Organspende und Organhandel
Etwa 48.000 Menschen leben in Deutschland mit Hilfe der "künstlichen Niere". Rund 12.000 von ihnen stehen
auf der Warteliste für eine Nierentransplantation. Jährlich erleiden mehr als 2.000 Menschen, darunter Kinder und
Jugendliche, das Endstadium schwerster Leber-, Herz- oder Lungenerkrankungen. Ihr Leben kann nur mit Hilfe einer
Organverpflanzung gerettet werden, zumal es eine langfristige Ersatztherapie, wie die Behandlung mit der "
künstlichen Niere" nicht gibt.
Obwohl in Deutschland 1999 über 3.900 Organtransplantationen vorgenommen wurden, ist die Versorgung aller darauf
angewiesenen Patienten bei weitem nicht möglich.
Angesichts dieser Organknappheit, die aufgrund wachsender Nachfrage und wachsenden medizinischen Kapazitäten zustande
kommt, sind die Themen Organspende sowie Organhandel und dessen Bekämpfung immer mehr in den Mittelpunkt der
Diskussion gerückt.
Zur Gesetzeslage in Deutschland und Europa
Das Transplantationsgesetz in Deutschland
Das am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene Transplantationsgesetz (TPG) regelt die Spende, Entnahme und
Übertragung von Organen mit der erweiterten Zustimmungslösung. Das TPG schafft die Grundlage für jeden
Bürger, eine persönliche Entscheidung zur Organspende treffen zu können, oder sie zu übertragen.
Hierin lautet es u.a.:
Die Organentnahme, Vermittlung und Übertragung
Die Transplantation bestimmter Organe von Toten darf nur in dafür zugelassenen Transplantationszentren vorgenommen
werden. Sie ist nur zulässig, wenn die Organe durch eine Vermittlungsstelle (Eurotransplant*) unter Beachtung festgelegter
Regeln vermittelt wurden. Die Entnahme vermittlungspflichtiger Organe ist eine Gemeinschaftsaufgabe der
Transplantationszentren und anderer Krankenhäuser. Zur Organisation dieser Gemeinschaftsaufgabe wird eine
Koordinierungsstelle (die DSO**) bestimmt. Sie muß gewährleisten und in einem jährlichen Bericht nachweisen, daß
die im Transplantationsgesetz verankerten Maßnahmen nach den Vorschriften des Gesetzes durchgeführt wurden.
Ebenso soll für eine gerechte Verteilung der Organe eine Vermittlungsstelle beauftragt werden. Ihre Aufgabe ist es vor
allem, die Verteilung der Spenderorgane patientenorientiert nach Erfolgsaussichten und Dringlichkeit der
Organverpflanzung sicherzustellen.
*Eurotransplant
Vermittlungsstelle für Organtransplantate mit Sitz in Leiden/Holland.
Alle potentiellen Organempfänger der Benelux-Staaten, Österreichs und Deutschlands sind dort im Computer registriert.
Die Organe werden nach bestimmten Kriterien (Allokation) vermittelt.
**DSO
Deutsche Stiftung Organtransplantation.
Wurde 1984 gegründet. Sie stellt die Organisation der Transplantation und Organspende in Deutschland sicher.
Die Lebendspende
Die Organentnahme von einer lebenden Person ist nur zulässig, wenn es sich um eine
volljährige Person handelt, die in die Entnahme eingewilligt hat. Der Organspender ist zuvor über
die Art des Eingriffs und mögliche mittelbare Folgen und Spätfolgen für seine Gesundheit durch
den Arzt aufzuklären. Sein Leben darf über das Operationsrisiko hinaus nicht gefährdet sein.
Der Eingriff ist durch einen Arzt vorzunehmen und nur erlaubt, wenn zum Zeitpunkt der
Organentnahme kein geeignetes Organ eines toten Spenders zur Verfügung steht.
Die Lebendspende ist nur zulässig zur Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades,
Ehegatten, Verlobte oder Personen, die in besonderer persönlicher Beziehung stehen. Eine
Organentnahme darf erst durchgeführt werden, wenn Organspender und -empfänger sich zu einer
ärztlichen Nachbetreuung bereit erklärt haben. Eine Kommission hat zu begutachten, ob die
Einwilligung in die Organspende freiwillig erfolgt und nicht Gegenstand von Organhandel ist.
Organhandel
Es ist verboten, mit Organen, die einer Heilbehandlung dienen, Handel zu betreiben. Unter das
Verbot fällt, solcherart gehandelte Organe zu entnehmen, zu verpflanzen oder sich selbst
einpflanzen zu lassen. Wer hiergegen verstößt, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
mit einer Geldstrafe bestraft. Bereits der Versuch eines Organhandels ist strafbar. Das Gericht kann
bei Organspendern und Organempfängern bei Vorliegen eines Organhandels von einer Strafe
absehen oder sie nach seinem Ermessen mildern.
Das europaweite Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin
Ein europaweites Abkommen des Europarats("Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die
Anwendung von Biologie und Medizin : Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin vom 4.April 1997)
war der Vorläufer dieses TPG und hat u.a. (z.B. in "Kapitel 6: Entnahme von Organen und Geweben von lebenden Spendern
zu Transplantationszwecken" oder "Kapitel 7: Verbot finanziellen Gewinns; Verwendung eines Teils des menschlichen
Körpers") generelle bioethische Maßstäbe gesetzt.
Insofern wird der Organhandel - zumindest in Europa - strafrechtlich verfolgt und ein Missbrauch wird weitestgehend
ausgeschlossen.
Die Lage weltweit
Weltweit gibt es aber noch keine übereinstimmenden Vereinbarungen und noch immer werden mit Organhandel große,
illegale Geschäfte gemacht. Besonders in Ländern der Dritten Welt, wo finanzielle Not in weiten Teilen der Bevölkerung
herrscht und die Gesetzeslage oftmals unzureichend geklärt und gefestigt ist, entstehen oftmals günstige Bedingungen für einen sog.
illegalen "Organtourismus".
Beispiel Indien
Der illegale Organhandel blüht meistens in den ärmsten Regionen Indiens. Dies hat mehrere Gründe:
- Materielle Not treibt die Menschen dazu, eine ihrer zwei Nieren oder andere entbehrliche Organe an
Organhändler zu Preisen von umgerechnet etwa 1000 - 2000 Mark zu verkaufen.
Das Geld reicht oft nur dazu aus, Folgeerkrankungen, die aufgrund der unzureichenden oder versäumten Nachbehandlung
entstanden sind, zu bezahlen.
- Das 1994 verabschiedete Gesetz verbietet zwar den Handel mit menschlichen Organen, ist aber noch nicht wirksam
in Kraft getreten, so dass z.B. Nieren auch an andere Menschen als nahe Verwandte gespendet werden können.
- Die kriminellen Machenschaften sind sehr gut organisiert: Experten gehen sogar davon aus, dass Menschen, besonders
Kinder, entführt werden, um ihnen eine Niere zu entnehmen.
- Es ist oft nicht möglich für diese Opfer, etwas gegen die an ihnen begangenen Verbrechen zu unternehmen, da die
Organhändler häufig großen Einfluss auch in der Justiz besitzen.
Die Folgen sind oft negative Nachwirkungen auf der Seite der Spender wie der Empfänger: Durch schlechte medizinische
Hilfsmittel und Bedingungen, mangelndes Expertenwisssen, chirurgische Fehlleistungen und unzureichende Nachsorge
ist ein erhöhtes Risiko gegeben, an AIDS oder einer anderen Infektionskrankheit zu erkranken oder andere
gesundheitliche Schäden davon zu tragen.
Beispiel China
Anfang dieses Jahres erreichte die Medien folgende Meldung: In China werden Organe hingerichteten
Strafgefangenen entnommen und zahlungskräftigen Patienten aus dem Ausland eingepflanzt. Nach offiziellen
chinesischen Darlegungen würde solch ein Eingriff nur mit Einverständniserklärung der Häftlinge geschehen. Ein
Bericht der AFP ("Agence France-Presse") widerlegte dies jedoch anhand der Aussage eines Arztes des Sun Yat Sen-Krankenhauses in Hongkong.
Auch Augenzeugenberichte chinesischer Dissidenten bekräftigen diese Zustände. Die Hinrichtungen würden sogar
terminlich den Wünschen und Bedürfnissen der zahlenden Ausländer angepasst,d.h. in manchen Fällen, um Wartezeiten zu
vermeiden, einfach vorgezogen.
Gründe für diese Vergehen an den Menschenrechten liegen zum großen Teil in den politischen Rahmenbedingungen Chinas,
die schon lange von den westlichen demokratischen Regierungen und von Menschenrechtsorganisationen
(z.B. amnesty international) scharf kritisiert werden. Doch bis heute hat China keine wesentlichen Schritte für
eine dem Menschen würdigere Zukunft getan.
Ist eine Veränderung der Gesetzeslage in Deutschland nötig?
Aufgrund des bestehenden Organhandels und des akuten Organmangels in Deutschland stellt sich die
Frage, ob illegale Organgeschäfte auch bis nach Europa bzw. Deutschland eindringen können oder evtl. bereits vorgedrungen
sind. Um dieser kriminellen Entwicklung in vielen Ländern der Dritten Welt und den stets sich verschärfenden
Bedingungen entgegenzuwirken, könnten noch zahlreiche Maßnahmen unternommen werden.
Vorschläge dazu gibt es bereits viele, z.B.:
- Das Transplantationszentrum in Düsseldorf sieht eine Chance in der intensiven Förderung der
Lebendnierentransplantation, vor allem bei Nicht-Verwandten.
Positive Langzeitergebnisse sind laut amerikanischer Publikationen in diesem Bereich zu erwarten und
ermutigen die Ärzte, mit dieser Methode weiter zu arbeiten.
Diese Form der Lebendspende muss jedoch besonders streng kontrolliert werden, da sie, wie die Erfahrungen im
Ausland gezeigt haben, zum Organhandel missbraucht wird. Experten schätzen sogar, dass es zahlreiche
gefälschte Bescheinigungen über Verwandtschaft gibt, wenn dies die Voraussetzung zur Organspende ist.
- Andere Meinungen zu diesem Problem fordern die Änderung des TPG insofern, dass die Organspende gesetzlich
als Pflicht festgelegt werden soll. Belgien ist mit seiner Regelung der "stillschweigenden Einwilligung", die
regelrecht zu einem Organüberschuss führt, das passende Beispiel:
Hier können ohne explizite Gegenerklärung jedem Verstorbenen Organe entnommen werden. Will man sich
dagegen wehren, so muss man zu Lebzeiten seinen Namen persönlich im Stadthaus in ein Computerregister eintragen. Bevor
eine Organentnahme bei einem Todesfall durchgeführt wird, konsultiert das Krankenhaus dieses Register.
Es befürchten aber viele Belgier, dass das Register auch beim Antrag eines Organempfangs konsultiert werden
könnte, und dass bei Organmangel oder Engpässen spendenwillige Patienten spendenunwilligen vorgezogen würden.
So wie das Gesetz zur Organspendepflicht in Belgien besteht, ist es sicherlich noch verbesserungswürdig. Besonders die
Rolle und Aufgabe des Computerregisters müsste in der Öffentlichkeit klarer dargestellt werden, um Angst und Misstrauen
in der Bevölkerung abzubauen. Gleiches gilt auch für die Lebendspende bei Nicht-Verwandten.
Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer breiten Diskussion und Aufklärung, um mit alten Tabus und
Klischeevorstellungen aufzuräumen, ist dafür notwendig. Denn schließlich sollte es das Ziel sein, eine bewusste
Bewegung für die Organspende in der Bevölkerung zu schaffen und das nicht aufgrund von Angst, sondern von
Überzeugung und Vertrauen.
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Weiterführende Informationen bei Medicine-Worldwide:
Lesen Sie auch unsere Artikel zu:
Organtransplantation,
Infektionskrankheitenwie z.B.
Hepatitis und
Aids.
Weiterführende Internetadressen:
Arbeitskreis Organspende
http://www.arbeitskreisorganspende.de
Transplantationszentrum Düsseldorf
http://www.tpz.uni-duesseldorf.de/lebendniere.html
Eurotransplant
http://www.transplant.org
Bundesministerium für Gesundheit
http://www.bmgesundheit.de/organ/organ.htm
Forum Organspende und Transplantation
http://www.organspende.solution.de
Quellen:
Mit freundlicher Genehmigung des "Arbeitskreis Organspende",
http://www.arbeitskreisorganspende.de
Transplantationszentrum Düsseldorf
http://www.tpz.uni-duesseldorf.de/lebendniere.html
Eurtotransplant
http://www.transplant.org
Bundesministerium für Gesundheit
http://www.bmgesundheit.de/organ/organ.htm
http://www.weltwoche.ch, "Geschäft mit Teilen der Körper" von David J. Rothman, erschienen in Nr.25/98, 18.6.1998
http://www.buddhanetz.net/aktuell/organe.htm; "Chinesische Ärzte bestätigen Handel mit Organen von Hingerichteten", AFP, Jan. 2000
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