oder "die verschleppte Krise"
2.11.2003
Begriffe
Quo vadis
Weltwirtschaft? Lasst uns an dieser
Stelle mit der Mär vom krisenfreien Kapitalismus oder der Mär, dass
Planwirtschaft Mangelwirtschaft sei, endgültig aufräumen. Eine
Kurzbetrachtung der Welt aus ökonomischer Sicht.
Vorab eine abstrakte Darstellung
zur Ökonomie im Kapitalismus, nur um die Funktionsweise darzustellen:
Stellen sie sich acht Menschen auf
einer einsamen Insel vor, welche kapitalistisch leben möchten. Sieben
von Ihnen sind Professoren, Banker, Verwalter und Millionäre und
unheimlich begabt im zettelsortieren. Einer arbeitet.
Ein Kapitalismus ist nun so
eingerichtet, dass im Laufe der Zeit der eine immer weniger Waren
produziert, die anderen sieben auch immer weniger konsumieren können,
obwohl ihr Kapital wächst und gewachsen ist. Nach der Geldtheorie
zirkuliert es in einem geschlossenem Geldkreislauf, welcher durch
wachsen des Geldkapitals zirkulierendes Geld schwinden lässt, indem es
in Geldkapital umgewandelt wird, somit dem
Arbeiter seine Produktion stetig verringert. Dass dieser Umstand bekannt
ist, soll vorausgesetzt werden, um darauf nicht näher eingehen zu
müssen. Die Wirtschaftsleistung besteht also aus anfänglich Produktion
in 8h Arbeit, Tendenz fallend nach dem
Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate.
Sehr schön lässt sich das im
Kapitalismus des 19. Jahrhunderts nachvollziehen, wo es ab 1825 im
Zehnjahresrhythmus zur Krise kam.
In einer Wirtschaft nach
Arbeitswerttheorie hingegen, würden alle 8 je 1h arbeiten. Das
entspräche der selben Wirtschaftleistung wie in einem Kapitalismus, hat
aber bei vereinfachter Bürokratie den Vorteil, dass unheimliche Reserven
vorhanden sind und man deshalb je nach Bedarf entweder 2h oder nur 1/2h
arbeiten muss. In dieser Wirtschaft ist ein deutlich höheres Potenzial
an Arbeitswert vorhanden, kann also durchaus ein mehrfaches an Mehrwert
produziert werden.
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass
das einzige, was für einen Menschen in einer gesellschaftlichen
Wirtschaft einen (in seiner
Gleichzeitigkeit) vergleichbaren Wert darstellt, die
von ihm erbrachte Arbeitsleistung ist. Dies bleibt nach Marx sehr
ausführlichen Wertanalysen als einziger mit dem Menschen verbundener
Wert übrig. Alle anderen Geld- und Werttheorien schreiben lediglich
materiellen Dingen Werte zu.
Somit bedarf es in einer Wirtschaft
nach AWT keines Kapitals. Wenn (im Extremfall) alles "aufgegessen" ist,
muss lediglich wieder neu gearbeitet werden. Sie kann daher auch nie
"Pleite" gehen. Ausschlaggebend für das funktionieren der AWT ist der
geistige Reifegrad der Gesellschaft, somit also ihre Fähigkeit, immer
wieder aufs neue von vorn anfangen zu können, was wir schließlich alle
jeden Tag tun.
Beide Darstellungen orientieren sich
an der Realität und sollen lediglich zur Darstellung des
Funktionsmechanismus beider Wirtschaftsformen dienen.
Wie kam es nun zur "krisenfreien"
Marktwirtschaft und dem Wirtschaftswunder in der BRD sowie zur
Mangelwirtschaft im Osten?
Kein Land auf dieser Welt ist in der
Lage, sich wirtschaftlich zu entwickeln, ohne Handel zu treiben. Nach
dem zweiten Weltkrieg gab es allerdings zwei verschiedene
Wirtschaftssysteme, deren Geld so nie gegeneinander konvertierbar war.
Gerade Ostdeutschland hatte einen entschiedenen Mangel an Rohstoffen,
welche im kapitalistischen Wirtschaftssystem besorgt werden mussten. Um
dies zu erreichen, exportierte man veredelte Wirtschaftsgüter und
geistige Leistungen in Länder des kapitalistische Wirtschaftssystems,
kurz NSW. Wie im Kapitalismus üblich, wurden diese unter Wert eingekauft
und die Rohstoffe zu höheren Preisen verkauft. Rein finanzielle
betrachtet wurde zwar eine Mark verdient und eine gleich wieder
ausgegeben, jedoch kam dem Kapitalismus durch diesen Handel immer eine
Mehrwert zu. Im Osten jedoch fehlte dieser Mehrwert.
Wenn man davon ausgeht, dass es nach
dem Aufbau der kapitalistischen Wirtschaft im westen hätte wieder zur
Krise kommen müssen, erklärt sich so, wie diese lediglich verschleppt
wurde und es letztlich zum "Wirtschaftswunder" kommen musste. In einem
geschlossenem Geldkreislauf ist es bei einer aufgebauten
kapitalistischen Wirtschaft unmöglich, Mehrwert zu produzieren, da
dieser sofort wieder vom Kapital "aufgefressen" wird, durch das Kapital
also wieder vernichtet wird. Zur Beibehaltung der Preisstabilität
konnten Kredite nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden und ein
kontinuierliches Wirtschaftswachstum in Form der Geldmengenzunahme war
gewährleistet. Dies wiederum führte zum extremen anwachsen von Kapital,
was letztlich zum erhöhten Preisdruck Richtung Osten führen musste. Im
Osten machte sich das deutlich spürbar - aus der eigentlich recht
effizient sein müssenden Planwirtschaft wurde eine Mangelwirtschaft. Die
Leute hatten ausreichend Geld, jedoch mangelte es an den Gütern, welche
ausgeführt wurden und an denen, die nicht importiert werden konnten.
Dennoch war eine DDR 1989 weder pleite noch marode, wie diese beiden
Artikel von
Karl Mai
und
Daniela Dahn
darstellen bzw. belegen.
Wir dürfen also sagen, dass die nach
dem zweiten Weltkrieg installierten Planwirtschaften dazu dienten,
Mehrwert in kapitalistische Länder zu exportieren. Vergleicht man das im
Weltmaßstab, ist es nicht verwunderlich, dass der Kapitalismus einige
Jahrzehnte recht krisenfrei lebte. Noch heute sieht man die Auswirkungen
der Planwirtschaft am Außenhandelsdefizit der USA. Länder wie
Westdeutschland leiteten den Mehrwert teils weiter, den die USA als
führende Wirtschaftskraft voll auf die Breitseite, sichtbar in Form
ihres Handelsbilanzdefizites, bekam.
Nach 1990 wendete sich allerdings das
Blatt. Der Kapitalismus fand DIE Mehrwertquelle in den sich öffnenden
ehemals sozialistischen Ländern und hatte mit seinem Plünderzug nie
gekannte Zuwächse. Auf der anderen Seite ist es ihm nicht möglich, eine
funktionierende Wirtschaft im ehemaligen Osten aufzubauen, wie
diese Quelle
belegt. Wie schon im 19. Jahrhundert hat ein Zeitraum von ca. zehn
Jahren ausgereicht, um die Gesellschaft bis zur Krise zu plündern. Die
einzigen Quellen für Mehrwert, um die allgemeine Krise aufzuhalten,
welche sich in ihrer globalisierten Form auf sämtliche kapitalistischen
Länder gleichmäßig verteilt, stellen die Osterweiterung, einige
arabische Länder, die man noch plündern kann sowie das Riesenreich der
Mitte dar. Man kann davon ausgehen, dass die
riesige Volkswirtschaft von
China, die zu einem Teil schon aus Marktwirtschaft besteht, andernteils
jedoch noch Planwirtschaft ist, die Hauptquelle für Mehrwert der
kapitalistischen Länder darstellt. So, wie sich China öffnet, fängt die
Krise an sich zu verstärken.
Vergleichen wir die Weltökonomie mit
einem großen Stern und seiner Entwicklung, begann irgendwann vor 20.000
Jahren das Wasserstoffbrennen mit der Produktion des ersten Mehrwertes.
1917 wurde durch die Revolutionen und die erste Planwirtschaft das
Heliumbrennen gezündet. Der Kapitalismus konnte anfangen, sich von einer
Planwirtschaft zu zehren. 1990 zündete durch den historisch
folgerichtigen Rückfall der ehemals sozialistischen Länder (wie es Marx
und Lenin auch bereits vorhersahen, dass Kommunismus nicht in einem Land
möglich ist. Jetzt wissen wir, weshalb man es dennoch machte.) in den
Kapitalismus bereits das Kohlenstoffbrennen. Sowie sich China geöffnet
hat und öffnet beginnt die eigentliche ökonomische Supernova und stößt
die äußere Hülle ab. Die Pleiten werden rasant steigen und die
Kapitalmärkte zusammenbrechen. Eine Stabilisierung des Kapitalismus ist
unmöglich, da Mehrwertquellen aufgrund des immensen Kapitals fehlen und
produzierter Mehrwert sofort durch dieses immense Kapital wieder
vernichtet wird. Dagegen waren die
zehn Tage, die die Welt erschütterten (John
Reed), nur ein sanftes Wackeln. Der Kern stürzt in China als letztes
"kommunistisches" Land ein - es wird also durch die starken
Kapitalzuflüsse rasant verarmen, wie es bislang in Osteuropa und
Russland zu sehen war. Nur in wesentlich kürzerer Zeit. Bis dahin werden
soziale Zugaben des
Sozialstaates drastisch gekürzt werden und
lohnabhängige Beschäftigte und Arbeitslose in ihre absolute Freiheit
entlassen - frei von restlos allem, so sie es nicht schon sind. Die
Klassen spalten sich weltweit in zwei Lager - 6,5 Milliarden ehemalige
Arbeiter und eine handvoll Besitzende. Dies führt letztlich zum
dialektischen Sprung, gemäß dem
Gesetz vom
umschlagen von Quantität in Qualität
und umgekehrt, hin zu einer qualitativ neuen,
da klassenfreien Gesellschaft.
Ob dieser Prozess gesteuert werden
kann? Von den mit sich selbst beschäftigten, sich "Kommunisten"
nennenden, sicherlich nicht. Die haben damit zu tun, Parteien zu gründen
bzw. Wege ausfindig zu machen, sich dem Kapitalismus anzupassen. Mit den
von Marx als Kommunisten bezeichneten haben sie wenig gemein.
Man kann nur hoffen, dass "das
Proletariat" emanzipiert genug ist und sich friedlich organisiert,
ansonsten wachsen wir nicht in den Kommunismus sondern eine Katastrophe
hinein. |
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Einige
Begriffsklärungen zu Marx und Engels, die immer wieder verdreht
verwendet werden:
Sozialismus: Utopie als
eigenständiges Gesellschaftssystem. Er ist keine qualitativ neue
Entwicklungsstufe. Sozialismus verstand Marx als den
sozialen Aspekt im Kapitalismus, also dessen antagonistischen
Widerspruch. Sozialismus gab es in Deutschland also nicht erst seit der
Gründung der DDR sondern schon am Beginn des 19. Jahrhunderts.
Sozialismus gibt es ausschließlich in einer bürgerlichen Gesellschaft.
Sollten wir irgendwann wieder in einem Sozialismus landen, welcher
zentralistisch geführt wird, ist die nächste Revolution vorprogrammiert.
Dieser Staat kann nur wieder stalinistisch werden. Historisch gesehen
ist es aber sehr schwer möglich.
Kommunismus: kein Staat.
Engels dazu:
1. Frage: Was
ist der Kommunismus?
Antwort: Der Kommunismus ist die Lehre von den Bedingungen der
Befreiung des Proletariats.
Es handelte sich hierbei also
nicht um eine Gesellschaftsform, sondern um die Wissenschaft der
Gestaltung einer Gesellschaft. In seiner ersten Stufe hat eine freie
Gesellschaft die Aufgabe, den Staat als das Grundübel zu demontieren.
Ein Staat ist immer ein Organ zur Machtausübung - damit erwächst eine
Gruppe nur wieder zur Herrschaft über eine andere.
Er ist kein politisches
System sondern die Anpassung der menschlichen Gesellschaft an deren
natürliche Entwicklung.
Proletariat: Engels dazu:
2. Frage: Was
ist das Proletariat?
Antwort: Das Proletariat ist diejenige Klasse der Gesellschaft,
welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer
Arbeit (2) und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht; deren
Wohl und Wehe, deren Leben und Tod, deren ganze Existenz von der
Nachfrage nach Arbeit, also von dem Wechsel der guten und schlechten
Geschäftszeiten, von den Schwankungen einer zügellosen Konkurrenz
abhängt. Das Proletariat oder die Klasse der Proletarier ist, mit einem
Worte, die arbeitende Klasse des neunzehnten (Anm: selbstverständlich
auch des 21. ) Jahrhunderts.
Der
geschichtliche Beruf des Proletariers (letzter Abschnitt) ist es
halt, Weltrevolution zu machen. Naja, eigentlich machen das die
Kapitalisten. Der Proletarier darf nur wieder aufräumen danach :-)
Kommunistische Partei: eine "Erfindung"
Lenins, geboren aus dem Zwang zur Organisation für die damaligen
Verhältnisse. Nach den historischen
Erfahrungen widerspricht es aber einer freien Gesellschaft, sich
innerhalb einer Partei zu organisieren.
Marx/Engels dazu:
In
welchem Verhältnis stehen die Kommunisten zu den Proletariern überhaupt?
Die Kommunisten sind keine besondere Partei
gegenüber den andern Arbeiterparteien.
Sie stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie
die proletarische Bewegung modeln wollen.
Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen
proletarischen Parteien nur dadurch, daß sie einerseits in
den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen,
von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats
hervorheben und zur Geltung bringen, andrerseits dadurch, daß sie in den
verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat
und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung
vertreten.
Nirgends schreibt er, dass sie einen
bürgerlichen Wahlverein gründen sollen. Mit "vereinigen" sind überdies
auch keine Vorgänge in sexueller Hinsicht gemeint :-)
Parteien als solche sind aber nur
Selbstbeschäftigung einer elitären Gruppe. Entweder sind alle in dieser
Partei, dann führt das dazu, dass sie sich mit der Entwicklung Partei
anstatt der Realität beschäftigen, oder es ist keiner in einer Partei
und man hat die Möglichkeit, sich mit den Realitäten
auseinanderzusetzen. Parteien sind als unnötig bzw. bewirken das
Gegenteil dessen, was sie sollen. Wir erleben es täglich aufs neue, sie
sind ein Element einer bürgerlichen Gesellschaft. Was sollen
emanzipierte Menschen auch mit einem "Führer" anstellen? Ihn führen?
Kapitalist: Es gibt nicht "den" oder "die"
Kapitalisten. Kapitalist ist eine gesellschaftliche Stellung. Jeder, der
mit hundert Mark auf dem Konto Zinsen bekommt, ist somit ein kleines
Stück Kapitalist. Marx/Engels dazu:
Kapitalist sein, heißt nicht nur eine rein persönliche, sondern eine
gesellschaftliche Stellung in der Produktion einzunehmen. Das
Kapital ist ein gemeinschaftliches Produkt und kann nur durch eine
gemeinsame Tätigkeit vieler Mitglieder, ja in letzter Instanz nur durch
die gemeinsame Tätigkeit aller Mitglieder der Gesellschaft in Bewegung
gesetzt werden.
Das Kapital ist also keine persönliche, es ist eine gesellschaftliche
Macht.
Wenn also das Kapital in ein gemeinschaftliches, allen Mitgliedern
der Gesellschaft angehöriges Eigentum verwandelt wird, so verwandelt
sich nicht persönliches Eigentum in gesellschaftliches. Nur der
gesellschaftliche Charakter des Eigentums verwandelt sich. Er verliert
seinen Klassencharakter.
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