Projekte
|
Team |
Peter Heilbronn |
Thema |
Proletariat - Wat dat?
( original )
|
Letzte Bearbeitung |
11/2003 |
Home |
www.mxks.de
|
1. Was ist das Proletariat heute ?
1.1. Begriff
1.2. Zu den Missverständnissen
1.3. Revolutionäre Subjekt
1. Was ist das Proletariat heute ?
1.1. Begriff
'Proletariat' als marxistischer Begriff zumindest versteht sich als primär
ökonomische Kategorie. Das auf Grund der besonderen ökonomischen Lage auch
bestimmte soziale Gegebenheiten FOLGEN und sind, kann man sie somit als
sozio-ökonomische Kategorie fassen. Wir beschäftigen uns aber an dieser Stelle
nur mit der Wesenseite des Zusammenhangs und nicht seiner Erscheinung, also mit
der ökonomischen Basiskategorie 'Klasse'. Anregungen für weitere und vertiefende
Beschäftigung wird an den jeweiligen Stellen gegeben.
Man kann also am besten unterscheiden zwischen:
- ökonomische, objektive Differenzierung als Basis aller anderen
Unterscheidungen, die Wesensseite bezüglich des Kapitalverhältnisses
(Kapitalist/Lohnarbeiter/Bauer)
- soziologische-ökonomische Differenzierung in Schichten und Zwischenklassen
als dem historisch-kokreten Erscheinungsbild
(z.B. Großbürger,Kleinkränmer, Mittelständler, Beamte, technische oder
wissenschaftliche Intelligenz, Industrieproletariat, proletarisierte
Intelligenz, prekär Arbeitende, ...)
- die Bewußtseinslagen der Schichten und Milieus als der Erscheinungsebene
der ideologischen und mentalen Seite, bzw die Ebene des Politischen
(Sozialdemokraten, Linke, Linksliberale, Freiwirtschaftler,...)
, wobei wir uns mit dem 1. Punkt beschäftigen werden.
Die beiden letzteren hängen dabei vermittelt an der ökonomischen Basis jedes
einzelnen Menschen. Ideologie will sich auch geleistet und vor sich selbst
gerechtfertigt werden.
(Hier wäre der Zusammenhang des Ökonomischen mit dem Politischen bzw.
Psychischen zu untersuchen, in seinen Wechselwirkungen,...)
An dieser Stelle wird nur zb auf 'Das Kapital' verwiesen, in welchem man eine
detaiierte Beschreibung der Zusammenhänge zwischen Kapital und Arbeit findet.
Der Kern ist, dass ein Proletarier der
doppelt freie Lohnarbeiter ist. Er
ist also
- frei von Produktionsmitteln, dass unterscheidet ihn zb vom Bauern,
Kapitalisten, Handwerker und Kleinbürger,
- frei zum Verkauf seiner Arbeitskraft als Ware, was ihn von Leibeigenen,
Sklaven oder auch Mitgliedern von Gentil- oder Urgesellschaften, die es ja
auch heute noch gibt, unterscheidet.
Das Wesentliche ist also die Freiheit und mithin Notwendigkeit seine
Arbeitskraft verkaufen zu muessen an den Besitzer von Produktionsmitteln, zb
Kapitalist oder Grossbauer. Man kann ihn auch als 'Lohnabhängigen'
bezeichnen, was unserer heutig verwendeten Sprache sehr nahe kommt.
(Hier müsste die Dialektik von Freiheit und Notwendigkeit entwickelt werden.)
Diese Charakteristik bringt darauf fussende Unterscheidungen von Klassen mit
sich:
- bestimmter Anteil am gesellschaftlichen Reichtum und Art seiner Erlangung
(Minimalster Anteil, genuegend zum Erhalt seiner Ware, der Arbeitskraft auf
durchschnittlichem Niveau, in keiner(!) Relation mehr zu dem von ihm
geschaffenen Reichtum. In Mitteleuropa arbeitet der Proletarier wohl 2h des
Arbeitstages fuer sich, die restlichen 6..9h fuer das Kapital, vertreten
durch seinen direkten menschlichen Besitzer.)
- Stellung bei Leitung und Planung in der Produktion und Gesellschaft
(Von Leitung und Planung in der Produktion, bis auf ein absolutes Mindestmaß
bei seiner eigenen Verwendung, ausgeschlossen. Von demselben bezüglich der
Gesellschaft vollständig isoliert durch die bürgerliche, repräsentative,
Demokratie.)
- Stellung zu den Produktionsmitteln (PM)
(Im Produktionsprozess sind die PM das Eigentum des Arbeiters, da er ja der
direkte Produzent ist. Er eignet sich den Stoff staendig an in der Produktion
und wird juristisch ständig enteignet, bzw ist enteignet.
- Weil seine Arbeitskraft nicht mehr ihm gehört, sondern dem Käufer
dieser.
- Weil das Produkt, was er schafft nicht ihm, dem Erzeuger, gehört, sondern
dem, dem die PM gehören.)
Dies also sind die entscheidenden Bestimmungen eines Proletariers. Wer also
behauptet, es gibt kein Proletariat mehr, sollte sich fragen, wer unter dem
Stichwort 'Arbeitsplatz' zum Kostenfaktor degradiert wird.
Umgekehrt, wächst das Proletariat global, und nur das ist der
entsprechende Massstab, gerade heute in ungeheurem Mass.
Im übrigen geht hier alles mit rechten Dingen zu und im Schnitt erhält der
Arbeiter,
was ihm zusteht. Er bekommt das bezahlt, was er verkauft, nämlich seine
Arbeitskraft.
Was der Konsument seiner Haut, in der Regel der Kapitalist, damit anfängt, dass
hat den Arbeiter nicht zu interessieren. Der Lohn als Geldform seiner Ware
Arbeitskraft
soll reichen, ihn auf dem durchschnittlichen Niveau zu erhalten und das tut er.
1.2. Zu den Missverständnissen
[Arbeitslose]
Auch Arbeitslose sind lohnabhängig, also Proletarier. Sie bilden sich, weil
es Kapital gibt, sind dessen NOTWENDIGE Folge. Sie bilden die sogenannte
'industrielle Reservearmee'. Dass sie nicht von einem einzelnen Kapitalisten
bezahlt werden, sondern über den Staat von allen Kapitalisten, tut nichts
zur Sache. Das Kapital zahlt ihren Lohn, ohne sie direkt auszubeuten und
dieser Lohn heisst 'Sozialhilfe'. Das 'Arbeitslosengeld' ist ja strenggenommen
von ihnen selbst eingezahltes Versicherungsgeld, welches "widerrechtlich" vom
Staat eingenommen und ausgegeben wird, also der direkten Kontrolle der
Arbeiter entzogen sind.
[Lohnabhängig-Abhängige]
Alle die vom Lohn von ihnen sozial zugeordneten abhängig sind, zb als
Familienangehörige, sind mithin offensichtlich lohnabhängig. Dass sie den
Anteil gesellschaftlichen Reichtums nicht über den Verkauf ihrer, sondern
fremder Arbeitskraft (zb klassisch die des Mannes) und in Geldform als
Lohnanteil erhalten, spielt keine Rolle. Sie sind Proletariat, also auch die
Proletarierkinder. Sie gehören zwar nicht zum produktiven Proletariat, nicht
zb zum industriellen Proletariat, aber eben allgemein zum Proletariat.
[Schichten]
Technische Intelligenz (Ingenieure), wissenschaftliche Intelligenz (Prof,
Doktoren, wiss. Mitarbeiter) und andere lohnabhängige sind Proletariat !
Das hier mehr mit dem Kopf als der Hand gearbeitet wird, ist bzgl. des
Proletariats kein qualitativer Unterschied, lohnabhängig bleiben diese, auch
wenn das Niveau ein anderes ist und ebenso der Arbeitsgegenstand.
Im Gegenteil. Hat aber der Ingenieur ein eigenes Büreau und "beschäftigt"
"Mitarbeiter", agiert also als Kapitalist auf eigene Rechnung, so steht er
auf der anderen Seite der Front, er ist Ausbeuter. Man sieht also eindeutig,
es kommt auf die ökonomische Bestimmung an und nicht auf die
Berufsbezeichnung.
[Selbständige]
So sie mittelbar lohnabhängig sind, sogenannte Scheinselbständige, sind sie
Proletariat. Arbeiten sie auf eigene Rechnung, ohne jemand anders auszubeuten,
dann sind sie Kleinbürger. Haben sie jemand auszubeuten, so sind sie
Kapitalist.
Man sieht also, dass nicht nur die eigene, sondern auch die Beziehung zu
anderen Menschen im Produktionsprozess zb "Mitarbeiter" mit bestimmt, welcher
Klasse oder Schicht man angehört.
[Klassenbewußtsein]
In Folge noch kurz zu diesem Komplex.
Ein Proletarier hat NICHT notwendig ein Bewußtsein von seiner eigenen
sozio-ökonomischen Lage. Hätte er sie, wäre er klassenbewußt. Die
Menschen haben ein Bewußtsein von ihrer sozio-ökonomischen Lage in
BUERGERLICHER Form.
(Zu diesem Thema kann man gut mit dem Fetischbegriff, Verdinglichung und dem
realen Schein von
Marx arbeiten zb. im 'Kapital',oder auch bei Lukacs in 'Geschichte und
Klassenbewußtsein'.)
1. Die Form ihrer Gedanken ist bürgerlich. Das betrifft zb ihre Einschätzung
nach Lohnhöhe, Besitz, akademischem Grad,...
Der Kern dieses Denkens bis in die Sprachliche Form ("mein Schätzchen") ist
das PRIVATE EIGENTUM. Aus diesem entspringt die bestimmte Form der
Individuation, das Bewußtsein der Einzelheit und Abgetrenntheit.
Also:
2. Ihr Selbstbewußtsein ist bürgerlicher Natur, als vor dem Gesetz gleicher
Staatsbürger, der rechtstreu ist, dessen Eigentum geschützt werden muss,...
Selbstbestätigung finden sie in ihrer Arbeit, die gerecht entlohnt werden
sollte,.. und der ganze andere Quark.
Die Herrschaftsform der parlamentarischen Demokratie ist wie jeder andere Staat
eine Klassenherrschaft mit der Moral, Ethik und Bewußtseinsbildung verknüpft,
welche ihm zugehörig ist. Letztendlich ist auch sie auf die Gewalt gegen die
"eigenen" Bürger angewiesen, welches man unschwer an jeder Stelle der Geschichte
und des Alltags erkennen kann. (Hier stellt sich die Frage nach der politischen
Macht und der Form der Gesellschaft nach dem Kapitalismus.)
3. Solange es erreichbar scheint und sei es auch nur für die Kinder gilt das
Prinzip Hoffnung. Die Hoffnung sich ein bürgerliches Leben leisten zu
können, also im Rahmen Haus, Familie, Auto, Urlaub. Dies haben zu können
bestimmt das Interesse des Arbeiters in den Industrienationen als
bürgerliche Interessen. Er hat kein Interesse an Revolution, sondern
Partizipation!
Die Ökonomie bestimmt also offensichtlich das Innerste der Gedanken. Oder
auch das Sein bestimmt das Bewußtsein.
1.3. Revolutionäre Subjekt
Was einer von sich denkt, muss mit dem, was er objektiv ist, nichts zu tun
haben. Also wie gesehen ist, das ich ein Proletarier bin oder nicht, eine
OBJEKTIVE weil rein oekonomische Tatsache. Ob es fuer mich eine SUBJEKTIVE
Tatsache wird, also ich die Wahrheit über mich erkenne, ist eine andere
Geschichte.
[Revolutionäres Subjekt]
Auch diese Bestimmung, also das Proletariat als rev. Subj., ist eine
OBJEKTIVE, die im Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, gesellschaftlicher
Produktion und privater Aneignung schon gegeben ist! Das hat gar nichts mit
Gutmenschentum, Utopie oder Schwärmerei zu tun. Wenn man sich mit den
gesellschaftlichen Gesetzmässigkeiten des Kapitalismus beschäftigt hat, wie
sie zb im 'Das Kapital' dargelegt sind, dann ist der
Schlussfolgerungsspielraum bezüglich des Kommunismus stark begrenzt.
Der Kern ist, dass die einzigen, welche die gesellschaftliche Produktion in
eine kommunistische führen können, die sind, die die Produktion machen.
Der Kommunismus zeichnet sich durch das Aufheben der Trennung der Produzenten
von den Produktionsmitteln aus. Also geht es darum, dass sich die Produzenten
der PM bemächtigen und diese Produzenten sind halt das Proletariat. Wer denn
sonst.
Keine andere Klasse oder Schicht kann die globale Reproduktion führen, ausser
denen, welche das eh schon tun. Sie besitzen das direkte praktische
Produktions- und Organisationswissen des Produktionsprozesses selbst. Was
fehlt ist die direkte Verfügung über die Leitung und Planung der
Produktion. Dies beinhaltet übrigens die Verfügung über die Verteilung,
wie man sich klar machen sollte.
(Wer hingegen den Arbeitern die Fähigkeit abspricht, diese globale Leitung
und Planung zu machen, meint grob gesagt: sie sind zu dumm dazu. Das wäre
dann eine Frage nach dem Menschenbild des betreffenden und nicht der
Realität.)
Also es ist andersherum als gemeinhin dargestellt. Es ist nicht die Frage, DAS
das Proletariat das rev. Subj. ist, sondern WANN es das praktisch wird. Es
kann dies aber nur praktisch und erfolgreich werden, wenn es dies zumindest
zu einem gewissen Grade theoretisch geworden ist, also Klassenbewußtsein
entwickelt hat. Die Gesetzmässigkeiten im Kapitalismus beherrbergen nicht
viel andere Moeglichkeiten seiner Überwindung.
Philosophisch ist also das Prolet. das rev. Subj. und ist dies auch nicht.
Dieser Widerspruch wird durch die Bewegung, die kommunistische Bewegung,
gelöst werden, oder der Widerspruch bleibt bestehen.
Klar, es gibt noch ganz andere Lösungen dieses Widerspruches, welche aber wie
zb die globale Menschheitsvernichtung, nicht so behaglich sind, wie
Kommunismus.
Alle anderen, welche das rev. Sub jenseits in irgendwelchen Nischen, den
3.Welt-Laender oder Intellektuellen sehen, sind utopisch, weil sie sich von
der kapitalistischen Realitaet im Denken gelöst haben. Auch lehnen die
meisten den Gedanken eines vorbestimmten rev. Subj. ab, weil sie gar keine
Gesetzmässigkeiten in der Gesellschaft anerkennen können. Das ist dann aber
so erfolgreich, wie den Zwang zur Lohnarbeit abzuerkennen mit den Worten,
dass jeder doch etwas anderes machen könnte. Sie ziehen sich auf die
abstrakte Ebene zurueck, ohne die konkreten gesellschaftlichen Bedingungen zu
sehen, denen sie als Intellektueller genauso ausgeliefert sind, wie alle.
(Philosphisch gesehen geht das meistens mit dem Rückgang zu Kantianischen
Positionen wie zb bei der späten Frankfurter Schule einher.)
Ein ein weiterer Schlag dieser Leute hat die zum Teil berechtigte 'Angst vor
dem Proletariat' als Poebel, Mob oder Masse. Die meisten hierzulande
(Frankfurter Schule) haben Angst vor einem neuen Faschismus oder Stalinismus,
den sie mit jeder Form von Massenbewegung verbinden. Das sollte in unserem
Hinterkopf sein, aber nicht weiter stören.
Nochmal gedreht,WENN das Proletariat nicht zu diesem bestimmten praktischen
Bewußtsein kommt, DANN wird es keine Revolution in unserem Sinne geben.
Unsere Arbeit wird sich also hauptsächlich ausser unserer eigenen
Wissenaneignung in der Vermittlungstaetigkeit befinden. Da stehen wir noch
nicht einmal am Anfang. Dieses Bewußtsein zu haben, also der
Schlussfolgerung aus der Kenntnis der Gesetzmässigkeiten im Kapitalismus,
macht meiner Meinung nach den Klassenstandpunkt aus.
Leider ist es so, wenn das Prolet. keine Rev. macht, sitzen wir alle weiter im
Dreck, bis dies passieren wird oder sich eine Nischengelegenheit fuer den
einzelnen bietet. Das ist die traurige Wahrheit. Alle oder keiner. Ob man die
Proletarier schaetzt oder nicht, was man von ihnen halten mag, wenn die
(Anwesende inbegriffen) nicht aufstehen, ist es Essig mit der 'schoenen neuen
Welt' :-)
^
top
last update : Fri Mar 04 16:49:50 CET 2005 Peter Heilbronn
automatically created by Linux/X86; vendor=Apache Software Foundation; version=1; http://xml.apache.org/xalan-j
published by AG@MXKS