Die Suche nach der "einheitlichen Theorie" für alle Formen der Krebsentstehung hat zwar den Krebsvirus nicht gefunden, ist aber über die Retroviren dankenswerterweise auf die Zelle selbst gestoßen, die "nur noch" eines äußeren Anlasses bedarf, damit sie mit dem Krebs-wuchern anfängt. Klassisch dieser Übergang vom Virus zum Krebs als "verhängnisvolles Zusammenspiel von Zelle und Virus" (FR vom 25 4 87) im Falle des Papillom-Virus.
"Bei den Erregern von Penis-, Scheiden- und Gebärmutter-halskrebs handelt es sich um Warzen- oder Papillomviren. Sie werden ähnlich wie HIV, der Erreger der Immunschwäche-krankheit Aids, verbreitet, das heißt vorwiegend durch sexuelle Kontakte. Aber anders als beim Aids-Virus, das nach heutiger Kenntnis praktisch jeden Infizierten erkranken läßt, bekommen von Papillom-Viren nur wenige eine Krebserkrankung. Die Erklärung: Von den heute bekannten 45 Typen von Warzen-Viren sind die meisten gutartig nur wenige bösartig
Und selbst die bösartigen Papillom-Viren können so lange nicht schaden, wie die befallenen Körperzellen die Kontrolle über das Erbmaterial der Viren behalten. Erst wenn diese Kontrolle durch bisher nicht gänzlich aufgeklärte Umstände verloren geht, beginnt die Krebs- und Tumorenentwicklung." (FR vom 25.4.87)
Neben der "Virustheorie" sollen in der sog. "Gen-Theorie" "zelluläre Krebsgene" für Krebs verantwortlich zeichnen. Dies ist verkehrt, weil unabhängig von den gewußten Ursachen der krebsigen Zellwucherung nach den Veränderungsmechanismen des Genmaterials gefragt wird.
"Auf der Suche nach einer einheitlichen Theorie, die alle Formen der Krebsentstehung erklären kann,kam man nun zu folgendem Konzept. Zentraler Ausgangspunkt ist eine Gruppe zellulärer Gene, die für ein geregeltes Wachstum und eine normale Entwicklung verantwortlich zeichnet. Gelangt ein solches Gen in das Genom eines Retrovirus ... so wird es zum tumorinduzierenden Krebsgen (Onkogen). Krebs kann aber auch entstehen, wenn eine der vielen mutationsauslösenden oder in anderer Weise krebserregenden Substanzen eines der kritischen zellulären Gene schädigt. Beide Male kommt die Ex-pression, also die Umsetzung der genetischen Information in Boten-RNA und Protein, aus ihrem geregelten Gleis." (Bishop a.a.O. S. 63)
Die Logik dieser "Theorie" ist erdrückend einfach: Wenn äußere Einwirkungen (Retrovirus, Kanzerogene) in den Zellen tumorartiges Wachstum hervorrufen, dann muß wohl in diesen Zellen die Anlage zum Wachstum schon vorhanden sein, sonst täten sie's nicht. "Also" - auf diesen Fehlschluß kommt es wesentlich an - wirken diese äußeren Ursachen nicht als Ursachen, sondern lösen nur aus, was in den Zellen bislang als Wucherungsursache vor sich hinschlummerte.
"Karzinogene wären nach der neuen Theorie nicht in der Lage Krebs zu erzeugen, sondern könnten lediglich bei bestimmter innerer Voraussetzung Krebs Auslöser. Neue Perspektiven für die Krebsforschung ..."
jubelte schon 1978 Prof. Krokowski auf dem deutschen Krebskongress in Kassel, ohne daß er ahnen konnte, daß mit der gelungenen Verwandlung von chemischen Krebsursachen in "Auslöser" der Richtpunkt für die Theoriediskussionen der nächsten Jahre geschaffen war. Sind nämlich erst einmal die biochemischen Wirkungen bestimmter Substanzen in den methodischen Lehrsatz "Karzinogene besitzen bloß eine Auslöserfunktion für die Krebsentstehung" verwandelt, bleibt nur noch die Frage, wie die Krebsgefahr vorzustellen sei, die im Inneren des Körpers auf ihre Freisetzung wartet.
Die erste Antwort lieferte die sogenannte "reading-error"- Theorie des Amerikaners Bush
>>Nach unserem augenblicklichen Wissen ist sie die realistische Hypothese auf molekularer Ebene. Nach dieser Theorie ist die kanzerogene Information bereits in den DNS-Molekülen der normalen Zellen enthalten, kann aber nicht wirksam werden, weil dieser gefährliche Teil (oder Teile) der DNS durch geeignete Blockierungsproteine unterdrückt ist. Wenn sich ein Karzinogen an das Blockierungsprotein bindet, kann dieses losgelöst werden und der kanzerogene Teil des DNS ist frei, um seine Information der RNS zu übermitteln, welche dann in Proteine übersetzt wird." (Ladik/Otto, Neue Vorstellungen über den Mechanismus der chemischen Karzinogenesis, 1979) Erst die Abstraktion von der organischen Bestimmtheit der in der DNS angeordneten Gene, die eben in der Verbindung mit Proteinen die Differenzierung menschlicher Zellen ergeben, läßt eine Masse embrionischer Zellen übrig, denen der Forscher die biochemisch nicht faßbare "kanzerogene Information" andichtet. Mit dieser falschen Veranschaulichung des normalen Zellaufbaus, die in der Zelle das Mitteilungsbedürfnis - Krebs! - entdeckt, wird der Forscher seine Botschaft los: Der Körper hat nicht nur ziemlich ungeeignete ,innere Voraussetzungen", um Kanzerogene auszuhalten, er ist selbst ein einziger Krebsherd.
Gerade wenn es richtig ist, daß in der menschlichen Zelle an die DNS verschiedene Eiweißverbindungen angelagert sind; wenn klar ist, wie sich z.B. karzinogene Koh-lenwasserstoffe an die Phosphatgruppen der DNS binden und damit den Stoffwechselvorgang verändern, ist es ein Blödsinn, sich die DNS getrennt vom Zellaufbau als undifferenzierte Masse vorzustellen, in der "gefährliche Teile" nur darauf warten, loszuwuchern, die aber -welch ein Glück-von braven Proteinen noch mühsam Schach gehalten werden.
Das die Zellen mit ihrer DNA andererseits vor ihrer "Auslösung keineswegs Krebs waren, sondern physiologische Funktionen ausgeübt haben, ist ein Widerspruch d er inzwischen zu Nobelpreisehren gelangt ist
"Die Wissenschaft kennt mittlerweile über vierzig solcher Onkogene. Der Name Onkogen (,Geschwulstgen') ist allerdings irreführend, da sie in gesunden Zellen notwendig für einen geregelten Stoffwechsel, also nicht ursprünglich für die Krebsentstehung zuständig sind. Doch diese Strukturen sind
schlummernde Vulkane." (Süddeutsche Zeitung vom 10.10.99 zur Nobelpreisverleihung an. M. Bishop und H. E. Varmus)
und die Forscher in ihrer Theoriebildung beflügelt. Dazu muß man aus diesem Widerspruch nur einen Unterschied von vorher und nachher machen und der ewig schlummernde maligne Prozeß erfreut sich als "ruhende" Form des wissenschaftlichen Interesses
"Besonderes Interesse finden die Onkogene in ihren viralen und ihren zellulären, d.h. in jeder Zelle vorkommenden Formen. Ein Onkogen kann durch eine Punktmutation (@), also durch Austausch eines einzelnen Nucleotids, von einer ruhenden in eine maligne transformierende Form umgewandelt werden ... In anderen Fällen war die Aktivierung der Onkogene von größeren Umlagerungen begleitet ... Es zeichnen sich Lösungen für einige (sicher nicht alle) brennenden Fragen der Tumorentstehung ab." (MMW 125 (1983) 26, 585)
So gesehen ist nämlich jedes Gen, dessen Veränderung Malignität bedenkt, ein "Onko-Gen", weshalbder Krebs dann seinen Grund in dem Gen hat, weil es möglicherweise entartet. Auf diese Weise wird mit dieser Logik, die zielsicher die Kategorien von Notwendigkeit und Möglichkeit verkehrt, um in die Tatsache einer krebsigen Zellerkrankung die Zelle als ihren Grund versenken zu können, jedes Gen eben zu einem potentiellen Krebs-Gen verfabelt.
Krebsforscher teilen also nicht einfach ihre Kenntnisse über Zellaufbau, karzinogene Veränderungen der Molekülstrukturen mit etc., sondern liefern methodische Charakterisierungen' der Karzinogenese, die zwar nichts mehr über die Schritte der Tumorentstehung erhellen, dafür aber dem Bedürfnis nachkommen, im Organismus einen "ultimate factor<< der Krebsentstehung anzusiedeln. Dessen Bebilderungen erklären die Krebskrankheit nicht, sondern liefern Vorstellungen über das Wachstum der normalen Zelle, die das Umschlagen in eignen malignen Prozeß plausibel machen sollen.
Ob Forscher entdecken, daß bei den vielen tausend Prozessen der Zellvermehrung schon mal ein "Lesefehler" unterlaufen kann -
>>Letztlich ist die Entstehung eines bösartigen Tumors ein Versagen der DNS-Reparations-Mechanismen" (E Grundmann Das Wesen des malignen Wachstums, Klinische Wochenschrift 1981)
womit in der Häufigkeit der funktionierenden Stoffwechselprozesse der Grund für die Krankheit gefunden wird; oder ob der g eiche Fehler als "mutagenes Modell" auftritt, nach demdie kanzerogene Information über die Anhäufung auffällig verteilter Mutationen im DNS-Molekül einer Zelle zufällig entsteht <<.
- gemeinsam ist allen diesen Theorien, daß sie Bruchstücke naturwissenschaftlicher Erklärungen benutzen, um daran die Notwendigkeit der Krebskrankheit als kleinen Fehltritt der Natur mit bösen Folgen darzustellen. Mit dieser Ausmalung eines Krebsgrundes Mensch durch die Erfindung des Krebsgens, erklärt die Medizin ihr selbstgeschaffenes Krebsrätsel für gelöst. Allerdings befindet sie, daß mit allen Fortschritten der Onkologie, e wo die "Forschung außerordentliche Erfolge aufzuweisen hat (Toxikologe Henschler), sich die dem Ideal gemäße Umwälzung in den Heilmethoden nicht eingestellt hat: n- Trotz ungewöhnlicher Bemühungen in den letzten zwei Jahren sind Kuregbstherapie um maximal 2%
verbessert worden". (ders.) Rationelle Urteile über die Krebsbehandlung stellen solche Erfolgsquoten nicht dar, doch wollen selbst jene Mediziner, die eine "Verlängerung der mittleren Überlebenszeit bei Leukämien vom 13. auf das 17. Lebensjahr" als große therapeutische Erfolge feiern, nicht leugnen, daß die Medizin ziemlich hilflos dasteht, wenn ihr Patienten angeliefert werden, die dreißig Jahre lang Gift Dreck oder Strahlen ausgesetzt waren. Doch wenn sich der erhoffte Erfolg nicht einstellt, dann liegt dies für Krebsmediziner nicht an der Belastung der Leute durch Kanzerogene und schon gar nicht an einer Form der Produktion, die solches hervorbringt- schließlich ergeben sich daraus keine "medizinischen Interventionsmöglichkeiten".
Der Realismus, der inzwischen auf Krebskongressen gepflegt wird, hat deshalb auch nichts mit einer Kenntnisnahme der realen Gründe zu tun und die gängige Beteuerung-
,Wir haben eingesehen, daß zur Krebskrankheit viele verschiedene Ursachen und Faktoren beitragen' (Pathologe Gorgii, Generalsekretär der deutschen Krebsgesellschaft) -
weist nur den Weg der zukünftigen Krebsforschung: Der Forschungsgegenstand ist komplexer als gedacht, die Hoffnung auf eine schnelle Lösung ist geschwunden" und statt dessen darf auf eine spätere "Zusammenschau der Einzelergebnisse" gesetzt werden.
So arbeiten ,desillusionierte' Krebsmediziner weiterhin an der liebevollen Katalogisierung weiterer hundert Krebssubstanzen, bepinseln auch noch die nächste Rattengeneration mit Chemikalien, um etwa den "potenzierenden Einfluß von Asbeststaub auf die karzinogene Wirkung von Benzo(a)pyren" (Archiv für Geschwulstforschung 82/4) zu überprüfen und fordern die Senkung der maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen, solange die medizinischen Reparaturbemühungen der Kliniken die Zahl der "krankheitsbedingten Arbeitsausfälle" nicht wesentlich senken.
Wo die moderne Medizin angesichts ihrer eigenen Resultate zu dem Schluß gekommen ist, daß es sich beim Krebs um 1. etwas sehr menschliches mit 2. überall lauernden "Auslösern" handelt, mit deren Auftreten also mithin auch immer zu rechnen ist, da steht deren Behandlung als eine "Zivilisationskrankheit", wie andere auch, an. Da will sie ihre Nützlichkeit unter Beweis stellen, so daß diese Krankheit nicht einfach als Schicksal hinzunehmen ist. Mit den Errungenschaften ihrer Wissenschaft zielt sie auf die Herstellung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit, damit der strapazierte Volkskörper für die "Anforderungen unserer Zeit" auch tauglich bleibt. Das Maß dafür sind jene robusten Naturen, die Lösungsmitteldämpfe und Asbeststaub nicht nur zehn Jahre, sondern ein ganzes Arbeitsleben lang verkraften, und die Feststellung, "daß immer nur ein Teil eines gleichermaßen exponierten Personenkreises tatsächlich an Krebs erkrankt" (Prof. Oeser, Krebs: Schicksal oder Verschulden?, 1979), gilt Medizinern als Erklärung, daß unterschiedliche konstitutionelle Voraussetzungen Schuld an der Erkrankung tragen, was freilich nicht heißt, daß sie sich mit der Volksweisheit ,Ein Guter hält's aus' zufrieden geben.
So forschen, neben dem immer mehr verfeinerten Rum-und Rausschneiden der Krebschirurgen, die Spezialisten im Bereich >>menschliches Abwehrverhalten" nach immer neuen >>Tumormarkern", mit denen Krebszellen frühzeitig geortet werden sollen, versprechen sich von den sog. "Killerzellen", daß mit deren Hilfe maligne Zellen gezielt vernichtet werden können, transplantieren Antigene um die Immunreaktion gegen Kanzerogene zu fördern und spüren in vergleichenden Untersuchungen den beim Erkrankten "fehlenden" Abwehrstoffen nach, um damit Abweichungen in der Produktion physiologischer Stoffe festzuhalten, die das "eingeschränkte Immunverhalten" medizinisch definieren und die als >>Mangel der Natur" zu beheben sind.
Der Einsatz des körpereigenen Abwehrstoffs "Interferon" - ein Produkt der Genforschung - und Krebsimpfungen mit Tumormaterial waren die bekannten und erfolglosen Anwendungen der Krebsimmunologie, die mit der Theorie vom krebsresistenten menschlichen Körper den von ihr als Scharlatane beschimpften Naturheinis Auftrieb gibt, die mit Mistelextrakt und Apfelsinen die Widerstandskraft gegen Krebs stärken.
Die seriöse Gesundheitspropaganda sieht sich bestärkt in der Einrichtung von Vorsorgeuntersuchungen und getreu der bezeichnenden ärztlichen Logik "Wo Heilung nicht möglich ist, ist Vorsorge um so wichtiger<< findet sich in den Forschungsplänen der nationalen Krebszentren die Absicht, die Vorsorge zur Vorauswahl auszubauen:
"Ziel ist die Erfassung von Personen mit erhöhtem Krebsrisiko aufgrund oder im Zusammenhang mit genetischen oder ver-haltensmäßigen Faktoren und die Bildung von Krebsrisikogruppen." (Forschungsprogramm der deutschen Krebsgesellschaft)
Wer sich aufgrund mangelhafter Abwehrleistungen seines Immunsystems oder gar durch ungesunde Lebensführung gefährdet, wird als untauglich für entsprechende Aufgaben befunden, davor bewahrt, seine Gesundheit verfrüht und unnötigerweise zu ruinieren und darf anderen den Vortritt lassen. So streben die Krebsmediziner eine Serviceleistung an, die bisher vor allem den Kollegen in den Betrieben vorbehalten war, die bei Einstellungen prüfen, ob beim Untersuchten auch genügend Gesundheit vorhanden ist, um sie zu verausgaben . Man darf sich die Sorge um eine brauchbare Gesundheit aber auch zur Privatangelegenheit machen und sein Leben krebsgerecht arrangieren, denn
"Jedes Individuum hat sein besonderes Krebsrisiko es hängt teilweise von genetischen Faktoren ab, die über die Enzymmuster entscheiden, aber auch von der Umwelt. Viele Substanzen, darunter Arzneimittel aber auch Alkohol und Tabak . . ."
Wenn man schon möglicherweise das falsche Enzymmuster in seinen Zellen mit rumschleppt, dann soll man gefälligst nicht rauchen, sonst braucht man sich über Asbestose nicht zu beschweren!