http://www33.brinkster.com/aradicaltheory/veranstaltungen/004.htm Einführung in die Theorie und Praxis des Anarchismus
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a radical theory.

einführung in die theorie und praxis des anarchismus.


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Inhalt:

einleitung

definitionsversuch

geschichte

theorien und ansätze

  Individualanarchismus

  Propaganda der Tat

  wissenschaftlicher Ansatz

  Massenorganisationen

  Anarchosyndikalismus

  Teilbereiche

anarchismus heute

kritik

gruppen/literatur/internet

einleitung.

Anarchie wird heutzutage als Synonym für Gewalt und Chaos verwendet. Dagegen gibt es spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts politisch-theoretische Ansätze, die sich unter dem Begriff Anarchismus zusammenfassen lassen und nicht einfach nur in Gesetzlosigkeit und Terror auslaufen sollen.

 

definitionsversuch.

Bei jeder Form des Anarchismus steht die Freiheit des Individuums an erster Stelle. Sie ist die Begründung für jegliche Handlung, jeden politischen Ansatz und jede persönliche Entscheidung. Alle Institutionen, Regierungen und „Chefs“ lehnt die Anarchie als falsch ab.

Demgegenüber steht die Idee, dass alle Menschen die Möglichkeit hätten, „frei und selbstbestimmt“ zu leben. Dem Einwurf, Menschen würden, wenn es den keine Gesetze mehr gäbe, gewalttätig werden und wieder nur nach Macht streben, begegnet der Anarchismus mit der Aussage, dies seien die Auswirkungen des Systems, dass dies den Menschen anerzogen hat. Der Mensch an sich sei anders.

 

geschichte.

Zurückverfolgen lassen sich anarchistische Ansätze bis in die griechische Antike. Auch in religiösen Bewegungen des europäischen Mittelalters oder in nicht-europäischen Gesellschaften sind einzelne libertäre Motive vorzufinden. Bedeutend für die heutigen Anarchisten und Anarchistinnen sind aber vor allem zwei Versuche auf anarchistischen Prinzipien basierende Gesellschaften aufzubauen.

In der Zeit der russischen Revolution 1917 entstand im Grenzgebiet zwischen der deutschen und österreichisch-ungarischen Armee auf der einen und der russischen, bzw. später der Roten Armee auf der anderen Seite in der Ukraine eine -vor allem auf Bauern basierende- Bewegung. Bekannteste Figur dieser Bewegung war der Anarchokommunist Machno. Diese Bewegung versuchte die Bauern zu animieren in Genossenschaften und selbstverwalteten Dörfern zu leben und eine freie Gesellschaft aufzubauen. Sie ging so gut es ging nicht nur gegen „Chefs“ und Kapitalisten, sondern auch gegen Antisemitismus und Sexismus vor. Damit wies sie einen Weg, nicht nur gegen eine Unterdrückungsform, sondern gesamtgesellschaftlich zu agieren. Obwohl zeitweise die Hälfte der Ukraine unter der Kontrolle der Machno-Bewegung geriet, bzw. sich auch freiwillig anschloss, wurde sie zwischen Roter Armee, den russischen Bürgerkriegsparteien und deutscher Armee zerrieben. Heutzutage gilt Machno fälschlicher weise vor allem als nationalistischer Kämpfer für eine „freie Ukraine“.

Der bekannste Versuch einer anarchistischen Gesellschaft fand 1937 ein Ende durch die Eroberung ganz Spaniens durch die Faschisten unter Franco. In den Jahren zuvor hatte die anarchistische Bewegung vor allem im Norden Spaniens einen massenhaften Aufschwung erfahren. Als die bürgerliche Regierung wegen des Angriffs der Franco-Truppen unter Zugzwang geriet, brach in Teilen Spaniens eine Revolte los, die in Richtung Revolution verlief. Zahlreiche Fabriken wurden besetzt und Dörfer gerieten unter die Verwaltung der Bewohnerinnen und Bewohner. Trotz des Drucks sich gegen die Faschisten verteidigen zu müssen, trotz der taktischen Bündnisse mit Bürgerlichen und Stalinisten, trotz der Zerschlagung durch all diese Kräfte zeigte dieser Versuch letztlich die Stärken und Schwächen der Anarchistischen Bewegung. Denn, obwohl ein großes Maß an Freiheiten und Kooperation erreicht wurde, setzte sehr schnell ein Rückschritt in Bezug auf die Freiheit der Frauen und Analyse der Verhältnisse ein. Letztlich scheiterte dieser Versuch nicht nur an den Umständen, sondern auch an den Unzulänglichkeiten der anarchistischen Theorie.

 

theorien und ansätze.

Der Individualanarchismus: Hier wird der Einzelne als einzig wahres Subjekt der Erkenntnis gesetzt, was als Verwirklichung der Freiheit angesehen wird. Diejenigen, die sich nicht als Subjekt setzen können, müssen sich dann dem Einzigen unterordnen. Die Perspektive dabei ist, dass sich alle als das Einzige setzen und alle am Ende Subjekte und frei sind. Die autonome Szene beruft sich im Prinzip auf diese Form.

 

Propaganda der Tat: Eine Form anarchistisch zu leben und gleichzeitig die Veränderung der Gesellschaft zu bewirken war dieses Konzept, das heute anscheinend überholt ist. Der wichtigste Theoretiker dieser Richtung war Bakunin, der eine revolutionäre Praxis von Dreier-Grüppchen propagierte, die hauptsächlich die herrschende Elite mit Bomben und anderen Attentaten terrorisieren sollten, bis diese vernichtet und der Weg in eine befreite Gesellschaft frei wäre. Dies scheiterte aber schon daran, dass die Vermittlung von Terror auf der einen und revolutionärer Utopie auf der anderen Seite nie hergestellt wurde.

 

wissenschaftlicher Ansatz: einen Versuch den Anarchismus wissenschaftlich zu formulieren und ihn als Gesetzmäßigkeit zu verwenden unternahm Kropotkin, der Ende des 19. Jahrhunderts die induktiv-deduktive Methode für die Wissensgewinnung entwickelte. Diese geht grob gefasst so, dass sich frei denkende Menschen die Gesellschaft oder Objekte ansehen, sich Thesen zurechtlegen, wie dass denn alles funktionieren sollte und erst dann versuchen diese Thesen zu beweisen.

 

Massenorganisationen: Da auch der Anarchismus nicht eine Elitenbewegung bleiben sollte, wurden immer wieder Organisationen gegründet, die vor allem groß werden und durch das Vorleben eines freien Lebens dieses Propagieren und Erkämpfen sollten. Vor allem in den zwanziger Jahren des 20.Jahrhunderts erhielten solche Organisationen großen Zulauf. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs aber waren sie eingegangen und existieren, wenn, dann nur noch in ganz kleinem Rahmen mit höchstens regionaler Bedeutung weiter.

 

Anarchosyndikalismus: Es wird davon ausgegangen, dass die Produktionsverhältnisse bestimmend für den Zustand der Gesellschaft sind. Darum begründet sich anarchosyndikalistische Praxis auf der Selbstorganisation von Betrieben, Fabriken etc. durch die Arbeiterinnen und Arbeiter. Parallel soll sich auf regionaler, branchen- und überregionaler Ebene organisiert werden, um die gesamte Gesellschaft gleichberechtigt und durch die Betroffenen zu organisieren. Der Anarchosyndikalismus war vor allem eine Bewegung der 20er und 30er Jahre.

 

Teilbereiche: Meist losgelöst von der anarchistischen Theorie hat sich der Gedanke der möglichst größten Freiheit in verschiedenen Teilbereichen der Gesellschaft als anarchistisches Element installiert. Neben der Kunst und Musik sind da Ansätze von gemeinschaftlicher Produktion und Formen der politischen Organisation (kleinste Gruppen, die versuchen ihre Utopien schon in der eigenen Struktur zu leben) zu nennen. Den größten Einfluss anarchistischer Ideen hat eine an den Individualanarchismus angelehnte Lebensform gefunden, die darauf abzielt, so wenig wie möglich sich bestimmen zu lassen. Ob das explizit libertär ist oder nur eine Auswirkung der Vereinzelung der Individuen im Kapitalismus wäre zu diskutieren.

Außerdem haben -vor allem in der „linken Szene“- Gruppen die in Teilbereichen aktiv sind -wie Tierrechtler und Anarchafemistinnen-, bezug auf die Anarchie genommen.

 

anarchismus heute.

Heute ist es nicht mehr möglich, von einer anarchistischen Bewegung zu reden. Es gibt keine relevanten größeren und aktiven Gruppen, welche die Utopie des politischen Anarchismus vertreten würden.

Dagegen ist festzuhalten, dass sich verschiedenste Kleingruppen der radikalen Linken auf diese Ideen berufen. Zu nennen wären Autonome Jugendzentren, einige Antifagruppen und vor allem Einzelpersonen. Es ist aber nicht so, dass zwischen ihnen eine bedeutsame Kommunikation stattfinden würde. Die wenigen Verlage, Zeitschriften und Internetprojekte bilden zwar ein kleines Netzwerk, haben aber kaum Einfluss auf die Gesellschaft.

Um dem abzuhelfen, wäre eine Neuformulierung der anarchistischen Theorie und Praxis nötig.

 

kritik.

Sowohl an den Ideen, als auch an den Ausprägungen der Anarchie ist Kritik zu üben. Zum einen geht der heutige Anarchismus immer wieder mit einem Pathos einher, der zwar von der Revolution oder den freien Individuen erzählt, dahinter aber die Analyse der Gesellschaft vermissen lässt. Das Gefühl, nicht unterdrückt werden zu wollen reicht für viele libertäre Menschen aus, um sich als links zu bezeichnen.

Dabei wird ignoriert, dass gerade dieses unreflektierte Fühlen der Freiheit, dass nicht danach fragt, was denn Freiheit sein soll, wie dieser Gedanke geprägt ist, inwieweit der vielleicht im bestehenden System angelegt ist und so weiter, einen Ansatzpunkt für sowohl rechte, als auch marktwirtschaftlich orientierte Ideologien bietet. Gerade weil die anarchistische Szene nicht merkt, dass sie so wenig nachdenkt, kann sie auch nicht verstehen, warum Rechtsextreme mit den gleichen Begrifflichkeiten und Ideen ihre Sichtweise der Welt vertreten können.

Würde gefragt werden, wie denn die Subjekte konstituiert sind, welche angeblich „die Freiheit wollen“, müsste darauf gestoßen werden, dass diese natürlich in dieser Gesellschaft geprägt sind, darüber auch nicht so einfach hinaus kommen und somit auch der fundamentale Begriff Freiheit nicht einfach ahistorisch immer so da war, wie er jetzt ist, sondern sich verändert. Insoweit wäre es Zeit danach zu fragen, was denn gemeint ist und verändert werden muss.

Zum anderen ist an der anarchistischen Szene gerade zu kritisieren, dass sie durch ihre Unbestimmtheit immer wieder Leute anzieht, die wenig mit deren Gedanken zu tun haben und sich damit auch nicht auseinandersetzen wollen, sondern aus dem anderen Bereichen der Gesellschaft ausgeschlossen sind oder ausgestoßen wurden. So sehr es richtig ist, diesen Personen Solidarität entgegen zu bringen, so falsch ist es sie als libertäre Menschen zu sehen, die das gleiche wollen, wie andere Libertäre. Dadurch, dass die Szene sich nicht klar ist, wie mit diesen Menschen umzugehen ist, die zwar ihre Freiheit wollen, aber nicht wissen wollen, das sie anderen Menschen Freiheit nehmen, verhindert dies die Potentiale, die den anarchistischen Ideen innewohnen könnten.

 

gruppen / literatur / internet.

Gruppen:

Freie ArbeiterInnen Union [FAU-IAA]

(anarchosyndikalistische Gewerkschaftsinitiative)

www.fau.org, zweimonatige Zeitschrift: Direkte Aktion

Anarchistische Föderation

Anarchist Black Cross

in Berlin:                 Anarchistische Schulkinder (AschuKi)

                                A-Laden

 

Zeitschriften:

Schwarzer Faden

graswurzelrevolution, www.graswurzelrevolution.de

Die Aktion [theoretisch-libertäre Zeitschrift]

 

internet-Projekte:

www.projektwerkstatt.de

www.anarchie.de

 

Literatur:

Was ist eigentlich Anarchie (Karin Kramer Verlag)

Max Stirner: Der einzige und sein Eigentum

Horst Stohwasser: Leben ohne Chef und Staat

Rudolph Rocker: Prinzipienerklärung des Anarchosyndikalismus

eine Veranstaltung by a radical theory. [art.e], november 2002

für die antifa havelland, im bunker [falkensse bei berlin] am 05.11.2002

im ajz-neubrandenburg am 01.03.2002