In der Tat stehen Gesellschaft und Arbeit in direktem Zusammenhang, da sich der Mensch vom Tier dadurch unterscheidet, daß er sein Leben (bewußt produziert und damit sich und die Umwelt verändert, womit er erst überhaupt "Gesellschaft" schafft.
Der Psycholanalytiker W. Schmidbauer entdeckte im "Helfer ein verwahrlostes, hungriges Baby hinter einer prächtigen, starken Fassade". (Schmidbauer, W., Die hilflosen Helfer. über die seelische Problematik der helfenden Berufe, Reinbek: Rowohl 1977, S.15) Dies muss er sowohl bei sich selbst, als auch bei seinen Kolleg/innen festgestellt haben, da er ja bei sich selbst auch das "Helfersyndrom" entdeckte, was er durch sein Schriften versucht, loszuwerden. In der Tat sind Schmidbauers Bücher ein Hilfeschrei: "Helft mir, dieses Helfersyndrom loszuwerden!" Er richtet diesen Hilfeschrei in erster Linie an seine Zunft, da sie - ähnlich wie er leiden-: die helfenden Berufe, darunter zuvorderst die Psychoanalytiker. Dahinter steckt in der Tat: "Warum soll ich ständig anderen helfen müssen, wo ich doch selbst der Hilfe bedarf?" Aber da genau schließt sich der Teufelskreis: Wenn ein paar deprimierte Sozialarbeiter und Psychoanalytiker zusammen sind, machen sie "Supervision" oder bauen eine Therapiegruppe auf, um ihre Depressionen loszuwerden. Und da kommen wir auf ein ursächliches Phänomen, auf dem auch Niklas Luhmanns " Systemtheorie1)" aufbaut: das ständige Kreisen "um sich selbst": Ärzte verkehren in ihrer Freizeit (und natürlich auch in den mannigfachen Fortbildungsveranstaltungen) nur mit Ärzten (und auch das unterliegt einer nochmaligen Differenzierung: Internisten mit Internisten, Herzspezialisten mit Herzspezialisten, Dermatologen mit Dermatologen usw.), beruflich behandeln sie ihre Patienten als Objekte; Politiker verkehren nur mit Politikern und machen ihre Wahlbürger beruflich zu Objekten, Psychologen treffen nur auf Psychologen...; Sozialarbeiter suchen Sozialarbeiter auf, Verfassungsschützer Verfassungsschützer...., Professoren Professoren, die wiederum ihre StudentInnen zu Unmündeln er-klären usw.
Das gleiche Phänomen läßt
sich empirisch unter dem Stichwort "Lebenswelten" auch bei allen
anderen Wissenschaftszweigen, wie Naturwissenschaften; Geisteswissenschaften,
der Kunst) und Berufen sowie Klassen und Schichten konstatieren. Ferner
existiert natürlich auch nach wie vor die Geschlechtertrennung, die
naturwüchsig aus dieser Gesellschaftform entspringt (d.h.: da in erster
Linie immer noch die Frauen für die Kinderaufzucht zuständig
sind, treffen sie "natürlich" zumeist wieder auf andere
Frauen [auf Spielplätzen, in Kindergärten] und verhalten sich
wie Mütter zueinander). Und selbst die sogenannt "Ausgegrenzten"
bilden wiederum Subsysteme: wie die Obdachlosen. Eine Notgemeinschaft reiht
sich klassen- und schichtspezifisch scheinbar an die andere!
Zusätzlich bürdet uns
das Gesamtsystem noch spezifische Rollen auf, die wiederum mit dem jeweiligen
gesellschaftlichen Stand auf's Engste verknüpft sind: wir sind MieterInnen
oder EigenheimbesitzerInnen, Straßenverkehrsbenutzer, BVG-Benutzer,
Mutter, Vater, (Eltern) Kind, KonsumentInnen verschiedener Waren, AbfallproduzentInnen
und Abfallrecykler usw. In mentaler Hinsicht - und eben auch, weil die
bürgerliche Gesellschaft so abstrakt und entleert ist, hält jede(r)
an den starren und haßerfüllt-ängstlichen Rollen fest und
will sich in diesen bestätigt sehen - und das geht halt nunmal nur,
wenn man auf "seinesgleichen" trifft, statt auf "andere"
Welten, die diese abstrakte Identität in Frage stellen könnten.
Dadurch entsteht im Kern die Heimatsehnsüchtelei, die Angst vor dem
Fremden, die Unterdrückung jeder Kritik: kurz und gut der autoritäre,
ängstliche und duckende Charakter, der zu inneren Deformierungen und
Charakterpanzerungen führt, lebenslustige Triebenergie hemmt und in
Haß, Selbstzerstörung und Zerstörungswut gegen "das
Andere", das Anders(un)artige und Fremde lenkt.
Wo sind wir bei all diesen abstrakten Rollen und ängstlichen Identitäten (die in Hausordnung, Straßenverkehrsordnung, BGB, Sozialversicherungsgesetzt und allerlei Umgangsformen etc.pp. festgelegt sind) überhaupt noch Mensch? Dies umso mehr, als daß wiederum die verschiedenen Berufsdisziplinen und Rollen in Widerspruch und Konkurrenz zueinander stehen? All diese Widersprüche soll der bürgerliche Staat versöhnen, wobei er ein immer bürokratischeres Monstrum wird, je mehr Entfremdung und Widersprüche auftreten. Er wird zum köpfefressenden Moloch. Deshalb bedarf es dringendst heute des menschlichen Austausches2) einer wirklichen Kommunikation verbunden mit der gegenseitigen Anerkennung als Mensch, um die Barbarei und Entfremdung, Not und gegen-seitige Ausbeutung positiv aufzuheben. Dazu wieder Schmidbauer: "Was wir über positive Veränderungen wissen, läuft darauf hinaus, daß sich der Klient (sein zum Objekt degradierter Mitmensch, d. Verf.) um so eher verändert, je mehr er sich gemocht fühlt und seinerseits den Therapeuten mag. Doch kann diese persönliche Beziehung nicht zustande kommen, wenn der Patient die Warenbeziehung verweigert, wenn er zum Beispiel seine Rechnungen nicht bezahlt oder seinen Krankenschein nicht abliefert, Termine nicht einhält oder zum Ende seiner Stunde nicht gehen will. Mit dieser Situation umzugehen, erfordert für beide Beteiligte Lernprozesse und setzt Vermeidungsstrategien in Gang. So kenne ich Kollegen, die einem Patienten die bereitliegende Rechnung nicht in die Hand geben, sondern sie ihm per Brief ins Haus schicken. Ich selbst habe schon oft "vergessen", einem Patienten die Rechnung zu geben, wenn es ihm nach einer Stunde schlecht ging. Es hat mich Mühe gekostet, meine anfänglichen Schwierigkeiten zu überwinden, für eine so persönliche Beziehung Geld anzunehmen und Rechnungen auszuteilen."
Was heißt denn bei Schmidbauer:
"... wenn der Patient die Warenbeziehung verweigert"?
Ist er nicht selbst Teil der Warenbeziehung in der Erwartungshaltung, daß
Geld oder Krankenschein abgegeben werden müssen, weil sie zu den Sachzwängen
des Kapitalismus gehören? Hier sehen wir, wie Schmidbauer selbst gegen
diese Warenbeziehung rebelliert und er selbst sich nach einer wirklichen
und unverfälschten "persönlichen" oder menschlichen
Beziehung sehnt. Das ist ja auch kein Wunder in der heutigen, von Beziehungsarmut
durchdrungenen funktionalen Gesellschaft. Und deshalb "vergißt"
er manchmal dem Patienten, eine Rechnung zu schicken. Umgekehrt aber macht
es auch der Patient, der manchmal das Geld oder den Krankenschein "vergißt",
weil auch er als Patient gegen die Warenbeziehung (das verdinglichte Verhältnis)
rebelliert! Doch genau dies problematisiert Schmidbauer nicht weiter, obwohl
es wichtig wäre, gerade daran anzusetzen. Warum tut er das nicht?
Ganz einfach: weil er damit die gesamte Gesellschaft in frage stellen müßte!
Leider ist es tatsächlich so,
daß jede(r) einigermaßen "gut Gestellte" mit Zähnen
und Klauen (also mehr tierisch denn menschlich) seine "Privilegien"
verteidigt, obwohl er sie längst als Mangel und rohe, entfremdete
Bedürftigkeit empfindet und sich nach einem besseren und liebevollerem
Verhältnis oder Beziehung unter den Menschen sehnt!
Diese Sehnsucht aber muß endlich Realität
werden!!!
Dies aber würde bedeuten, daß in der und mit der Sozialen Arbeit, der gesellschaftlichen Arbeit, die Ware-Geld-Beziehung aufgehoben werden müße und sich die Gesellschaft als Grundlage den naturalen Humanismus gibt: "Ein vollendeter Naturalismus = Humanismus, "er ist die wahrhafte Auflösung des Widerstreites zwischen dem Menschen mit der Natur und mit dem Menschen, die wahre Auflösung des Streits zwischen Existenz und Wesen, zwischen Vergegenständlichung und Selbstbetätigung, zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Individuum und Gattung. Er ist das aufgelöste Rätsel der Geschichte und weiß sich als diese Lösung." (K. Marx) Die Produktion verläuft auf Grundlage folgender Kriterien: Wir produzieren als Menschen, indem wir uns in unserer Produktion doppelt bejahen, denn ich habe mich in meinem Produkt vergegenständlicht, daran erfreut - und einen Genuß in Deiner Freude, der Du meine individuelle Lebensäußerung genießt. Oder anders ausgedrückt: Ich liebe Dich und weil ich Dich liebe, will ich Dir nur das Qualitätsvollste produzieren, was es gibt. Und während ich für Dich produziere, produziere ich auch für mich, denn: meine Produktion ist Freude und Lustgewinn, da ich mich freue Dich zu beschenken und es für mich ein Genuß ist, wenn Du mein fertiges Produkt genießt! Ich weiß mich als Mensch bestätigt und an-er-kannt, weil ich Dich als Menschen bestätige und an-ER3)-sie - es- kenne, d.h. als konkretes Gattungswesen be-greife. Wir produzieren nicht mehr an-ein-ander vorbei, sondern füreinander. Dies sowohl im Denken, wie in unserer Liebe, wie auch in unserem wechselseitigen Genuß. Produkt und Prozess, Ziel und Bewegung gehören zusammen. Die einzelne Besonderheit, d.h. die Individualität des Menschen macht das allgemeine Wesen der gesellschaftlichen Beziehungen aus. Oh, was freue ich mich auf Dich, Dich Menschen! Dir werde ich die Welt zu Füßen legen und das Wertvollste, was die Menschheit hervorgebracht hat schenken und Dich beglücken. Ja, auch Beethovens 9. Symphonie 4), die Ode an die Freude und Freundschaft für alle Menschen der Welt gehört dazu und vieles andere mehr.....
und natürlich: kein Baby wird mehr hungern müssen!!!!
1) seine Systemtheorie
als funktionalistische subjektlose Sozialkybernetik (ein Rädchen dreht
das andere, aber da Rädchen nicht denken und fühlen können
wissen sie auch nicht wozu...) ist nur ein blinder "theoretischer",
also ideologischer Reflex auf die empirische, aber nicht durchdrungene
Wirklichkeit technokratischer Herrschaft. Er beschreibt lediglich und völlig
eklektizistisch das Funktionssystem einer totalitären kapitalistischen
Bürokratie, die er nicht als Gesamtsystem reflektiert. Alle, die sich
mit ihm beschäftigen, sollten zu be-greifen ver-suchen, was sein Konzept
der "Auto-Poiesis" (der Schöpfung aus sich selbst) bedeutet
und auch genau definieren können! Dies konnten bislang unsere Dozenten
an der ASFH nicht leisten und ver-wiesen wissensdurstige StudentInnen zwecks
Begriffsdefinition an die FU. Dies zeigt nur auf, wie heruntergekommen
das theoretische Niveau an der ASFH ist! Es gibt also Luhmann-Epigonen,
die Luhmann noch nicht einmal begriffen haben, uns jedoch mit Luhmann-Schülern
(Dirk Baecker) im "Theorie-Club" beglücken. Nicht nur das:
die Systemtheorie wird peu a peu in der Sozialarbeit umgesetzt.
und Ihr könnt hier auch noch mehr zu Niklas Luhmann
erfahren.
2) Austausch findet durch Sprache, durch die menschliche Kommunikation stattt. Doch auch diese ist verdinglicht:
"Die einzige Sprache, die wir zu einander reden, sind unsre Gegenstände in ihrer Beziehung auf einander. Eine menschliche Sprache verstünden wir nicht und sie bliebe effektlos; sie würde von der einen Seite als Bitte, als Flehen und darum als eine Demütigung gewußt, empfunden und daher mit Scham, mit dem Gefühl der Wegwerfung vorgebracht, von der andren Seites als Unverschämtheit oder Wahnwitz aufgenommen und zurückgewiesen werden. So sehr sind wird wechselseitig dem menschlichen Wesen entfremdet, daß die unmittelbare Sprache dieses Wesens uns als eine Verletzung der menschlichen Würde, dagegen die entfremdete Sprache der sachlichen Werte als die gerechtfertigte, selbstvertrauende und sich selbst anerkennende menschliche Würde erscheint.. Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen etc. Wenn du die Kunst genießen willst, mußt Du ein künstlerisch gebildeter Mensch sein; wenn Du Einfluß auf andere Menschen ausüben willst, mußt du ein wirklich anregend und fördernd auf andere Menschen wirkender Mensch sein. Jedes deiner Verhältnisse zum Menschen - und zu der Natur - muß eine bestimmte, dem Gegenstand deines Willens entsprechende Äußerung deines wirklichen Lebens sein. Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, d.h. wenn dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch eine Lebensaußerung als liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist deine Liebe ohnmächtig, ein Unglück." (aus: Karl Marx, ökonomisch-philosphische Manuskripte)
3) zur Präfixentwicklung des ER (wie es sich darstellt in ER-Leben, ER-ziehen, ER-fahren, ER-obern, ER-greifen) siehe Gebr. Grimms Etymologisches Werk. Heute ist ER das Kürzel für "Europa-Rat". Irgendwann werden wir diese Präfixe und Kürzel nicht mehr brauchen, wie sich überhaupt die Sprache ver-ändern wird. Wir werden gemeinsam Handeln ohne Händler zu sein. Wir werden uns gegenseitig ziehen und stützen und nicht mehr ER-ziehen. Wir werden uns be-greifen, ohne von Mythen, Religionen und Ideologien ER-griffen zu sein. Wir werden nicht mehr ER-obern, weil es kein oben und kein unten in der menschlichen Gemeinschaft mehr gibt. Wir werden einfach nur noch leben!
4) In seiner Ode an Freude und Freundschaft umarmt Beethoven jauchzend die ganze Welt. Dies aber als leidenschaftlicher Mensch und leidenschaftlicher Musiker - nicht als formaler Deutscher!!!