Arbeitslos, was jetzt? Tips und Infos für Arbeitslose
Herausgeber, Medieninhaber, Verleger: Freie ArbeiterInnen Union Österreichs (FAU/Ö) Redaktion und Vertrieb: FAU Wels, p. A. Infoladen Wels, Spitalhof 3, 4600 Wels. E-mail: fau-wels@liwest.at (Stand November 2002)
Hallo!
Diese Broschüre soll Dich über das informieren, was Dir zusteht, wenn Du gerade nicht, wenig oder schwarz arbeitest. Wir haben versucht, sie einfach und übersichtlich zu gestalten, und aus Gründen der Verständlichkeit und Lesbarkeit manches weg gelassen, was eventuell von Bedeutung sein könnte. Diese Broschüre soll auch nur als Einführung und Überblick über die enorme Fülle an Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften, Richtsätze, Regeln usw. schaffen, die uns oft das Leben schwer und nur selten leichter machen. Du hast mehr Rechte und Möglichkeiten als Du glaubst – es ist nur sehr schwer sich im Gesetzesdschungel zurechtzufinden – wohl nicht ganz unbeabsichtigt von den Machern derselben, um viele Leute von der Nutzung der sozialen Leistungen auszuschließen. So beziehen nur z. b. rund 35 % aller Menschen, die Anspruch auf Sozialhilfe hätten, diese wirklich.
Wenn Du Dich genau informieren willst oder musst empfehlen wir Dir untenstehende Homepages. Informationen gibt’s auch bei uns, AK, ÖGB oder den diversen Sozialberatungsstellen (im Telefonbuch nachsehen). Grundsätzlich gilt natürlich auch „Fragen kostet nix!“ Das Beamtenheer wird von unser aller Steuergelder finanziert und hat sich dementsprechend zu verhalten. Es empfiehlt sich also gegenüber Beamten bestimmt, aber doch höflich aufzutreten. Schließlich bist Du kein Bettler, Du forderst das ein, was Dein Recht ist.
Freie ArbeiterInnen Union Österreichs, Ortsgruppe Wels
Alle Angaben in dieser Broschüre ohne Gewähr! Die Gesetze ändern sich momentan oft recht rasch, also lieber öfter mal nachforschen.
Relevante Homepages: www.ams.or.at (Arbeitsmarktservice) www.ris.bka.gv.at ( Infos zu Gesetzestextes vom Bundeskanzleramt, wers genau wissen will) www.oegb.at (Seite vom ÖGB) www.orf-gis.at (Infos zum Thema Fernsehen-/Rundfunk-Gebührenbefreiung) www.sozvers.at (Infos zur Sozialversicherung) www.help.gv.at (Hilfe bei Problemen mit Amtswegen)
Bei den meisten Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice kann mensch übrigens kostenlos telefonieren und Internet surfen!
Arbeitslos, was nun?
Keine Zeit verlieren! Es ist wichtig, am ersten Tag der Arbeitslosigkeit zum AMS zu gehen – jeder Tag den Du vertrödelst kostet Dich Geld – durchschnittlich 22,5 Euro täglich! An diesem Tag efolgt die Geltendmachung des Anspruches.
Wer kriegt was?
Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich jede Person, die unter anderem die Grundvoraussetzungen der Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitslosigkeit erfüllt. Darüber hinaus muss man der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen - also eine Beschäftigung aufnehmen bzw. ausüben können und dürfen sowie sich im Inland aufhalten. Danach sind Personen anspruchsberechtigt, die nicht den Tatbestand nach § 34 Abs.3 Z.2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) unter Berücksichtigung des § 34 Abs.4 dieses Gesetzes erfüllen. Das sind insbesondere Personen, die
Hinweis: Auch wenn Du als Drittstaatenangehörige/r nicht unter die oben angeführten Personengruppen fallen, kann der Bezug der Leistung möglich sein. In diesem Fall bitte bei deinem/deiner AMS-BeraterIn nachfragen.
Der gleichzeitige Bezug von Kinderbetreuungsgeld und Arbeitslosengeld ist grundsätzlich möglich. Hier besteht der Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch nur für Personen, die dem Arbeitsmarkt ohne wesentliche Einschränkung zur Verfügung stehen, d. h. jederzeit eine Arbeit annehmen können. Bei Bezug von Kinderbetreuungsgeld ist dies nur der Fall, wenn das Kind nachweislich durch andere geeignete Personen im Familienkreis oder außerhalb (z. B im Rahmen von Einrichtungen, wie Kinderkrippen und Kindergärten oder von einer Tagesmutter) betreut wird.
Anspruchsvoraussetzung ist ebenfalls, dass eine gewisse Mindestdauer arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung nachgewiesen werden kann und und die Bezugsdauer nicht erschöpft ist. Einen „arbeitslosenverversicherungspflichtige Beschäftigung“ ist jede (angemeldete) Arbeit, bei der Du mehr als 301,54 Euro (2002) monatlich verdient hast. Das ist die berühmte Geringfügigkeitsgrenze, sie erhöht sich jedes Jahr per 1. Jänner – geringfügig.
Die Mindestbeschäftigungsdauer für den Erwerb eines Anspruches beträgt:
Wird das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, genügt auch bei erstmaliger Geltendmachung des Anspruchs das Vorliegen von 26 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung innerhalb der letzten 12 Monate, um den Anspruch zu begründen.
Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das Arbeitsmarktservice dieser Person auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmitteln binnen 4 Wochen weder eine Arbeitsaufnahme noch den Eintritt in eine „geeignete arbeitsmarktpolitische Maßnahme“ („Berufsorientierungskurse“ und ähnlicher Klimbim) ermöglicht.
Für Karenzgeldbezieherinnen: Wenn Du während des Beschäftigungsverbotes bzw. während oder nach dem Karenzurlaub aus Anlass der Elternschaft durch den Arbeitgeber gekündigt wirst, besteht die Möglichkeit das sogenannte "Ausbildungs-Arbeitslosengeld" in Anspruch zu nehmen. Gleiches gilt auch im Fall der Erklärung eines berechtigten vorzeitigen Austrittes auf Grund der Insolvenz (Konkurs) des Arbeitgebers.
Folgende Bedingungen müssen dabei erfüllt werden:
Dieses Ausbildungs-Arbeitslosengeld kann für die Dauer von maximal 26 Wochen zuerkannt werden. Erkundige Dich rechtzeitig bei einer/m unserer BeraterInnen, wenn Du diese Leistung in Anspruch nehmen willst.
Wieviel Arbeitslosengeld kriegst Du?
Das Arbeitslosengeld besteht aus
Der Grundbetrag richtet sich bei Geltendmachung von 1. Jänner bis 30. Juni des jeweiligen Jahres nach der beim Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlage aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt des vorletzten Jahres. Wenn Du zwischen 1. Juli und 31. Dezember des jeweiligen Jahres Arbeitslosengeld beantragst, richtet sich der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes nach der Jahresbeitragsgrundlage des letzten Kalenderjahres.
Liegen keine Jahresbeitragsgrundlagen des letzten bzw. vorletzten Kalenderjahres vor, so ist die letzte vorliegende Jahresbeitragsgrundlage eines vorhergehenden Kalenderjahres heranzuziehen. Sind noch keine Jahresbeitragsgrundlagen von Dir vorhanden, so richtet sich die Festsetzung der Höhe des Grundbetrages nach dem Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung.
Diese Bruttobemessungsgrundlage ist in einen Nettowert umzurechnen. Abgezogen werden dabei die zum Zeitpunkt der Geltendmachung (also wenn Du das erste mal beim AMS warst) für einen alleinstehenden Angestellten maßgeblichen sozialen Abgaben und die Einkommenssteuer (unter Berücksichtigung nicht antragspflichtiger Freibeträge). Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes gebührt ein Tagsatz in der Höhe von 55 % so ermittelten täglichen Nettoeinkommens.
Zusätzlich gebühren Familienzuschläge für Angehörige, zu deren Unterhalt Du wesentlich beiträgst. Für den/die EhepartnerIn gebührt der Familienzuschlag nur dann, wenn auch für minderjährige Kinder ein Familienzuschlag zusteht. Mit minderjährigen Kindern gleichgestellt sind in diesem Zusammenhang auch volljährige Kinder, für die Familienbeihilfe wegen Behinderung bezogen wird. Grundsätzlich gebühren Familienzuschläge nur für Angehörige, die ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, wenn nicht zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge etwas anderes bestimmen.
Das Arbeitslosengeld wird grundsätzlich für 20 Wochen zuerkannt. Es wird für 30 Wochen gewährt, wenn in den letzten 5 Jahren arbeitslosenversicherungspflichtige (also mit einem Verdienst oberhalb der jeweiligen Geringfügigkeitsgrenze) Beschäftigungen von 156 Wochen vorliegen. Diese Dauer erhöht sich, wenn Du zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld
Besuchst Du eine Schulungsmaßnahme im Rahmen einer Arbeitsstiftung, verlängert sich die Bezugsdauer um maximal 3 bzw. 4 Jahre.
Wie kommst Du zum Arbeitslosengeld?
Die Geltendmachung des Arbeitslosengeldes ist nur persönlich bei Deiner zuständigen regionalen Geschäftsstelle möglich. Dort erhältst Du das notwendige Antragsformular, dessen Rückgabe persönlich innerhalb einer festgesetzten Frist erfolgen muss - meist 2 Wochen. Nur wenn Du aus zwingenden Gründen verhindert bist, den Antrag persönlich abzugeben, kann die Abgabe auch durch VertreterInnen erfolgen. Mitzubringen sind außerdem verschiedene Unterlagen wie Geburtsurkunde, Staatbürgerschaftsnachweis...
Ob und wie viel Arbeitslosengeld Du kriegst steht in einem Brief, den Dir das Bundesrechenzentrum (BRZ) ca. 2 Wochen nach Eingabe des Antrags zuschickt.
Die Notstandshilfe
Hier gelten die selben Vorraussetzungen wie für den bezug von Arbeitslosengeld: Du musst arbeitslos, arbeitswillig, arbeitsfähig und vermittelbar sein oder zumindest so tun, als ob. Die Notstandhilfe erhältst Du dann, wenn Dein Anspruch auf Arbeitslosengeld vorbei ist, sie beträgt 95 % des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes. Sie ist auf 52 Wochen begrenzt, Du kannst aber immer wieder drum ansuchen. Antragsstellung und Auszahlung funktionieren wie beim Arbeitslosengeld.
Und dann gibts da noch die Sondernotstandshilfe: Die gibts für Väter und Mütter, die nach dem Bezug von Karenzgeld arbeitslos sind.
Nebenjob?: Du darfst bis zu einem Betrag von 301,54 Euro im Monat dazuverdienen – bis zu einem Verdienst dieser Höhe bis Du nämlich nur krankenversichert. D. h. nicht, dass Du im Krankenstand weiterhin Geld bekommst, sondern nur dass eventuelle Arzt- und Krankenhauskosten von Deiner Versicherungsanstalt übernommen werden.
Beim Dazuverdienen ist größte Vorsicht geboten! Verdienst Du mehr als erlaubt, kann das sehr teuer werden, wenn Du die Arbeitslose oder Notstandshilfe zurückzahlen musst. Bist Du arbeitslos gemeldet und im Krankenstand darfst Du in dieser Zeit keinen Nebenjob nachgehen! Sonst kann`s teuer werden!
Krankenstand?: Auch als ArbeitsloseR kannst Du natürlich in den Krankenstand gehen – diese Zeit wird nicht angerechnet. Daß heißt, wenn Du z. B. nur mehr 1 Monat Anspruch auf Arbeitslose hast, dann aber 2 Monate krank wirst, hast Du nach Deiner Gesundung immer noch einen Monat Arbeitslose gut. Böse Menschen verwenden diese Methode angeblich dafür, lästige Kursbeginne oder Vorstellungsgesprächstermine verstreichen zu lassen.
Wo kannst Du sonst noch sparen?
Gebührenbefreiung: Fernsehen, Radio, Telefon: Viele Arbeitslose bzw. sich in andren finanziellen Notlagen befindliche Menschen haben Anspruch auf - eine Befreiung von der Fernseh- und Radiogebühr - eine Zuschussleistung zu Telefonkosten. Das Formular hat den schönen Namen „Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr und den damit verbundenen Abgaben und Entgelten und/oder auf Zuerkennung einer Zuschussleistung zu Fernsprechentgelten.“ Es ist kostenlos bei jedem Postamt erhältlich!
Von der Rundfunk- und Fernsehgebühr befreit sind neben stark Sehbehinderten, Gehörlosen und BezieherInnen von Pflegegeld in erster Linie Menschen mit einem geringen Haushaltsnettoeinkommen. Die Grenzen liegen momentan – 2002 – bei
Zum Einkommen nicht dazu zählen unter andren Einkünfte aus dem Familienlastenausgleichsfond (Kindergeld...) Diese Richtsätze erhöhen sich am 1. 1. jeden Jahres.
Dem Antrag beilegen musst Du Kopien der Meldezettel der im Haushalt lebenden Personen. Die ganze Sache ist mit keinen Kosten (außer einer 0,51 Euro Briefmarke) für Dich verbunden, also probiers auf alle Fälle, auch wenn Du Dir nicht sicher bist obs klappt. Mehr als ein negativer Bescheid kann Dir nicht passieren.
Gebührenbefreiung: Krankenschein, Rezeptgebühr, Heilbehelfe, Ambulanzgebühr: wenn Von all dem kannst Du befreit werden, - Deine monatlichen Nettoeinkünfte 725,56 Euro bzw. 1035,13 Euro für Ehepaare/Lebensgemeinschaften nicht überschreiten. Für jedes im gleichen Haushalt lebende Kind erhöht sich der Betrag um 67,15 Euro. Den Antrag musst Du dort stellen, wo Du versichert bist, also bei einer der 17 Sozialversicherungsanstalten, meistens bei der jeweiligen Gebietskrankenkasse. Arbeitslosenbescheid oder aktuellen Lohnzettel (von allen im Haushalt lebenden Personen) mitbringen!
Die Arbeitnehmerveranlagung (Steuerausgleich)
Die Arbeitnehmerveranlagung sollte jede/r machen, der nur wenige Monate im Jahr arbeitet – mit ihr holt mensch sich zu viel bezahlte Lohnsteuer zurück.
Bei jeder angemeldeten Tätigkeit bezahlt mensch Lohnsteuer, die automatisch vom Lohn abgezogen wird. Allerdings gibt es immer einen Freibetrag (2001 waren es 120 000 Schilling), für den mensch keine Steuern zahlt. Daß heißt, wenn du z. B. im Jahr 2000 nur 3 Monate gearbeitet hast, in denen Du 40 000 Schilling verdient hast liegst Du weit unter der steuerpflichtigen Grenze. In dem Du das Formular für das jahr 2000 ausfüllst und einreichst, erhältst du die Lohnsteuer nach einiger Zeit, meist 2, 3 Monate auf Dein Konto zurück. Du holst dir damit das wieder, was dir der Staat zu Unrecht abgeknöpft hat.
Mensch kann Sie für die letzten 5 vergangenen Jahre rückwirkend machen, also im Jahre 2002 z. B. für die Jahre 2001, 2000, 1999, 1998 und 1997. Für jedes Jahr gibt es ein eigenes Formular, welches kostenlos – meist schon in der Wartehalle – am Finanzamt aufliegt. Dabei liegt auch meist eine sogenannte „Ausfüllhilfe“, also ein Zettel mit Tips usw...
Weiters gibt es gewisse Ausgaben, die Du von der Steuer abschreiben kannst, z. B. Kirchenbeitrag...ausführliche Informationen darüber stehen im jährlich erscheinenden „Steuerbuch“, welches kostenlos beim Finanzamt zu haben ist.
Wohnbeihilfe, Sozialhilfe und Familienzuschüsse
Hier passen wir: Diese verdienstvollen Einrichtungen sind Ländersache, d. h. es gibt für jedes der neun Bundesländer unterschiedliche Gesetze mit permanent wechselnden Verordnungen, Durchführungsbestimmungen und Novellierungen. Wir empfehlen, sich an die jeweiligen Landesregierungen bzw. in Wien an den Magistrat zu wenden, die Euch dann zu den zuständigen Stellen verbinden werden (Amt für Wohnbauförderung...).
Etwas, auf das wir aufgrund der regionalen Unterschiede ebenfalls nicht näher eingehen können sind die diversen Förderungen der Gemeinden – Weihnachtszuschüsse, Schulgeld usw...bitte sich in solchen Angelegenheiten an die örtlichen Sozialberatungsstellen bzw. gleich an den Sozialreferenten zu wenden. Oder das jeweilige „Amtsblatt“ genau zu studieren, wo meist die Richtlinien für derlei Förderungen verlautbart werden.
Stellungnahme eines Arbeitslosen: Morgens - mittags - abends frei - arbeitslos und Spass dabei!
Von allen Parteien wird Arbeitslosigkeit als schlimmes Übel definiert. Das sehen viele Arbeitslose nicht so, trauen sich aber nicht die positiven Seiten der Arbeitslosigkeit offen zu propagieren. Da ist zuerst mal viel freie Zeit, die mit Freunden und Verwandten sinnvoll verbracht werden kann. Da aber in der BRD die meisten sozialen Kontakte über die Lohnarbeit laufen, fallen viele Arbeitslose nach Wegfall der Zwangsgemeinschaftskontakte nach einer "Ferienwohlfühlzeit" in ein tiefes Loch und wissen nichts mit sich anzufangen. Wichtig ist in solch einer Phase soziale Kontakte aufrechtzuerhalten bzw. neue aufzubauen. Wichtig ist auch sich Ziele zu setzen und die Zeit für sich selber z.B. zur eigenen geistigen Weiterentwicklung zu nutzen. Wer weiss, was sie will, für die kann die Zeit ohne Lohnarbeit zur besten Zeit des Lebens werden. Dann ist mensch nicht mehr in der Knochenmühle der Lohnarbeit drin.
Gesellschaftlich sinnvolle Arbeit gibt es in Massen. So warten zahlreiche ausserparlamentarische Oppositionsgruppen, nicht nur aus der Friedensbewegung, auf Menschen mit viel Zeit und viel Energie. Zu sehen an etwas grösserem teilzuhaben kann oft mehr Befriedigung schaffen als sich in einem schlechtbezahlten Job kaputtzuschuften. Lebensziele müssen nicht immer was mit Konsum zu tun haben.
Wenn da nur nicht die neidischen Nachbarn und Freunde wären, die selber gerne arbeitslos wären, es sich aber nicht eingestehen können und dich beneiden. In der BRD werden von Unternehmerverbänden und Parteien regelrechte Hetzkampagnen gegen Erwerbslose gestartet. "Sozialschmarotzer", "faules Pack, dass sich in der sozialen Hängematte ausruht" und ähnlicher Blödsinn tauchen als Schimpfkanonaden regelmässig in der veröffentlichten Meinung auf. Ein Arbeitsloser unter 100.000 hatte einen verrosteten Daimler und einer ein altes verrottetes Boot. Das Arbeitsamt Iserlohn machte daraus eine Pressemitteilung und schon am nächsten Tag konnte mensch im IKZ die Überschrift lesen: "Arbeitslose mit Benz und Boot". Verallgemeinern braucht die Zeitung nicht - das tun schon die Leser. Einige Zeit später sah ich diesen Artikel fein säuberlich ausgeschnitten am Infobrett einer Sachbearbeiterin des Hemeraner Sozialamtes. Sozialhilfeempfänger mit sowieso wenig Selbstbewusstsein wird durch diesen Artikel fälschlicherweise suggeriert, unberechtigterweise Staatsknete abzuzocken. Die Menschen im Sozial- und Arbeitsamt sind doch nur "bessere Arbeitslose", die nur deswegen ihre Stelle haben, weil es die von vielen von ihnen verachteten Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger überhaupt gibt. Viele Behördenvertreter tun so, als müssten sie die Leistungen selber aus eigener Tasche bezahlen. Lasst euch von solchen Typen nicht ärgern!
Wer zerstört denn die natürlichen Lebensgrundlagen? Sind es die, die immer mehr sinnloses Zeug produzieren und immer mehr endliche Ressourcen konsumieren? Oder die, die sich dank der "Sozialgesetzgebung" mit einem Minimum an materiellen Mitteln bescheiden und daher gar nicht die ökologischen Katastrophen anrichten können wie die fleissigen Arbeitsameisen und die Workaholics mit Zweitwagen, Konsumorgien und Erlebniskäufen? Sind es die korrupten Politiker, die für ein paar Scheine Umweltauflagen bei Müllverbrennungsanlagen vergessen, wie kürzlich in Köln geschehen?
Als Arbeitslose sollten wir aufhören mit gesenktem Kopf umherzulaufen wie es uns Staat und Parteien vorschreiben. Mehr Selbstbewusstsein ist angesagt! In Deutschland gibt es schon viel zu lange den verinnerlichten protestantistischen Arbeitsethos, der alles für unwert erklärt, was nicht so schuftet wie der typische Deutsche. Arbeit macht nicht frei, sondern versklavt.
Lohnarbeit bedeutet im Regelfall unhinterfragte Unterordnung unter Boss und Vorarbeiter. Da sich die Arbeiter nicht frei entfalten können, ersäufen viele von ihnen ihre unbefriedigten Bedürfnisse in Alkohol oder Konsum und werden so zu Konsumidioten. Ähnlich sieht es bei "fremdbestimmten Arbeitslosen" aus, die die herrschenden Werte und Normen verinnerlicht haben und sich wegen ihrer Arbeitslosigkeit unwert fühlen. Da ist es doch besser ein selbstbestimmter glücklicher Arbeitsloser zu sein und dazu zu stehen.
Quelle: Iserlohner Friedensfestzeitung 2002 (Linktip: http://www.diegluecklichenarbeitslosen.de)
Verwendete bzw. ergänzende und empfohlene Literatur:
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Originaltext: www.linkslinxooe.at |