In Bremen gab es neulich eine Demo gegen die NPD. Die Gesinnung der Gegendemonstranten soll in folgendem Text kritisiert werden. Ebenfalls unter die Lupe genommen ist in diesem Zusammenhang ein Text der Bremer Gruppe "Kritik im Handgemenge"(KiH), welche die Demo auf eigentümliche Weise lobt und kritisiert.
1. Antifaschismus ist Affirmation
Eine Antifademo in Bremen oder sonstwo in der demokratischen BRD im Jahre 2006 ist eine praktische Parteinahme für die herrschende Ordnung, für den demokratischen deutschen Staat.
Diese "These" belegen zu wollen, ist ein beinahe schon lächerliches Unterfangen. Erstens sehen es die allermeisten Protagonisten der Demo gar nicht anders: ihr Grund gegen Nazis zu sein ist kein anderer als dass diese von den hiesigen politischen Maßstäben abweichen: "Ihr Ziel ist die Abschaffung jeder Form von Freiheit und daran müssen sie gehindert werden."(1) (Bündnisaufruf zur Demo gegen die NPD). Zweitens marschiert zu solchen Anlässen nicht eben selten der demokratische Staat höchstselbst auf, in Form seiner zur Macht befugten Repräsentanten. In Bremen war der Bürgermeister dabei, der Innensenator, alle herrschenden Parteien, alle oppositionellen Parteien von ganz links bis hin zu den rechten Republikaner, die mitmarschiert wären, wenn man sie gelassen hätte. Wer im Rahmen der herrschenden Ordnung gegen die Ordnungsvorstellungen einer kleinen oppositionellen Szene protestiert, praktiziert(2) den Schulterschluss mit der herrschenden Ordnung. Noch mehr: der tut damit kund, was ihn wirklich stört an der deutschen Demokratie, nämlich, dass sich in ihr rechte Abweichler tummeln. Die ausgemachte antidemokratische Gesinnung der NPD ist der von den meisten Demonstranten auch offen ausgesprochene Grund ihrer Empörung über die NPD. Keineswegs ist es so, dass da Leute zusammenkommen, die sich an einem realen Stück Gewalt, einer brutalen, menschenfeindlichen Politik störten (und sei es nur als moralische Empörung, dass so etwas ja wohl nicht angehen könne) und nun die NPD als Akteure dieser Politik ausgemacht hätten. Das können sie schon deswegen nicht, weil die NPD in Deutschland eben nicht regiert und keine andere Politik macht, als eine von den herrschenden Nationalisten an manchen Punkten abweichende nationalistische Meinung zu vertreten. Die NPD ist zur Gewalt überhaupt nicht befugt und keine einziger geltend gemachter staatlicher Zweck in der BRD hat seinen Grund in der NPD.
Wem die praktizierte Gewalt des demokratischen Staates keinen hinreichenden Anlass für eine große Demo bietet, sondern wer stattdessen einer kleinen Nazi-Szene hinterherläuft, die ein Anliegen hat für das sie ganz die Gewalt des Staates gerne benutzen würde, wäre sie denn am Ruder – der Konjunktiv ist an dieser Stelle sehr entscheidend – der ist für diesen Laden, denn so schizophren kann ein Mensch gar nicht sein, dass er beim Gedanken an drohende Kriege, menschenfeindliche Politik und Rassismus unter einer vorgestellten NPD-Herrschaft Zustände kriegt, sich gemeinsam mit den Repräsentanten der herrschenden Kriege, des herrschenden Rassismus und der herrschenden menschenfeindlichen Politik Schulter an Schulter auf eine Demo stellt - und damit dann dokumentierte, dass er auch gegen diese sei. So schizophren kann niemand sein, dass er die Gewalt im Konjunktiv für das Gleiche oder wenigstens für gleich verabscheuenswürdig hielte wie die Gewalt im Indikativ.
2. Kritik im Handgemenge zwischen Lob...
Da sollte man sich also nichts vormachen, dass man es auf einer solchen Demo mit Demokraten zu tun hat, die gute Gründe dafür haben gegen die herrschende Politik gerade nicht zu demonstrieren. Offenkundig gibt es unter den Bremer Linken aber welche, die genau das machen, nämlich die Gruppe "Kritik im Handgemenge" (KiH). Die schreibt in ihrem Flugblatt zur Demo: "Dass viele Menschen gegen die Nazis auf die Straße gehen, ist gut." Auf dieses Lob der Demonstranten kommen sie, nachdem sie die Demo wie folgt charakterisiert hat:
"Am 4.11.2006 demonstriert die NPD in Bremen-Gröpelingen. Unter dem Motto "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" versuchen die Nazis, die verbreitete Unzufriedenheit mit der hohen Arbeitslosigkeit und den Unmut über die angeblich viel zu israelfreundliche deutsche Nahost-Politik zu verbinden, und sich als nationale Opposition zu profilieren. Das passt ganz gut zur Strategie der NPD, sich als Erbe links gemeinten Protests präsentieren, und sich überhaupt als Anwalt aller Unzufriedenheit deutscher Staatsbürger mit Staat, Gesellschaft und Wirtschaft darzustellen.
Dagegen(!) gibt es Protest."
Von wegen "Da" gegen! Der Aufruf gegen die Bremer NPD-Demo richtet sich weder gegen das NPD-Motto "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" noch dagegen, dass Arbeitslosigkeit ein Problem für die deutsche Gesellschaft darstelle noch dagegen, dass oppositionelle Politiker zum Wohle Deutschlands im Namen der Unzufriedenen ans Ruder kommen sollen dürfen. Das - stellvertretend für viele der Demo-Teilnehmer stehende - Bündnisflugblatt etwa geht mit keinem Wort auf diese politischen Anliegen der NPD ein. Vielmehr reicht ihm das Deuten auf die NPD als "Nazis" als "Argument" total aus, weil es sich sicher ist, damit anständige Demokraten aufzuwühlen, die nicht viel über Nazis wissen außer dass sie in einer Demokratie nichts verloren haben. Dass vermeintliche Flugblatt gegen die NPD liest sich überhaupt nicht wie eins gegen die NPD sondern wie eins gegen die NSDAP. Kein Wunder, bei der Identität der politischen Zwecke - da muss man sich statt die reale NPD-Politik zu kritisieren erst mal einen NSDAP-Pappkameraden(3) aufbauen auf den man dann eindreschen kann.
Anstatt hier mit der Kritik der Demonstranten anzufangen, werden sie von KiH in ihrem Anliegen erst einmal total bestätigt:
"Dass viele Menschen gegen die Nazis auf die Straße gehen, ist gut: Nazis sind gefährlich. Sie bedrohen alle Menschen, die sie als nicht-deutsch, undeutsch oder antideutsch sortieren."
Damit lobt KiH einen Protest der offenkundig gar nichts anderes sein kann als die Parteinahme für die herrschende demokratische Politik. Es ist unmöglich, sich das schönzulügen. Wenn da 10.000 Leute zusammenkommen, die sonst nie auf die Straße gehen, aber plötzlich bei der NPD wild empört sind, dann muss man mal zur Kenntnis nehmen, dass diese Leute für sich gute Gründe haben, warum sie demokratisch legitimierte Gewalt gegen Nicht-Deutsche, Undeutsche oder Antideutsche (gemeinhin, also auf demokratisch, nennt man diese Gewalt Ausländer-, Außen- und Sicherheitspolitik) eben nicht auf die Palme bringt. Die Leute haben da nichts übersehen, wenn sie gegen die Gewalt der NPD im Konjunktiv viel haben aber nichts gegen die Herrschende. Die haben da im Ernst nichts gegen. Die Leute stören sich nicht an staatlicher Gewalt sondern an einer NPD (die sie sich immer bloß als NSDAP=Auschwitz denken können) an den Schalthebeln der Macht. Sonst würden sie jeden Tag eine Demo vor dem Rathaus machen und sich nicht beim Bürgermeister einhaken.
Da gibt es folglich kein Lob zu verteilen, Protest gegen Nazis ist nicht schon der halbe Weg zu einer schlechten Meinung über den Staat. Es ist bis weit ein die radikale Antifa hinein die Affirmation dieses Staates, von dem man weiß, dass er eine höchste Gewalt ist, deren rücksichtslosen Einsatz man sogar fordert - gegen Nazis.
3. ...und Tadel
Das Verrückte ist, dass KiH nicht völlig ahnungslos auf Seiten der Zwecke der Demo steht sondern auf Seiten der Demonstranten steht und(!) Gründe weiß, warum es sich dabei um einen erzdemokratischen staatsbürgerlichen Protest handelt. Ernst genommen ist das ganze Flugblatt eine Widerlegung des Einstiegslobes. Und KiH weiß sogar den Grund dafür, warum die Leute die Parolen der NPD nicht kritisieren sondern die NPDler als NSDAPler diffarmieren: sie teilen ihre Parolen!
"Wenn ein breites Bündnis gegen die Nazis demonstriert, dann leider nicht deswegen, weil es gemeinsam gegen die Inhalte des Naziaufrufs protestieren will. Die Forderung "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" finden viele vernünftig, ebenso die Vorschläge der Nazis, gespartes Geld lieber zur "Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und eine menschenwürdige Unterstützung von Arbeitslosen, Alten und Kranken" einzusetzen. Eben weil die politischen Forderungen der Nazis heute so wenig von den Forderungen der demokratisch gesinnten Durchschnittsbürger abweichen, vermuten letztere dann auch Betrug und Vertuschung auf Seiten der Nazis. So würden die Nazis entweder ihre eigentlichen Ab- und Einsichten unterschlagen, etwas anderes schreiben als sie meinen oder hätten den Aufruf bewusst knapp und ungenau formuliert, so dass man darin vieles lesen könne. Einsehen, dass Demokraten und Faschisten tatsächlich (ganz ehrlich!) viele Gemeinsamkeiten in Überzeugungen und Interessen haben, wollen sie nicht."(KiH)
4. Für Volkskritik statt Volksberatung
Das will man sich bei KiH nämlich also nicht nachsagen lassen, dass man für Demokratie sei. Also setzt man an die Stelle einer Kritik der Demonstranten erst mal ein falsches Lob und rudert dann anschließend mit kräftigen Schlägen wieder zurück. Heraus kommt ein ziemliches Affentheater, dass man sich hätte sparen können, wenn man die demokratische Gesinnung der Demonstranten ernst genommen und sich eine Kritik dieser Leute getraut hätte. Demokratie und Faschismus sind kein Gegensatz sondern zwei Formen der gleichen bürgerlichen Herrschaft. Geldmacht und Staatsmacht für Deutschland ist das Anliegen beider und der Rest ist Zwist unter feindlichen Brüdern um die richtige Methode. Und im antifaschistischen Demonstranten hat der Kommunist keinen Verbündeten vor sich, dem mal klar gemacht werden müsste, dass seine Demo das falsche Mittel gegen Faschismus ist - sondern eben einen feindlichen Bruder der demokratischen Sorte. Der gehört kritisiert und nicht beraten.
Und ja, man macht sich beim Volk nicht beliebt, wenn man das Volk kritisiert statt an seinen Ansichten etwas zu finden und es im Folgenden mit sanften Hinweisen auf die "eigentliche", "richtige" Kritik, jene die auf den kommunistischen Pfad führt, hinzuweisen.
Aber man kriegt diese geistige Verrenkung auch nicht hin, ohne die Ansinnen der demonstrierenden Bürger misszudeuten, also etwa in der Ablehnung eines NPD-Staates Ansätze einer Staatskritik zu entdecken. Es ist so ziemlich das Gegenteil und ein aufrecht antifaschistischer Demokrat ist auch nicht leichter von kommunistischer Kritik zu überzeugen als jeder andere Volksgenosse.
"Wenn Antifaschisten diese Gesellschaft gegen ihre radikalen Fans verteidigen, dann schützen sie jene Verhältnisse, die die ganze Zeit über Faschisten hervorbringt."(KiH)
Das tun die nicht aus Blödheit, da liegt keine Unterlassung von etwas vor, sondern die Leute wollen diesen Laden. Das sollte sich KiH mal klar machen, dass das die geistige Verfassung dieser Leute ist, die man als kommunistischer Agitator vorfindet und die man berücksichtigen muss. Der von KiH erfundene Demonstrant, der einfach nur was gegen Nazis hat und ansonsten keine Meinung ist ein erfundender Pappkamerad. Bei den Leuten ist sehr wohl gut sortiert über welche Sorte Gewalt sie sich empören und über welche nicht.
P.S. An die Antifa: Das kleinere Übel ist das Übel.
Wer - als letzten Notnagel der Verteidigung von Antifaschismus in der BRD - nun einwenden möchte, dass die kapitalistische Demokratie doch das kleinere Übel sei gegenüber einem (vorgestellten) Faschismus, weswegen es sie gegen den Faschismus zu stärken gelte, der offenbart eine verkehrte, ahistorische und zynische Sicht auf diese Dinge.
Im Klartext: Die NPD und auch die Morde von Nazis an Ausländern sind eine blutige aber nichts-desto-trotz Fußnote in dem was der demokratische Imperialismus tagtäglich und nicht erst in einer möglichen fernen Zukunft an Elend und Blutbädern anrichtet. Für keine einzige der gigantischen Schweinereien mit denen jeden Tag die Zeitungen randvoll sind, ist die NPD verantwortlich. Wer seinen analytischen Verstand und seine politische Energie an die vorgestellten möglichen Mörder von Morgen verschwendet, der betreibt der Sache nach Rückendeckung für die Mörder von heute. Wenn man also die dumme Vergleicherei von Demokratie und Faschismus schon anstellen will, dann erbringt sie folgendes Resultat: Demokratie ist schlimmer als Faschismus - weil sie nicht bloß eine Meinung sondern die imperialistische Wirklichkeit ist. Und mit der Abschaffung der herrschenden kapitalistischen Demokratie wäre zugleich dem Faschismus der Sumpf trockengelegt. Es gibt also wahrlich gute Gründe, die Finger vom Antifaschismus zu lassen.
- Lektüreempfehlung: F. Huisken: Warum Demokraten (Neo-)Faschisten nicht kritisieren können - ein Text den rätselhafterweise die Göttinger Antifa Aktion & Kritik unter einem Flugblatt verlinkt hat ohne sich anschlißend als Antifa aufzulösen.
____________
(1) Diese Bestimmung der Absichten der NPD ist totaler Unsinn. Es ist nichts als eine plumpe moralische Anpisse, die der NPD die Feindschaft gegen den höchsten Wert den ein demokratischer Mensch kennt: die Freiheit, vorwirft, um sie zu diffarmieren. "Abschaffung jeder Freiheit" ist jedenfalls nicht das Resultat einer Analyse des NPD-Parteiprogramms. Und wenn, dann könnte man falscher nicht liegen damit. Selbst die NPD verfolgt politische Zwecke und keinen quasi "Anti"-zweck, mit dem naiv-blöden Inhalt alles Schöne und Gute zu vernichten und an die Stelle die Herrschaft der Finsternis zu setzen. Die NPD will den Erfolg Deutschlands - was finster genug ist, aber eben kein Unterschied zu den demokratischen Parteien - und nicht die Abschaffung "jeder" Freiheit. Im Ernst denkt die NPD nicht im Traum daran "jede Freiheit" abzuschaffen, ganz im Gegenteil: der Kern jeder bürgerlichen Freiheit, die Verfügung über privates Eigentum, ist Teil ihres politischen Programms, ebenso die Freiheit, sich im Rahmen des Erlaubten nach der Decke strecken zu dürfen. Dass diese Freiheit eine vom Staat gewährte ist, also nicht Anarchie bedeutet sondern die Freiheit eines durch Gewalt in legale Bahnen gepressten Willens darstellt, also immer ein Gewaltverhältnis ist, dass hat sich die NPD nicht ausgedacht, so läuft der demokratische Laden. Die NPD will die Freiheit nicht abschaffen sondern allenfalls die Staatsnützlichkeit der Freiheit optimieren, z.B. mehr ins Privatleben hineinregieren - wobei es selbst bei der Geschichte die Frage wäre, was da die NPD in dem Bereich nach den diversen demokratischen Antiterrorgesetzen noch zu verschärfen hätte.
(2) Egal, was der Demonstrant sich im Einzelfall dazu denkt, selbst wenn er im stillen Kämmerlein heimlich kommunistische Gedanken hegt oder es einfach nur "cool" findet mitzulatschen.
(3) Was die 10.000 nun im Einzelnen gegen die NSDAP haben, möchte man auch besser nicht so genau wissen. Das waren halt die, die den Krieg vergeigt haben und so viele "unnötige" und "unschuldige" Opfer produziert haben. Den Demonstranten untereinander ist das auch ziemlich scheißegal, sie machen einen auf Einheitsfront. Es ist ein entlarvender Treppenwitz, dass sich sogar die Republikaner in diese Einheitsfront einreihen wollten. Da war das Geschrei aber groß unter den Demonstranten - aber anstatt sich in den Gründen der Republikaner gegen Nazis zu sein ein Stück weit selbst wiederzuerkennen, wurden jene argumentlos als "selber Nazis" ausgegrenzt.
(PS) Nicht alles, was an dem Flugblatt von KiH sonst noch verkehrt ist, ist in diesem Text zur Sprache gekommen. Eine Passage soll aber nicht unterschlagen werden:
"Vom Erfolg des eigenen Staates sind die Leute in soweit tatsächlich abhängig, als daß dessen Misserfolg ihnen jede Menge Beschwerlichkeiten bereitet. Andersherum beschert der Erfolg des eigenen Staates den meisten Menschen nun nicht ein schönes Leben, sondern allenfalls das Glück, sich kräftig für die Gewinne "ihrer" Unternehmen krummzulegen und auch sonst beständig ihre Leistungsbereitschaft für "Volk und Vaterland" nachzuweisen.
Diese schädliche Abhängigkeit finden Nazis genau wie viele Demokraten total in Ordnung. Nazis halten am Ideal, der Staat und die Wirtschaft sollen für das Volk da sein, fest. Gemessen an diesem Ideal meinen sie, dass der Laden nicht gut läuft. Und weil so viele Leute gewohnt sind, ihr privates und das nationale Wohlergehen so ziemlich für das Gleiche zu halten, weil sie glauben, dass es ihnen besser gehen wird, wenn es dem Staat gut geht, haben Nazis oft Oberwasser, wenn es Leuten schlechter geht. Denn, so der nationalistische Kurzschluss im Staatsbürger-Hirn, das kann ja nur daran liegen, dass der Staat zu schwach sei, seinen eigentlichen Aufgaben nachzukommen. Eine Kritik an dem Wahnsinn, dass Menschen sich in Völkern zusammenrotten, um sich qua Standortkonkurrenz das Leben zur Hölle zu machen, wird man weder von Nazis noch von vielen Antifaschisten zu hören bekommen."
Die Abhängigkeit der Leute vom Laden ergibt sich nicht daraus, dass sie ihn auch noch in Ordnung finden. Sie werden nach ihrer Meinung gar nicht erst gefragt, sondern vom Staat unterworfen. Auf Basis ihrer gewaltsamen Unterwerfung unter die herrschenden Zwecke legen die Leute sich sich diverse Erklärungen zurecht, warum ihre Welt und ihre Volkszugehörigkeit nun mal so ist wie sie ist - aber nicht umgekehrt. Menschen rotten sich nicht in Völkern zusammen, um sich das Leben zur Hölle zu machen.
1. Antifaschismus ist Affirmation
Eine Antifademo in Bremen oder sonstwo in der demokratischen BRD im Jahre 2006 ist eine praktische Parteinahme für die herrschende Ordnung, für den demokratischen deutschen Staat.
Diese "These" belegen zu wollen, ist ein beinahe schon lächerliches Unterfangen. Erstens sehen es die allermeisten Protagonisten der Demo gar nicht anders: ihr Grund gegen Nazis zu sein ist kein anderer als dass diese von den hiesigen politischen Maßstäben abweichen: "Ihr Ziel ist die Abschaffung jeder Form von Freiheit und daran müssen sie gehindert werden."(1) (Bündnisaufruf zur Demo gegen die NPD). Zweitens marschiert zu solchen Anlässen nicht eben selten der demokratische Staat höchstselbst auf, in Form seiner zur Macht befugten Repräsentanten. In Bremen war der Bürgermeister dabei, der Innensenator, alle herrschenden Parteien, alle oppositionellen Parteien von ganz links bis hin zu den rechten Republikaner, die mitmarschiert wären, wenn man sie gelassen hätte. Wer im Rahmen der herrschenden Ordnung gegen die Ordnungsvorstellungen einer kleinen oppositionellen Szene protestiert, praktiziert(2) den Schulterschluss mit der herrschenden Ordnung. Noch mehr: der tut damit kund, was ihn wirklich stört an der deutschen Demokratie, nämlich, dass sich in ihr rechte Abweichler tummeln. Die ausgemachte antidemokratische Gesinnung der NPD ist der von den meisten Demonstranten auch offen ausgesprochene Grund ihrer Empörung über die NPD. Keineswegs ist es so, dass da Leute zusammenkommen, die sich an einem realen Stück Gewalt, einer brutalen, menschenfeindlichen Politik störten (und sei es nur als moralische Empörung, dass so etwas ja wohl nicht angehen könne) und nun die NPD als Akteure dieser Politik ausgemacht hätten. Das können sie schon deswegen nicht, weil die NPD in Deutschland eben nicht regiert und keine andere Politik macht, als eine von den herrschenden Nationalisten an manchen Punkten abweichende nationalistische Meinung zu vertreten. Die NPD ist zur Gewalt überhaupt nicht befugt und keine einziger geltend gemachter staatlicher Zweck in der BRD hat seinen Grund in der NPD.
Wem die praktizierte Gewalt des demokratischen Staates keinen hinreichenden Anlass für eine große Demo bietet, sondern wer stattdessen einer kleinen Nazi-Szene hinterherläuft, die ein Anliegen hat für das sie ganz die Gewalt des Staates gerne benutzen würde, wäre sie denn am Ruder – der Konjunktiv ist an dieser Stelle sehr entscheidend – der ist für diesen Laden, denn so schizophren kann ein Mensch gar nicht sein, dass er beim Gedanken an drohende Kriege, menschenfeindliche Politik und Rassismus unter einer vorgestellten NPD-Herrschaft Zustände kriegt, sich gemeinsam mit den Repräsentanten der herrschenden Kriege, des herrschenden Rassismus und der herrschenden menschenfeindlichen Politik Schulter an Schulter auf eine Demo stellt - und damit dann dokumentierte, dass er auch gegen diese sei. So schizophren kann niemand sein, dass er die Gewalt im Konjunktiv für das Gleiche oder wenigstens für gleich verabscheuenswürdig hielte wie die Gewalt im Indikativ.
2. Kritik im Handgemenge zwischen Lob...
Da sollte man sich also nichts vormachen, dass man es auf einer solchen Demo mit Demokraten zu tun hat, die gute Gründe dafür haben gegen die herrschende Politik gerade nicht zu demonstrieren. Offenkundig gibt es unter den Bremer Linken aber welche, die genau das machen, nämlich die Gruppe "Kritik im Handgemenge" (KiH). Die schreibt in ihrem Flugblatt zur Demo: "Dass viele Menschen gegen die Nazis auf die Straße gehen, ist gut." Auf dieses Lob der Demonstranten kommen sie, nachdem sie die Demo wie folgt charakterisiert hat:
"Am 4.11.2006 demonstriert die NPD in Bremen-Gröpelingen. Unter dem Motto "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" versuchen die Nazis, die verbreitete Unzufriedenheit mit der hohen Arbeitslosigkeit und den Unmut über die angeblich viel zu israelfreundliche deutsche Nahost-Politik zu verbinden, und sich als nationale Opposition zu profilieren. Das passt ganz gut zur Strategie der NPD, sich als Erbe links gemeinten Protests präsentieren, und sich überhaupt als Anwalt aller Unzufriedenheit deutscher Staatsbürger mit Staat, Gesellschaft und Wirtschaft darzustellen.
Dagegen(!) gibt es Protest."
Von wegen "Da" gegen! Der Aufruf gegen die Bremer NPD-Demo richtet sich weder gegen das NPD-Motto "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" noch dagegen, dass Arbeitslosigkeit ein Problem für die deutsche Gesellschaft darstelle noch dagegen, dass oppositionelle Politiker zum Wohle Deutschlands im Namen der Unzufriedenen ans Ruder kommen sollen dürfen. Das - stellvertretend für viele der Demo-Teilnehmer stehende - Bündnisflugblatt etwa geht mit keinem Wort auf diese politischen Anliegen der NPD ein. Vielmehr reicht ihm das Deuten auf die NPD als "Nazis" als "Argument" total aus, weil es sich sicher ist, damit anständige Demokraten aufzuwühlen, die nicht viel über Nazis wissen außer dass sie in einer Demokratie nichts verloren haben. Dass vermeintliche Flugblatt gegen die NPD liest sich überhaupt nicht wie eins gegen die NPD sondern wie eins gegen die NSDAP. Kein Wunder, bei der Identität der politischen Zwecke - da muss man sich statt die reale NPD-Politik zu kritisieren erst mal einen NSDAP-Pappkameraden(3) aufbauen auf den man dann eindreschen kann.
Anstatt hier mit der Kritik der Demonstranten anzufangen, werden sie von KiH in ihrem Anliegen erst einmal total bestätigt:
"Dass viele Menschen gegen die Nazis auf die Straße gehen, ist gut: Nazis sind gefährlich. Sie bedrohen alle Menschen, die sie als nicht-deutsch, undeutsch oder antideutsch sortieren."
Damit lobt KiH einen Protest der offenkundig gar nichts anderes sein kann als die Parteinahme für die herrschende demokratische Politik. Es ist unmöglich, sich das schönzulügen. Wenn da 10.000 Leute zusammenkommen, die sonst nie auf die Straße gehen, aber plötzlich bei der NPD wild empört sind, dann muss man mal zur Kenntnis nehmen, dass diese Leute für sich gute Gründe haben, warum sie demokratisch legitimierte Gewalt gegen Nicht-Deutsche, Undeutsche oder Antideutsche (gemeinhin, also auf demokratisch, nennt man diese Gewalt Ausländer-, Außen- und Sicherheitspolitik) eben nicht auf die Palme bringt. Die Leute haben da nichts übersehen, wenn sie gegen die Gewalt der NPD im Konjunktiv viel haben aber nichts gegen die Herrschende. Die haben da im Ernst nichts gegen. Die Leute stören sich nicht an staatlicher Gewalt sondern an einer NPD (die sie sich immer bloß als NSDAP=Auschwitz denken können) an den Schalthebeln der Macht. Sonst würden sie jeden Tag eine Demo vor dem Rathaus machen und sich nicht beim Bürgermeister einhaken.
Da gibt es folglich kein Lob zu verteilen, Protest gegen Nazis ist nicht schon der halbe Weg zu einer schlechten Meinung über den Staat. Es ist bis weit ein die radikale Antifa hinein die Affirmation dieses Staates, von dem man weiß, dass er eine höchste Gewalt ist, deren rücksichtslosen Einsatz man sogar fordert - gegen Nazis.
3. ...und Tadel
Das Verrückte ist, dass KiH nicht völlig ahnungslos auf Seiten der Zwecke der Demo steht sondern auf Seiten der Demonstranten steht und(!) Gründe weiß, warum es sich dabei um einen erzdemokratischen staatsbürgerlichen Protest handelt. Ernst genommen ist das ganze Flugblatt eine Widerlegung des Einstiegslobes. Und KiH weiß sogar den Grund dafür, warum die Leute die Parolen der NPD nicht kritisieren sondern die NPDler als NSDAPler diffarmieren: sie teilen ihre Parolen!
"Wenn ein breites Bündnis gegen die Nazis demonstriert, dann leider nicht deswegen, weil es gemeinsam gegen die Inhalte des Naziaufrufs protestieren will. Die Forderung "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" finden viele vernünftig, ebenso die Vorschläge der Nazis, gespartes Geld lieber zur "Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und eine menschenwürdige Unterstützung von Arbeitslosen, Alten und Kranken" einzusetzen. Eben weil die politischen Forderungen der Nazis heute so wenig von den Forderungen der demokratisch gesinnten Durchschnittsbürger abweichen, vermuten letztere dann auch Betrug und Vertuschung auf Seiten der Nazis. So würden die Nazis entweder ihre eigentlichen Ab- und Einsichten unterschlagen, etwas anderes schreiben als sie meinen oder hätten den Aufruf bewusst knapp und ungenau formuliert, so dass man darin vieles lesen könne. Einsehen, dass Demokraten und Faschisten tatsächlich (ganz ehrlich!) viele Gemeinsamkeiten in Überzeugungen und Interessen haben, wollen sie nicht."(KiH)
4. Für Volkskritik statt Volksberatung
Das will man sich bei KiH nämlich also nicht nachsagen lassen, dass man für Demokratie sei. Also setzt man an die Stelle einer Kritik der Demonstranten erst mal ein falsches Lob und rudert dann anschließend mit kräftigen Schlägen wieder zurück. Heraus kommt ein ziemliches Affentheater, dass man sich hätte sparen können, wenn man die demokratische Gesinnung der Demonstranten ernst genommen und sich eine Kritik dieser Leute getraut hätte. Demokratie und Faschismus sind kein Gegensatz sondern zwei Formen der gleichen bürgerlichen Herrschaft. Geldmacht und Staatsmacht für Deutschland ist das Anliegen beider und der Rest ist Zwist unter feindlichen Brüdern um die richtige Methode. Und im antifaschistischen Demonstranten hat der Kommunist keinen Verbündeten vor sich, dem mal klar gemacht werden müsste, dass seine Demo das falsche Mittel gegen Faschismus ist - sondern eben einen feindlichen Bruder der demokratischen Sorte. Der gehört kritisiert und nicht beraten.
Und ja, man macht sich beim Volk nicht beliebt, wenn man das Volk kritisiert statt an seinen Ansichten etwas zu finden und es im Folgenden mit sanften Hinweisen auf die "eigentliche", "richtige" Kritik, jene die auf den kommunistischen Pfad führt, hinzuweisen.
Aber man kriegt diese geistige Verrenkung auch nicht hin, ohne die Ansinnen der demonstrierenden Bürger misszudeuten, also etwa in der Ablehnung eines NPD-Staates Ansätze einer Staatskritik zu entdecken. Es ist so ziemlich das Gegenteil und ein aufrecht antifaschistischer Demokrat ist auch nicht leichter von kommunistischer Kritik zu überzeugen als jeder andere Volksgenosse.
"Wenn Antifaschisten diese Gesellschaft gegen ihre radikalen Fans verteidigen, dann schützen sie jene Verhältnisse, die die ganze Zeit über Faschisten hervorbringt."(KiH)
Das tun die nicht aus Blödheit, da liegt keine Unterlassung von etwas vor, sondern die Leute wollen diesen Laden. Das sollte sich KiH mal klar machen, dass das die geistige Verfassung dieser Leute ist, die man als kommunistischer Agitator vorfindet und die man berücksichtigen muss. Der von KiH erfundene Demonstrant, der einfach nur was gegen Nazis hat und ansonsten keine Meinung ist ein erfundender Pappkamerad. Bei den Leuten ist sehr wohl gut sortiert über welche Sorte Gewalt sie sich empören und über welche nicht.
P.S. An die Antifa: Das kleinere Übel ist das Übel.
Wer - als letzten Notnagel der Verteidigung von Antifaschismus in der BRD - nun einwenden möchte, dass die kapitalistische Demokratie doch das kleinere Übel sei gegenüber einem (vorgestellten) Faschismus, weswegen es sie gegen den Faschismus zu stärken gelte, der offenbart eine verkehrte, ahistorische und zynische Sicht auf diese Dinge.
Im Klartext: Die NPD und auch die Morde von Nazis an Ausländern sind eine blutige aber nichts-desto-trotz Fußnote in dem was der demokratische Imperialismus tagtäglich und nicht erst in einer möglichen fernen Zukunft an Elend und Blutbädern anrichtet. Für keine einzige der gigantischen Schweinereien mit denen jeden Tag die Zeitungen randvoll sind, ist die NPD verantwortlich. Wer seinen analytischen Verstand und seine politische Energie an die vorgestellten möglichen Mörder von Morgen verschwendet, der betreibt der Sache nach Rückendeckung für die Mörder von heute. Wenn man also die dumme Vergleicherei von Demokratie und Faschismus schon anstellen will, dann erbringt sie folgendes Resultat: Demokratie ist schlimmer als Faschismus - weil sie nicht bloß eine Meinung sondern die imperialistische Wirklichkeit ist. Und mit der Abschaffung der herrschenden kapitalistischen Demokratie wäre zugleich dem Faschismus der Sumpf trockengelegt. Es gibt also wahrlich gute Gründe, die Finger vom Antifaschismus zu lassen.
- Lektüreempfehlung: F. Huisken: Warum Demokraten (Neo-)Faschisten nicht kritisieren können - ein Text den rätselhafterweise die Göttinger Antifa Aktion & Kritik unter einem Flugblatt verlinkt hat ohne sich anschlißend als Antifa aufzulösen.
____________
(1) Diese Bestimmung der Absichten der NPD ist totaler Unsinn. Es ist nichts als eine plumpe moralische Anpisse, die der NPD die Feindschaft gegen den höchsten Wert den ein demokratischer Mensch kennt: die Freiheit, vorwirft, um sie zu diffarmieren. "Abschaffung jeder Freiheit" ist jedenfalls nicht das Resultat einer Analyse des NPD-Parteiprogramms. Und wenn, dann könnte man falscher nicht liegen damit. Selbst die NPD verfolgt politische Zwecke und keinen quasi "Anti"-zweck, mit dem naiv-blöden Inhalt alles Schöne und Gute zu vernichten und an die Stelle die Herrschaft der Finsternis zu setzen. Die NPD will den Erfolg Deutschlands - was finster genug ist, aber eben kein Unterschied zu den demokratischen Parteien - und nicht die Abschaffung "jeder" Freiheit. Im Ernst denkt die NPD nicht im Traum daran "jede Freiheit" abzuschaffen, ganz im Gegenteil: der Kern jeder bürgerlichen Freiheit, die Verfügung über privates Eigentum, ist Teil ihres politischen Programms, ebenso die Freiheit, sich im Rahmen des Erlaubten nach der Decke strecken zu dürfen. Dass diese Freiheit eine vom Staat gewährte ist, also nicht Anarchie bedeutet sondern die Freiheit eines durch Gewalt in legale Bahnen gepressten Willens darstellt, also immer ein Gewaltverhältnis ist, dass hat sich die NPD nicht ausgedacht, so läuft der demokratische Laden. Die NPD will die Freiheit nicht abschaffen sondern allenfalls die Staatsnützlichkeit der Freiheit optimieren, z.B. mehr ins Privatleben hineinregieren - wobei es selbst bei der Geschichte die Frage wäre, was da die NPD in dem Bereich nach den diversen demokratischen Antiterrorgesetzen noch zu verschärfen hätte.
(2) Egal, was der Demonstrant sich im Einzelfall dazu denkt, selbst wenn er im stillen Kämmerlein heimlich kommunistische Gedanken hegt oder es einfach nur "cool" findet mitzulatschen.
(3) Was die 10.000 nun im Einzelnen gegen die NSDAP haben, möchte man auch besser nicht so genau wissen. Das waren halt die, die den Krieg vergeigt haben und so viele "unnötige" und "unschuldige" Opfer produziert haben. Den Demonstranten untereinander ist das auch ziemlich scheißegal, sie machen einen auf Einheitsfront. Es ist ein entlarvender Treppenwitz, dass sich sogar die Republikaner in diese Einheitsfront einreihen wollten. Da war das Geschrei aber groß unter den Demonstranten - aber anstatt sich in den Gründen der Republikaner gegen Nazis zu sein ein Stück weit selbst wiederzuerkennen, wurden jene argumentlos als "selber Nazis" ausgegrenzt.
(PS) Nicht alles, was an dem Flugblatt von KiH sonst noch verkehrt ist, ist in diesem Text zur Sprache gekommen. Eine Passage soll aber nicht unterschlagen werden:
"Vom Erfolg des eigenen Staates sind die Leute in soweit tatsächlich abhängig, als daß dessen Misserfolg ihnen jede Menge Beschwerlichkeiten bereitet. Andersherum beschert der Erfolg des eigenen Staates den meisten Menschen nun nicht ein schönes Leben, sondern allenfalls das Glück, sich kräftig für die Gewinne "ihrer" Unternehmen krummzulegen und auch sonst beständig ihre Leistungsbereitschaft für "Volk und Vaterland" nachzuweisen.
Diese schädliche Abhängigkeit finden Nazis genau wie viele Demokraten total in Ordnung. Nazis halten am Ideal, der Staat und die Wirtschaft sollen für das Volk da sein, fest. Gemessen an diesem Ideal meinen sie, dass der Laden nicht gut läuft. Und weil so viele Leute gewohnt sind, ihr privates und das nationale Wohlergehen so ziemlich für das Gleiche zu halten, weil sie glauben, dass es ihnen besser gehen wird, wenn es dem Staat gut geht, haben Nazis oft Oberwasser, wenn es Leuten schlechter geht. Denn, so der nationalistische Kurzschluss im Staatsbürger-Hirn, das kann ja nur daran liegen, dass der Staat zu schwach sei, seinen eigentlichen Aufgaben nachzukommen. Eine Kritik an dem Wahnsinn, dass Menschen sich in Völkern zusammenrotten, um sich qua Standortkonkurrenz das Leben zur Hölle zu machen, wird man weder von Nazis noch von vielen Antifaschisten zu hören bekommen."
Die Abhängigkeit der Leute vom Laden ergibt sich nicht daraus, dass sie ihn auch noch in Ordnung finden. Sie werden nach ihrer Meinung gar nicht erst gefragt, sondern vom Staat unterworfen. Auf Basis ihrer gewaltsamen Unterwerfung unter die herrschenden Zwecke legen die Leute sich sich diverse Erklärungen zurecht, warum ihre Welt und ihre Volkszugehörigkeit nun mal so ist wie sie ist - aber nicht umgekehrt. Menschen rotten sich nicht in Völkern zusammen, um sich das Leben zur Hölle zu machen.
4 Kommentare:
"Am 4.11.2006 demonstriert die NPD in Bremen-Gröpelingen. Unter dem Motto "Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze" versuchen die Nazis, die verbreitete Unzufriedenheit mit der hohen Arbeitslosigkeit und den Unmut über die angeblich viel zu israelfreundliche deutsche Nahost-Politik zu verbinden, und sich als nationale Opposition zu profilieren."
Wenn ich das recht lese, besteht die Kritk der KIH darin, dass sich da die Falschen versuchen sich als nationale Opposition darzustellen. Also sollen die Richtigen das übernehmen. Da spricht tiefe Sorge um's demokratische Gemeinwesen, wenn Regierung und Opposition den demokratischen Werten sich als würdig erweisen sollen.
Nein, bilbo. Die Gruppe KiH will nicht eine "wirkliche" nationale Opposition.
Vielmehr hält sie an der Antifa deren Anti-Nazi-Haltung hoch, in freundlicher Absehung davon, dass die Antifa nichts als das Ideal einer nazifreien Demokratie verfolgt - und begibt sich damit in den Widerspruch, wie ein Lob dieses Anti-Nazi-Kampfes zur Kritik der Demokratie passt, die sich KiH ja auf die Fahne schreibt.
KiH hat keine Sorge um das Gemeinweisen sondern nimmt die Sorge der Antifa um das Gemeinwesen nicht ernst - das ist die Stoßrichtung meiner Kritik an der "Kumpeltour" von KiH gegenüber der Antifa.
Es ist eben überhaupt nicht "gut und richtig" (KiH) gegen Nazis auf die Straße zu gehn.
Deine übrige Kritik habe ich schon verstanden. Aus dem Zitat folgere ich aber, was ich geschrieben habe. Kih will hier doch nicht einfach beschreiben, sondern kritisieren, dass sich die NPD als nationale Opposition aufstellt. "Dagegen gibt es Protest." Soll heißen: "Dagegen protestieren wir als KIH."
Oder wie oder was?
Wenn sich die KiH in den Protest nicht einreiht, könnte sie aus dem Protest entnehmen, dass hier die Sorge um eine verantwortliche nationale Opposition, der Motor der Kritk ist. Stattdessen findet sie es gut gegen Nazis zu sein, als würde der Umstand der Gegnerschaft auch schon garantieren, dass man aus den richtigen Gründen gegen Nazis ist. "Nazis sind gefährlich." Dieser Diagnose aus der Sicht gerechtfertigter und ungerechtfertigter Gewalt zuzustimmen, ist bestenfalls blauäugig. Ginge es bloß um Gewaltkritik würde die Demokratie in Punkto Gefährlichkeit ihre rechten Kritiker um Längen schlagen.
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