Einleitung: 2
Einige grundsätzliche
Standpunkte: 2
Nachhaltigkeit: 2
Öko-Sozialismus: 2
Bedürfnisse 2
Arbeitslosigkeit,
Vollbeschäftigung 2
Soziale
Sicherheit, Bevölkerungskontrolle 2
Gleichheit,
Ungleichheit, Klassenunterschiede 2
Das
Motivationsproblem 2
Wirtschaft,
Staat, Planung 2
Privates
Unternehmertum? 2
Verteilung,
Markt, Rationierung 2
Dritte
Welt, Erste Welt, Internationalismus 2
Kleine
Einheit, große Einheit, Herrschaft, Demokratie 2
Öko-
Diktatur? 2
Öko-
sozialistische Politik für heute und morgen 2
Der Zusammenbruch des „Sozialismus“ mit dem Fall der
Mauer hat bei vielen politisch engagierten, linken Menschen Enttäuschung
hervorgerufen. Nicht alle diese Enttäuschten haben den real existierenden
„Sozialismus“ für sozialistisch gehalten. Aber es gab bei vielen die
Hoffnung, daß sich diese Gesellschaften zumindest in die Richtung des
sozialistischen Ideals entwickeln konnten. Oder man hoffte, daß es den
chinesischen, albanischen oder nordkoreanischen Kommunisten gelänge, eine
wirkliche kommunistische Gesellschaft zu bleiben oder zu werden. Doch seit 1989
gibt es keine Hoffnung mehr. In China besteht heute unter der Herrschaft
einer sogenannten kommunistischen Partei eine kapitalistische
Mischwirtschaft. Viele Linke haben sich mit dem Kapitalismus arrangiert.
Grüne und Umweltschützer erlebten eine ähnliche
Enttäuschung. Seit 1972, als „Die Grenzen des Wachstums“ (erster Bericht an
den Club of Rome) veröffentlicht wurde, hatte keine einzige Regierung etwas
unternommen, um die Wachstumsspirale zu stoppen, im Gegenteil. In den
frühen 80-er Jahren verfielen alle Teile der Ökologiebewegung – dort, wo
sie existiert hatten.
In der zweiten Hälfte der 80-er Jahre wurde für viele
Grüne und Umweltschützer in Deutschland eine weitere Enttäuschung erlebbar:
Die Grünen gaben alle radikalen Positionen auf und wurden zu kritiklosen
Anhängern der Realpolitik, ihre politische Praxis beschränkt sich im
Wesentlichen auf Lobbyarbeit.
Diese Situation hat große Verwirrung und
Perspektivlosigkeit aufkommen lassen. Der „Sozialismus“ ist gescheitert,
die radikale Ökologiebewegung hat nichts nennenswertes hervorgebracht, der
Kapitalismus hat jedoch ebenfalls versagt und versagt ständig mehr. Diese
Verwirrung muß beseitigt werden, und eine klare Perspektive muß sich
auftun.
Die Schaffung einer einigermaßen guten Gesellschaft und einer
ökologischen Ökonomie sind nicht mehr Stoff für Traumtänzereien, sondern
Überlebensnotwendigkeit geworden.
Manche Radikalökologinnen und Protagonisten der
ökosozialen Marktwirtschaft vertreten die Meinung, die Debatte müsse
entideologisiert werden. Der Logik des Kapitalismus wohnt jedoch eine
zwanghafte Logik zum Wachstum inne. In seiner Logik ist kein Platz für
Gerechtigkeit, Brüderlichkeit, Gleichheit, Solidarität, Mitgefühl, Moral
oder Ethik. Die Wahl zwischen Kapitalismus und Sozialismus ist daher nicht
irrelevant geworden.
Saral Sarkars Grundaussage ist, daß eine wahrhaft
ökologische Ökonomie nur in einer sozialistischen soziopolitischen Struktur
funktionieren kann. Milton Friedmann, der berühmte prokapitalistische
Wirtschaftswissenschaftler, sagte einmal: „Wäre die freie Marktwirtschaft
nicht das effizienteste System, ich wollte sie trotzdem – wegen der Werte,
die sie repräsentiert: Wahlfreiheit, Herausforderung, Risiko“. Der
Ökokapitalismus wird nicht nur deswegen verworfen, weil er nicht
funktionieren kann, sondern auch wegen seiner Werte: Ausbeutung, brutale
Konkurrenz, Anbetung des schnöden Mammons, Profit und Gier als Leitmotive.
Freiheit und Demokratie sind mit sozialistischen Werten durchaus vereinbar,
nicht aber die sozialistischen Werte Gleichheit, Kooperation, Solidarität
mit dem Kapitalismus. Der „Sozialismus“ ist tot, nicht aber der
Sozialismus. Sozialismus hat Zukunft. Er muß allerdings zuerst die
ökologische Lektion lernen.
Saral Sarkars These ist, daß der Sozialismus in der
UDSSR und den osteuropäischen Ländern vor allem deshalb scheiterte, weil er
an die Grenzen des Wachstums stieß. Es gibt zahlreiche Darstellungen der
Umweltzerstörung und der Ressourcenprobleme.
Daneben gab es noch einen zweiten, wesentlichen Grund:
Den kommunistischen Parteien der „sozialistischen“ Länder gelang es nicht,
den „neuen Menschen“ zu schaffen, obwohl dieser eine unabdingbare
Voraussetzung für den Erfolg ihres Projekts war. Die Kommunisten wollten
auch eine klassenlose, eine moralisch überlegene Gesellschaft. Sie
scheiterten auch, weil dies ein sehr großes und sehr schwieriges Ziel war
und ist.
Die Erfahrungen aus der UDSSR zu analysieren ist sehr
wichtig. Denn viele der Probleme einer zukünftigen sozialistischen
Gesellschaft zeigten sich schon in der sowjetischen Erfahrung, besonders in
der Frühgeschichte. Die Kernziele müssen die Überwindung der ökologischen
Krise und die Schaffung einer ausreichend guten menschlichen Gesellschaft
sein. Hierfür ist ganzheitliches, vernetztes Denken erforderlich. Nach dem
Ende der kommunistischen Bewegung – die ein zusammenhängendes,
ganzheitliches Phänomen war und die eine umfassende Theorie, Analyse,
Programmatik und Strategie hatte – gerieten die großen, zusammenhängenden
Ziele in Vergessenheit. Das Erreichen von Teilzielen mit einander
widersprechenden Forderungen und Programmen wurde zum Hauptzweck. Wir
brauchen also eine umfassende Theorie, eine umfassende Analyse. Und wir
brauchen eine umfassende Bewegung. Alles hängt mit allem zusammen. Es
stellt sich die Frage: Können wir in unserem Denken global und holistisch
sein und gleichzeitig Lokalpatrioten oder Aktivisten von
Ein-Punkt-Bewegungen? Bei vielen Problemen müssen wir lokal handeln, weil
wir einfach an einem bestimmten Ort leben und arbeiten. Politiken und
Programme unserer lokalen Handlungen müssen jedoch vom Prinzip und Ideal
der einen Welt durchdrungen sein.
Der Kapitalismus entwickelte die Produktivkräfte, der
„Sozialismus“ fesselte sie. Beides widersprach vollkommen den marxistischen
Paradigmen. Wir brauchen eine Erklärung dafür ebenso wie für den totalen
Zusammenbruch der „sozialistischen“ Gesellschaften, mit oder ohne
marxistischer Theorie. Die marxistische Erwartung, daß der entwickelte
Kapitalismus an seinen inneren Widersprüchen zusammenbrechen wird, ist bis
heute nicht eingetreten, weil dort die Grenzen des Wachstums noch nicht
erreicht sind.
Viele Vision des Fortschritts beschreibenn eine
hochtechnologische, superindustrialisierte Gesellschaft. Im Gegensatz dazu
beschäftigen sich diejenigen, die das Grenzen-des-Wachstums-Paradigma
akzeptiert haben, eher mit Fragen des Überlebens, mit der Rettung der
Lebensgrundlagen.
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Eine Gesellschaft ist nur dann nachhaltig, wenn sie so
strukturiert ist und sich so verhält, daß sie über alle Generationen
existenzfähig bleibt. Daher kann eine Wirtschaft letzten Endes und
theoretisch nur nachhaltig sein, wenn sie vollständig auf erneuerbaren
Ressourcen basiert. Eine weitere Bedingung ist, daß nicht mehr verbraucht
wird, als im gleichen Zeitraum wieder regeneriert bzw. wieder produziert
wird.
Logischerweise kann also eine nachhaltige
Wirtschaftsweise keine industrielle sein, denn diese basiert ganz wesentlich
auf nicht erneuerbaren Ressourcen. Mit etwas weniger Rigorosität kann man
sagen, daß nicht erneuerbare Ressourcen nur dann verbraucht werden, wenn es
absolut notwendig ist. Bedingt durch die großen Vorräte bzw. die
Recyclingfähigkeit können bei Eisen, Aluminium und Kohle Ausnahmen gemacht
werden.
Wenn die Bevölkerungszahl nicht sinkt, wird die
Pro-Kopf-Verfügbarkeit von Ressourcen sehr viel geringer sein als heute.
Wir sehen aber, daß die Weltbevölkerung kontinuierlich wächst. Der
wichtigste Beitrag der Dritte-Welt-Länder sollte daher ein rasches Ende des
Bevölkerungswachstums sein, während der Beitrag der Industrieländer in
einer drastischen Verminderung des
Ressourcenverbrauchs bestehen müßte. Dies ist in ausreichendem Maße ohne
deutliche Steigerung der Arbeitsintensität und spürbare Reduzierung des
materiellen Lebensstandards in den Industrienationen nicht erreichbar. Das
Ziel der nachhaltigen Gesellschaft besteht aus sechs konkreten Zielen:
1. Die
Wirtschaft muß nachhaltig gemacht werden
2. Akute
Armut muß überwunden beziehungsweise verhindert werden
3. Alle
arbeitsfähigen Menschen müssen sinnvolle Arbeit finden
4. Soziale
Sicherung muß für diejenigen garantiert werden, die zu alt, zu jung oder zu
krank zum Arbeiten sind
5. Soziale
und politische Gleichheit muß garantiert werden
6. Wirtschaftliche
Ungleichheit muß auf ein erträgliches Maß reduziert werden.
Wie viel und welche Art von
Freiheit und Demokratie im Rahmen der Versuche, diese Ziele zu erreichen,
möglich sein würde, hinge davon ab, wie schwierig die ganze Aufgabe wäre.
Wir müssen Hegels Diktum „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit“
akzeptieren.
Auf manche Fragen werden wir nie eine zufriedenstellende
Antwort finden: wer wir sind, woher wir kommen, wohin wir nach dem Tode
gehen, was der Sinn des Lebens ist und so weiter. Was wir tun können,
zumindest versuchen sollten, zu tun, ist das Zweitbeste: unser Leben,
unsere Gesellschaften und unsere Welt so gut gestalten, wie wir können.
Manche Übel und Leiden in der Welt können nicht beseitigt werden, viele
andere aber doch. Vielleicht sind Menschen nur eine weitere Tierart, nichts
mehr, nichts besseres. Wir wissen das aber noch nicht zweifelsfrei.
Vielleicht hat die Gattung Mensch doch zumindest das Potential, eine
annehmbar gute Gesellschaft zu bilden, auch wenn vieles auf das Gegenteil
hinweist. Die „großen Seelen“ – Gandhi, Jesus, Buddha, Tolstoi, Thoreau und
andere -. sind Beweise für dieses Potential. Darum müssen wir darauf
beharren: Noch kein Aufgeben!
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Alter Wein in einer grünen Flasche oder neuer Wein?
Saral Sarkar ist nicht der erste, der den Begriff
„Öko-Sozialismus“ verwendet. Viele Linke haben ihn verwendet, um ihren Sozialismus
mit ihrer kürzlich entstandenen Sorge um die ökologische Nachhaltigkeit der
Wirtschaft zu kombinieren. Aber die Integration beider Bestandteile ist
häufig nicht überzeugend. Das Problem, das die meisten Linken mit
ökologischen und Ressourcenkrisen haben, ist ziemlich alt. Wenn auch
inzwischen bei vielen die Grenzen des Wachstums akzeptiert werden, so ist
dies doch mit der Hoffnung verbunden, „daß ein Teil der verfügbaren
Arbeitskraft ausreiche, um den Gesamtbedarf der Bevölkerung zu decken...“(Gorz
1981). Gorz machte deutlich, daß er diese Steigerung der Wirksamkeit des
Produktionsapparates von der Mikroelektronik und der Automation erwartet.
Moderne Ausrüstungen sollen sowohl Investitionen und Arbeitskraft als auch
Rohstoffe, insbesondere Energie einsparen. Offensichtlich glaubte Gorz an
Wunder. Ein PC erfordert, bedingt durch die vielen hochreinen Materialien,
einen Materialdurchsatz von 15 bis 19 Tonnen, das ist nur unwesentlich
weniger als bei einem PKW. Der Materialdurchsatz, den Industrieroboter und
Automation erfordern, muß auch sehr hoch sein. Diese erfordern auch im
Betrieb viel Energie, da hier menschliche Arbeitskraft durch Maschinen
ersetzt wird.
Einige Versuche, den Marxismus hinsichtlich des
doppelten Problems der ökologischen Krise und der begrenzten natürlichen
Ressourcen weiterzuentwickeln, sollen hier erwähnt werden (vgl. Deláge
1994): Dieser kritisiert Marx, weil er eine Werttheorie vorgelegt habe,
welche Arbeit als einzige Quelle von Wert erachtet und „natürlichen
Ressourcen keinen intrinsischen Wert beimißt“.
James O´Conner schreibt: “Marx schrieb wenig über die
Weise, wie sich das Kapital durch Beeinträchtigung seiner eigenen sozialen
und ökologischen Zustände selbst begrenzt, dadurch die Kosten und Ausgaben
für Kapital erhöht und dadurch wieder die Fähigkeit des Kapitals bedroht,
Profite zu machen, das heißt droht, wirtschaftliche Krisen hervorzurufen.“
Diesen Theorien steht Saral Sarkar nahe.
Während O´Conner (aber nicht Deléage) von einem
Widerspruch zwischen Kapitalismus und Ökologie spricht, denkt Saral Sarkar
(und teilweise Deléage), daß ein Widerspruch zwischen jeglicher Art von
Industriegesellschaft (heute auch Bevölkerungswachstum) und Ökologie
besteht.
Vieles im Marxismus ist wahr und wertvoll, und das würde
überleben und trotz der obrigen Schlußfolgerung nützlich sein. Saral Sarkar
sieht es aber nicht als seine Aufgabe an, den Marxismus zu retten.
Radikalökologen kritisieren nicht das Festhalten der
Sozialisten an den Idealen der Gleichheit, Gerechtigkeit, Klassenlosigkeit,
Emanzipation und so weiter, sondern die Tatsache, daß sie die ökologische
und die Ressourssenkrise nicht ernst nehmen. Aber es gibt eine
Sozialismuskritik seitens der Radikalökologen, die falsch ist. Sandy Irvine
hat Unrecht mit seinem Glauben, daß das „Versprechen einer frischen,
aufregenden und relevanten Vision einer nachhaltigen Lebensweise“ in einer
grünen Politik liegt, die „weder links noch rechts, sondern vorne“ steht.
Seitdem die meisten echten Sozialisten die Partei
frustriert verlassen haben, ist die Politik mit „weder links noch rechts“
in der Tat treffend charakterisiert. Aber sie stehen nicht vorne. Sie sind
nicht mal mehr eine Ökopartei. Ihren Äußerungen nach sind sie eine
öko-kapitalistische Partei, in Wahrheit aber verfolgen sie eine neoliberale
Politik. Sie sind voll innerer Widersprüche, die aus der Tatsache
resultieren, daß sie Angst haben, den Wählern harte ökologische Wahrheiten
zu sagen.
Saral Sarkar glaubt, daß eine Fusion von Rot und Grün
nicht nur möglich, sondern notwendig ist. Natürlich muß der Sozialismus
erst die ökologische Lektion lernen, aber das ist möglich. Schließlich sind
Sozialismus und marxistischer (geschweige denn leninistischer oder
stalinistischer) Sozialismus nicht identisch. William Morris, die utopischen
und die anarchischen Sozialisten und viele andere hatten unterschiedliche
Konzeptionen.
In einer oberflächlichen Form kann ökologische Politik
problemlos integraler Bestandteil der jetzigen Weltwirtschaftsordnung
werden.
Ein Beispiel ist die 300 Hektar große Finca Irlandia in
Chiapas, Mexiko. Sie produziert „biologisch-dynamischen“ Kaffee (fair
trade), für den umweltbewußte Verbraucher einen höheren Preis bezahlen. Zur
Erntezeit aber werden die meisten PflückerInnen aus Guatemala geholt, da
nicht einmal die armen MexikanerInnen die niedrigen Löhne (Akkordsätze, die
nur zwischen einem Drittel und der Hälfte des mexikanischen Mindestlohnes
einbringen) und die harten Arbeitsbedingungen ertragen.
Es sind nicht nur Ideale, sondern konkrete
Notwendigkeit, die zur Synthese von Sozialismus und Radikalökologie zwingt.
Ohne Planung wird ein geordneter Rückzug vom heutigen Wahnsinn überhaupt
nicht möglich sein.
Hier die Zusammenfassung der wichtigsten Argumente für
den Ökosozialismus:
1. Nicht
nur die Wirtschaften der Welt, sondern auch die Gesellschaften müssen
nachhaltig werden. Unnachhaltige Gesellschaften – solche, die von Krieg,
Bürgerkrieg, sozialen Konflikten, Chaos, Korruption, Kriminalität
heimgesucht werden – erleben eine Beschleunigung von Umweltzerstörung und
Ressourcenraubbau, die auch sonst aus unseren gegenwärtigen
wirtschaftlichen Aktivitäten resultieren.
2. Um
Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen die industriellen Wirtschaften
schrumpfen, mit dem Ziel, den Steady-State zu erreichen.
3. Diese
Schrumpfung erfordert die Akzeptanz eines niedrigeren Lebensstandards als
des heutigen, was aber nicht niedrigeres Niveau des Glücksgefühls bedeuten
muß.
4. Ein
niedriger Lebensstandard kann von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert
werden, wenn die Opfer proportional getragen werden, und zwar nach dem
Prinzip der Kapazität, Opfer zu bringen, wie im Fall der progressiv
steigenden Einkommenssteuer.
5. Gleichheit
ist das beste Mittel, in der Bevölkerung die Akzeptanz für eine Politik der
wirtschaftlichen Schrumpfung zu erreichen. Gleichheit wäre auch
erforderlich – sowohl in der Periode der Schrumpfung als auch im
Steady-State auf niedrigem Niveau – für die Fähigkeit einer Gesellschaft,
erstens ein gewisses Minimum an Waren und Dienstleistungen für alle zu
garantieren und, zweitens, einer Eskalation sozialer Konflikte vorzubeugen.
6. Der
Rückzug muß geplant und geordnet sein. Ein ungeordneter Rückzug würde zu
Chaos und Zusammenbrüchen führen. Die Planung muß umfassend sein, mit
Preiskontrollen, nicht bloß die Indikativ- oder Rahmenplanung, welche
Marktsozialisten vorschlagen.
7. In
Ländern mit einer wachsenden Bevölkerungszahl ist die wichtigste und
dringendste Aufgabe, das Bevölkerungswachstum zu stoppen, wofür staatliche
Aktionen notwendig sind.
8. Ein
moralisches Wachstum, eine moralische Wirtschaft und Gesellschaft, sind
notwendig, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Dies ist nicht möglich im Rahmen
des Kapitalismus, gleich welcher Art. Dies ist möglich, wenn auch nicht
garantiert, in einem sozialistischen Rahmen, weil Sozialismus ein
moralisches Projekt ist.
Die Entwicklung der
Produktivkräfte im herkömmlichen (auch marxistischen) Sinn führt zu einer
Steigerung des Materialdurchsatzes, was weitere Umweltbelastung und
gesteigerten Ressourcenabbau verursacht. In der Tat müßten eigentlich große
Teile der heutigen Produktivkräfte außer Kraft gesetzt werden, wenn das
Ziel der Nachhaltigkeit verfolgt werden soll. Aber eine Änderung der
Produktionsverhältnisse ist möglich.
Saral Sarkar stimmt völlig mit
Otto Ullrich überein, wenn dieser schreibt: „Es gibt keine untere Grenze
der Produktivkraftentfaltung, die den Sozialismus möglich macht, sondern
eine obere Grenze. Das Industrialisierungsniveau, das heute von der BRD
oder DDR erreicht worden ist, erzeugt über die Technologie eine
Sozialstruktur, die ein sozialistisches Verhältnis der Menschen zueinander
von der Sache her vereitelt“.
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Abgesehen davon, daß der
Begriff „arm“ relativ ist, hängt Armut bzw. Wohlstand von mehr Faktoren ab
als nur von der Höhe des BSP. Die folgende Gleichung, die Umweltschützer
häufig benutzen, um die Ursachen der Umweltdegradation zu erklären, ist in
diesem Zusammenhang nützlich:
Umweltlast
= Bevölkerung * Wohlstand * Technologie
Die Gleichung besagt unter
anderem, daß Wohlstand bei konstanter Umweltbelastung und Technologie von
der Bevölkerung abhängt. Ein anderer wichtiger Faktor ist die Qualität der
Verteilung. Ein dritter Faktor ist das Ausmaß von gesellschaftlichem
Verbrauch. So kann eine Gesellschaft ihre Armut bzw. ihren Wohlstand
weitgehend selbst bestimmen.
Marshall Sahlins, der die
Wirtschaft der Jäger und Sammler intensiv studiert hat, schreibt in einem
Aufsatz „Die ursprüngliche Überflußgesellschaft“:
„...es gibt zwei mögliche
Wege zum Wohlstand. Bedürfnisse können durch hohe Produktion, aber eben
auch durch wenig Begehren leicht befriedigt werden. ... Wenn ein Volk sich
die Zen- Strategie zu eigen macht, kann es einen beispiellosen materiellen
Überfluß genießen- bei einem niedrigen Lebensstandard.
Vorkoloniale Jäger und
Sammler lebten mitten in reichen Fisch-, Jagd- und Sammelgründen; ihre
Population war stabil oder wuchs sehr langsam; und sie konnten (vorübergehend)
in ähnlich reiche Gründe abwandern, an denen es damals keinen Mangel gab.
Bedürfnisse müssen innerhalb
der Grenzen der Nachhaltigkeit bleiben. Das sollte nicht schwierig sein.
Denn „die Bedürfnisse, die unbedingt erfüllt werden müssen, damit ein
Mensch überleben kann, sind sehr gering, in der Zahl und im Niveau. Sie
Beschränken sich auf Nahrung und liebevolle Zuwendung durch andere
Menschen. Schon bei Kleidung und Behausung gibt es eine große
Variationsbandbreite“ (Ullrich 1979: 102).
Aber das Problem mit den
meisten Linken (sogar vielen, die sich Öko- Sozialisten nennen) ist, daß
sie eine solche Haltung zu Bedürfnissen nicht akzeptieren können. Nicht nur
für die menschliche Kraftentwicklung, die als Selbstzweck gilt, sondern
auch für die moderne Konzeption von Emanzipation glauben sie, unbedingt
einen gewissen Materiellen Wohlstand als Basis haben zu müssen.
Pepper schreibt: „Der Öko-
Sozialismus würde die Bedürfnisse ändern, wobei er Reichtum umdefinieren
würde – so wie William Morris es mit seinen verschiedenen Ansätzen tat,
welche auch eine „unterste Linie“ vernünftigen materiellen Wohlergehens für
alle beinhalten.“ Die entscheidende Frage ist hier, was unter dem Begriff
unterste Linie verstanden wird. Saral Sarkar befürchtet, daß nach seinen
Erfahrungen in Europa und der Mittelklasse in Indien zumindest der
durchschnittliche Lebensstandard eines europäischen oder nordamerikanischen
Facharbeiters der neunziger Jahre verstanden wird. Er kritisiert, daß
Pepper Autofahren und Telekommunikation für vernünftige materielle
Bedürfnisse hält, die befriedigt werden können – für alle Menschen auf der
Welt.
Aber es gibt ein
grundsätzliches Problem mit dem Begriff „unterste Linie“:
„Dieses System wird immer zu
arm sein für den Kommunismus...Was vorgestern Radio war, war gestern der
Schwarzweiß- Fernseher, ist heute das Farbgerät und wird morgen die
dreidimensionale Bildprojektsionsanlage sein.“ (Ullrich 1979)
Der Begriff der untersten
Linie und die positiv angesehene Erwartung, daß Bedürfnisse in sozialistischer
Entwicklung immer anspruchsvoller und reicher werden würden, kollidieren
zwangsläufig mit der Notwendigkeit der Nachhaltigkeit. Wissenschaftlicher
Sozialismus heute muß die Tatsache der Grenzen des Wachstums akzeptieren,
muß das Entrophiegesetz akzeptieren, oder er wird nicht wissenschaftlich
sein.
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Im Öko- Sozialismus gäbe es
kein Arbeitslosigkeitsproblem. Erstens würden arbeitsintensive Technologien
bevorzugt, nicht nur, um Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch, weil
solche Technologien den Ressourcenverbrauch reduzieren und mithin die
Umwelt weniger belasten. Zweitens gäbe es auch in einer Steady- State-
Wirtschaft auf niedrigem Niveau viel notwendige Arbeit zu tun.
Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnraum und Dienstleistungen wie Bildung,
Gesundheitswesen, Postwesen usw. müssen produziert werden. Dies würde viel
Arbeit erfordern, die gleichmäßig auf alle, die arbeiten können, verteilt
würde.
Drittens würde eine öko- sozialistische
Regierung einen Kurs der Stabilisierung und dann der Reduzierung der
Bevölkerungszahl verfolgen.
Viertens sind
umweltverträgliche Technologien – wie Reparatur, Recycling,
Wiederverwendung, Unkraut jäten statt Pestizide gebrauchen – alle arbeitsintensiv.
Arbeitsintensive Technologien
sind auch sozial heilsam. In kapitalistischen Industriegesellschaften wird
ein großer Teil der sozialen Probleme – weit verbreitete Kriminalität,
Korruption, soziale Unruhen, Gewalt und psychische Misere – direkt oder
indirekt durch Arbeitslosigkeit in großem Ausmaß verursacht. Eine
sozialistische Regierung sollte also arbeitsintensive Technologien auch
dann fördern, wenn es keine ökologische oder ressourcenbezogene
Notwendigkeit dafür gäbe – einfach um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen.
Aus diesem Grunde sollte eine Regierung, erst recht eine sozialistische,
ernsthaft über die Vor- und Nachteile der Arbeitszeitverkürzung als Mittel
zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nachdenken.
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Sozialhilfe, die verhindern
soll, daß Arbeitslosigkeit zur privaten Katastrophe wird, wäre nicht gut
für eine öko- sozialistische Gesellschaft. Außerdem wäre weder eine
schrumpfende noch eine Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau in
der Lage, zusätzlich zu Kindern, Kranken, Alten und Gebrechlichen auch noch
eine große Zahl von arbeitsfähigen nichtarbeitenden Erwachsenen zu
unterhalten.
Es ist auch nicht ehrenhaft,
von der eigenen Gesellschaft den Lebensunterhalt ohne Gegenleistung zu
verlangen. Darum wäre in einer öko- sozialistischen Gesellschaft ein
garantiertes Mindesteinkommen ohne Arbeitspflicht nicht wünschenswert. Aus
all diesen Gründen wäre die Garantie einer bezahlten und sozial nützlichen
Arbeit eine angemessenere Form sozialer Sicherheit. Selbstverständlich
müßte das Aufziehen von Kindern und die Pflege von pflegebedürftigen
Personen als gesellschaftlich nützliche Arbeit erachtet werden, auch wenn
solche Arbeit zu Hause stattfände und von nahen Verwandten verrichtet
würde.
Es ist bekannt, daß für arme
Menschen in den meisten Dritte- Welt- Ländern Kinder, vor allem Söhne, die
Hauptquelle der Altersversorgung sind. Im mikroökonomischen Sinne erscheint
es daher rational, viele Kinder zu haben. Um im Alter zwei Söhne zu haben,
muß ein Ehepaar durchschnittlich fünf Kinder zur Welt bringen. Dieser
Teufelskreis verursacht einen makroökonomischen Schaden.
Eine öko- sozialistische
Regierung würde in der Übergangsperiode als Gegenleistung für die
Beschränkung auf zwei Kinder eine Altersversorgung für die Armen
garantieren, die, die nicht arm sind, müssen Beiträge in einen
Altersversicherungsfonds zahlen.
Eine öko- sozialistische
Regierung würde keinen Zwang, geschweige denn Gewalt gegen die Armen
anwenden, und sie müßt das Problem der Altersversorgung sowieso lösen.
Diese Politik wäre auch ein Mittel, eine Umverteilung von oben nach unten
zu bewirken.
Das Mindestalter für Heirat
würde gesetzlich auf, beispielsweise, 21 Jahre erhöht werden, um zu
verhindern, daß Kinder Kinder produzieren. Mit verschiedenen Methoden der
Empfängnisverhütung müßte die Befriedigung jugendlichen sexuellen
Verlangens kein Problem darstellen.
Anders als Imperialisten und
Ideologen des Kapitalismus glauben Öko- Sozialisten nicht, daß
Bevölkerungswachstum der einzige Grund für Armut und Umweltzerstörung ist.
Sie wissen, daß Kapitalismus, Imperialismus, Ausbeutung, Unterdrückung und
Überkonsum von Ressourcen durch die Völker des Nordens die Hauptursachen
sind.
Aber anders als viele
Feministinnen, traditionelle Linke und Dritte- Welt- Soli- Aktivisten
denken Öko- Sozialisten nicht, daß das Bevölkerungswachstum ein zu
vernachlässigender Faktor ist. Die Regierung sollte den Bürgern schon in
der Übergangsperiode mitteilen, daß nicht bloß die Stabilisierung, sondern
die Reduzierung langfristiges Ziel ist.
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Saral Sarkar legt dar, welch
große Schwierigkeiten die Bolschewiki mit der Verwirklichung ihres Ideals
von der Gleichheit der Löhne und Gehälter hatten. Diese Schwierigkeiten
entstanden aufgrund des großen Wertes, der auf Produktions- und
Produktivitätssteigerung gelegt wurde, und aufgrund der schnellen
Industrialisierung. Im Öko- Sozialismus wäre die Wirtschaftspolitik das
Gegenteil davon. Einkommensgleichheit wäre nicht nur ein Ideal, sondern
auch eine Notwendigkeit. Die Frage ist, ob im Öko- Sozialismus Gleichheit
perfekte Gleichheit oder eine im Vergleich zu heute stark reduzierte
Ungleichheit bedeuten sollte.
Die Zeitung Die taz zahlte
allen – den ArbeiterInnen sowie den RedakteurInnen und den ManagerInnen –
den Einheitslohn. Nach etwa zehn Jahren wurde dies aus zwei Gründen
abgeschafft. Die RedakteurInnen und die „leitenden“ Angestellten mochten es
nicht, daß die ArbeiterInnen die gleichen Entscheidungsrechte hatten, und
sie konnten nicht wirklich die gleichen, niedrigen Löhne der taz
akzeptieren. So gingen viele, sobald sie bessere Angebote bekamen. Das
schaffte für die taz das permanente Problem, neue Journalisten zu finden.
Die besseren Angestellten der taz konnten aber nur deshalb bessere Angebote
bekommen, weil es rund um die taz eine hoch entwickelte und wachsende
Wirtschaft gab. Die Situation im Öko- Sozialismus wäre die umgekehrte. Die
Situation innerhalb der taz ist relevanter. Sie hatte eine niedrige
Auflage, keine nennenswerten Werbeeinnahmen und eine prekäre Kapitalbasis.
Sie konnte einfach keine guten Löhne zahlen. Arbeitslose oder unerfahrene
Journalisten akzeptierten die niedrigen Löhne, weil sie keine besseren
Chancen hatten.
Ich denke, in einer öko-
sozialistischen Gesellschaft wäre die Situation ähnlich. Wirtschaftlich
wäre sie nicht in der Lage, höhere Löhne zu zahlen, und politisch wäre es
nicht möglich, Löhne unter einem gesellschaftlich akzeptablem Minimum zu
zahlen. Trotzdem gäbe es die Wahl zwischen perfekter Gleichheit und stark
reduzierter Ungleichheit.
Diejenigen, die schwere und
unangenehme Arbeit verrichten würden, könnten höhere Löhne erhalten oder
müßten weniger Stunden arbeiten. Idealistischer, aber weniger praktisch
wäre es, daß jeder eine gewisse Menge schwerer und unangenehmer Arbeit
leisten muß. Menschen, die unvermeidlich länger arbeiten müßten, könnten
auch höhere Löhne bekommen.
Aber nach Menschen mit hohen
akademischen Qualifikationen und hohen intellektuellen oder technischen
Fähigkeiten gäbe es einfach nicht viel wirtschaftliche Nachfrage, da ja
hauptsächlich arbeitsintensive und mittlere Technologien benutzt würden.
Ein Doktor der Philosophie oder ein Diplomphysiker müßten sich vielleicht
um eine einfache Bürostelle bei der Eisenbahn bewerben und könnten wegen
schlechter Handschrift abgelehnt werden.
In der oben beschriebenen
Situation ist es möglich und wahrscheinlich, daß Klassenunterschiede
allmählich verschwinden würden. Natürliche Begabungen. – wie die von
Musikern, Künstlern, Dichtern, Mathematikern, Erfindern usw. müssen
gefördert werden. Aber die Besitzer solcher Talente würden keine höheren
Einkommen haben. Hohe Intelligenz wäre auch nicht notwendig, den Staat und
die Wirtschaft zu führen, da ja alles einfacher strukturiert wäre. Die
Gefahr, daß in einer zukünftigen öko- sozialistischen Gesellschaft die
Intelligenzija zu einer neuen Klasse würde, ist also nicht sehr hoch.
Nachhaltigkeit einer
Gesellschaft auf der Makroebene könnte wohl nicht garantieren, daß solche
Phänomene auf der Mikroebene (bei zwischenmenschlichen Beziehungen zu
Hause, am Arbeitsplatz usw.) automatisch verschwinden. Das wäre eine
kulturelle Aufgabe für SozialistInnen, die durch soziale Bewegungen erfüllt
werden müßte.
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Da der Öko- Sozialismus kein
Marktsozialismus sein würde, müßte ausgeschlossen werden, daß die Gefahr
des Arbeitsplatzverlustes, Eigennutz, das Risiko, Verluste zu machen oder
Bankrott zu gehen, und so weiter als Motivationsquellen fungieren würden.
Die materiellen Anreize, die in der UDSSR verwendet wurden, müßten
ebenfalls ausgeschlossen werden, weil in einer schrumpfenden oder Steady-
State- Wirtschaft auf niedrigem Niveau einigen Arbeitern nur mehr bezahlt
werden könnte, wenn anderen weniger bezahlt würde. Das wäre das Ende des
Sozialismus.
Revolutionärer Enthusiasmus
bzw. revolutionäres Bewußtsein wie in den ersten Jahrzehnten der UDSSR ist
auch nicht zu erwarten. Erstens würde nicht wie in der UDSSR versucht
werden, ganz schnell eine blühende, hoch entwickelte Wirtschaft aufzubauen.
Vielmehr würde allmählich eine wohlhabende, blühende Wirtschaft abgebaut,
zumindest in der Ersten Welt. Die Mehrheit der Bevölkerung würde dies als
Notwendigkeit akzeptieren), wäre
aber höchstwahrscheinlich nicht begeistert. Zweitens würden die Öko-
Sozialisten vermutlich nicht durch eine Revolution an die Macht kommen.
Was bleibt noch als Möglichkeit?
Sogar eine öko- sozialistische Steady- State- Wirtschaft auf niedrigem
Niveau würde nicht ohne ehrliche und effiziente Arbeit funktionieren. Im
Öko- Sozialismus wären wirtschaftliche Aktivitäten weitgehend
dezentralisiert und überschaubar, die Produktionseinheiten klein und die
örtlichen Gemeinschaften weitgehend klein und selbstverwaltend. Darum würde
der Wohlstand und das Wohlergehen sichtbar von ehrlicher und effizienter
Arbeit von jedem abhängen. Natürlich könnte es immer noch faule und
korrupte Mitarbeiter geben, aber diese würden als solche erkannt werden.
Kurz, statt hierarchischer Kontrolle durch Arbeitgeber gäbe es soziale
Kontrolle, die wahrscheinlich effektiver sein würde.
In einem solchen Kontext
würde ehrliche Arbeit die normale Erwartung werden, ohne die individuell
produzierten Stücke zu zählen. „Jeder nach seinen Fähigkeiten...“ könnte
dann Wirklichkeit werden. Saral Sarkar glaubt, daß die Hoffnung von Marx
und den Marxisten, daß im Kommunismus Arbeit „selbst das erste
Lebensbedürfnis“ sein würde, nicht zu absurd ist. Nach seiner Beobachtung
fühlen sich Menschen trotz ausreichender Sozialleistungen ohne Arbeit
erbärmlich und sind glücklich, wenn sie einer unbezahlten, aber sinnvollen
Arbeit nachgehen. Warum sollte es also keine realistische Erwartung sein,
daß Menschen in einer echten öko- sozialistischen Gesellschaft, in der sie
nicht ausgebeutet werden und alles der Gemeinschaft gehört, noch ehrlicher
und bereitwilliger arbeiten würden als in einer kapitalistischen
Gesellschaft?
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Eine schrumpfende Wirtschaft
benötigt Planung und könnte, anders als Pläne für Wachstum, nur durch einen
starken Staat durchgeführt werden. Solche Pläne, auch wenn sie demokratisch
legitimiert sind und von den sozialen Bewegungen unterstützt werden, müssen
gegen den starken Widerstand derer, die viel zu verlieren hätten,
durchgesetzt werden.
In der Übergangsperiode wäre
die wichtigste Frage, was mit den Unternehmen geschehen soll, die schließen
oder ihre Produktion reduzieren müssen. Bei einer schrumpfenden Wirtschaft
könnten richtige Kompensationszahlungen gar nicht in Frage kommen. Bei
kleineren Unternehmen könnte der Staat den Besitzern eine Pension oder
Arbeit in der verbleibenden Wirtschaft geben. Arbeitszeitverkürzung oder
Jobsharing könnten notwendig sein.
Für Schulökonomen wäre der
Schrumpfungsprozeß eine schlimmer werdenden Rezession und der Staedy- State
auf niedrigem Niveau eine Krise ohne Ende. Stellen wir uns vor, was
geschähe, wenn in einer solchen Situation Betriebe nicht verstaatlicht bzw.
sozialisiert würden, an der Notwendigkeit hierzu besteht kein Zweifel.
Aufgrund der Planung könnten die verbleibenden Unternehmen natürlich alles
verkaufen, was sie produzieren dürfen. Aber das Profitvolumen und die
Profitrate würde bedingt durch die festgesetzten Preise kontinuierlich
sinken, bis der Staedy- State erreicht ist. Kapital im finanziellen Sinne -
auch investiertes Kapital – würde weitgehend zerstört. Die Preise der
Aktien würden drastisch fallen und kaum noch Käufer finden.
Wenn der Schrumpfungsprozeß
abgeschlossen ist, wäre es sehr viel einfacher, die Wirtschaft zu planen
und zu managen – wenn auch nur, weil das Produktionsvolumen und die Vielfalt
der Güter und Dienstleistungen um einen Faktor 10 (in der Ersten Welt)
gesunken wäre.
Planung, Management und
Kontrolle auf der Ebene der lokalen Gemeinschaften sind möglich und sie
wären notwendig, wenn ein hoher Grad an lokaler Selbstversorgung ein Ziel
ist. Die Partizipation der Betroffenen am Planungs- und Managementprozeß
wäre dann möglich, wenn auch nicht oberhalb dieser Ebenen. Auch das
Eigentum an Produktionsmitteln kann dezentralisiert werden. Wenn ein
bestimmter Grad an privatem Unternehmertum gestattet wird, könnte der Staat
einige Produktionsmittel (aber kein Land) verpachten oder auch verkaufen.
Eigentum, das kein Produktionsmittel ist, könnte zu Beginn der
Übergangsperiode im Besitz des Eigentümers belassen werden. Aber nach dem
Tode würde solches Eigentum an die Gesellschaft oder den Staat übergehen.
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Es ist klar, daß in einer
öko- sozialistischen Gesellschaft die Ausbeutung von Menschen durch den
Menschen und die Konkurrenz unter arbeitenden Menschen um Profit oder
höheres Einkommen in keinem Fall zugelassen werden darf. Obwohl dezentrale
Planung besser funktionieren würde als zentrale, wäre es immer noch
schwierig, die Aktivitäten einer großen Zahl von kleinen wirtschaftlichen
Einheiten wie Restaurants, Taxis, Fahrradrikschas, Detailgeschäften,
Schneidereien und anderen handwerklichen Werkstätten zu planen, lenken und
kontrollieren.
Eine öko- sozialistische
Regierung könnte private Unternehmen zulassen, wenn diese auf der Arbeit
einer Person, deren Ehepartners und deren erwachsener Kinder beruhen. Die
Gründung einer echten Kooperative mit einer begrenzten Anzahl von
Mitgliedern mit gleichen Rechten, die alle selbst dort arbeiten, könnte
gestattet werden.
Da ihnen Rohstoffe,
Zwischenprodukte und Ausrüstungsgegenstände durch die Planungsbehörde
zugeteilt würden und vor allem weil die Wirtschaft eine Steady- State-
Wirtschaft auf niedrigem Niveau wäre, gäbe es wenig Möglichkeiten, reich zu
werden. Da kein Unternehmen expandieren dürfte, bewirkten höhere Nachfragen
Neugründungen, niedrigere Nachfrage Schließungen derartiger Betriebe. In
der UDSSR existierten ähnliche Möglichkeiten, und sie erwiesen sich als
hilfreich.
Da Landwirtschaft
überlebenswichtig ist, muß sie geplant werden. Aber sollen die
Produktionseinheiten Kollektivfarmen, Kooperativen oder kleine
Familienbetriebe sein? Saral Sakar favorisiert trotz der negativen
Erfahrungen in der UDSSR die kollektive Landwirtschaft. Mit moralischem
Wachstum, mit dezentraler Planung, viel Selbstversorgung und einer
Stabilisierung der Bevölkerung sollten die negativen Aspekte aus der UDSSR
vermieden werden können. Die harten Lebensbedingungen von Bauern und deren
Familien, die schlechte Auslastung der Maschinen und die teilweise Notwendigkeit,
die Ernte selbst zum Markt zu bringen, werden als Gründe gegen private
Familienbetriebe und für kollektive Landwirtschaft angeführt.
Familienbetriebe auf gepachtetem Land werden aber auch nicht
ausgeschlossen.
In der Übergangsperiode und
mehr noch im Staedy- State würde sich die Quantität der Ausrüstungen und
Maschinen verringern, so daß Familienbetriebe diese mit anderen teilen
müßten. Dies ist nicht sehr weit entfernt von kollektiver Landwirtschaft.
Aber es müssen auch die wirtschaftlichen Nachteile sehr großer Einheiten
und die Vorteile leichter zu lenkender kleinerer, überschaubarerer
Einheiten in Erwägung gezogen werden.
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Marktsozialisten glauben, daß
der Markt unentbehrlich ist.
„Denn nicht alle ökonomischen
Prozesse sind planbar und in einer arbeitsteiligen Gesellschaft sind die
Menschen nicht nur Produzenten, sondern sie bleiben Konsumenten, die
hoffnungslos überfordert wären, jede alltägliche Konsumentscheidung als
politischen Wahlakt artikulieren zu müssen.“ (Altvater 1992)
Nach Altvater kann Marx´
Vorstellung eines „Verein freier ‚Menschen“ „wenn es sich bei dem Verein um
eine Massengesellschaft handelt“ nicht ohne Waren und Geld [also des
Marktes] auskommen (ebd.). Nach Saral Sarkars Ansicht treffen diese
Argumente aus folgenden Gründen nicht auf eine öko- sozialistische
Gesellschaft zu:
Eine
solche Gesellschaft wäre keine Massengesellschaft
Sie
wäre natürlich demokratisch, aber nicht zu komplex
Die Menge,
Sorten und Marken von Produkten, die den Konsumenten zur Verfügung stünden,
wären im Vergleich zur heutigen Ersten Welt stark begrenzt
Altvaters Argumente sind
richtig als Beschreibung einiger Schwierigkeiten, die eine Öko-
Sozialistische Regierung zu Beginn der Übergangsperiode haben könnte. Aber
während die Schrumpfung fortschreitet, würden die Schwierigkeiten immer
weniger akut werden. Durch die abnehmende Menge von Konsumgütern könnte bei
besonders begehrten Gütern eine Art Rationierung nötig werden, um eine
gerechte Verteilung sicherzustellen und um dem Schwarzmarkt weitgehend den
Boden zu entziehen. Der Schwarzmarkt würde die wichtigste Bedingung für den
Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft konterkarieren, nämlich
moralisches Wachstum.
In einer öko- sozialistischen
Gesellschaft würde die Kultur der langlebigen Produkte, Wiederverwendung
und Reparatur dazu beitragen, die durch niedrige Produktion hervorgerufenen
Schwierigkeiten zu lindern. Eine öko- sozialistische Gesellschaft würde zweifelsohne
nicht in der Lage sein, alle Verbraucherwünsche zu erfüllen. Aber viele
Wünsche könnten durch Umfragen festgestellt werden, und die verbreitetsten
unter ihnen könnten erfüllt werden.
Man könnte denken, daß,
während die Wirtschaften der Ersten Welt schrumpfen, die der Dritten Welt
in gewissem Grade entwickelt werden müßten. Das ist aber eine falsche
Position, da man ja unter Entwicklung nichts anderes versteht als eine
„nachhaltige“ industrielle Wirtschaft, die, wie im Kapitel vier gezeigt,
einem schwarzen Schimmel gleichkommt. Große Teile der Dritten Welt sind
bereits industrialisiert und haben damit die Grenzen der Nachhaltigkeit
bereits überschritten.
Dennoch sollten und könnten
öko- sozialistische Regierungen aus der Ersten Welt der Dritten Welt nicht
mit Entwicklung, sondern bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeit helfen.
Sie sollten helfen, weil niemand, der kein Internationalist ist, die
Bezeichnung Sozialist verdient und weil nachhaltige Länder der Ersten Welt
auf lange Sicht in große Schwierigkeiten geraten würden, wenn die Mehrheit
der unnachhaltigen Länder zusammenbrechen würde.
Nordkorea und China wurden in
den Siebzigerjahren oft als Beispiele für Länder erwähnt, die sich mit dem
Ziel einer eigenständigen, industriellen Entwicklung vom Weltmarkt
abkoppelten. Nordkorea erreichte dieses Ziel nicht, und China gab diese
Politik auf. Der Grund ist einfach: Der mit wachsender industrieller
Entwicklung steigende Hunger nach Kapital und Know- how erfordern die
Teilnahme am Weltmarkt. Die öko- sozialistische Politik der
Wirtschaftsschrumpfung würde diese Schwierigkeiten nicht haben.
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Klein ist eine notwendige
Konsequenz aus allen anderen notwendigen politischen
Grundsatzentscheidungen. Die Einheiten, die in jedem Dorf Joghurt
produzieren, müssen klein sein. Die Größendegression ist das Hauptargument
für industrielle Technologien mit ihren hohen Kapazitäten. Sie müssen groß
angelegt und fast voll ausgelastet sein, nur dann sind sie anderen
Technologien überlegen. Aber Öko- Sozialisten würden sich für
arbeitsintensive, kostengünstige, mittlere Technologien mit niedriger
Kapazität entscheiden.
In Industriegesellschaften
hat sich das alte sozialistische Ideal der Kontrolle durch die Arbeiter in
den Unternehmen bisher als unmöglich erwiesen. Diese Art von Produktion ist
ohne eine Unterordnung der Arbeiter unter eine höhere Autorität unmöglich.
Das war die Ansicht von Engels. Bei seinen Ansichten beschränkte sich
Engels auf Autorität in der Großindustrie. Aber Ullrich denkt – und Saral
Sarkar teilt seine Ansicht – daß dies auf alle Institutionen der
Gesellschaft zutrifft. Alles was sehr groß ist, ist nicht leicht
überschaubar, aus diesem Grund kann eine große Organisation nicht von den
direkt betroffenen Menschen verwaltet werden (Ullrich 1979).
Je größer
Wirtschaftseinheiten werden und je weiter die Arbeitsteilung fortschreitet,
desto mehr werden Arbeiter zu bloßen Anhängseln immer komplexerer, höher
entwickelter Maschinen. Ein solches Produktionssystem muß notwendigerweise
hierarchisch, autoritär und zentralisiert sein. Hierarchien haben ihre
eigene Dynamik, sie reproduzieren und verstärken sich und beschränken sich
nicht auf die Industrie.
Eine sozialistische
Gesellschaft sollte idealerweise eine „herrschaftsfreie Assoziation
solidarischer Individuen“ sein. Allerdings zeigt sich hier ein
signifikanter Unterschied zwischen dem Öko- Sozialismus der Übergangsperiode
und dem Modell einer öko-
sozialistischen Steady- State- Gesellschaft. Im Ersteren wäre ein starker
Staat notwendig, um einen geordneten Rückzug gegen den Widerstand einer
starken Minderheit durchzusetzen.
Aber ein starker Staat, auch wenn
er demokratisch verfaßt wäre, stimmt nicht ganz mit dem Ideal der öko-
sozialistischen Demokratie überein. Dieser Widerspruch muß in der
Übergangsperiode ausgehalten werden. Wie genau dieser starke Staat aussähe
und wie sein Verhältnis zum Prinzip Demokratie wäre, darauf wollen und
können wir heute nicht eingehen. Auf diese Fragen die richtigen Antworten
zu finden, ist die Aufgabe der zukünftigen Generationen, wenn es soweit
ist.
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Natürlich hoffen wir auf eine
höhere Stufe der Demokratie, aber es gibt auch die Gefahr einer Diktatur.
Da es nicht wirklich populär sein würde, die Wirtschaft schrumpfen zu
lassen, dürfte es starken Widerstand geben. Anders als viele, die fürchten,
Ökoradikale könnten die Errichtung einer Diktatur fordern, um die Umwelt zu
schützen, glaube ich nicht, daß radikale ÖkologInnen so dumm sein könnten,
nicht zu begreifen, daß ihr Ziel nur mit der Unterstützung der Mehrheit
erreicht werden kann. Wenn Millionen von BürgerInnen entschlossen sind, für
unmittelbaren Gewinn die Umwelt und die Ressourcen zu zerstören – wie das
heute der Fall ist – könnte nicht einmal die Armee das verhindern.
Saral Sarkar glaubt, daß ihm
die Synthese von Ökologie und Sozialismus gelungen ist und es dank ihm nun
nicht mehr vorrangig um Analysen, Theorien und Spekulationen geht, sondern
um die praktische Synthese konkreter ökologischer und sozialistischer
Politik.
Bis die Ökologiebewegung
aufkam, entstanden die meisten großen Bewegungen aus sozialen Problemen. In
den früheren Epochen konnten in den Industriegesellschaften die meisten
sozialen Probleme [zumindest teilweise] durch wirtschaftliches Wachstum
gelöst werden. Aber mit dem Aufkommen der Ökologiebewegung hat sich die
Situation vollständig verändert. Nicht nur, daß der Kuchen nicht wachsen
darf, er muß schrumpfen. Nichts geringeres als die Fähigkeit der
Industriegesellschaft, soziale Probleme zu lösen, muß angegriffen werden.
Erstmalig in der Geschichte „verspricht“ eine soziale Bewegung einen
niedrigeren Lebensstandard. Für heute und für die Zukunft besteht die
revolutionäre Aufgabe darin, die Notbremse zu ziehen.
Radikale Sozialisten und Kommunisten
können sich der öko- sozialistischen Bewegung anschließen. Aber Öko-
Sozialisten hätten ein großes Problem. Sie könnten nicht mehr in der
gleichen einfachen Weise für die materiellen Interessen der Arbeiterklasse
eintreten wie bisher. Durch die Grenzen des Wachstums ist das Proletariat
als weltweite Klasse mit Interessen, die mit denen der gesamten Menschheit
identisch sind, mehr als nur in Frage gestellt. Warum sollen deutsche
Arbeiter gleichen Lohn für Arbeiter auf den Bananenplantagen fordern, wenn
dann die Bananenpreise explodieren? Arbeiter in der Ersten Welt haben mehr
als ihre Ketten zu verlieren, nämlich ihren Wohlstand. Theoretisch kann man
natürlich zwischen materiellen und hypothetischen „tieferen“ oder
„wirklichen“ bzw. kurzfristigen und langfristigen materiellen Interessen
differenzieren. Aber „wirkliche“ und „tiefere“ Interessen sind vage, und
langfristig sind wir alle tot.
Das heißt, die Bewegung oder
Partei muß darauf gefaßt sein, über Jahre hinweg von der großen Mehrheit
der Wähler abgelehnt zu werden. Die Versuchung wäre groß, Analyse und
Programme zu verwässern, um ein paar Sitze in den Parlamenten oder ein paar
Ministerposten zu bekommen. Aber so erreichte „Erfolge“ würden die Partei
verändern, wie sie die deutschen Grünen verändert haben. Sarah Sakral
denkt, zurzeit sollte die Betonung nicht auf einer Partei, sondern auf
einer Bewegung liegen. Das moralische Wachstum der Gesellschaft in der
Gesamtheit, die Grundvoraussetzung des Erfolgs, muß das erste Ziel sein.
Die Bereitschaft, Luxus und
Bequemlichkeit für einen einfachen Lebensstil zu opfern, muß erzeugt
werden. Sie muß auf den Argumenten für Ökologie, Gleichheit, Solidarität
und Nachhaltigkeit basieren. Die Bewegung muß auch für Vollbeschäftigung
und soziale Sicherheit im Rahmen einer schrumpfenden Wirtschaft kämpfen.
Wenn umweltschädliche und gesellschaftlich unnötige Betriebe geschlossen
werden, soll sie dies nicht nur begrüßen, sondern fordern. Es muß offen und
klar gesagt werden, daß die langfristige Lösung des Arbeitslosenproblems in
arbeitsintensiven Technologien liegt.
Die Bewegung muß eine
fortgesetzte Kampagne für einen gewissen Rückzug aus dem Weltmarkt und für
einen gewissen Grad von Protektionismus durchführen. Was den reinen
Binnenmarkt betrifft, muß die Bewegung fordern, daß der Staat das Kapital
und den Markt stärker kontrolliert.
Erfahrene öko- sozialistische
Aktivisten würden wissen, daß diese Forderungen nur Kompromisse sind, die
den Kapitalismus nicht grundsätzlich in Frage stellen. Diese Kompromisse
sind notwendig, weil die große Mehrheit der Bevölkerung noch keine öko-
sozialistische Gesellschaft will. Sie würden sich aber trotzdem nicht
scheuen, ihre langfristigen Visionen zu propagieren. Öko- Sozialisten
würden auch nicht die Illusion haben, daß ihre Bewegung ausreichen würde,
die Gesellschaft sozusagen von unten zu verändern. Sie würden wissen, daß
es nicht irrelevant ist, wer die Macht hat.
Es ist unwahrscheinlich, daß
die öko- sozialistische Bewegung allein in irgend einem kleinen Land
erfolgreich sein könnte. 1917 war es für die Bolschewiki schwierig, die
Revolution in dem riesigen Reich zu verteidigen. Bei der heutigen, gewaltig
angewachsenen Interdependenz und Verflechtung würde ein kleines Land durch
feindliche Mächte in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht
werden – durch Boykotte, Handelsembargos und so weiter. Keine militärische
Intervention wäre
hierzu nötig.
In großen Ländern wie Indien,
Brasilien, den USA oder Australien dürfte es weniger schwierig sein. Aber
die beste Strategie wäre, die Bewegung zuerst in großen Regionen wie
Westeuropa zu festigen und nicht zu versuchen, vorher an die Macht zu
kommen.
Bezüglich der revolutionären
oder führenden Rolle der Arbeiterklasse müssen endlich alle Illusionen
fallen gelassen werden. Es gibt überhaupt keinen besonderen Grund, warum
ArbeiterInnen die Veränderungen des Öko- Sozialismus mehr unterstützen
würden als Angestellte. Die Ersteren sind genau so konsumsüchtig und von
Arbeitslosigkeit und ökologischer Degradation betroffen wie die Letzteren.
Aufgrund ihrer großen Zahl sollten ArbeiterInnen eine entsprechend große,
aber nicht unbedingt eine führende Rolle im Öko- Sozialismus spielen.
Erich Fromm kam zu dem
Schluß, daß es heute „nur zwei Lager gibt: die Engagierten und die
Gleichgültigen“ (Fromm 1982, 1979). Saral Sarkar stimmt dem völlig zu. Die
Engagierten können in allen Klassen und Schichten gefunden werden – außer
vielleicht bei den Unternehmern.
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