http://www.gew-mittelhessen.de/DGB/ALG II/FR-5-7-04.htm
Erwerbslose sollten ihre Lebensversicherungsverträge ändern
Gewerkschaft: Wer nicht die Verwertung des Eingezahlten vor dem Ruhestand
ausschließt, bekommt ab 2005 kein Arbeitslosengeld II
Hunderttausende Erwerbslose, die mit einer Kapitallebensversicherung fürs
Alter vorgesorgt haben, müssen ihre Versicherungsverträge ändern. Sonst werden
sie 2005 beim Arbeitslosengeld II leer ausgehen, weil sie dann nicht von dem
zusätzlichen Freibetrag fürs Altersvermögen profitieren.
VON HANS NAKIELSKI
Köln · 4.
Juli · Die vom DGB herausgegebene Fachzeitschrift Soziale Sicherheit
erläutert in ihrer Ausgabe 6/2004 die Situation: Das neue Arbeitslosengeld (ALG)
II gibt es im nächsten Jahr im Anschluss an das reguläre Arbeitslosengeld oder
statt der bisherigen Arbeitslosen- oder Sozialhilfe, aber nur bei Bedürftigkeit
und Erwerbsfähigkeit.
Dabei steht in der Regel jedem Antragsteller und seinem (Ehe-)Partner - genau
wie derzeit bei der Arbeitslosenhilfe - nur ein allgemeiner Vermögensfreibetrag
von 200 Euro pro Lebensjahr zu. Dazu kommt ein weiterer Freibetrag von 200 Euro
pro Lebensjahr und Partner, jedoch nur für "geldwerte Ansprüche, die der
Alterssicherung dienen".
Dieser zweckgebundene Zusatzfreibetrag wird aber nicht für diejenigen privaten
Altersrücklagen gewährt, an die Arbeitslose oder ihre Partner vor dem
Rentenalter herankommen können. Alle herkömmlichen Kapitallebensversicherungen
würden deshalb nicht als Altersrückstellungen anerkannt, schreibt die Soziale
Sicherheit. Denn Lebensversicherungen, die immerhin rund 70 Prozent der
Bundesbürger besitzen, können - selbst wenn sie bis zum Rentenalter
abgeschlossen sind - jederzeit bei Bedarf aufgelöst und kapitalisiert werden.
Für hunderttausende Erwerbslose kommt es deshalb jetzt darauf an - noch vor
Abgabe ihres Antrags auf ALG II - mit den Versicherungsgesellschaften einen
teilweisen Verwertungs-Ausschluss bis zur Höhe von 200 Euro pro Lebensjahr vor
dem Ruhestand zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung ist möglich, seit im
Versicherungsvertragsgesetz Ende letzten Jahres extra ein neuer Absatz 3 im
Paragrafen 165 eingefügt wurde. Danach können Lebensversicherungen jetzt so
gestellt werden, dass der vor einer vorzeitigen Verwertung geschützte Betrag
maximal 200 Euro pro Lebensjahr des Versicherten und seines Partners beträgt.
Beispiel eines 55-Jährigen
Die Soziale Sicherheit bringt in ihrem neuesten Heft mehrere
Beispielrechnungen, die zeigen, wann und wie die Versicherungsverträge geändert
werden sollten. So würde beispielsweise ein allein stehender 55-jähriger
Arbeitsloser, dessen Kapitallebensversicherung einen aktuellen Rückkaufswert von
20 000 Euro hat, kein Arbeitslosengeld II bekommen, wenn er seinen Vertrag
unverändert lässt. Vereinbart er dagegen mit seiner Versicherungsgesellschaft
einen Teil-Ausschluss der Verwertbarkeit vor seinem Rentenalter, könnte er nicht
nur seine volle Versicherungssumme behalten, sondern noch weitere 2750 Euro an (Spar-)Vermögen
haben. Trotzdem würde er dann ALG II bekommen.
Die Versicherungsbranche erwartet eine Flut von Änderungsanträgen. Wer
allerdings nur geringe Altersrücklagen besitzt oder derzeit schon
Arbeitslosenhilfe bekommt, braucht in der Regel nicht aktiv zu werden.
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004 Dokument erstellt am 04.07.2004 um 18:24:45 Uhr Erscheinungsdatum 05.07.2004