http://www.unet.univie.ac.at/~a9709070/grundrisse02/2profitraten.htm
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In der
vorhergehenden, ersten Nummer der grundrisse hat Marcus Gassner mit seiner
Interpretation der Reproduktionsschemata des II. Bandes des „Kapitals“ die
Debatte zum Krisenbegriff eröffnet, die ich nun mit diesem Beitrag ergänzen möchte.
Beitrag ist etwas zu viel gesagt, es ist mehr eine Bemerkung, oder wenn man
will, eine schriftliche Wortmeldung zu einem Aspekt des Themas Krise. Kurz
gesagt, möchte ich einige Zeilen zum „Tendenzieller Fall der Profitrate“
verfassen, die vor allem all jenen, die sich (noch) nicht damit beschäftigt
haben, helfen soll, die Diskussion besser zu verstehen. Ich werde versuchen, die
Sache so einfach und klar wie nur möglich darzustellen und alle verwendeten
Begriffe zu erklären. Worum geht es also? Was mit
dem Ausdruck „tendenzieller Fall der Profitrate“ gemeint sein könnte, läßt
sich sinnlich sehr einfach darstellen. Wir alle haben das Bild einer frühkapitalistischen
Fabrik im Kopf, in dem zahllose ArbeiterInnen eine Maschine bedienen während
nach der Automatisierung umgekehrt wenige ArbeiterIn komplexe Maschinenanlagen
überwachen. Marx nennt nun jenes Kapital, das in Maschinerie und Rohstoffe
investiert wird, konstantes Kapital, abgekürzt „c“, jenes, das für die Löhne
ausgegeben wird, variables Kapital, abgekürzt „v“. Das konstante Kapital
wird von Marx deshalb so benannt, weil sein Wert in der Produktion weder
vermindert noch vermehrt wird, es geht entweder vollständig (Rohstoffe) oder
sukzessive (Maschinen) auf das Produkt über, bleibt also konstant. (Wir wollen
bei unseren Beispielen vereinfacht davon ausgehen, daß es vollständig in einem
Produktionszyklus verbraucht wird.) Der menschlichen Arbeitskraft hingegen kommt
die Fähigkeit zu, mehr Wert zu produzieren, als sie selbst besitzt. Der für Löhne
vorgeschoßne Kapitalanteil vergrößert sich, ist also variabel. Warum? Das
Kapital bezahlt den ArbeiterInnen durchaus den Wert ihrer Arbeitskraft, also v.
Unter „Wert der Arbeitskraft“ kann man sich alle Waren und Dienstleistungen
vorstellen, die durchschnittlich zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendig
sind. Der Wert der Ware Arbeitskraft „v“ geht also, wie der Wert des
konstanten Kapitals „c“, auf das Produkt über. Das Kapital bezahlt aber,
und das ist wichtig zu bedenken, nicht die Arbeit, sondern den Wert der
Arbeitskraft. Sagen wir also vergröbernd, der Wert der Arbeitskraft löse sich
in 4 Stunden täglicher Arbeitsleistung auf. In den Wert des Produkts gehen also
ein: Der unveränderte Wert des konstanten Kapitals, der Wert des variablen
Kapitals und der Wert der vom Kapital nicht bezahlten Mehrarbeit. Hier sind wir
bei der Pointe der Marxschen Mehrwerttheorie. Obwohl das Kapital durchaus den
Wert der Arbeitskraft bezahlt, also einen Lohn bezahlt, der dem Äquivalent von
sagen wir 4 Stunden Arbeitsleistung entspricht, läßt das Kapital länger als
die notwendige Arbeitszeit, sagen wir nochmals 4 Stunden arbeiten. Diese
Mehrarbeit geht aber ebenso in den Wert des Produkts ein und bildet den so
genannten Mehrwert. Das variable Kapital ist also deshalb „variabel“, weil
es neben dem bezahlten Anteil, auch einen unbezahlten Teil an Wert in das
Produkt einfließen läßt. Vor dem
eigentlichen Produktionsprozeß muß das Kapital in zwei Bestandteile geteilt
werden, in jene Summe, die für das konstante Kapital (Rohmaterial, Maschinen
usw.) und für Löhne (variables Kapital) ausgegeben wird. Es teil sich also in c + v Wir
lassen nun einen Produktionszyklus ablaufen, und erhalten als Resultat einen
Warenberg. Wir unterstellen dabei, daß das gesamte konstante Kapital vollständig
bei der Produktion verbraucht wurde. Also alles Rohmaterial ist aufgebraucht,
die Maschinen sind Schrott, das Fabrikgebäude abbruchreif. (Natürlich halten
die Maschinen usw. in der Regel länger als einen Produktionszyklus, Marx
unterscheidet daher auch zwischen flüssigem und fixem Kapital. Doch wir wollen,
wie Marx, bei unserem Thema davon abstrahieren.) In den Wert dieser Waren ist
also einmal c eingegangen, aber auch v und die unbezahlte Mehrarbeit, m. Nehmen
wir an, das Verhältnis zwischen Wert der Arbeitskraft (4 Stunden) und
Mehrarbeit „m“ (ebenfalls 4 Stunden) sei daher 1 : 1. (Wir unterstellen also einen 8stündigen Arbeitstag.) Der
Wert der Waren läßt sich also auf folgende wertbildende Faktoren zurückführen: Wert der
Waren nach dem Produktionszyklus: = c + v + m Indem wir
nun diese drei Größen in Beziehung setzen, erhalten wir eine Reihe von
wichtigen Begriffen, ohne die die Debatte um den tendenziellen Fall der
Profitrate nicht verstanden werden kann. Der Begriff der
organischen Zusammensetzung des Kapitals c : v
Der erste
Begriff ist die organische Zusammensetzung des Kapitals. Lasen wir Marx selbst
die Definition dieses Begriffs vornehmen: „Die Zusammensetzung des Kapitals
ist in zweifachem Sinne zu fassen. Nach der Seite des Werts bestimmt sie sich
durch das Verhältnis, worin es sich teilt in konstantes Kapital oder Wert der
Produktionsmittel und variables Kapital oder Wert der Arbeitskraft, Gesamtsumme
der Arbeitslöhne. Nach der Seite des Stoffs, wie er im Produktionsprozeß
fungiert, teilt sich jedes Kapital in Produktionsmittel und lebendige
Arbeitskraft; (...) Ich nenne die erstere die Wertzusammensetzung, die zweite
die technische Zusammensetzung des Kapitals. Zwischen beiden besteht enge
Wechselwirkung. Um diese auszudrücken, nenne ich die Wertzusammensetzung des
Kapitals, insofern sie durch seine technische Zusammensetzung bestimmt wird und
deren Änderungen widerspiegelt: die organische Zusammensetzung des Kapitals.“(MEW
23; 640) Organische Zusammensetzung meint also das Verhältnis von c : v, ein
Verhältnis, das durch die konkrete Form der Produktion (welche und wie viele
Maschinen, wie wertvoll sind die Rohstoffe usw. – wie viele ArbeiterInnen sind
notwendig, um diese Maschinen zu betreiben...) bestimmt wird. Ich möchte nun
die Änderung in der organischen Zusammensetzung durch ein Beispiel erläutern. Nehmen
wir an, in einer frühkapitalistischen Fabrik würde eine Maschine von 10
ArbeiterInnen bedient werden (müssen). Willkürlich setzen wir einmal für c
und v die Werte 50 und 40 (Arbeitslohn pro ArbeiterIn 4) und weiters nehmen wir
eine Mehrwertrate von 100% an, das heißt, bei einem 8stündigen Arbeitstag, 4
Stunden bezahlte und 4 Stunden unbezahlte Mehrarbeit. Wir erhalten unter diesen
Annahmen einen Warenwert der sich wie folgt zusammensetzt: Frühkapitalistische
Produktion, investiertes Kapital: 1
Maschine + 10 ArbeiterInnenlöhne (Arbeitslohn = 4) in
Zahlen: 50c + 40v Wert der
produzierten Waren: 1
Maschine + 10 ArbeiterInnenlöhne + Mehrarbeit von 10 ArbeiterInnen in
Zahlen: 50c + 40v + 40m Betrachten
wir nun die Verhältnisse im entwickelten Kapitalismus. An die Stelle von einer
Maschine sind nun 5 getreten, aus der Masse der ArbeiterInnen wurde nur eine
einzige Arbeitskraft, die nun diese weitgehend automatisiertere
Produktionsablage überwacht. Wir erhalten nun folgendes Ergebnis: Investiertes
Kapital: 5
Maschinen + 1 ArbeiterInnenlohn in
Zahlen: 250c + 4v Wert der
produzierten Waren: 5
Maschinen + 1 ArbeiterInnenlohn + Mehrarbeit von 1er ArbeiterIn in
Zahlen: 250c + 4v + 4m Betrachen
wir also zuerst das Verhältnis zwischen c : v in beiden Beispielen. Die
„organische Zusammensetzung“ hat sich gewaltig verändert. Während im
ersten Beispiel das Verhältnis 5:4 betrug, hat es sich auf 250 : 4 verändert.
Anderes gesagt, im ersten Beispiel werden noch ca. 44% für Löhne ausgegeben,
im zweiten Beispiel nur noch ca. 1,6%! Bevor wir aber in die Debatte eintreten
ist es notwenig, noch zwei weitere Begriffe zu entwickeln. Der Begriff der
Mehrwertrate m : v
Betrachten
wir als nächsten den Begriff Mehrwertrate. In unserem Beispiel haben wir
unterstellt, daß 50% der Arbeitszeit bezahlt, 50% unbezahlt sind. Setzen wir m
: v in dieses Verhältnis, so erhalten wir eine Mehrwertrate von 1 oder von
100%. Die Mehrwertrate kann freilich nicht konstant bleiben. Erhöht sich die
Produktivkraft der Arbeit, so sinkt die notwendige Zeit die für die Produktion
der selben Warenmasse. Angenommen durch die Erhöhung der Produktivkraft der
Arbeit sinke der Wert der Ware Arbeitskraft auf eine Stunde in unserer
automatisierten Industriegesellschaft, da durch die Entwicklung der Produktivkräfte
nur noch eine Stunde notwendig ist, um das selbe Quantum an Gebrauchswerten
herzustellen, für das früher vier Stunden notwendig waren.
Wir würden dann folgendes modifiziertes Schema, bei gleichbleibendem 8
Stundentag erhalten: Investiertes
Kapital: 5
Maschinen + 1 ArbeiterInnenlohn in
Zahlen: 250c + 1v Wert der
produzierten Ware: in
Zahlen: 250c + 1v + 7m Die
Begriffe „organische Zusammensetzung“ und „Mehrwertrate“ sind freilich
Termini, die rein analytisch sind und in der rauhen Wirklichkeit der
kapitalistischen Produktion nicht sichtbar werden können. Was das Kapital tatsächlich
interessiert, ist das Verhältnis zwischen der investierten Summe (Kapital) und
dem erzielten Profit. Der
Begriff der Profitrate m : (c + v) Das
investierte Kapital setzt sich aus c + v zusammen. Setzt man dieses in Beziehung
zum Mehrwert, so erhält man die Profitrate, m/(c + v), in Worten: der Mehrwert
dividiert durch die Summe des konstanten und des variablen Kapitals mal Faktor
100 ergibt die Profitrate, also jenen Prozentsatz um den sich das Kapital pro
Produktionszyklus vermehrt. Rechnen wir nun einfach die Profitrate bei unseren
drei Beispielen aus, so ergibt sich: Frühkapitalistische
Produktion bei Mehrwertrate von 100% (50c + 40v + 40m) - Profitrate von 44% Automatisierte
Produktion bei Mehrwertrate von 100% (250c + 4v + 4m) - Profitrate von 1,5% Automatisierte
Produktion bei Mehrwertrate von 700% (250c + 1v + 7m) - Profitrate von 2,7% Was haben
uns diese drei Bespiele gezeigt? Geht man davon aus, daß die organische
Zusammensetzung unaufhörlich wachsen muß, so muß gleichzeitig die Profitrate
rapide sinken, selbst eine anzunehmende Erhöhung der Mehrwertrate kann diesen
Fall nur mildern, nicht aufhalten. Diese Auffassung vertreten zumindest jene,
die von der Geltung des Gesetzes des tendenziellen Falls der Profitrate überzeugt
sind. Indem das Kapital seinen Gesetzen folgt, (Erhöhung der Produktivkraft der
Arbeit durch Vergrößerung des konstanten Kapitals) setzt es sich selbst eine
unüberwindliche Schranke, tendenziell müßte die Profitrate gegen Null
tendieren, der Kapitalismus könnte nicht mehr akkumulieren. Insbesondere Henryk
Großmann war von der Gültigkeit dieses Gesetzes felsenfest überzeugt.[i]
Wenn sich nur der Kapitalismus möglichst rein und umfassend entwickelt,
muß er letztlich von selbst Zusammenbrechen, so kann man seine Auffassung
zusammenfassen. Aber ich habe die Beispiele absichtlich so gewählt, daß sie
diese gängige Auffassung gut illustrieren. Belegt und bewiesen ist dadurch
nichts. Hätte ich andere Zahlen gewählt, wäre ein anders Ergebnis
herausgekommen. Aber gehen wir schrittweise vor, und überlegen wir uns einige
sogenannte „entgegenwirkende Ursachen“. Entgegenwirkende
Ursachen? Durch die
Steigerung der Produktivkraft der Arbeit wird nicht nur der Wert der Ware
gesenkt. Die Waren gehen ja sei es als c, sei es als v wieder in den
Produktionsprozeß sein. Anders gesagt, die Verbilligung von c und v senkt
einerseits die organische Zusammensetzung und steigert andererseits die
Mehrwertrate. Ich möchte dies an dem von mir gewählten Beispielen
illustrieren. Im ersten Beispiel habe ich den Einsatz von einer Maschine, im
zweiten den von fünf angenommen. Wie konnte ich aber annehmen, daß fünf
(verbesserte, moderne) Maschinen fünf mal so viel Wert haben wie die eine alte,
frühindustrielle? Wenn durch die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit der
Wert der Waren fällt, so muß dies auch für das konstante Kapital gelten, daß
das Kapital ja als Waren auf dem Markt einkaufen muß. Tatsächlich führt Marx
(in der von Engels herausgegebenen Ausgabe) im dritten Band des Kapitals die „Verwohlfeilerung
der Elemente des konstanten Kapitals“ (MEW 25; 245) als dem Gesetz des
tendenziellen Falls entgegenwirkende Ursache an. Ebenso senkt sich der Wert der
Lebensmittel. Durch die Steigerung der Produktivkraft ist nun nur noch ein
Bruchteil jener Arbeitszeit notwendig, um die selbe Menge an Gebrauchsgütern zu
liefern. Also verbilligt sich auch das variable Kapital, um viel weniger Wert
ist nun die selbe Menge an Gebrauchswerten erhältlich. Wenn wir nun beide
Faktoren berücksichtigen so erhalten wir zum Beispiel folgende Zahlen: Investiertes
Kapital: 5
Maschinen + 1 ArbeiterInnenlohn in
Zahlen: 50c + 1v Wert der
produzierten Waren: in
Zahlen: 50c + 1v + 7m Nun
ergibt sich eine Profitrate von 13,7%. Wie gesagt, diese Beispiel dienen nur zur
Illustration, zur Verdeutlichung von Zusammenhängen. Immerhin können wir
sehen, daß die Verbilligung (Wertsenkung) von c und v die Profitrate wieder
steigen läßt. Jenseits von Zahlenspielereien stellt sich also die Frage,
welches systematische Argument legt Marx seinem Gesetz zugrunde? Marx
zieht selbstverständlich sowohl die steigende Mehrwertrate also auch die
Verbilligung der Maschinerie in Betracht, und erkannte ihn ihnen wesentliche,
dem Gesetz entgegenwirkende Faktoren. Warum ist er aber trotzdem so überzeugt,
daß diese Faktoren letztlich dem Gesetz nicht entgegenwirken können? Weil er
meint, daß der tendenzielle Fall im Begriff der Erhöhung der Produktivkraft
der Arbeit unmittelbar angelegt ist. Produktivkraft der Arbeit, bzw. steigende
Produktivkraft der Arbeit bedeutet im Kern nichts anderes, als daß die zur
Erzeugung eines bestimmten Quantums Gebrauchswert erforderliche Zeit sinkt. Ein
Beispiel. Während in der frühkapitalistischen – handwerklichen Produktion
sagen wir ein ganzer Arbeitstag (wahrscheinlich viel mehr) notwendig war, um
einen Tisch herzustellen, genügen später möglicherweise wenige Stunden, ja
Minuten. Blenden wir einem Moment den Wert der Maschinerie aus. Steigende
Produktivkraft der Arbeit bedeutet, daß bei einem gegebenen Arbeitstag zehn, fünfzig
oder hundert mal so viel Rohstoff verbraucht wird, da eben um diesen Faktor der
Produktion von Tischen steigt. Sicher gilt auch hier, das Anschwellen der
Stoffmenge bedeutet nicht im gleichen Umfang das Anschwellen der Wertmenge. Die
hundertfache Menge an Holz muß nicht bedeuten, daß der Wert dieses Holzes um
das hundertfache gestiegen ist. Marx selbst drückt dies so aus: Das konstante
Kapital muß im Vergleich zum variablen wachsen (davon ist er überzeugt) aber
der „wachsende Wertumfang des konstanten Kapital“ spiegelt „nur
entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte“ wieder
(MEW 25; 222) Wird die hundertfache Menge an Holz verwendet, so bedeutet dies
nicht, daß sein Wert um das hundertfache steigt, möglicherweise steigt er nur
um das zehn, vielleicht nur um das fünffache, daher formuliert Marx „drückt
entfernt aus“. Aber immerhin, er steigt. Marx war
also davon überzeugt, daß die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit mit
Notwendigkeit eine erhöhte organische Zusammensetzung, also die Verdrängung
der lebendigen Arbeit aus der Produktion (sachlich wie wertmäßig) nach sich
ziehen müsse. „Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum
Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher
Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen
Produktivkraft der Arbeit.“ (MEW 25; 223) Und wenige Zeilen vorher
schreibt Marx: „Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen
Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch
mit fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen
Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die
fortschreitende Entwicklung der
gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich gerade darin zeigt, daß
vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt
mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h.
mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden.“
(MEW 25; 222) Wenn ich Marx richtig verstehe, so liegt der Schwerpunkt
seines Arguments weniger auf dem gestiegenen Wert der Maschinerie, der
technischen Anlagen usw. Sein Hauptargument liegt in der rapide steigenden Masse
der Rohstoffe, die durch die erhöhte Produktivkraft der Arbeit pro Zeiteinheit
verarbeitet wird und dem dadurch immer geringer werdenden Anteil des
Arbeitstages, der als zusätzlicher Wert dem Rohstoff zugeführt werden kann.
Wenn die tägliche Produktion von Tischen von einem auf hundert steigt,
so sinkt die zugesetzte Arbeit pro Tisch auf ein hundertstel. Natürlich, und
das betont ja Marx, sinkt auch der Wert des Holzes, die gestiegene Masse der
Gebrauchswerte wird „nur entfernt“ in der Wertsteigerung ausgedrückt. Aber
letztlich steigt die Produktivkraft der Arbeit schneller als der Wert der
Rohstoffe sinkt. Nochmals eine Illustration des Gesagten an dem Beispiel der
Tischproduktion. Wenn die tägliche Menge von einem auf hundert Tische anwächst,
so müßte der Wert des Holzes um den selben Faktor, also hundert sinken, damit
die Profitrate gleichbleibt, verbilligt sich das Holz „nur“ um den Faktor
zehn, so sinkt die Profitrate, allerdings nur, wenn die Mehrwertrate konstant
bleibt! Soll sie umgekehrt steigen, so mußte der Holzpreis um mehr als das
hundertfache sinken. Lassen wir einmal die Darstellung an diesem Punkt so
stehen, und sehen wir uns ein wenig jene Kritik am „Gesetz“ an, die in den
letzten Jahren formuliert wurde. Die Kritik
von Hans-Georg Bensch
Für
Bensch steht und fällt das berühmte Gesetz mit dem Begriff der organischen
Zusammensetzung, also mit der These, c müsse sich gegenüber v grenzenlos
ausdehnen. Er schreibt: „Bisher wurden nur einige Marx-Zitate angeführt,
die eindeutig das Gesetz des Falls der Profitrate als einer Krisen Theorie und
nicht einer Zusammenbruchstheorie zugehörig anzeigen; als Zitate ersetzen sie
aber keineswegs ein systematisches Argument. Das ist erst möglich, wenn das
begriffliche Fundament des (tendenziellen) Falls der Profitrate untersucht wird,
und das ist der Begriff der organischen Zusammensetzung des Kapitals.“ (Bensch
1995; 61) Dieser Aussage kann ich zustimmen. Bensch meint nun, daß bei der
Darstellung der steigenden organischen Zusammensetzung, respektive der fallenden
Profitrate ein Umstand nicht bedacht wurde. Um die wirkliche Entwicklung auszudrücken,
müßte es sich immer um den selben Gebrauchswert handeln. Wenn z.B. zuerst mit
vielen ArbeiterInnen und wenig Maschinen (sachlich wie wertmäßig) Fahrräder
produziert werden, später mit teuren Maschinen und wenig ArbeiterInnen
ebenfalls in der selben Zeit viel mehr Fahrräder produziert werden, dann ist
die organische Zusammensetzung des Kapitals zweifellos gestiegen. Wie – so
darf ich Bensch interpretieren – läßt sich aber die Produktion von Fahrrädern
mit der Produktion von sagen wir Bildschirmen vergleichen? Sowohl die Produktion
von Fahrrädern als auch von Bildschirmen erfordert jeweils eine bestimmte
technische und wertmäßige Zusammensetzung. So weit, so gut. Nur darf ich diese
beiden Zusammensetzungen wirklich vergleichen? Die Antwort von Bensch: nein. In
seinen Worten: „Bei ungleichen Gebrauchswertarten zu verschiedenen
Zeitpunkten geht aber die Wertbestimmung verloren, die Fundament einer
quantifizierenden Darstellung der allgemeinen Profitrate bzw. deren Entwicklung
ist. Es sind verschiedene Gebrauchswerte (Waren) zur selben Zeit oder gleiche
Gebrauchswerte (Waren) zu verschiedenen Zeiten, nicht aber verschiedene
Gebrauchswerte (Waren) zu verschiedenen Zeiten als dem Wert nach vergleichbar
darzustellen. Letzteres drückt aber die aufgestellte Reihe aus.“ (Bensch
1995; 67) Mit „aufgestellter Reihe“ meint er das Beispiel von Marx,
der unter der Annahme einer Mehrwertrate von 100% folgende Zusammensetzungen
entwarf und damit den Abschnitt zum tendenziellen Fall im dritten Band
einleitete. c=50,
v=100 Profitrate 66,6% c=200,
v=100 Profitrate 33,3% c=400,
v=100 Profitrate 20% Marx
interpretiert nun dieses Abfolge etwas später: „Die im Eingang
hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der
kapitalistischen Produktionsweise aus.“ (MEW 25; 222f) Die
Verschiedenheit, Ungleichartigkeit der Gebrauchswerte lasse einen systematischen
Vergleich, das Aufstellen von Reihen, die von dieser Verschiedenartigkeit
abstrahiere, so Bensch, nicht zu. Und
er schlußfolgert: „Jeder Versuch der Darstellung eines proportionellen
Wachstums von Wert und Stoff von c muß daran scheitern.” (Bensch
1995; 67) Wirklich
überzeugend ist das Argument von Bensch aber nicht. Sicher, in einem Punkt hat
er recht. Es mag zwar Gebrauchswerte geben, bei denen sich die Alternative,
viele ArbeiterInnen oder wenig Maschinen oder wenig ArbeiterInnen und viele
Maschinen stellt, es gibt aber Gebrauchswerte, bei denen das einfach nicht der
Fall ist. Selbst noch so viele ArbeiterInnen könne mit einfachen Werkzeugen und
den bloßen Händen keine Computerbauteile herstellen. Man kann also sagen, daß
die Produktion bestimmter Gebrauchswerte bestimmte technische, und daher in
Folge eine bestimmte organische Zusammensetzung erfordern und Alternativen nur
bis zu einem bestimmten Grad möglich sind. Dieses Argument kann durchaus gegen
das Gesetz des tendenziellen Falls gewendet werden. Wie Marx im zweiten Band des
Kapitals ja selbst ausführt, beruhen viele Produktionsabläufe auf chemischen,
organischen, biologischen und physikalischen Prozessen, die nicht willkürlich
verkürzt werden können. Die stoffliche (gebrauchswertmäßige) Seite der
Produktion, die technische Zusammensetzung bestimmt ja bis zu einem gewissen
Grade die wertmäßige. Kein Lastwagen kann nur mit einem halben Fahrer besetzt
werden, und ebenso läßt sich die Menge an Teeblättern, die von den Pflückerinnen
täglich geerntet werden können, nicht grenzenlos erhöhen. Ebenso werden neue
Gebrauchswertarten entwickelt, die auf Grund des technologischen
Produktionsablaufes einfach ein bestimmtes Verhältnis von Maschine, Rohstoff
und menschlicher Arbeitskraft erfordern, das nicht willkürlich verändert
werden kann (die technische Zusammensetzung) und daher ein bestimmtes Wertverhältnis
präjudiziert. Warum
aber bei der Betrachtung der historischen Entwicklung der Profitrate nicht von
den Besonderheiten der Gebrauchswerte abstrahiert werden darf, warum zum
Beispiel ein Vergleich zwischen der gesellschaftlichen Durchschnittsprofitrate
der 20er Jahre und der Gegenwart nicht möglich und sinnvoll sein soll (obwohl
heute Gebrauchswertarten produziert werden, die es damals gar nicht gegeben hat)
kann ich wirklich nicht nachvollziehen. Im Grunde verweist Bensch zu recht
darauf, daß die technische Zusammensetzung bei Überlegungen bezüglich der
Entwicklung der Profitrate nicht ignoriert werden darf, wieso aber deswegen das
sogenannte „Gesetz“ widerlegt sein soll, ist nicht einzusehen. Die Kritik von Michael
Heinrich
Interessanter
und weitreichender scheint mir das Argument von Michael Heinrich zu sein. Ebenso
wie die differenzierten Überlegungen von Bensch werde ich hier seine komplexen
Überlegungen auf die Essenz des Argumentes reduzieren. Heinrich geht einmal von
der Formel der Profitrate aus, die da lautet:
m p
= -------------
c + v in
Worten: Die Profitrate ergibt sich aus dem Mehrwert, dividiert such die Summe
des konstanten und des variablen Kapitals. Heinrich, wie übrigens bereits
Gillman[ii]
dividiert nun diesen Bruch durch v und erhält folgendes Ergebnis: m
v p
= ------------
c +
1
v Wir
erhalten nun einen grausigen Doppelbruch, und ich befürchte, daß mache, denen
jede mathematische Formel so und so ein Greuel ist, nun mit dem Lesen dieses
Beitrags aufhören. Doch keine Panik, wenn wir uns in aller Ruhe dieses Monster
betrachten, wird die Sache bald halb so schlimm. Was steht im Zäher dieses
Bruches, also oberhalb des langen Divisionsstriches? Es steht m : v, eine
bekannte Größe. m : v ist einfach die Mehrwertrate, das Verhältnis der
unbezahlten zur bezahlten Arbeit. Betrachten
wir nun den Nenner des Bruches. Ursprünglich stand darunter c + v. Wir haben
diesen Term durch v dividiert und er hielten: c : v + v : v. Dividiert man v : v
so erhält man einfach 1, c : v aber nichts anderes als die organische
Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis des konstanten Kapitals zum
variablen. Im Nenner des Bruches steht also die organische Zusammensetzung (c :
v) sowie die Zahl 1. Was wissen wir nun über die organische Zusammensetzung,
oder genauer, was haben wir angenommen? Daß auch sie steigt, c wird im
Vergleich zu v immer größer. Oberhalb
des Doppelbruches steht also die Mehrwertrate (m : v), unterhalb die organische
Zusammensetzung (c : v) plus die Zahl 1 (die ja konstant bleibt, wie immer sich
auch v, m und c entwickeln). Was können wir nun über beide Größen aussagen?
Daß sie beide steigen werden. Entwickelt sich die kapitalistische
Produktionsweise, steigt also die Produktivität der Arbeit auf Grund des
Einsatzes von Technik und Maschinerie, so werden beide Größen wachsen, es wird
sowohl die Mehrwertrate, als auch die organische Zusammensetzung steigen. Die
Profitrate ist also das Ergebnis einer Division, Mehrwertrate durch organische
Zusammensetzung. Wenn nun beides steigt, so stellt sich die Frage, was steigt
schneller, die Mehrwertrate oder die organische Zusammensetzung? Wenn nun der Zäher,
die Mehrwertrate, schneller steigt als die organische Zusammensetzung, so wird
die Profitrate erhöht, steigt hingegen der Nenner, also die organische
Zusammensetzung schneller als der Nenner, sinkt die Profitrate. Kommentar
Heinrich: „Für die Bewegungsrichtung der Profitrate kommt es aber auf das
VERHÄLTNIS der Bewegung dieser beiden Größen an, welche verändert sich im
Vergleich zur anderen schneller und dominiert damit das Geschehen.“ (Heinrich
1999; 337) Ich möchte
dies an einem Beispiel erläutern. Gehen wir von einer Mehrwertrate von 100% und
einer organischen Zusammensetzung von 4 : 1 aus. Nehmen wir folgende
Ausgangsbedingung an: 40c + 10v
+ 10m Die
Profitrate beträgt in diesem Beispiel 20%. [10 : (40 + 10) = 0,2] Gehen wir zuerst davon aus, daß die Mehrwertrate schneller steigt als die organische Zusammensetzung. 50c + 10v
+ 30m Nun beträgt
die Profitrate 50%. [30 : (50 + 10) = 0,5] Die organische Zusammensetzung ist
von 4:1 auf 5:1 gestiegen, die Mehrwertrate aber von 1:1 auf 3:1. Lassen
wir nun die organische Zusammensetzung schneller steigen als die Mehrwertrate.
Wir lassen die Mehrwertrate von 1:1 auf 2:1 steigen, die organische
Zusammensetzung aber von 4:1 auf 10:1 und erhalten nun folgende Zahlen: 100c +
10v + 20m Nun beträgt
die Profitrate bloß ca. 18%. [20 : (100 + 10) = 0,18] Es geht
also um das Verhältnis von steigender organischer Zusammensetzung und ebenso
steigender Mehrwertrate. Der erste Faktor läßt die Profitrate fallen, der
zweite läßt sie steigen. Was haben
wir mit dem obigen Doppelbruch gewonnen? Wir können mathematisch exakt das Verhältnis
zwischen Mehrwertrate, organischer Zusammensetzung und Profitrate ausdrücken,
haben aber die entscheidende Frage, MUSS und/oder KANN das konstante Kapital
gigantisch anwachsen, noch lange nicht beantwortet. Um dies zu untersuchen,
formalisiert Heinrich einfach die Konsequenz der Entwicklung der Produktivkraft
der Arbeit, das heißt, er formalisiert den sinkenden Wert der Ware. Dabei nimmt
er einen Zeitpunkt 1 (geringere Produktivkraft) und einen späteren Zeitpunkt 2
(gestiegene Produktivkraft) an und schreibt (Heinrich 1999; 338) c2 + v2 +
m2 = k(c1 + v1 + m1) Dieser
Ausdruck besagt folgendes: Durch die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit
sinkt der Wert der Waren. Der Wert der im Kapitalismus produzierten
Gebrauchswerte läßt sich analytisch auf die Faktoren c, v und m zurückführen.
Die Gleichung besagt nur, daß die Summe dieser Faktoren sinken muß. Da sich
die Waren verbilligen, muß k kleiner als 1 sein, sonst erhielten wir keine
Gleichung. Analog dazu können wir zu zwei unterschiedlichen Entwicklungsphasen des Kapitalismus zwei verschiedene Profitraten annehmen. Wir nehmen eine Profitrate (1) an und eine weitere, nach einer angenommenen Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, die Profitrate (2), von der Marx annahm, sie müsse signifikant gesunken sein. Heinrich übernimmt nun die von Marx postulierten Annahmen, nämlich daß das konstante Kapital gestiegen, im Verhältnis dazu das variable gesunken sei, kurzum, er übernimmt die Voraussetzung der gestiegenen organischen Zusammensetzung. Er formalisiert diese Annahmen und kommt zu folgendem Ergebnis: (Die mathematischen Details der Ableitung will ich überspringen, wer Zweifel an der Richtigkeit hat, kann die Ableitung jederzeit bei Heinrich nachrechnen.)[iii]
m1+ Δv1
– Δc1
P2
= ----------------------------
c1 + v1 + Δc1
– Δv1
Was steht
nun im Zähler, also über dem Bruchstrich? Wir finden den Mehrwert zum
Zeitpunkt 1 plus jenem Wert, um den das variable Kapital verringert wurde, minus
dem Wert, um den das konstante Kapital erhöht wurde. Anders gesagt, zum alten
Mehrwert ist jene Summe, die an Löhnen eingespart wurde hinzuzurechnen und jene
Summe, die an zusätzlichen Kosten in Maschinen, Anlagen und Rohstoffen
investiert wurde, abzuziehen. Unten in
Nenner steht des ursprüngliche konstante und variable Kapital (Zeitpunkt 1),
plus die Erhöhung des konstanten Kapitals minus der Einsparungen beim variablen
Kapital. Heinrich
meint nun, daß man eine systematische Aussage über das Verhältnis der Erhöhung
des konstanten und der Verringerung des variablen Kapitals machen kann. Und
zwar: Die Erhöhung des konstanten Kapitals (Δc1) ist kleiner als die
Verringerung des variablen Kapital (Δv1). In anderen Worten, es wird
weniger in Maschinen und Rohstoffen investiert als an Löhnen eingespart wird.
Nochmals anders ausgedrückt, der Wert von Δc1 ist kleiner als der Wert von
Δv1. Wenn ich unter dieser Voraussetzung den obigen Bruch untersuche, komme
ich zu folgendem Ergebnis. Während im Nenner (über dem Bruchstich) ein Wert
hinzugefügt wird, wird im Nenner (unter dem Bruchstrich) ein Wert abgezogen.
Erhöht sich aber der Zähler und verringert sich der Nenner, so steigt der
Quotient an, d.h. das Ergebnis der Division erhöht sich. Wir vergleichen nun
unter diesem Gesichtspunkt die Profitrate 1 mit der Profitrate 2.
m1 P1
= ----------------
c1 + v1 verglichen
mit
m1+ Δv1 – Δc1
P2
= ----------------------------
c1 + v1 + Δc1
– Δv1
läßt
erkennen, daß die Profitrate 2 höher als die Profitrate 1 sein muß. Heinrich
kommt also folgerichtig zum Schluß: „Auf der von Marx gewählten
Abstraktionsebene läßt sich demnach nicht nur kein Fallen der Profitrate begründen,
sondern sogar ein tendenzielles Steigen.“ (Heinrich
1999; 339f) Ich will,
nochmals zur Erläuterung ein Beispiel mit Zahlen nehmen. Wir gehen von einer
Profitrate 1 mit folgenden Werten aus (m = 20, c= 40, v = 20). Unter diesen
Voraussetzungen beträgt sie 33,3%. Wir lassen nun c geringer Steigen (plus 5)
als v sinken (minus 10). Wir müssen nun die Summe aus m1 + Δv1 – Δc1
(20 + 10 – 5) durch die Summe aus c 1 + v1 + Δc1 – Δv1 (40 +20 + 5
– 10) dividieren und erhalten eine Profitrate von 45,4%. (Dieses
Zahlenbeispiel dient nur dazu, all jenen, die sich mit allgemeinen Zahlen
schwertun, zu helfen, den Aufbau der obigen Formel besser nachvollziehen zu können.) Wie kommt
nun Heinrich zum Schluß, daß die Erhöhung des konstanten Kapitals kleiner
sein muß, als die Verringerung des variablen Kapitals. Er greift auf eine
Aussage von Marx aus dem I. Band des Kapitals zurück, „daß nämlich bei
Einführung einer neuen Produktionsmethode der Aufwand an zusätzlichem
konstanten Kapital durch die Einsparung an variablem Kapital begrenzt wird.“ (Heinrich
1999; 337) Neue Produktionsmethoden, so Heinrich in Anschluß an Marx,
werden nur dann getätigt, wenn der Kostpreis (Die Summe aus c + v) sinkt. Die
Produktionskosten müssen für das Kapital sinken, sonst wird die Investition
nicht getätigt, sonst werden Arbeitskräfte nicht durch Maschinen verdrängt.
Eingeführt wird die neue Methode der Produktion nur wenn gilt, daß die Erhöhung
des konstanten Kapitals KLEINER ist als die Verminderung des variablen Kapitals,
„so daß sich der Kostpreis des Kapitalisten vermindert.“ (Heinrich
1999; 338) Das intendierte Ziel des Kapitals ist ja weder die Erhöhung der
Produktivkraft der Arbeit respektive die Senkung des Werts der Waren sondern die
Erhöhung des eigenen Profits. Indem nun dieses Ziel intendiert wird muß das
Kapital ungewollt und nicht willentlich sowohl die Produktivkraft der Arbeit erhöhen
als auch den Wert der Waren senken. Wenn die berühmte Aussage von der List der
Vernunft Sinn macht, dann hier. Das Kapital erhöht aber die Produktivkraft der
Arbeit, anders gesagt es erhöht die organische Zusammensetzung keinesfalls um
jeden Preis. Es führt neue
Produktionsmethoden, so Heinrich in Anschluß an Marx, nur dann ein, wenn die
Summe aus c + v, also der Kostpreis, sinkt. Es lassen
sich nun leicht Fälle konstruieren, in denen die Erhöhung der Produktivität
der Arbeit mit einer Erhöhung des Kostpreis Hand in Hand geht. Vergleichen wir
etwa Kapital A mit der Zusammensetzung 60c + 20v + 20m, ergibt einen Warenwert
von 100, mit einem Kapital B, das den selben Gebrauchswert mit der
Zusammensetzung von 80c + 5v + 5m produzieren könnte. Würde eine
Produktionsmethode B, die insgesamt die Produktivkraft der Arbeit erhöht, also
den Wert der Ware von 100 auf 90 senkt eingeführt? Heinrich meint nein. Obwohl
die Produktivkraft der Arbeit im Falle B steigen würde, würde das Kapital B
sich in eine aussichtlose Konkurrenzsituation begeben. Sein Kostpreis würde,
verglichen mit Kapital A um den Wert von 5 steigen, statt 80 wären 85 Einheiten
zu investieren. Ebenso würde der erzielte Mehrwert, selbst wenn Kapital A den
(vorläufigen gesellschaftlichen Durchschnitt darstellen würde) von 20 auf 15
sinken. In diesem Fall erweisen sich die kapitalistischen Produktionsverhältnisse
als Schranke für die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit. Wir
dürfen freilich nicht vergessen, auf welchem hohen Abstraktionsniveau sich die
Debatte bewegt. Aussagen über die derzeitige konkrete Entwicklung der
Profitrate, in die ja viele historisch besondere Faktoren einfließen, die in fünfzig,
hundert oder hundertfünfzig Jahren sich völlig anders darstellen, lassen sich
nicht unmittelbar aus der Kritik am sogenannten Gesetz des tendenziellen Falls
ableiten. Zusammenfassend läßt sich aber sagen, daß die kapitalistische
Produktionsweise nicht von selbst am tendenziellen Fall zerschellen und
zerbrechen wird. Automatisch wird das Kapital nicht, jedenfalls nicht durch den
tendenziellen Fall der Profitrate, zusammenbrechen. Wir haben keinen Grund, ein
derartiges Gesetz anzunehmen. (Da andere Versionen von Zusammenbruchstheorien in
diesem Artikel nicht angesprochen wurden, will ich hier kein summarisches Urteil
darüber abgeben.) Ohne revolutionäre Aktivitäten der Subjekte wird es
jedenfalls keine Überwindung des Kapitalismus geben können. Bensch,
Hans-Georg (1995), "Vom Reichtum der Gesellschaften. Mehrprodukt und
Reproduktion als Freiheit und Notwendigkeit in der Kritik der Politischen Ökonomie."
Lüneburg 1995 Heinrich,
Michael (1999), "Die Wissenschaft vom Wert.
Die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie zwischen wissenschaftlicher
Revolution und klassischer Tradition", Überarbeitete und erweiterte
Neuauflage, Münster Marx,
Karl (MEW 23) = Kapital, Band 1 - (MEW
25) = Kapital, Band 3 [i] Bereits im Titel seines Hauptwerks „Das Akkumulations- und Zusammenbruchsgesetz des kapitalistischen Systems“ ist diese These enthalten. [ii] Joseph M. Gillman, „Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“, 1969 Frankfurt am Main [iii] Unter Δc1 bzw. Δv1 (sprich Delta c 1, Delta v 1) ist jene Summe zu verstehen, um die der ursprüngliche Wert erhöht oder vermindert wurde. Wenn c1 von sagen wir 50 auf 60 erhöht wird, ist Δc1 10, wenn v1 von 30 auf 15 verringert wurde, beträgt Δv1 15. |