Proletariat bzw. produktive
Lohnarbeiterklasse Gesamtarbeiter ist das „kombinierte Arbeitspersonal“
der modernen Lohnarbeit, dessen Mitglieder „der Handhabung des
Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehen.“ Um Mitglied der
Arbeiterklasse zu sein, „ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand
anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner
Unterfunktionen zu vollziehen“. Gesamtarbeiter ist der
wissenschaftliche Begriff der produktiven
Lohnarbeiterklasse.
„Soweit der Arbeitsprozess ein rein
individueller ist (wie beim selbständigen Bauern oder
Handwerker), vereinigt derselbe Arbeiter alle Funktionen, die sich
später trennen. In der individuellen Aneignung von Naturgegenständen zu
seinen Lebenszwecken kontrolliert er sich selbst. Später wird er
kontrolliert (als Sklave, unfreier Bauer oder Lohnarbeiter). Der
einzelne Mensch kann nicht auf die Natur wirken ohne Betätigung seiner
eigenen Muskeln unter Kontrolle seines eigenen Hirns. Wie im Natursystem
Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozess Kopfarbeit und
Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. (Am
schärfsten ist der Gegensatz von Hand- und Kopfarbeit im Sklavensystem
entwickelt: Die „Arbeit
der Oberaufsicht (ist) notwendig in allen Produktionsweisen, die auf dem
Gegensatz zwischen dem Arbeiter als dem unmittelbaren Produzenten und dem
Eigentümer der Produktionsmittel beruhen. Je größer dieser Gegensatz,
desto größer die Rolle, die diese Arbeit der Oberaufsicht spielt. Sie
erreicht daher ihr Maximum im Sklavensystem.“ K. Marx, Kapital III.,
397.) Das Produkt verwandelt sich im Kapitalismus überhaupt
aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein
gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h.
eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des
Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehen. Mit dem kooperativern
Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der
Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven
Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst
Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine
seiner Unterfunktionen zu vollziehen. Die obige ursprüngliche
Bestimmung der produktiven Arbeit, aus der Natur der materiellen
Produktion selbst abgeleitet, bleibt immer wahr für den Gesamtarbeiter,
als Gesamtheit betrachtet. Aber sie gilt nicht mehr für jedes seiner
Glieder, einzeln genommen. Andererseits aber verengt sich der Begriff
der produktiven Arbeit. Die kapitalistische Produktion ist nicht nur
Produktion von Ware, sie ist wesentlich Produktion von Mehrwert. Der
Arbeiter produziert nicht für sich, sondern für das Kapital. Es genügt
daher nicht länger, dass er überhaupt produziert. Er muss Mehrwert
produzieren. Nur der Arbeiter ist produktiv, der Mehrwert für den
Kapitalisten produziert oder zur Selbstverwertung des Kapitals
dient.“ Zur „Selbstverwertung des Kapitals“ tragen
alle Zirkulationsarbeiter in Handel, Banken und Versicherungen bei, die
ein falsch verstandener Marxismus „unproduktive Arbeiter“ nennt, und z.T.
sogar aus der Arbeiterklasse ausschließen möchte. Sie sind tatsächlich
notwendiger Teil des produktiven Gesamtarbeiters und gehören damit
selbstverständlich zum modernen Proletariat.
„Mit der
Entwicklung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise wo viele
Arbeiter an der Produktion derselben Ware zusammenarbeiten, muss natürlich
das Verhältnis, worin ihre Arbeit unmittelbar zum Gegenstand der
Produktion steht, sehr verschieden sein. Z.B. die ... Handlanger in einer
Fabrik haben nichts direkt mit der Bearbeitung des Rohstoffs zu
tun. Die Arbeiter, die die Aufseher der direkt mit dieser Bearbeitung zu
tun Habenden bilden, stehen einen Schritt weiter ab; der Ingenieur hat
wieder ein andres Verhältnis und arbeitet hauptsächlich mit seinem Kopfe
etc. Aber das Ganze dieser Arbeiter, die Arbeitsvermögen
von verschiednem Werte besitzen, ... produzieren das Resultat, das sich
das - Resultat des bloßen Arbeitsprozesses betrachtet, in
Ware oder einem materiellen Produkt
ausspricht; und alle zusammen, als Werkstatt, sind die
lebendige Produktionsmaschine dieser Produkte, wie sie, den
gesamten Produktionsprozess betrachtet, ihre Arbeit gegen Kapital
austauschen und das Geld der Kapitalisten als Kapital reproduzieren, d.h.
als sich verwertenden Wert, sich vergrößernden Wert. Es ist ja eben das
Eigentümliche der kapitalistischen Produktionsweise, die verschiedenen
Arbeiten, also auch die Kopf- und Handarbeiten — oder die Arbeiten, in
denen die eine oder die andre Seite vorwiegt, — zu trennen und an
verschiedene Personen zu verteilen, was jedoch nicht hindert, dass das
materielle Produkt das gemeinsame Produkt dieser Personen
ist oder ihr gemeinsames Produkt in materiellem Reichtum
vergegenständlicht; was andrerseits ebenso wenig hindert oder gar
nichts daran ändert, dass das Verhältnis jeder einzelnen dieser Personen
das des Lohnarbeiters zum Kapital und in diesem eminenten Sinn das des
produktiven Arbeiters ist. Alle diese Personen sind nicht
nur unmittelbar in der Produktion von materiellem Reichtum
beschäftigt, sondern sie tauschen ihre Arbeit unmittelbar
gegen das Geld als Kapital aus und reproduzieren daher unmittelbar
außer ihrem Lohn einen Mehrwert für den Kapitalisten. Ihre Arbeit
besteht aus bezahlter Arbeit plus unbezahlter Mehrarbeit.“ K. Marx,
Theorien über den Mehrwert I., MEW 26.1, 386f.
„A. Smith (schließt)
natürlich ein in die Arbeit, die sich fixiert und realisiert in einer
käuflichen und tauschbaren Ware, alle intellektuellen Arbeiten, die direkt
in der materiellen Produktion konsumiert werden. Nicht nur der direkte
Handarbeiter oder Maschinenarbeiter, sondern Aufseher, Ingenieur,
Manager, Commis (Bevollmächtigter der Geschäftsführung) etc., kurz
die Arbeit des ganzen Personals, das in einer bestimmten Sphäre der
materiellen Produktion erheischt ist, um eine bestimmte Ware zu
produzieren, dessen Zusammenwirken von Arbeiten (Kooperation) notwendig
zur Herstellung der Waren ist. In der Tat fügen sie dem konstanten
Kapital ihre Gesamtarbeit hinzu und erhöhen den Wert des Produkts um
diesen Betrag.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert I., MEW 26.1,
134.
Also gehören sie auch alle zur produktiven
Lohnarbeiterklasse, dem modernen Proletariat: Die Ingenieure ebenso wie
die Hilfsarbeiter, die Manager wie die Lohnbuchhalter, die Kassierer im
Supermarkt ebenso wie die Kassierer in der Bank. Die einen, weil sie
direkt produktiv sind und Mehrwert schaffen, die anderen, weil sie
indirekt produktiv sind, indem sie Kapital verwerten, also Profit
schaffen, durch Ökonomisierung und Beschleunigung des Kapitalumschlags und
der Kapitalzirkulation.
Wo es dem Verständnis dient, habe
ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und
Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die
nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Wal
Buchenberg, 7.1.2002. Siehe zum Stichwort
PROLETARIAT:
Kopf-
und Handarbeit Lohnarbeiter Profit
& Mehrwert Zirkulationsarbeiter |