessungen durch eine
Verschlechterung des Marktes gekennzeichnet: Wachstumsrate, Produktivität,
Kapital-Investierung, sogar Welthandel. Viel höhere Zinsen (was schädlich für
die Wirtschaft ist); riesige Anhäufungen von unproduktiven Reserven zur
Stabilisierung von Währungen; mehr finanzielle Volatilität; und andere
schädliche Folgen. Es gab Ausnahmen, besonders die Ost-Asiatischen Länder,
welche die Regeln nicht befolgten: sie waren keine Anhänger der „Religion“, dass
„es die Märkte am besten wissen“, wie Joseph Stiglitz in der Veröffentlichung
einer Untersuchung der Weltbank schrieb, kurz bevor er zum leitenden Ökonom
ernannt wurde, von wo er später wieder entfernt wurde (und den Nobel-Preis
gewann). Im Kontrast dazu wurden die schlechtesten Resultate dort gefunden, wo
die Regeln am striktesten angewandt wurden, wie in Lateinamerika, Tatsachen die
in weiten Kreisen bestätigt werden, unter anderem von Jose’ Antonio Ocampo, dem
Leiter der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC)
[Economic Commission for Latin America and the Caribbean], in einer Ansprache
vor der Amerikanischen Wirtschaftskommission. Er bemerkte, dass das
„versprochene Land“ eine „Fata Morgana“ ist. Das Wachstum in den 90er Jahren war
weit unter jenem der drei Dekaden mit „staatlich gelenkter Entwicklung“ in der
1. Phase. Er bemerkte auch, dass der Zusammenhang zwischen der Befolgung der
Regeln und dem wirtschaftlichen Ergebnis überall auf der Welt der gleiche
ist.
Kehren wir zum schwierigen und problematischen Zwiespalt zurück: Das
rasche Wachstum und der große Wohlstand den die Globalisierung gebracht hat, hat
auch Ungleichheit bewirkt, da manchen die Fähigkeiten fehlen. Es gibt keinen
Zwiespalt, da das rasche Wachstum und der Wohlstand ein Mythos ist.
Viele
internationale Ökonomen betrachten die Liberalisierung des Kapitals als
bedeutenden Grund für die schwachen Ergebnisse der 2. Phase. Aber die Wirtschaft
ist ein sehr kompliziertes System, das so schlecht verstanden wird, dass man mit
kausalen Verbindungen vorsichtig sein muss. Aber ein Ergebnis der
Liberalisierung des Kapitals ist klar: Sie schränkt die Demokratie ein. Das ist
von den Gestaltern von Bretton Woods verstanden worden: ein Grund warum die
Übereinkommen auf der Kontrolle des Kapitals basierten war, dass es den
Regierungen erlaubte eine sozialdemokratische Politik durchzuführen, welche von
den Bevölkerungen aufs stärkste befürwortet wurde. Die freie Bewegung des
Kapitals erschafft das, was als „eigentlicher Senat, mit Veto-Recht“ über
Regierungsentscheidungen, bezeichnet worden ist, was die politischen
Möglichkeiten stark einschränkt. Regierungen müssen „einer doppelten
Wählerschaft“ gegenübertreten, den Wählern und den Spekulanten, welche „in jedem
Augenblick“ über Regierungsentscheidungen „Abstimmungen durchführen“ (Ich
zitiere technische Studien des Finanzsystems). Sogar in den Reichen Ländern
setzt sich die private Wählerschaft durch.
Andere Teile der
„Globalisierung“ der Investorenrechte haben ähnliche Folgen. Sozioökonomische
Entscheidungen werden mehr und mehr zu nicht zur Verantwortung ziehbaren
Konzentrationen von Macht verlegt, eine grundlegende Eigenschaft der
neoliberalen „Reformen“ (ein Propagandawort, keine Beschreibung). Die Ausdehnung
des Angriffs auf die Demokratie wird wahrscheinlich, ohne öffentliche
Diskussion, in den Verhandlungen um die Allgemeine Vereinbarung über Handel und
Dienste (GATS) [General Agreement on Trades and Services] geplant. Das Wort
„Dienste“ betrifft wie Sie wissen, einfach alles was irgendwie in den Bereich
der demokratischen Wahl fällt: Gesundheit, Erziehung, Wohlfahrt, Post und
Kommunikation, Wasser und andere Ressourcen, usw. Es gibt keinen
bedeutungstragenden Sinn, in welchem man die Weitergabe dieser Dienste an
private Hände als „Handel“ bezeichnen könnte, aber das Wort ist von seiner
Bedeutung so gereinigt worden, dass es wohl auch noch zu dieser Lächerlichkeit
ausgedehnt werden kann.
Die riesigen öffentlichen Proteste in Quebec im
letzten April, die vor einem Jahr von den Freaks in Porto Alegre in Bewegung
gesetzt worden sind, waren zum Teil gegen den Versuch gewendet, die GATS
Grundsätze im geheimen als Teil der geplanten Amerikanischen Freihandelszone
[Free Trade Area of the Americas] (FTAA) aufzuzwingen. Diese Proteste brachten
eine sehr breite Gruppe vom Norden und vom Süden zusammen, welche sich alle
stark gegen das was offensichtlich von Handelsministern und Unternehmensleitern
hinter verschlossenen Türen geplant wurde, widersetzten.
Die Proteste
bekamen die übliche Berichterstattung: Die Freaks werfen Steine und stören die
Zauberer dabei über die großen Probleme nachzudenken. Die Unsichtbarkeit ihrer
eigentlichen Besorgnisse ist ziemlich bemerkenswert. Zum Beispiel schrieb der
Wirtschaftskorrespondent der New York Times, Anthony DePalma, dass das GATS
Abkommen „keine der öffentlichen Unstimmigkeiten hervorrief, die es um die [WTO]
Versuche den Handel zu fördern gab“, sogar nach Seattle. In Wirklichkeit war das
schon seit damals eine der größten Besorgnisse. Wie in anderen Fällen auch, ist
es sicher keine Täuschung, da DePalmas Wissen über die Freaks sich wohl auf das
beschränkt, was durch den Medien-Filter durchkommt, und es ist ein eisernes
Gesetz des Journalismus, dass die ernsthaften Beweggründe der Aktivisten streng
ausgeschlossen werden müssen, um jemand den Vorzug zu geben, der einen Stein
wirft, möglicherweise ein Provokateur der Polizei.
Die Wichtigkeit die
Öffentlichkeit vor Informationen zu schützen ist während dem Gipfel im April auf
dramatische Weise gezeigt worden. Jedes Redaktionsbüro in den Vereinigten Saaten
hatte auf dem Schreibtisch zwei wichtige Studien liegen, welche zeitlich gerade
auf den Beginn des Gipfels abgestimmt waren. Die erste war von Human Rights
Watch (HRW), die zweite vom Institut für Wirtschaftspolitik in Washington (EPI)
[Economic Policy Institute]. Keine der beiden Organisationen ist gänzlich
unbekannt. Beide Studien beschäftigten sich sehr genau mit den Auswirkungen von
NAFTA, welches auf dem Gipfel als riesiger Triumph gefeiert wurde, und was ein
Modell für die FTAA sein soll, was von Schlagzeiten begleitet wurde, die ihre
Preisungen von George Bush und anderen Führern verkündeten, was alles als
heilige Wahrheit akzeptiert worden ist. Beide Studien wurden beinahe in
vollkommener Einstimmigkeit unterdrückt. Man sieht leicht warum. Human Rights
Watch betrachtete die Auswirkungen von NAFTA auf Arbeiterrechte, von welchen sie
feststellte, dass sie in jedem der drei teilnehmenden Länder verschlechtert
worden sind. Der Bericht des EPI war allgemeiner: Er bestand aus detaillierten
Analysen der Auswirkungen von NAFTA auf arbeitende Menschen, die von
Spezialisten über die drei Länder verfasst wurden. Die Schlussfolgerung ist,
dass dies eines der wenigen Abkommen ist, welches der Mehrheit der Bevölkerung
in jedem der teilnehmenden Ländern geschadet hat.
Die Auswirkungen auf
Mexiko waren besonders schlimm, und das umso mehr im Süden. Die Löhne fielen mit
der Auferlegung der neoliberalen Programme in den 80ern steil bergab. Das setzte
sich mit NAFTA fort, mit einem 24%igem Fall der Löhne der ArbeiterInnen und
Angestellten, und 40% bei den Selbstständigen, eine Auswirkung, die durch den
schnellen Anstieg der unbezahlten Arbeit noch verstärkt wurde. Obwohl die
ausländischen Investitionen stiegen, schrumpfte die gesamte Investition, da die
Wirtschaft in die Hände von ausländischen multinationalen Konzernen übergeleitet
worden war. Der Mindestlohn büßte 50% seiner Kaufkraft ein. Die Warenproduktion
ging zurück und die Entwicklung stagnierte oder könnte sich gewendet haben. Ein
kleiner Teil der Bevölkerung wurde extrem reich, und ausländische Investoren
machten Geld.
Diese Studien bestätigen das, was in der Wirtschaftspresse
und in akademischen Studien berichtet worden ist. Das Wall Street Journal
meldete, dass die Konsumenten, obwohl die mexikanische Wirtschaft in den späten
90ern nach dem scharfen Fall gleich nach NAFTA stark wuchs, einen 40%igen
Einbruch in ihrer Kaufkraft erlitten, die Anzahl der Menschen, welche in
äußerster Armut lebt doppelt so schnell wuchs wie die Bevölkerung, und sogar
diejenigen, welche in ausländischen Firmen arbeiteten an Kaufkraft verloren.
Ähnliche Schlussfolgerungen wurden auch in einer Studie des
Lateinamerika-Sektors des Woodrow Wilson Centers gezogen, welche auch
herausfand, dass die wirtschaftliche Macht sich stark konzentriert hatte, kleine
mexikanische Firmen keine Finanzierung bekommen können, ArbeiterInnen den
traditionellen Ackerbau hinter sich lassen und die arbeitsintensive Sektoren
(Landwirtschaft, leichte Industrie) international nicht mit dem was in der
Doktrin „freies Unternehmertum“ genannt wird konkurrieren können. Die
Landwirtschaft wurde wegen den üblichen Gründen geschädigt: einfache Bauern
können nicht mit den hoch-subventionierten US Landwirtschaftskonzernen
konkurrieren, mit Auswirkungen, die überall auf der Welt bekannt
sind.
Das meiste von dem ist von den Kritikern der NAFTA vorhergesagt
worden, auch von den unterdrückten Studien des OTA und der Arbeiterbewegung. Die
Kritiker irrten sich jedoch in Bezug auf eine Sache, denn die meisten erwarteten
einen starken Anstieg des Stadt zu Land–Bevölkerungsverhältnisses, da
hunderttausenden Bauern vom Land fliehen. Das ist nicht passiert. Der Grund ist,
dass sich die Bedingungen in den Städten so verschlimmerten, dass es auch von
ihnen eine große Flucht in die USA gab. Diejenigen, welche den Grenzübergang
überleben – viele tun das nicht – arbeiten für sehr niedrige Löhne, ohne
Sicherheiten und unter grauenvollen Bedingungen. Das Ergebnis ist die Zerstörung
von Leben und Gemeinschaften in Mexiko und die Verbesserung der US-Wirtschaft,
wo „der Konsum der städtischen Mittelklasse weiterhin durch die Verarmung der
Landwirtschafts-Arbeiterinnen, sowohl jener der USA als auch der von Mexiko,
unterstützt wird, wie die Studie des Woodrow Wilson Centers
unterstreicht.
Das alles fällt unter die Kosten von NAFTA und der
neoliberalen Globalisierung im allgemeinen, welche die Ökonomen nicht messen
wollen. Aber sogar laut den hochideologischen Standardindikatoren waren die
Kosten beträchtlich. Nichts von dem durfte die Lobpreisung NAFTAs und der FTAA
auf dem Gipfel beeinträchtigen. Wenn sie nicht mit aktivistischen Organisationen
in Verbindung stehen wissen die meisten Menschen von diesen Dingen nur anhand
ihrer eigenen Erfahrungen, und da sie durch die Freie Presse behutsam vor der
Realität beschützt werden, betrachten viele sich selbst als so etwas wie einen
Fehler, da sie unfähig sind bei der Lobpreisung des größten Wirtschaftsbooms der
Geschichte mitzumachen.
Die Daten vom reichsten Land der Welt sind
erleuchtend, aber ich werde die Details auslassen. Das Bild verallgemeinert
sich, natürlich mit einigen Variationen und Ausnahmen, von der bereits erwähnten
Art. Das Bild ist viel schlechter wenn wir uns von den wirtschaftlichen
Standardindikatoren lösen. Ein Preis ist die Bedrohung unseres Überlebens,
welche unausgesprochen im bereits beschriebenen Denken der Militärplaner steckt.
Es gibt viele weitere. Um eine herauszunehmen, berichtete die ILO eine wachsende
„weltweite Epidemie“ von mentalen Gesundheitsstörungen, welche oft mit dem
Stress am Arbeitsplatz verbunden sind, was sehr beträchtliche finanzielle Kosten
in den Industrieländern ausmacht. Ein wichtiger Grund dafür, so folgern sie, ist
die „Globalisierung“, welche mit sich den „Wegfall der Arbeitsplatzsicherheit“,
Druck auf ArbeiterInnen und höhere Leistungsforderungen, besonders in den USA,
bringt. Ist das ein Preis der „Globalisierung“? Von einem Standpunkt aus, ist
das eine ihrer attraktivsten Eigenschaften. Als Alan Greenspan die US-Wirtschaft
als „außergewöhnlich“ lobte, betonte er besonders das erhöhte
Unsicherheitsgefühl den Arbeitsplatz zu behalten, was für die Unternehmen zu
gedämpften Kosten führt. Die Weltbank stimmt zu. Sie erkennt, dass
„Arbeitsmarkt-Flexibilität einen schlechten Ruf als Euphemismus die Löhne zu
senken und Angestellte hinauszuwerfen bekommen hat, aber trotzdem ist sie
überall auf der Welt notwendig. ... Die wichtigsten Reformen beinhalten die
Aufhebung von Beschränkungen der Arbeitsplatzmobilität und Lohn-Flexibilität,
wie auch die Zerschlagung der Verbindung zwischen Sozialleistungen und
Arbeitsverträgen“.
Auf den Punkt gebracht heißt das, dass ArbeiterInnen
und Angestellte hinauszuwerfen, Löhne zu senken und Sozialleistungen
einzuschränken ist gemäß der verherrschenden Ideologie ein wichtiger Beitrag zur
wirtschaftlichen Gesundheit.
Unkontrollierter Handel bietet weitere
Vorteile für Korporationen: Viel vom Handel, wahrscheinlich der größte Teil,
wird durch eine Vielfalt von Techniken zentral verwaltet: Bewegungen innerhalb
von Firmen, strategische Allianzen, Outsourcing und Andere Verfahren. Weitere
Handelsgebiete bevorzugen Kooperationen, da sie dadurch weniger auf lokale und
nationale Gemeinschaften Rücksicht nehmen müssen. Das verstärkt die Auswirkungen
der neoliberalen Programme, welche überall den Einkommensanteil der Arbeit
vermindert haben. In den USA geschah es in den 90er Jahren das erste mal in der
Nachkriegszeit, dass die Aufteilung der Einkommen stark zu Gunsten der
Kapitalinhaber lag, weg von der Arbeiterschaft. Handel beinhaltet eine große
Anzahl nicht gemessener Kosten: Förderungen für Energie, Ressourcenaufbrauch und
andere nicht berücksichtigte Wirkungen nach Außen. Er bringt auch Vorteile,
wobei man auch hier wieder vorsichtig sein muss. Der am häufigsten gepriesene
ist, dass der Handel zu Spezialisierung führt – was die Wahlmöglichkeiten
einengt, mit eingeschlossen die Wahl den komparativen Vorteil zu ändern, was im
allgemeinen als „Entwicklung“ bekannt ist. Wahlfreiheit und Entwicklung sind
Werte in sich: Sie einzuschränken bedeutet einen hohen Preis zu zahlen. Wenn die
Amerikanischen Kolonien vor 200 Jahren dazu gezwungen worden wären die WTO
Regelungen zu akzeptieren, dann würde New England ihrem komparativen Vorteil
entsprechend Fisch exportieren, und ganz sicher nicht Textilien, welche nur
durch irrsinnig hohe Zölle auf britische Produkte überlebten (wobei das
britische Verhalten Indien gegenüber kopiert wurde). Das selbe galt für Stahl
und andere Industrien, und gilt noch immer, besonders während der äußerst
protektionistischen Jahre Reagans – sogar wenn man den staatlichen Sektor der
Wirtschaft außer Acht lässt. Es gibt viel über all dies zu sagen. Ein großer
Teil der Geschichte wird hinter wählerischen Wirtschaftsmessungen verborgen,
obwohl das alles bei Wirtschafts- und Technikhistorikern wohlbekannt
ist.
Wie jeder hier weiß ist es wahrscheinlich, dass die Spielregeln die
negativen Auswirkungen auf die Armen noch verstärken. Die WTO Regelungen
verbieten genau jene Mechanismen, welche alle reichen Länder benutzten um ihren
heutigen Entwicklungsstand zu erreichen, wobei sie auch noch einen nie da
gewesenen Schutz für die Reichen bieten, mit eingeschlossen einem Patentsystem,
das mit ausgeklügelten Verfahren neue Entwicklungen und Innovationen verhindert,
und es Korporationen erlaubt durch monopolistische Preise für ihre Produkte,
welche oft erst mit notwendiger öffentlicher Unterstützung entwickelt worden
sind, riesige Gewinne anzuhäufen.
Mit den zeitgenössischen Spielarten der
traditionellen Methoden befindet sich effektiv die Hälfte der Weltbevölkerung
auf der Empfängerseite, wobei ihre Wirtschaftspolitik von Experten in Washington
geregelt wird. Aber auch in den reichen Ländern wird die Demokratie angegriffen,
da die Entscheidungsmacht von den Regierungen, welche zumindest teilweise auf
die Bevölkerung reagieren, auf private Tyranneien übertragen wird, welche diesen
Fehler nicht kennen. Zynische Slogans wie „vertraue den Leuten“ oder
„verkleinere den Staat“ rufen nicht, unter keinen Umständen, nach vermehrter
Kontrolle durch die Bevölkerung. Sie verlagern die Entscheidungen von
Regierungen in andere Hände, aber nicht zu „den Leuten“: sondern zu Managern von
kollektivistischen juristischen Personen, welche im allgemeinen von der
Bevölkerung nicht zur Verantwortung gezogen werden können, und in der internen
Struktur effektiv totalitär sind, was ziemlich genau das ist, was die
Konservativen vor einem Jahrhundert beklagten, als sie sich gegen die
„Korporatisierung Amerikas“ stellten.
Lateinamerika-Spezialisten und
Umfrageorganisationen haben im Laufe einiger Jahre festgestellt, dass die
formale Ausweitung der Demokratie in Lateinamerika von einer Zunehmenden
Desillusionierung mit der Demokratie begleitet worden ist, „alarmierende
Tendenzen“, welche laut Analysten weitergehen werden, wobei sie die Verbindung
zwischen einem „schlimmer werdenden wirtschaftlichen Schicksal“ und einem
„Mangel and Vertrauen“ in die demokratischen Institutionen beobachten (Financial
Times). Wie Atilio Boron vor einigen Jahren unterstrich fiel die Welle der
Demokratisierung in Lateinamerika mit neoliberalen Wirtschafts-„Reformen“
zusammen, welche die effektive Demokratie einschränkten, ein Phänomen das sich
so in verschiedenen Arten überall auf der Welt ausbreitet.
Auch in die
USA. Es gab große öffentliche Aufschreie über die „gestohlene Wahl“ vom November
2000, und Überraschung, dass es der Bevölkerung offensichtlich egal ist. Die
wahrscheinlichen Gründe werden von Meinungsforschungsstudien nahe gelegt, welche
klar zeigen, dass ¾ der Bevölkerung am Vorabend der Wahl den Prozess zum größten
Teil als Farce betrachteten: Ein Spiel, das von den finanziellen Unterstützern,
Parteichefs und der Public Relations-Industrie gespielt wird, welche die
Kandidaten so formt, dass sie „fast alles sagen um nur gewählt zu werden“, so,
dass man auch dann wenig von dem was sie sagen glauben darf, wenn es
verständlich ist. Bei den meisten Themen konnten die Bürgerinnen den Standpunkt
der Kandidaten nicht ausmachen, nicht weil sie zu dumm sind oder es gar nicht
versuchen, sondern wegen der bewussten Anstrengungen der PR Industrie hierzu.
Ein Projekt der Harvard Universität, welches die politischen Einstellungen
verfolgt, fand, dass „das Gefühl der Machtlosigkeit einen alarmierenden neuen
Höhepunkt erreicht hat“, wobei mehr als die Hälfte angibt, dass Leute wie sie
wenig oder gar keinen Einfluss auf das was die Regierung tut haben, ein starker
Anstieg der sich in der neoliberalen Periode ereignet hat.
Die Themen wo
die Bevölkerung anderer Meinung ist als die Eliten (wirtschaftlichen,
politischen und intellektuellen), sind ziemlich weit weg von der Liste der
Diskussionsthemen, besonders Fragen welche die Wirtschaftspolitik betreffen. Ein
überwältigend großer Teil der Wirtschaftswelt befürwortet, was kaum überraschend
ist, die von Konzernen getragene „Globalisierung“, die „freien
Investmentabkommen“, die „Freihandelsabkommen“ genannt werden, NAFTA und FTAA,
GATS und andere Techniken die Reichtum und Macht in die Hände von für die
Bevölkerung nicht zur Verantwortung ziehbaren Personen bringt. Was auch nicht
überrascht ist, dass das große Biest dies im allgemeinen ablehnt, beinahe
instinktiv, sogar ohne die wichtigsten Tatsachen zu kennen, vor denen sie
behutsam abgeschirmt werden. Daraus folgt, dass solche Themen in Wahlkämpfen
unangebracht sind, und im Mainstream über die November 2000 Wahlen nicht
auftauchten. Man ist zum Beispiel versucht eine Diskussion über die
bevorstehenden Amerika [Summit of the Americas] und FTAA Gipfel zu finden, und
über andere Themen, die für die Bevölkerung von fundamentaler Wichtigkeit sind.
Die Wähler wurden auf das Aufmerksam gemacht, was die PR-Industrie „persönliche
Merkmale“ nennt, nicht „Themen“. Unter der Hälfte der wählenden Bevölkerung,
wobei die Wähler eher aus den reicheren Schichten sind, wählten diejenigen,
welche erkannten, dass es um ihre Klasseninteressen geht, gemäß dieser
Interessen: zum allergrößten Teil die reaktionärere der beiden
Wirtschaftsparteien. Aber die allgemeine Bevölkerung teilt ihre Stimmen auf
andere Arten, was zu einem statistischen Gleichstand führt. Unter der
arbeitenden Bevölkerung sind nichtwirtschaftliche Themen wie Waffenbesitz und
Religiosität entscheidend, so dass sie oft gegen ihre eigenen Interessen wählen
– offensichtlich unter der Annahme, dass sie wenig Wahl haben.
Was von
der Demokratie übrig bleibt, kann man als das Recht zwischen verschiedenen
Gütern zu wählen auffassen. Wirtschaftsführer haben oft erklärt, dass es
notwendig ist, unter der Bevölkerung eine „Philosophie der Sinnlosigkeit“ und
„des Fehlens eines Zieles“ durchzusetzen, um „die menschliche Aufmerksamkeit auf
die oberflächlicheren Dinge zu konzentrieren, welche viel vom modernen Konsum
ausmachen“. Vom Kleinkinderalter auf von Propaganda überflutet, können die
Menschen ihre sinnlosen und untergeordneten Leben akzeptieren und vergessen so
lächerliche Ideen, wie ihre Angelegenheiten selbst bestimmen zu können. Sie
lassen die Bestimmung ihres Schicksals bei den Zauberern zurück, und im
politischen Bereich bei der „intelligenten Minderheit“, wie jene sich selbst
beschreiben, welche der Macht dienen und sie verwalten.
Von dieser
Perspektive ausgehend, welche besonders seit letztem Jahrhundert gemäß der
Meinung der Elite ganz normal ist, enthüllen die Wahlen im November 2000 keinen
Fehler in der Demokratie der USA, sondern ihren Triumph. Und verallgemeinernd
kann man den Siegeszug der Demokratie überall auf der Hemisphäre und auch
anderswo preisen, auch wenn es die Bevölkerungen irgendwie anders
sehen.
Die Anstrengungen dieses System durchzusetzen nehmen viele Formen
an, aber hören nicht auf, und werden es auch nicht solange es starke
Konzentrationen von effektiver Entscheidungsmacht gibt. Es ist nur vernünftig
anzunehmen, dass die Herrscher jede Möglichkeit die sich bietet ausnutzen – im
Moment die Angst und die Qual der Bevölkerung angesichts der terroristischen
Angriffe, welche ein ernsthaftes Problem für den Westen darstellen, da er nun
wegen der verfügbaren Technologien sein de facto Gewaltmonopol verloren hat, und
nur noch eine riesige Übermacht behält.
Aber es ist nicht notwendig diese
Regeln zu akzeptieren, und diejenigen welche sich um das Schicksal der Welt und
ihrer Menschen Sorgen werden bestimmt einen anderen Weg gehen. Die Kämpfe der
Bevölkerungen gegen die „Globalisierung“ der Investorenrechte, zum Großteil im
Süden, haben die Rhetorik, und auch zu einem gewissen Grad die Praxis, der
Herrscher des Universums beeinflusst, welche besorgt und in der Defensive sind.
Diese von den Bevölkerungen getragenen Bewegungen sind in ihrer Größe
einzigartig, sowohl in der Breite der Zusammensetzung ihrer Mitwirkenden, und an
internationaler Solidarität; Die Treffen hier sind ein äußerst wichtiges
Beispiel. Die Zukunft liegt in einem großen Ausmaß in ihren Händen. Es ist
schwer zu überschätzen, um was es hier geht.
--
Übersetzt von
Matthias