Der kapitalistische Reichtum und seine Produktion
Zusammenfassung der wesentlichen Argumente aus:
"Das Kapital" von Karl Marx, Erster Band (MEW 23)
4. Kapitel: Die Verwandlung von Geld in Kapital
In G-W-G bzw. G' setzt sich der TW als Motiv und Zweck des Marktes:
Vermehrung der jeweils beschränkten Geldsumme, gemäß der
Bestimmung des Werts als Inkarnation des gesellschaftlichen Reichtums.
Der Markt ist kein Mittel dafür, sofern er bloßer Äquivalententausch.
Das Ideal des Marktes, G-G', geht nur als Ausgeben von G und Einkauf
einer Ware, die selbst Quelle des Werts ist und deren Gebrauch dem Geldbesitzer
eine Vermehrung seines Vermögens beschert: dies ihr spezieller Gebrauchswert!
So wird aus Geld - Kapital, durch Einkauf und Verausgabung der Arbeitsvermögen,
die von ihren Besitzern als Ware zu Markte getragen werden. Der Kapitalist
nutzt die Differenz zwischen dem Wert und dem Nutzen der Arbeitskraft.
In G-W-G': Geld wird nicht weggegeben für Konsumtion, sondern
vorgeschossen für vergrößerte Rückkehr, existiert
der Wert als Produktionsverhältnis.
Das Besondere des kapitalistischen Produktionsverhältnisses ist
nicht die Ausbeutung, Trennung von Arbeit und Reichtum/Eigentum, sondern
das Dasein der Arbeitskraft als Ware. Sprich: daß Arbeit die Form
der Lohn-Arbeit annimmt.
Die doppelte Freiheit des Lohnarbeiters
Daß G-WAK-G' existiert und funktioniert, beruht auf zwei
Bedingungen:
-
auf der Anerkennung des freien Willens als eines Eigentumsverhältnisses:
auch der Arbeiter ist Herr seiner (!) Mittel - er ist und bleibt als über
seine Arbeitskraft verfügungsberechtigte Person respektiert, d. h.
er hat zu entscheiden, ob und wem er sich - d. h. seine Dienste - veräußert
Durch Veräußerung verliert er also nicht das Eigentum an seiner
Ware: er überläßt dem Geldbesitzer Verfügung darüber
auf Zeit! (Kein Übergang Warenbesitzer -> Ware, wie beim Sklaven.)
-
auf der Freiheit von der Verfügung über die Mittel des Produzierens,
vom Waren- und Geldbesitz. Also in der existentiellen Armut der Masse von
Leuten, die getrennt von den Bedingungen der Bedürfnisbefriedigung
lediglich die in ihrer eigenen Leiblichkeit existierende Fähigkeit
zur Arbeit anzubieten haben.
Es folgt daraus:
-
Erstens: „gemeinsames" Interesse der voneinander abhängigen Zwecke
- Kombination der getrennten Seiten.
-
Zweitens: der gegensätzliche Inhalt der Interessen - Verteilung von
Macht & Ohnmacht auf die beiden Klassen. Die einen haben Geld, das
sie vermehren (lassen) wollen. Die anderen brauchen es für die Existenz.
Der Notwendigkeit des Dienstes an fremdem G' steht die Freiheit der Kalkulation
gegenüber.
-
Drittens: gegen diese Freiheit sieht der Zwang zum Angebot matt aus. Über
Arbeit entscheidet der Kapitalist nach seinen Kriterien, unabhängig
von Arbeiternotwendigkeiten. Der Arbeiter ist nicht Herr seiner Betätigung,
sondern nur der Fähigkeit zu dieser. Angeboten wird nicht Arbeit,
sondern Arbeitskraft.
„Wer Arbeitsvermögen sagt, sagt nicht Arbeit." (S. 187) Die
Trennung des Zusammengehörigen ist die Härte. Das Zusammenfallen
der als Ware fungierenden Abstraktion Arbeitsvermögen mit der Leiblichkeit
ihres Besitzers bedingt den Zirkel: daß Prolet Lebensmittel braucht,
um sich als Arbeitskraft anbieten zu können, wobei Nachfrage nach
dieser die Bedingung ist für Zugang zu jenen. Das heißt, die
Freiheit zum Erhalt des Arbeitsvermögens ist eine Sache, für
die der Prolet selber gar nicht sorgen kann.
Diese Sorte Ausbeutung: setzt den Materialismus als Privatinteresse
frei, um ihn zu benutzen. Freiheit ist das Mittel des Kapitals. Sie stiftet
das Interesse am Dienst - nicht wegen Peitsche eines Herrn, sondern wegen
"sachlicher Notwendigkeit".
Die Wertbestimmung der Ware Arbeitskraft
Der Wert der Arbeitskraft bestimmt sich durch den Wert der zur Erhaltung
notwendigen Lebensmittel bzw. die zu deren Herstellung gesellschaftlich
notwendige Arbeitszeit. So wie bei jeder x-beliebigen anderen Ware.
Was ist ein „notwendiges Bedürfnis"?
Was soll diese Teilung an Bedürfnissen? Aus diesen selbst kann sie
nicht kommen. Wäre das Maß der betroffene Mensch selbst, käme
eine Zweiteilung der Bedürfnisse in „notwendige" und „nicht notwendige",
überflüssige etc. nicht zustande.
Die Existenz eines Maßstabs „gesellschaftlich-notwendig" ist
Angriff auf das Subjekt mit seinen Bedürfnissen und Interessen.
Das Kapital bestimmt mit dem gezahlten Durchschnitts-Lohn den Wert
der Arbeitskraft und macht so aus Lebensbedürfnissen Notwendigkeiten
des auf Arbeit angewiesenen Teils der Leute.
Was „braucht" ein Arbeiter, die Arbeiterklasse für die Erhaltung seiner
(ihrer) Arbeitskraft? Was ist „normaler" Lebensstandard?
Das bestimmt diejenige Sorte Menschen, welche an Arbeit interessiert ist
wegen G'! Wegen der Funktion als Arbeitskraft überhaupt nur bezahlt
und wenn, dann nach Maßgabe des Verwertungszwecks kalkuliert - ist
die Wertgröße also eine durchaus abhängige Variable des
maßgeblichen Zwecks! Was sollte es auch für ein außerökonomisches
Kriterium fürs „Brauchen" geben?
Der Bedarf des Proleten (als solchen!) wird demgemäß durch
die gezahlte Lohnsumme entschieden. Kein fixes Maß - es muß
sich der Lohn „bloß" lohnen.
Gibt es nicht doch eine Art objektive Grenze nach unten?
Für das Kapital ist die Sache einfach. „Erhaltung der Arbeitskraft"
findet statt, wenn und insofern und solange gearbeitet wird. Denn: solange
gearbeitet wird, ist die Arbeitskraft tauglich. Brutale Abstraktion, deren
Inhalt Gegensatz gegen Individuum darstellt und exekutiert. - Es gibt eine
natürliche Schranke, aber wo? Solange Prolet nicht vor Hunger umfällt,
löst sich die Sache in den Willen zum Aushalten auf. Solange der Wille
mitmacht!
Für den Lohnarbeiter heißt das: alle Bedürfnisse, auf
denen er besteht (= Wille + Fähigkeit der Durchsetzung), sind „notwendige".
Insofern hat die Wertgröße der Arbeitskraft eine „historisch-moralische"
Dimension und ist das Produkt des Klassenkampfes.
Das ändert jedoch nichts an der Bestimmung des Werts der Arbeitskraft
durch den Zweck ihres Gebrauchs, also die Kalkulation G-G', als dessen
Mittel die abhängige Variable Arbeitskraft fungiert - oder nicht fungiert!
„Notwendige Mittel der "Reproduktion" sind also solche (-> Lohnhöhe),
welche
-
a) die Kapitalistenklasse gelten läßt
-
b) die Arbeiterklasse erfolgreich geltend macht.
Deren einziges Lebensmittel, der Lohn, ist und bleibt wegen a) das Mittel
des Kapitals.
Das alles gegen
-
die bürgerliche Vorstellung, wonach Lohn in Warenkorb von notwendigen
und darüber hinausgehende Lebens- (bzw. Luxus-)mittel zerfällt.
Wobei notwendige den Proleten zustehen (= Anerkennung und Verachtung der
Lohnarbeiterrasse zugleich) und nicht notwendige die Überwindung der
Armut darstellen sollen;
-
gegen entsprechendes (!) „marxistisches" Mißverständnis,
wonach historisch moralisches Element eine Zusatzveranstaltung, die die
Menschenwürde des Arbeiters berücksichtigt;
-
gegen revisionistische Vorstellung, welche v als außerökonomischen
fiktiven Rechtstitel erklärt, woran Betrug/Diebstahl stattfinde; wonach
Gewerkschaften kämpfen müssen, um gerechten Wert = Einhaltung
des Wertgesetzes zu erzwingen;
-
bürgerliches Selbstbewußtsein, wonach Freiheit und Gleichheit
statt Ausbeutung. Sachliche Erpressung - gegenüber Leuten, die nichts
in der Hand haben, außer ihrer Arbeitsbereitschaft, d. h. ihrem Interesse
(!) an Arbeit, der Bedingung für Lohn.
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