Der kapitalistische Reichtum und seine Produktion
Zusammenfassung der wesentlichen Argumente aus:
"Das Kapital" von Karl Marx, Erster Band (MEW 23)
8. Kapitel: Der Arbeitstag
ist also das Mittel für G-G', und zwar dadurch und in dem Maße,
wie er über den Punkt hinaus dauert, an dem v reproduziert ist und
die Verwertung beginnt.
Der Arbeitstag ist keine feste Größe, lediglich die zur
Produktion von v notwendige Arbeitszeit ist zunächst konstant.
Das Interesse des Kapitals an möglichster Ausdehnung ist durch
seinen Zweck, die Steigerung der Mehrwertrate, gegeben.
Worin besteht die Maximalschranke des Arbeitstages?
-
a) physische Schranke
-
b) moralische Schranke
- beide sind sehr elastisch!
Das Kapital hat das Recht der Verfügung über den GW der Arbeitskraft
während eines/des Arbeitstages gekauft. Wie lange dauert er? Er hat
kein festes Maß an sich.
Aus Sicht des Kapitalisten:
-
disponible (Frei-)Zeit des Arbeiters = Diebstahl an Arbeitszeit;
-
größtmögliche Nutzung des eingekauften GW als Recht gemäß
Gesetz des Warentauschs.
Aus Sicht des Arbeiters:
-
Lohn muß Mittel der Reproduktion der Arbeitskraft sein; Benutzung
der Arbeitskraft, die deren Verschleiß ist, darf nicht Beraubung
sein (= die Arbeitskraft muß Mittel des Kapitals bleiben!);
-
das ist Verstoß gegen Vertrag und Gesetz des Warentausches, wenn
er den Wert seiner Ware nicht erhält, sondern sein Dasein als Arbeitskraft
= sein Leben vorzeitig beendet wird aufgrund maßloser Ruinierung.
Fazit: Wo ist das „rechte" Maß?
Aus Natur des Warentausches ergibt sich keine Grenze des Arbeitstages.
Das Recht des Käufers steht gegen das Recht des Verkäufers.
Gegensatz des Interesses bei gleichem Recht: so entscheidet die Gewalt.
Geschichte des Arbeitstages dementsprechend eine des Kampfes um dessen
"normale" Dauer, ausgetragen von den Klassen.
An diesem bzw. seinem Ergebnis entscheidet sich, wieviel Zeit dem Arbeiter
zum Leben bleibt: täglich, wöchentlich ... und überhaupt
in Sachen Lebenserwartung. Also die Möglichkeit und Gelegenheit zu
materieller und moralischer Reproduktion seiner selbst = ein Stück
"Lebensqualität".
Das einerseits.
Aber andererseits: Was sich in diesem Kampf nicht entscheidet. Die
Unterordnung der Lebenszeit unter die Arbeitszeit, in der das Kapital über
den Arbeiter nach seinem Maßstab verfügt.
Gegen revisionistische Vorstellung von den erkämpften Errungenschaften,
seinen = des Arbeiters Rechten - zu denen offenbar auch die Erhaltung der
Funktionalität der Arbeiterklasse zählen soll. Dogma: Was erkämpft,
ist gut, weil Fortschritt und vice versa.
Arbeitstag und Staatsgewalt
die als ideeller Gesamtkapitalist die Erhaltung der Klasse zu ihrem Anliegen
macht (Volksgesundheit) - da diese die kapitalistische Reichtumsquelle
und damit Basis der ökonomischen Macht des Staates ist -, sowie als
nationale Gewalt auf ihr (militärisches) Menschenmaterial achtet.
Die politische Fixierung eines Normalarbeitstages garantiert die zweckmäßige
Ruinierung der Arbeiterklasse.
Sie beweist eindrucksvoll die Rücksichtslosigkeit des kapitalistischen
"Heißhungers nach Mehrarbeit", welche alle Zeit des Arbeiters als
disponible Arbeitszeit betrachtet und so die Quelle der Mehrwertproduktion
selbst untergräbt.
Gesundheit und Lebensdauer kein Gesichtspunkt der Ökonomie, sofern
Kapitalist Arbeitskraft jederzeit aus Markt ersetzen kann:
-
Kinderarbeit und ihr Verbot;
-
Pausen(regelung) und die Jagd auf jede Minute (Pausen, Wasch- und Um-kleidezeit,
Stempeluhren: Disziplin & Pünktlichkeit ursprünglich "Errungenschaft"
gegen kapitalistische Willkür; Pausen bei laufendem Band heute;
-
Essen(szeit): Zusetzen von Kalorien als Schmiermittel des lebendigen Arbeitsmittels
während Arbeitszeit (Kantinen);
-
Qualität der Nahrungsmittel: staatliche Lebensmittelkontrolle (Grenzwerte
etc.) sorgt für Inkaufnahme weiterer Vergiftung etc. bei .Reproduktion,
zusätzlich zu Gesundheitsruinierung durch Produktion;
-
Urlaub(sgesetz): Recht des Betriebs auf Erholung der Arbeitskraft (Arbeitsverbot
etc.);
-
Gleitzeit;
-
Tag- und Nachtarbeit/Wechselschicht: 24-Stunden-Arbeit als Konsequenz des
maßlosen Interesses an Einsaugung von (Mehr-)Arbeit, andernfalls
Kapitalvorschuß (c) nutzlos brachliegt und Unterbrechung zusätzliche
Kosten für Wiederingangsetzung bewirkt (Hochöfen etc.).
Die Bedeutung der regelmäßigen Arbeitszeit (des An- und Abtretens)
für den Arbeiter:
-
a) die Brutalität eines durch das Regime der Arbeitszeit bestimmten
Lebens: Freizeit funktional!
-
b) als Ermöglichung des Sich-Einstellens, wogegen Unregelmäßigkeit
(„Flexibilität") eine besondere Tortur, die gewohnheitsmäßige
Unterordnung erschwert bis verunmöglicht. (VgL heute 35 Std. + Flexi)
-
Die Spezialität der Nachtarbeit: Gesundheit / Freizeit ...;
-
Samstags-/Sonntagsarbeit (und zwar nicht wg. Tag des Herrn!).
Jede Unterbrechung der Arbeitszeit (Pause -> Rentnerdasein) ist an und
für sich Kritik der Wirkung derselben auf die Arbeitskraft und Mittel
ihrer Fortsetzung.
Mit den staatlichen Gesetzen zur Beschränkung des Arbeitstages
macht die Politik die Schranken, die das Kapital in der Natur der Ware
Arbeitskraft vorfindet, per Gewalt gegen das gegen sie rücksichtslose
Interesse des Kapitalisten geltend ("Gegen vorzeitigen Tod"!).
Der- Normalarbeitstag setzt - seinem Zweck gemäß - keine
absolute Grenze, sondern regelt die Ausnahmen. Überschreitung kostet
zusätzlichen Lohn. (Neue) Kalkulationsgrundlage fürs Kapital
durch staatlich diktierte allgemeine Konkurrenzbedingung.
(Vgl. Kritik an japanischer Ausbeutung, deren „Inhumanität" darin
besteht, daß Extra-Vorteile dort erlaubt bzw. gegeben, welche „unfaire"
Konkurrenzvorteile der Konkurrenten ermöglicht.)
Die sozialstaatliche Errungenschaft des Normalarbeitstages ist selbst
Produkt des Klassenkampfes, also durch Existenzkampf der Arbeiter dem Staate
als Notwendigkeit eingebläut. Das heißt, hat ihm auch nur dank
Gewalt "von unten" eingeleuchtet und auf seine eigenen Gesichtspunkte (Gesundheit,
Moral, Militär) gebracht.
Proleten haben Sozialstaat erkämpft, der sie vor den Konsequenzen
ihrer 'Freiheit' "schützt"!
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