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KOMMUNISTISCHE
STREITPUNKTE
- Zirkularblätter - Nr. 5 - 15.05.2000 -
Onlineversion Ansgar Knolle-Grothusen editorial:persönliche Betrachtungen zu den Beiträgen in diesem Heft |
I. Programmatische Texte Diese Ausgabe der Kommunistischen Streitpunkte
dokumentiert zwei sehr unterschiedliche und unvollkommene
programmatische Versuche eine politische Praxis zu begründen:
II. Antikritisches - Kaum einen Widerhall stimmt natürlich nicht, das nehme ich zurück, denn wir haben in dieser Ausgabe zwei antikritische Beiträge von Daniel Dockerill - nomen est omen. Das Antikritische I, die Replik auf meine Fragen und kritischen Anmerkungen zu Daniels Thesen, haben mich, als ich sie las, ziemlich geärgert. Ich fand meine Fragen nicht beantwortet und meine kritischen Anmerkungen in einer z.T. etwas wortklauberischen und rechthaberischen Weise abgeschmettert. Mein Text war eigentlich ein Notizzettel für die erste Diskussion über Daniels Thesen und keine ausgearbeitete Kritik. Mir scheint, wir haben die richtige Form, in der wir die Debatte produktiv führen können, noch nicht gefunden; eine Form, in der Kritik den Kritisierten hilft, Schwachpunkte in der Formulierung des eigenen Standpunktes zu finden und ihn dadurch anregt, den eigenen Standpunkt weiter zu entwickeln. Da schließe ich mich selbst mit ein. Ich halte es für unproduktiv, sich darüber zu streiten, ob zentriert ein falsches Bild ist, wenn ich schreibe, daß mir Daniels Blick auf die Geschichte des Kommunismus zu deutschlandzentiert vorkommt. Es wird wahrscheinlich nicht ausbleiben, daß unsere Auseinandersetzung auch weiterhin Mißverständnisse und persönliche Verletzungen produziert, etwa, wenn ich bezüglich Daniels Argumentation von einer Tendenz zu idealistischem Geschichtsdeterminismus spreche, oder wenn Daniel meinen Versuch einer begrifflichen Annäherung an einen Sachverhalt dadurch abwehrt, daß er ihn einzuordnen versucht mit Hinweisen auf Eugen Dühring, Herrmann Kirsch und Robert Kurz. Doch ich sehe unsere Aufgabe nicht darin, Kampfschriften zur Niedermachung von Positionen herzustellen, die einem verkürzt, verquer, unhaltbar erscheinen. Jede einzelne Position für sich genommen muß heute zwangsläufig auch verkürzt, verquer, unhaltbar sein, weil die Debattenteilnehmer ihre jeweiligen Erfahrungen verarbeiten, die jeweils nur die Erfahrungen aus einem bestimmten Segment des zersplitterten Kommunismus sind - die einzelnen Positionen zusammendenommen spiegeln dadurch den gegenwärtigen Zustand des Kommunismus wieder, der durch die gemeinsame Debatte ja erst aufzuheben ist. Vielmehr sehe ich unsere Aufgabe darin, durch inhaltliches Eingehen aufeinander und nicht durch Abwehr und Ausgrenzung die Konturen eines emanzipatorischen Kommunismus überhaupt erst sichtbar werden zu lassen. Wenn die Kritik der Kritik, die Negation der Negation, nur wieder die unveränderte ursprüngliche Position hervortreibt, wird die Debatte noch nicht der gemeinsam formulierten Aufgabe angemessen geführt. Das muß nicht an der Kritik der Kritik, das kann auch schon an der Kritik liegen. Vielleicht ist es auch günstiger, wenn der Versuch der Synthese von einem Dritten formuliert wird, denn natürlich spielen in der Debatte auch Eitelkeiten eine Rolle; die Autoren von These und Antithese entwickeln einen gewissen Beschützerinstinkt gegenüber ihren Kindern. Diese müssen sich jedoch - einmal ausgesprochen - sich schon selbst bewähren. Kurz zu einigen von Daniel angesprochenen inhaltlichen Streitpunkten: 1. Geschichtsdeterminismus. Was ich damit meine ist folgendes: Der Geschichte wird ein Ziel, eine Entwicklungsrichtung untergeschoben, etwa: Fortschritt, oder Steigerung der Produktivkräfte, oder Geschichte der menschlichen Emanzipation. Auch bei Marx und Engels finden sich Formulierungen, die so interpretierbar sind. Ich halte das dennoch für falsch. Die bisherige Geschichte der gesellschaftlichen Entwicklung ist das Ergebnis menschlichen Handelns, aber bisher eben noch kein gemeinsam geplantes, bewußt herbeigeführtes. Die Geschichte erscheint als ein selbständiges Subjekt, dem die einzelnen Menschen unterworfen sind. Das verleitet dazu, ihr einen eigenen Willen, oder mindestens eine Entwicklungsrichtung anzudichten. Es geht beim Kommunismus nicht darum, irgendeiner Entwicklungsrichtung in der Geschichte zum Durchbruch zu verhelfen, sondern die gesellschaftlichen Verhältnisse so zu gestalten, daß diese Art von Geschichte selbst beendet und zur Vorgeschichte wird. Erst die danach beginnende Geschichte wird zielgerichtet sein, aber gerichtet auf Ziele, die die Menschen untereinander abmachen. Ausführlicher habe ich diesen Punkt ausgeführt in: Die historischen Beschränktheiten des Kommunismus erkennen und überwinden3 Ich halte meine Kritik aufrecht an Daniels Aussage Daß der Kapitalist nicht arbeiten muß, ist der einzige noch allgemein bestimmbare Zweck der Arbeit des kapitalistischen Lohnarbeiters und an ihrer Herleitung, die ich als "geschichtsdeterministisch" versucht habe zu charakterisieren. Ebenso besteht die Kritik an der von Daniel vorgenommenen Auflösung von konkreter und abstrakter Arbeit weiter. Zum ganzen Arbeit sans phrase-Humbug, der z.Zt. noch viele der besten Köpfe vernebelt, beabsichtige ich für die nächsten Streitpunkte etwas zu Papier bringen, anknüpfend an die Notizen zur Kategorie allgemeine gesellschaftliche Arbeitszeit von Karl-Heinz Landwehr in dieser Ausgabe. 2. Meine ersten Überlegungen zur Form-Inhalt-Problematik der Warenproduktion in der revolutionären Übergangsperiode, die für Daniel Dockerill nur dialektisches Gemuddel waren, habe ich - auch angetrieben von seiner Kritik - weiterentwickelt. Das Ergebnis findet man in diesem Heft in meinem Aufsatz Warenproduktion und Markt in einer sozialistischen Gesellschaft?. III. Neue Autoren 4 Autoren haben sich mit eingesandten Beiträgen neu in unsere Debatte eingeklinkt.
VI. Skizzen eines emanzipatorischen Kommunismus Diesen Text von Werner Imhof ist der für mich wichtigste in dieser Ausgabe der Streitpunkte. Ich halte zwar nicht viel davon, den Namen Kommunismus für die gesellschaftsverändernde Bewegung aufzugeben, das folgt unmittelbar aus meinen Ausführungen zum Verhältnis von Kontinuität und Bruch in den Kommunistischen Streitpunkten 3, aber das ist wirklich von untergeordneter Bedeutung. Mich interessiert brennend eine weitere Diskussion über die Frage, wie das abstrakte Denken lernen kann, konkret zu werden. V. Kommunistische Produktion Unter der Rubrik Kommunistische Produktion dokumentieren wir
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Fußnoten:
1s. auch M. Grewe, A. Knolle-Grothusen, Die Lebenden müssen sich von der Last der Toten befreien, in: Kommunistische Streitpunkte Nr.1, S. 32
2D. Dockerill, 150 Jahre Kommunistische Partei - Thesen, in: Kommunistische Streitpunkte Nr.1, S. 3
3Ansgar Knolle-Grothusen, Die historischen Beschränktheiten des Kommunismus erkennen und überwinden, in: Kommunistische Streitpunkte 3, S. 5