1. Das Kapital verwertet sich, indem der Arbeitsprozeß einen "Überschuß des Werts des Produkts über die Wertsumme seiner Produktionselemente" (MEW 23/226) hervorbringt. Dieser Überschuß verdankt sich der Konsumtion der Arbeitskraft, die freilich ohne Verwandlung eines Kapitalteils in die gegenständlichen Bedingungen der Arbeit nicht vonstatten gehen kann. Da das konstante Kapital aber in der Wertbildung keine Rolle spielt, "ist hier davon zu abstrahieren"(MEW 23/227). Die Bewegung C - C' gründet allein in der Wertveränderung, die der variable Kapitalteil als die "fließende Größe" des ganzen Prozesses erzeugt:
"Wir wissen in der Tat bereits, daß der Mehrwert bloß Folge der Wertveränderung ist, die mit v, dem in Arbeitskraft umgesetzten Kapital vorgeht, daß also v + m = v + Delta v (v + Inkrement von v) ist." (MEW 23/228)
Da es die Wertveränderung ist, die aus einem Arbeitsprozeß einen Verwertungsprozeß macht, und der Kapitalwert, soweit er sich in Produktionsmittel umsetzt, keiner Veränderung fähig ist - ihre Funktion besteht darin, dem Prozeß der Wertbildung den Stoff zu liefern -, ist die Größe c auch ohne Bedeutung für den unmittelbarenProduktionsprozeß des Kapitals, so wichtig das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtkapital auch sein mag. (Band III)
"Die reine Analyse des Prozesses erheischt also von dem Teil des Produkten‑Werts, worin nur konstanter Kapitalwert wieder erscheint, ganz zu abstrahieren, also das konstante Kapital c = 0 zu setzen…" (MEW 23/228)
Andererseits ist damit die Verwertung des Kapitals nicht in der absoluten Größe des Mehrwerts, den die Arbeit hervorbringt, zu fassen: m ist >eine Wertgröße, deren Qualität in ihrer Beziehung auf v besteht. Sein Verhältnis zum variablen Teil des vorgeschossenen Kapitals macht aus der Produktion von Waren einen Verwertungsprozeß, weicher umgekehrt seine Bestimmung und Schranke in dieser "proportionellen Größe" hat:
"Diese verhältnismäßige Verwertung des variablen Kapitals, oder die verhältnismäßige Größe des Mehrwerts nenne ich Rate des Mehrwerts." (MEW 23/230)
Die Eigenart des kapitalistischen Produktionsprozesses liegt damit im Verhältnis der Zeitdauer, die der Arbeiter über den gewissen Punkt hinaus für den Kapitalisten tätig ist, zur Zeit, in der er den Wert seiner Arbeitskraft reproduziert. Die Mehrwertrate, das den Produktionsprozeß des Kapitals bestimmende Verhältnis von Mehrarbeitszeit und notwendiger Arbeitszeit, ist der Ausdruck für den "Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital":
"Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m/v=Mehrarbeit/notwendiger Arbeit
Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit."(MEW 23/231 ff)
Am Exploitationsgrad der Arbeitskraft hat die Selbstverwertung des Kapitals ihr Maß. Die Mehrwertrate entscheidet, inwieweit der Produktionsprozeß die Vergrößerung des Kapitalwerts bewirkt, also den Zweck erfüllt, dem er unterworfen ist.
2. Die dem unmittelbaren Produzenten abgepreßte Mehrarbeit resultiert im Produkt als ein Wertbestandteil desselben neben dem wiedererscheinenden Wert der Produktionsmittel und dem reproduzierten Wert der Arbeitskraft. Die Zerfällung der dem Produktionsprozeß des Kapitals entspringenden Waren in ihre Wertbestandteile c, v und m "dient dem englischen Fabrikanten zum Hausgebrauch" und reflektiert sein Interesse an der Arbeitszeit, die ihm ein Produkt liefern soll, das den vorgeschossenen Wert ersetzt und darüber hinaus einen Überschuß zu realisieren gestattet. Sie bezieht die Wertform des Produkts, das als vergegenständlichte Arbeit erkannt ist, auf seine Herkunft aus dem Arbeitsprozeß und scheidet den Wert gemäß den Teilen der Arbeitszeit, denen er sich verdankt:
"man sieht, die Formel ist richtig, in der Tat nur die erste Formel, übersetzt aus dem Raum, wo die Teile des Produkts fertig nebeneinander liegen, in die Zeit, wo sie aufeinander folgen… (MEW 23/237)
Das Interesse, das diese "Übersetzung" veranlaßt, ignoriert jedoch das Verhältnis, durch das die kapitalistische Produktion sich auszeichnet, die Mehrwertrate; die durchaus unterschiedlichen Leistungen der doppelt bestimmten Arbeit und damit die Differenz zwischen erhaltenem und neu geschaffenem Wert sind für diesen Standpunkt nicht existent:
"Die Formel kann aber auch von sehr barbarischen Vorstellungen begleitet sein, namentlich in Köpfen, die ebenso praktisch am Verwertungsprozeß interessiert sind, als sie ein Interesse haben, ihn theoretisch mißzuverstehen."(MEW 23/237)
Für diese Anschauungsweise bringt der Arbeitsprozeß den gesamten Wert des aus ihm resultierenden Produkts hervor; da sein Resultat - die vorgeschossene Wertgröße und der Überschuß - als seine Wirkung und er nur als dies Resultat hervorbringender Prozeß überhaupt betrachtet wird, ist es nur konsequent, jeden Teil des Produktenwerts, auch den aus der Erhaltung von c entspringenden, in einen aliquoten Teil des Arbeitstages zu "übersetzen".
3. Seniors "Letzte Stunde" ist die Folgerung aus dieser falschen Zerfällung des Produkts: eine Theorie, die durch das sie erzeugende Interesse zur Dummheit gerät. Das Verhältnis des Reingewinns zur Größe des Arbeitstages erklärt sie damit, daß die letzte Stunde der üblichen Arbeitszeit für den Überschuß verantwortlich sei, nicht das Verhältnis der Teile des Arbeitstages.
4. Liegt die Bestimmung des kapitalistischen Arbeitsprozesses in der Mehrwertrate, so kommt es beim Reichtum, den diese Produktionsweise schafft, nicht auf die absolute Größe an, sondern auf das Verhältnis des Mehrprodukts zu dem Teil des Produkts, der für die Subsistenz der Produzenten unerläßlich ist:
"Wie die Rate des Mehrwerts durch sein Verhältnis nicht zur Gesamtsumme, sondern zum variablen Bestandteil des Kapitals bestimmt wird, so die Höhe des Mehrprodukts durch sein Verhältnis nicht zum Rest des Gesamtprodukts, sondern zum Produktteil, worin sich die notwendige Arbeit darstellt. Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums."(MEW 23/243)
Das Zitat von Young, das Marx in der Fußnote anführt, macht explizit, daß diese Produktionsweise den Reichtum nicht um der Menschen willen vermehrt, sondern in der notwendigen Arbeit lediglich ihre Basis und bleibende Schranke anerkennt - der Arbeitstag ist Mittel zur Verrichtung von Mehrarbeit, die Arbeitszeit dient nicht der Vermehrung des Reichtums in Gestalt von Produkten, sondern durch das Verhältnis ihrer Teile der Vermehrung des Kapitals.