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[ox] TELEPOLIS: Die Rueckkehr des Feudalismus mit andere...



Dieser TELEPOLIS Artikel wurde Ihnen
von Stefan Merten <smerten@oekonux.de> gesandt.

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Auf diese Geschichte bin ich durch einen CONTRASTE-Artikel aufmerksam 
geworden. Der Artikel hier ist schon etwas älter, beschreibt aber ganz 
gut  das Problem. Intellectual Propery Rights bei den Brötchen...

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Die Rückkehr des Feudalismus mit anderen Mitteln

Peter Mühlbauer   09.10.2000 

Landwirte kämpfen gegen Lizenzgebühren für selbst produziertes Saatgut 

Wenig beachtet und abseits der anderen Debatten um Patent- und 
Urheberrechte spüren Landwirte in Deutschland derzeit die Auswirkungen 
einer bereits vor Jahren erfolgten Ermächtigung der Hersteller von 
Saatgut zum Schutze ihres "geistigen Eigentums". Plötzlich müssen die 
Landwirte auch für selbst hergestelltes Saatgut Lizenzgebühren in Höhe 
von 80% des Kaufpreises von neuem Saatgut bezahlen und sehen sich 
zunehmender Kontrolle durch den Verband der Saatguthersteller 
ausgesetzt. Blüht ähnliches auch Personen, die ihren Lebensunterhalt 
nicht mit Saatgut, sondern mit Software erwirtschaften?  

Bis 1997 konnten Bauern selbst gezogenes Saatgut, das auf der Basis von 
geschütztem Saatgut gewachsen war, kostenfrei nachbauen. Seit 1997 
können u.a. Kartoffeln, Getreide und Raps zwar nachgebaut werden, 
allerdings muss nach § 10a Abs. 3 des Sortenschutzgesetzes ein Entgelt 
bezahlt werden. Andere Sorten dürfen überhaupt nicht nachgebaut werden. 

Die Ereignisse vermitteln einen Vorgeschmack dessen, was passieren 
kann, wenn einer Industrie umfassende neue Eigentumsrechte eingeräumt 
werden. Die gesetzlichen Grundlagen der jetzigen Prozesse wurden zu 
einer Zeit beschlossen, als sich noch kaum jemand um exzessive 
Ausweitungen des Schutzes von geistigem Eigentum Gedanken machte: Im 
März 1991 beschlossen die in der International Union for the Protection 
of New Varieties of Plants (UPOV) [1] Staaten und Unternehmen eine 
Gebührenpflicht für den Einsatz von Saatgut, welches einmal geschützten 
Sorten entsprang. Kaum jemand nahm von der Änderung dieses Abkommens 
Notiz. 

1994 wurde die Übereinkunft auf europäischer Ebene mit der 
EG-Verordnung Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den 
gemeinschaftlichen Sortenschutz und einer weiteren Verordnung für 
Ausnahmeregelungen umgesetzt. Erst danach erfuhren erste informierte 
Bauern davon, was auf sie zukam. Vom Umfang der Kontrollen und von der 
Höhe der Gebühren ahnten sie allerdings noch nichts - sprach doch die 
Verordnung davon, dass die Nachbaugebühren "deutlich niedriger" liegen 
sollten als der Neupreis für zertifiziertes Saatgut. Hellhörig 
gewordene Bauern wie Adi Lambke, Sprecher der Interessengemeinschaft 
gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren, die 
Landwirtschaftsministerium, Sortenamt und Bauernverband befragten, 
scheiterten lange an einer Mischung aus Auskunftsverweigerung und 
bürokratischer Ineffizienz der Gesetzgebungs- und Verbandsmaschinerie: 
Man wusste nichts, man war "nicht zuständig", man hatte "keine Zeit" 
oder schickte nichtssagende Informationsbroschüren, ohne auf konkrete 
Fragen einzugehen. 

Ohne vorherige öffentliche Diskussion schloss der Deutsche 
Bauernverband 1996 schließlich ein Kooperationsabkommen zur Umsetzung 
der Gebührenpflicht mit dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter 
(BDP). 1997 wurden die in der Übereinkunft beschlossenen Erweiterungen 
der Rechte der Pflanzenzüchter mit der Änderung des 
Sortenschutzgesetzes (SortSchG) [2] in Deutschland durchsetzbares 
Recht. 

Landwirtschaftsministerium und Bauernverband schieben sich gegenseitig 
die Schuld für die derzeitige Situation zu. Der Bauernverband 
behauptet, bis 1991 gegen die Änderung des internationalen Abkommens 
gekämpft zu haben. Trotzdem schloss er ein Kooperationsabkommen ohne 
weitreichende Information und Beteiligung der Bauern, das erheblich 
höhere Lizenzgebühren zuließ, als in der EG-Verordnung vorgesehen. 
Dieses Abkommen diente der Bundesregierung als Grundlage für die 
Änderung des Sortenschutzgesetzes. Aus diesem Grunde werden Proteste 
von Bauern beim Landwirtschaftsministerium mit der Bemerkung 
abgeschmettert, die Regelungen seien ja dem Kooperationsabkommen des 
Bauernverbandes mit den Pflanzenzüchtern angepasst. 

Obwohl das Sortenschutzrecht Teil des Privatrechts ist, werden den 
Exekutivorganen der Pflanzenzüchter durch die Auskunftspflicht 
Eingriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre der Landwirte eingeräumt, 
die denen staatlicher Organen ähnlich sind. So müssen auch Bauern, die 
eigentlich von der Gebührenpflicht befreit sind, jederzeit mit einer 
Überprüfung ihres Status im Rahmen von Kontrollen der 
Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) rechnen und dafür sogar 
entsprechende Nachweise bereithalten. Reagieren Bauern nicht sofort auf 
die Wünsche der Kontrolleure, werden Strafgelder verhängt. Sogar den 
bürokratischen Apparat für ihre eigene Kontrolle müssen die Bauern 
selbst finanzieren. Die unpopulären Gebühren werden - auch wegen der 
Art ihrer Eintreibung - weniger als Kaufpreis für ein Produkt, denn als 
Steuern wahrgenommen. Manche Bauern vergleichen die Gebühren und 
Kontrollen der Nachbauregelung mit den Abgaben, die Bauern im 
Feudalismus an ihre Herren zu liefern hatten. Unter besonderen Beschuss 
geriet die STV, die keiner Kontrollinstanz unterworfen ist, nachdem 
bekannt wurde, dass sie auch für nicht geschützte Sorten unberechtigt 
Nachbaugebühren eingezogen hat. 

Eine Regelung, die geistiges Eigentum schützen sollte, führte so zur 
materiellen Enteignung der Bauern an den von ihnen selbst gezogenen 
Feldfrüchten. Dabei behindert die Sortenschutzverordnung eher die 
Entwicklung besserer Sorten, weil schon für die bestehenden kassiert 
werden kann. Der Anreiz zur Entwicklung von Sorten, deren Kauf wegen 
neu entwickelter Vorzüge für die Bauern lohnenswert ist, geht verloren. 
Das Eintreiben von Gebühren auf ein Monopol ist lohnender als die 
Entwicklung konkurrenzfähiger Produkte im Wettbewerb. 

Erst nachdem die negativen Auswirkungen für die Bauern spürbar wurden, 
regte sich langsam Protest. Viele Bauern verweigern mittlerweile die 
Abgabe ihrer Nachbauerklärung. Die sensibilisierten Landwirte 
befürchten sogar eine Ausweitung des Urheberrechtsschutzes zugunsten 
von Tierzuchtfirmen. 

Pro zuständigem Landgericht und Oberlandesgericht finanziert die 
Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren 
einen Musterprozess gegen die weitreichenden Kontrollbefugnisse der STV 
und gegen die überhöhten Gebühren. Aber auch die STV verklagt 
massenhaft Bauern, welche die Auskunft verweigern. Allein im September 
gingen mehr als 900 Klagen der Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH gegen 
Bauern an zwei Zivilkammern des Münchner Landgerichts ein. 

Was die grundsätzliche Gebührenpflicht betrifft, ist aus Sicht der 
Bauern das Kind, wie geschildert, bereits vor Jahren in den Brunnen 
gefallen. Gegen die Höhe der Lizenzgebühren und die Kontrollpraxis der 
STV bestehen allerdings durchaus noch juristische Chancen auf 
Besserung. Das Oberlandesgericht Braunschweig stellte am 29. Juni 
dieses Jahres fest, dass eine Auskunftspflicht für nur in Deutschland 
geschützte Sorten [3] nicht besteht, empfahl gleichzeitig aber die 
Vorlage beim Bundesgerichtshof. Bis in diesem Verfahren eine 
Entscheidung fällt, müssen die niedersächsischen Bauern nur über die 
EU-weit geschützten Sorten [4] Auskunft geben. Das Oberlandesgericht 
Frankfurt hat die Auskunftsklage gegen einen Bauern ausgesetzt und dem 
Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob die Europäischen 
Sortenschutzbestimmungen einen "allgemeinen Auskunftsanspruch" 
beinhalten. Neben den Gerichten hätte aber auch die Bundesregierung 
durchaus noch Spielraum, die negativen Auswirkungen der Übereinkunft 
einzudämmen: Eine Begrenzung der Zahlung von Nachbaugebühren auf 
höchstens drei Nachbaujahre wäre z.B. eine Einschränkung, die das 
internationale Abkommen durchaus zuließe. 

Nutznießer der Regelung sind vor allem Chemiekonzerne, welche die 
Rechte am Saatgut halten. Heute gehören fast alle Saatguterzeuger zu 
Konzernen wie Novartis [5] (früher Sandoz und Ciba-Geigy) oder 
Monsanto [6]. Seit die Erteilung von gentechnischen Patenten in den USA 
und später in Europa erlaubt wurde, konzentrieren diese Unternehmen 
ihre Forschung auf das Erlangen von Monopolsystemen mittels Gentechnik. 
1998 wurde in den USA ein Patent auf ein Verfahren gewährt, das die 
Sterilisierung von Saatgut erlaubt. Der Konzern Monsanto lizensierte 
bereits vor Jahren sein Saatgut über Anbauverträge, in denen sich die 
Landwirte unter anderem verpflichten mussten, lediglich die 
Pestizidmarken des Konzerns zu benutzen und auch Jahre nach dem Kauf 
des Saatguts Inspektoren das Konzerns Zutritt zu den Feldern zu 
gewähren ( Saatgutkonzerne am Weg zum Genmonopol [7]). In Deutschland 
hat der Gesetzgeber durch die Übertragung weitgehender Befugnisse an 
die Sortenschutzinhaber solche Vertragspraktiken zur Monopolsicherung 
teilweise sogar überflüssig gemacht. 

In den USA bestand eine erhebliche personelle und finanzielle 
Vernetzung des Monsanto-Konzerns mit der Ernährungs- und 
Arzneimittelbehörde FDA. Die Informations- und Verhandlungspolitik des 
Deutschen Bauernverbandes, dessen Kooperationsabkommen als spezielle 
Vereinbarung sogar den von der EU festgelegten Höchstsatz für 
Nachbaugebühren aushebelte, bietet Spekulationen über ähnliche 
Vernetzungen auch in Deutschland durchaus Raum. Vor allem, wenn man 
bedenkt, dass in Ländern wie Frankreich aufgrund eines Boykotts der 
dortigen Bauernverbände bisher noch gar keine Nachbaugebühren 
eingeführt wurden. 

In den Nachbaugebühren zeigt sich der Urheberrechtsschutz, der nicht im 
Naturrecht wurzelt, sondern im Grundsatz die staatliche Subvention 
bestimmter Arten von Produktion ist, in seiner nackten Form: Legte das 
Urheberrechtsgesetz noch strenge Schranken schöpferischer Leistung im 
Werk fest, die jedoch mit dem zunehmenden Schutz von Software immer 
mehr ausgehebelt wurden, so tritt im Sortenschutzgesetz bar jeden 
Vorwands schöpferischen Leistung der reine Investitionsschutzcharakter 
der Gebühren offen zutage. 

Blüht solch eine umfassende Überwachung und Massenklagen zur 
Durchsetzung von Lizenzgebühren, wie sie derzeit bei Landwirten 
geschieht, auch Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht mit Saatgut, 
sondern mit Software erwirtschaften? Sollen GEM [8], VG Wort [9], oder 
Medienkonzerne mit ähnlich umfassenden Auskunftsrechten wie der Verband 
der Sortenschutzinhaber ausgestattet werden? Eine umfassenden Kontrolle 
ist hier, sind erst einmal die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, 
sogar noch leichter möglich. Fragt sich, ob eine informiertere 
Bevölkerung ähnlich weitreichende Befugnisse für die Medien- und 
Softwareindustrie ( Der Kampf um das intellektuelle Eigentum [10]) 
verhindern kann und bei anderen, das Licht der Öffentlichkeit 
scheuenden, heimlichen Gesetzgebern wie der WIPO [11] und der 
WTO [12]oder bei der anstehenden Europäischen Urheberrecht-Richtlinie ( 
Streit über Urheberrecht-Richtlinie in der EU [13]) wachsamer sein 
wird. 

Links 

[1] http://www.upov.int/eng/index.htm
[2] http://transparent.com/gesetze/sortschg.html
[3] http://www.bundessortenamt.de
[4] http://www.cpvo.fr
[5] http://www.novartis.com
[6] http://www.monsanto.com
[7] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/2384/1.html
[8] http://www.gema.de/aktuell/pm_computer.html
[9] http://www.vgwort.de
[10] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/on/2472/1.html
[11] http://www.wipo.org
[12] http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/trips_e.htm
[13] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/8193/1.html

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http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/co/8874/1.html 

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