Saturday, 30. October 2004
Jedes Kind weiß, daß Wasser, Boden und Luft Voraussetzungen der Existenz darstellen. Die Schädigung oder die Vernichtung dieser Ressourcen durch Umweltgifte ist Realität. Die offensichtlichen und unangenehmen Resultate dieser Praxis sind nicht länger zu leugnen, weil diese mittlerweile Bestandteil des Wetterberichtes geworden sind. (und Leugnen war jahrzehntelang politische Praxis; vgl.:Umweltbericht Global 2000, 1980 veröffentlicht und in den Papierkorb geschmissen (kein Scherz!))
Die nächsten beiden Jahrzehnte lautete die Kampagne der politischen Meinungsbildung: "Wir wissen zu wenig !" Das fehlende Wissen, also Dummheit, wurde als Begründung der Fortsetzung der marktwirtschaftlichen Warenproduktion mit ihren als katastrophal bekannten Auswirkungen, der Öffentlichkeit vorgestellt. Bis auf wenige Ausnahmen gab es keinen Protest der so Angesprochenen.
Heute ist aus der außerparlamentarischen Oppostion der Umweltschützer eine Partei in Regierungsverantwortung geworden und selbst der Hauptverursacher dieser Problematik, die USA, machen sich Sorgen um das Weltklima.
Beinahe die ganze Welt vereint zum Schutze der Umwelt in Kioto ! Na dann ist ja alles in Ordnung und in besten Händen, oder ?
Gliederung:
Einleitung:
Dieses Dokument geht der Frage nach, welche Rolle die chemische Industrie im Rahmen der Umweltproblematik, also als Akteur im politologischen Sinn, einnimmt. Weiterhin soll versucht werden, Veränderungen des Akteurs, und die dazu erforderlichen Lernprozesse zu beschreiben und zu analysieren. Die Verknüpfungen mit anderen Akteuren, zum Beispiel der Bundesregierung oder Umweltorganisationen, finden nur insoweit Berücksichtigung, als sie für den Lernprozeß von Bedeutung sind. Die Ambivalenzproblematik, also die im Zeitverlauf wechselnde Rolle dieses Akteurs in der Umweltpolitik, soll ebenfalls kritisch analysiert werden. Zur Bewältigung dieser Aufgabenstellung wird zunächst eine allgemeine Betrachtung von Akteuren, deren Motiven und Interessen erarbeitet.
Anschließend erfolgt eine Fallstudie der chemischen Industrie als Spezialfall der allgemeinen Bestimmungen. (die Zitate entstammen zufällig gewählter Literatur zum Thema)
1) : Interessenslage der Akteure
Das Interesse des Verursachers heißt nicht Umweltverschmutzung !
" Die Erstellung von Gütern und Dienstleistungen als Aufgabe der Betriebe erfolgt nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit. ....Gewinnstreben ist das grundlegende Ziel aller erwerbswirt- schaftlichen Betriebe. In der Marktwirtschaft ist der Gewinn die Antriebsfeder wirtschaftlichen Handelns. Die Produktions- entscheidungen orientieren sich daran, einen möglichst großen.. .. Gewinn zu erzielen. .... Der wirtschaftliche Erfolg unternehmerischen Handelns schlägt sich im Gewinn, wirtschaftlicher Mißerfolg in Form von Verlusten nieder." 1)
Und doch resultiert aus der Durchsetzung dieser Interessen die fortschreitende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage auf diesem Planeten.
Die große Bedeutung dieses Verursacherinteresses verlangt eine genauere Betrachtung, zunächst der Produktion.
Die Natur ist die Quelle aller stofflichen Voraussetzungen des Lebens. Der Gebrauch von natürlichen Ressourcen, ist eine notwendige Voraussetzung der Produktion überhaupt.
Ein Geschenk der Natur ist ihre selbständige Wiederherstellungsfähigkeit. Schmutziges Wasser wird durch verschiedene Lebensformen im Wasser gereinigt, oder durch die Beschaffenheit der Natur selbst gefiltert (Sand). Diese Eigenschaft der Natur, ihre Regenerationsfähigkeit, ist letztlich die Quelle des natürlichen Reichtums aller Lebensformen.
Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen zeichnet sich dadurch aus, daß diese Eigenschaft der Natur durch die Produktion selbst, deren Produkten, als auch durch die Vorbedingungen der Produktion (Infrastruktur), zerstört wird.
Der Zweck der Produktion, wie er im Zitat oben angegeben ist, gibt Auskunft darüber, was in der Marktwirtschaft als Reichtum bezeichnet wird. Der Reichtum besteht hier nicht in den Produkten.
Deren Gebrauchswert stellt für die Unternehmen nicht die Sorte Reichtum dar, auf den ihr Interesse zielt.
Erst nach dem Verkauf kommen sie in Gestalt des Geldes in den Besitz des Reichtums, der den Zweck ihres Handelns ausmacht. Nur wenn die erwirtschaftete Summe Geld größer ist, als die für die Produktion notwendige Geldmenge , war die Produktion für das Unternehmen erfolgreich. Jede Investition in den Produktionsprozeß liegt nur dann im Interesse des Unternehmens, wenn daraus wenigstens keine Verkleinerung des des Verhältnisses von investierter Geldsumme und den rückfließenden Umsätzen resultiert. Andernfalls wäre es gezwungen die gestiegenen Kosten auf den Verkaufspreis aufzuschlagen, um den "Verlust" wenigstens auszugleichen. Genau das ist bei Umweltschutzmaßnahmen prinzipiell der Fall, solange diesen Kosten weder eine Erhöhung der produzierten Warenmenge, noch eine Senkung der Personalkosten gegenübersteht.
Die Höhe des Verkaufspreises entscheidet aber über die Verkaufsfähigkeit von Waren, und damit über den Erfolg oder Mißerfolg einer unternehmerischen Tätigkeit. (die Konkurrenz schläft nicht)
Weil Umweltschutz Kosten verursacht ohne gleichzeitig die Produktivität zu verbessern, somit dem Zweck der Produktion (Gewinnmaximierung) zuwiderläuft, resultiert aus diesem Verursacherinteresse die fortschreitende Zerstörung der Natur.
Weil der gesellschaftliche Reichtum in Geld gemessen wird (und nicht in Gebrauchswerten), ist es praktisch überhaupt erst denkbar durch die Vernichtung oder Schädigung der natürlichen Reichtumsquellen Kosten einzusparen !
Der gesellschaftliche Wertmaßstab Geld erzeugt überhaupt erst die potentielle Motivation zum Verbrauch von Natur weil sich dadurch Geld einsparen läßt, welches sich in den betreffenden Bilanzen als Gewinn, also als Geschäftserfolg darstellt !
DESHALB ist es möglich z.Bsp. durch die Abholzung der Regenwälder, in Geld ausgedrückt, reich zu werden. Aus demselben Grund gibt es auch die Möglichkeit und die Motivation an der Qualität, oder sogar an der Unbedenklichkeit der hergestellten Waren Kosten zu senken und marktwirtschaftlich berechnet , davon zu profitieren. Entsprechend sehen dann die Produkte aus.
Glycolverseuchter Wein ist zwar nicht sehr bekömmlich, aber sehr wohl verkäuflich. Chemische Kampfstoffe sind stark gesundheitsgefährdend aber ungemein profitabel. Auch anerkannt hochgiftige Abfallstoffe taugen noch zur Verwertung im markwirtschaftlichen Sinn. Endlagerung ist ein rentables Geschäft.
Das Betroffeneninteresse nimmt die fortschreitende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage als Behinderung des Geschäftszweckes (Gewinnmaximierung) zur Kenntnis. Auch die Industrie ist auf eine halbwegs intakte Natur, als Basis der Produktion, angewiesen. Die Beseitigung der Schäden hat aber dort ihre Grenze, wo sie der Gewinnmaximierung zuwiderläuft. Entsprechend sieht die Wahrnehmung dieser Interessen dann auch aus.
" Die Grenzen staatlicher Regulierung liegen in der mangelnden Flexibilität von Gesetzen (Stone 1975)... Zudem stellen Gesetze und andere rechtliche Regelungen Kompromißlösungen zwischen verschiedenen Interessengruppen dar... Die Grenzen staatlicher Regulierung sowie die negativen Konsequenzen des Marktmechanismus förderten ... die Bildung von Interessengruppen, die Probleme des Verbraucher- und Umweltschutz aufgriffen und öffentlich thematisierten." 2)
Wie sieht eine Kompromißlösung bei der Frage Abwasser oder Trinkwasser wohl aus ?
Der Kompromiß besteht nach Ansicht des Verfassers in der Beantwortung der Frage: "Wieviel Gift ist gesund !?". Marktwirtschaftlich formuliert liegt der Kompromiß in der Beantwortung der Frage, wieviel Umweltschutz verträgt die Gewinnmaximierung.
Selbst das erlaubte Maß der Vergiftung muß den Verursachern durch Hoechst-, bzw. Grenzwerte als gesetzliche Grundlage aufgezwungen werden.
Gerade weil der Umweltschutz die Ursache der Schäden nicht beseitigen will, um die Produktion aufrecht erhalten zu können, ergeben sich die negativen Konsequenzen als "Marktmechanismus". Auch bei den sogenannten "Ozonkillern" wurde eine gesetzliche Frist bis zur Einstellung der Produktion festgelegt. Innerhalb dieses Zeitraumes sollte der Industrie Gelegenheit gegeben werden, ihre Geschäftsgrundlage auf Ersatzstoffe umzustellen. (Fragen Sie doch mal einen Hautarzt oder Augenarzt nach den Risiken)
Freiwillige Beschränkungen der Industrie, finden überall dort statt, wo die Produktion sich selbst die natürlichen Voraussetzungen der Gewinnmaximierung ruiniert hat. Erst in diesem Fall stellt ein Vergleich der Produktionskosten konkurrierender Unternehmen, keinen Konkurrenzvorteil in der betriebswirtschaftlichen Praxis mehr dar, weil die Produktion selbst in Frage gestellt ist. Gerade weil die Zerstörung der Natur (Natur = Grundlage jeder Produktion), soweit fortgeschritten ist, ist das Thema Umweltschutz in aller Munde. Aber nicht um damit aufzuhören !
1000 Kilo gestern und 500 Kilo heute = 1500 Kilo) 1500 > 1000 Kilo (1500kg haben ein größeres Gewicht als 1000kg)
Der Umweltschutz ist für das Verursacherinteresse ein Mittel zur Erhaltung der Geschäftsgrundlage.
" Das Verhalten der deutschen Industrie insgesamt gegenüber umweltrechtlichen Regelungen war bis in die sechziger Jahre hinein durch Kooperationsbereitschaft mit dem Staat gekennzeichnet. Dies zeigt sich z.B. darin, daß der Bundesverband der chemischen Industrie (BDI) in den fünfziger Jahren sogar selbst auf staatliche Initiativen auf dem Gebiet der Wasserreinhaltung drängte. Ursache für das Eigeninteresse der Industrie war die weit fortgeschrittene Schadstoffbelastung der Oberflächengewässer. Viele Seen und Flüsse entsprachen deshalb nicht mehr den Qualitätsansprüchen der produzierenden Unternehmen." 3)
Das wechselnde, auf den ersten Blick gegensetzliche Verhalten der Akteure in der Umweltproblematik (Ambivalenz), ist auf ein Ziel gerichtet. Die Folgen der Warenproduktion nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, gefährden die Fortsetzung dieser Produktionsweise. Investitionen zur Erhaltung sind also unumgänglich.
Jede Rücksicht auf die Natur schmälert aber den Gewinn. Aus diesem Grunde wechseln die Akteure ständig ihre Einstellung. Auf der einen Seite muß z.B. das Wasser, als Bedingung der Gewinnmaximierung, bestimmten Anforderungen der Produktion genügen. Auf der anderen Seite dürfen die Maßnahmen zur Reinhaltung des Wassers, die Gewinne nicht unter die Erwartungen der Unternehmen senken. Die Beharrlichkeit (Konsequenz) der industriellen Akteure in der Verfolgung ihres Interesses (Gewinnmaximierung), läßt sie ständig zwischen Verursacher- und Betroffeneninteresse wechseln.
1.1) : Machtlage von Akteuren
Machtlagen spielen auch in der Umweltpolitik eine große Rolle. Die aufeinandertreffenden Akteure sind durch unterschiedliche Machtlagen gekennzeichnet. Diese lassen sich von einigen Akteuren so einsetzen, daß sie sich auf die Interessensbekundung anderer Akteure, und die praktische Umsetzung ihrer Interessen auswirken. An dieser Stelle möchte ich die Machtlage von drei Akteuren der Umweltpolitik etwas näher betrachten:
Die Machtlage des Staates: Innerhalb der Staatsgrenzen ist die Staatsgewalt unbeschränkt überlegen, eben souverän. Durch die Verabschiedung von verbindlichen Anordnungen, Gesetzen, erzeugt der Staat die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Durch das Recht auf Eigentum erzeugt der Staat die Eigentümer der Produktionsmittel und eine Bevölkerungsmehrheit die auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft existentiell angewiesen ist, weil diese über keine Produktionsmittel verfügt. Die Mittel zur Staatsführung bezieht der Staat aus der nationalen Wirtschaft. Die Währungshoheit (alleiniges Recht Banknoten auszugeben) und die Finanzhoheit (Recht zur Erhebung, Verwaltung und Verteilung von Steuergeldern) sichert dem Staat den Zugriff auf den gesellschaftlichen Reichtum.
Die Bürger des Staates werden auf diese Weise lebenslang verpflichtet das Zahlungsmittel Geld zu besitzen. Andernfalls steht ihnen der stoffliche Reichtum (Wohnung, Lebensmittel, Kleidung) nicht zur Verfügung. Eine leerstehende Wohnung berechtigt niemanden zum Einzug; Butter- ,Wein-, und Weizenberge stehen nicht der Ernährung zur Verfügung, sei der Hunger auch noch so groß, die Kälte unerträglich. Erst muß sich der Mensch in den Besitz von Geld bringen. Auf diese Weise entsteht im Bewußtsein der Bevölkerung eine neue Form des Reichtums, das Geld.
Diese Sichtweise beruht auf der politisch erzeugten, täglichen Praxis, daß ausschließlich der Besitz von Geld ein Individuum in die Lage versetzt, sich mit dem zu versorgen, was es zu Überleben benötigt. Jedes materielle Bedürfnis kann nur dann erfüllt werden, wenn man über die Geldsumme verfügt, welche auf dem Preisschild zu lesen ist.
Das Interesse zu Essen oder zu Trinken und das daraus folgende Bedürfnis nach Brot oder Wasser, wird gesellschaftlich umgewandelt in das Bedürfnis nach Geld.
Die Vermehrung dieses abstrakten Reichtums wird zum gesellschaftlichen Zweck.
Durch die Gesetze und ihre Wirkungen, deren Einhaltung der Staat durch seine Organe überwachen läßt, wird die Besteuerungsfähigkeit eines Landstrichs hergestellt. Um sich bedienen zu können, muß der Staat das industrielle Wachstum fördern.
Der Umgang der Wirtschaft mit der Natur gefährdet letztendlich auch seine materielle Basis. Daher gilt die oben dargestellte Ambivalenz der staatlichen Maßnahmen auch hier.
Der Staat schafft also die Sorte Reichtum, das Geld, auf die jedes Mitglied der Gesellschaft angewiesen ist, will es existieren. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen, erhalten alle anderen Akteure die Möglichkeit sich an der Entwicklung von rechtlichen Normen, etwa im Rahmen von Anhörungen zu beteiligen.
Die Machtlage der Industrie: Einerseits ergibt sich für die Industrie die Möglichkeit, die Interessen beteiligter Akteure in ihrem Sinne zu beeinflussen. Aufgrund der Abhängigkeiten von Zuliefer- und Abnehmerindustrie bilden sich sogenannte Lobbyismus - Aktivitäten.
Auch der Staat als Akteur ist so beeinflußbar. Gewerbeansiedlungen bedeuten Steuereinnahmen. Die Standortentscheidung eines Unternehmens wirkt sich also direkt auf den Finanzhaushalt von Kommunen, Regionen und damit des Staates selbst, aus. Das Verständnis des Staates für die Probleme der Industrie bei der Gewinnmaximierung, hört dort auf, wo sich die Industrie die Grundlage für zukünftige Geschäfte ruiniert. Die Zerstörung ihrer Geschäftsgrundlage bedeutet schließlich auch in diesem Fall den Verlust von Steuereinnahmen.
Die Machtlage der Gewerkschaften: Der ausschließende Besitz von Produktionsmitteln, den Mitteln zur Herstellung der zum Überleben notwendigen Gebrauchswerte, erzeugt für die verbleibende Mehrheit die lebenslange Notwendigkeit zum Verkauf ihrer Arbeitskraft, die Lohnarbeit.
Ohne Einkommen sind Arbeiter nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Wirksamkeit dieser Machtlage ist eindeutig, und findet dementsprechend häufige Anwendung. Das "Argument" Arbeitsplatz stellt klar, wie es um die Machtlage der Lohnarbeiter bestellt ist. Solange die abhängigen Produzenten des tatsächlichen gesellschaftlichen Reichtums (Lebensmittel, Kleidung usw. usw.) die gesellschaftliche Organisation aufgrund falscher Vorstellungen vom Sinn und Zweck dieser Ordnung aktzepieren und sich deren Regeln deshalb freiwillig unterwerfen, ist und bleibt der größte denkbare Erfolg dieses Akteurs der Bezug eines Anteiles des abstrakten Reichtums. Und Geld bekommt man als Lohnarbeiter dafür, daß man das tut, was andere einem sagen.
1.2) : Situationale Aspekte der Akteursanalyse
Wirtschaftslagen: Der Analyse ökonomischer Rahmenbedingungen kommt eine hohe Bedeutung zu, da diese einen entscheidenden Einfluß auf die Umwelt haben. So sind zum Beispiel strukturelle oder konjunkturelle Krisen von Unternehmen und Branchen, auch mit umweltpolitischen Restriktionen verbunden. Anders gesagt: Je schlechter die finanzielle Ausstattung desto niedriger die Bereitschaft Kosten für umweltschützende Maßnahmen zu tragen.
Rechtslagen: Der Rechtsbegriff "Stand der Technik" definiert einen Durchschnitt. Wenn die Mehrheit von Produzenten eine bestimmte Technik in der Herstellung benutzt, konnte so eine Verbindlichkeit für ältere, schlechtere Produktions- weisen abgeleitet werden.
" Die Gefahr liegt insbesondere darin, daß Unternehmen und Verbände bewußt die Einführung neuer Umweltschutztechniken herauszögern, um den "Stand der Technik" nicht voranzutreiben....." 4)
Anders gesagt: Bremsen, Kosten senken solange es geht.
Informatioslagen: Der Zustand des Unwissens über Umweltgifte verurteilt den Betroffenen zum Raten und zur Hilflosigkeit. Anders gesagt: Was ich ihr nicht wißt, macht uns weniger Probleme !
" Wir, die Hersteller, sind es ja, die über das Produkt am meisten wissen, und nicht der Kunde. Indem wir ein Produkt herstellen und dem Kunden in die Hand geben, übernehmen sie Verantwortung - gegenüber dem Kunden, der uns Vertrauen in die Qualität unserer Produkte entgegenbringt, aber auch gegenüber möglicherweise betroffenen Dritten und gegenüber der Umwelt " 5)
Solche Aussagen gehen doch in der Öffentlichkeit runter wie Öl ! Wenn man auch zugeben muß, daß man das von Mineralölen und anderen "Unfällen" leider nicht behaupten kann:
Am 10.7.1976 wurde in der Ortschaft Seveso, die ca.
30 km von Mailand entfernt liegt, aus einem Reaktor der Firma ICMESA
das extrem giftige 2,3,7,8-Tetrachlordibenzo[1,4]dioxin (TCDD)
freigesetzt, das durch Überhitzung bei der Herstellung von
Trichlorphenol entstand. Als Folge des Unfalls starben in der näheren
Umgebung Vögel und Kleintiere. Trotz der bekannten Giftigkeit des TCDDs
wurde in der Firma noch ca. 1 Woche weitergearbeitet. In der
Folge wurden ca. 220000 Menschen ärztlich untersucht. Dabei wurden 187
bis 193 (Angabe unklar) Fälle von Chlorakne festgestellt; 70000 Tiere
wurden notgeschlachtet. [Lit. I und Lit. III]. Die Häuser von 40 Familien
mußten abgerissen, die oberen Bodenschichten abgetragen und deponiert
werden. Als Wiedergutmachung und Entschädigung wurden bisher mehr als
300 Millionen DM gezahlt.
Die Giftwirkung von TCDD, das als "Seveso-Dioxin",
"Seveso-Gift" oder auch einfach "Dioxin" in die Geschichte eingegange
ist, übertrifft nicht nur die von Blausäure, sondern auch die der Nervengase Sarin und Tabun. Einige natürliche Gifte, wie Botulinus Toxin A oder Tetanus-Toxin, übertreffen selbst TCDD in ihrer Toxizität. [Lit. II, S. 173] - I) J. Falbe und M. Regitz (Hrsg.): CD Römpp
9. erweiterte und überarbeitete Auflage des Römpp Chemie Lexikons auf CD-ROM, Version 1.0 Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1995 - II) H. R. Christen, F. Vögtle: Organische Chemie - Von den Grundlagen zur Forschung
Band 1, Otto Salle Verlag, Frankfurt/Main 1988 -
III) Informationen des Umweltbundesamtes: Umweltkatastrophen. [Online].
Available: http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-daten-t/daten-t/umweltkatastrophen.htm. [15.12.1997].
Seit 1986 gibt es die Gefahrstoff-Verordnung. In dieser wird vorgesehen, daß Produzenten und Vertreiber eine Informationspflicht haben.
Ein echter Fortschritt ! Die Produktion von Giften wird nicht verboten, sondern überall erlaubt wo deren Schädlichkeit explizit drauf zu lesen ist: Umweltschutz ist demnach, wenn dort wo Gift draufsteht, auch Gift drin ist.
Die Erlaubnis Giftstoffe zu produzieren wird mit dieser METHODE als umweltpolitischer Erfolg verkauft !!
Diese Sorte umweltpolitischer Maßnahmen gilt aber nur in dem Land in welchem diese Vorschriften gelten. In Albanien aber, ist das zum Beispiel keine Vorschrift. Also wird munter Sondermüll exortiert. Die Bundesrepublik nimmt auch in diesem Punkt eine Vorreiterrolle ein.
2.) : Veränderungen und ihre Voraussetzungen
Veränderungen sind ein Resultat von Entscheidungen.
Gesellschaftliche Entscheidungen, die Entscheidungen der Industrie
sowie ihr Zustandekommen, werden deshalb zum Thema dieses Abschnitts.
"Die Entscheidung sich mit einem gesellschaftlichen Problem auseinanderzusetzen, fällt entweder unter Druck bzw. Zwang, oder wird eingeleitet durch antizipierendes, d.h. vorausschauendes Verhalten der Unternehmensführung." 6)
"Die chemische Industrie zählt aufgrund ihrer Produkte und Produktionsverfahren zu den Branchen, die in hohem Ausmaß Umweltprobleme verursacht. ... Darüber hinaus ist der Energiebedarf bei vielen Produktionsprozessen sehr hoch, ebenso der Wasserverbrauch, viele der von ihr hergestellten Produkte sind mittlerweile in "negative Schlagzeilen" geraten. ... Hier räumt der für die deutsche chemischen Industrie (VCI) zuständige Verband stellvertretend für seine Mitgliedsunternehmen ein, daß die Branche in der Vergangenheit Fehler im Umgang mit der Öffentlichkeit gemacht habe. Gleichzeitig nimmt der VCI aber für die Branche in Anspruch, daß sie aus diesen Fehlern gelernt hat." 7)
Beachtenswert ist hier, daß nicht von Fehlern im Umgang mit der natürlichen Lebensgrundlage oder der Gesundheit der Bevölkerung die Rede ist !
Fehler im Umgang mit der Meinung der Öffentlichkeit werden eingestanden. Der Grund für die Berücksichtigung dieser Fehler der Vergangenheit: Mit gesellschaftlichen Gruppen kann man diskutieren, staatliche Auflagen sind zu erfüllen.
Letzteres kann für eine Unternehmung kostspielige, zuweilen existenzgefährdende Teile der unternehmensinternen Ressourcen in Beschlag nehmen. Hier wird deutlich, warum gesellschaftliche Anliegen und der Umgang mit ihnen, unternehmenspolitisch dringend berücksichtigt werden sollten.
"So lernt eine Unternehmensführung z.B. während oder aus einer konfliktären Auseinandersetzung nicht nur, welche Verhaltensstrategien gegenüber dem gesellschaftlichen Umfeld erfolgreich sind, auch, mit welchem Aufwand an internen Ressourcen gesellschaftliche Ansprüche befriedigt werden können ohne eigene Ziele und Prioritäten im Grundsatz verändern zu müssen." 8)
Aufgrund des hierarchischen Aufbaus von Unternehmen, ist es von Bedeutung wer im Unternehmen lernt.
Das Arbeiter einfach beschließen mit der Produktion von schädlichem Abfall oder Nebenprodukten aufzuhören, kommt einem zurecht gar nicht erst in den Sinn. Diese gesellschaftliche Gruppe hat gefälligst das zu machen, was die eigenen Ziele der Unternehmensführung im Grundsatz nicht verändert !
Die eigene Gesundheit und/oder die Erhaltung der natürlichen Lebensvoraussetzungen scheinen mit den Zielen der Produktion nicht ohne weiteres vereinbar zu sein !
Diese Tatsache ist in der Gesellschaft als Selbverständlichkeit aktzeptiert und wird nicht als Skandal erkannt und beseitigt ! (denken Sie bitte noch einmal an das "Argument" Arbeitsplatz) Eine Verhaltensänderung ist nicht immer das Resultat eines Lernprozesses, und die Unveränderlichkeit von unternehmerischem Verhalten nicht immer der Beweis dafür, daß hier nichts dazu gelernt wurde. Vielleicht hat sich die unverändert beibehaltene Verhaltensstrategie in vergleichbaren, vergangenen Situationen als erfolgreich erwiesen. Hier sieht das Unternehmen also gar keine Veranlassung etwas zu lernen. Wenn die Betroffenen sich lieber zum Dschungelcamp vor dem Fernseher räkeln und sich in der Werbepause von der Zurschaustellung aussterbender Lebensformen unterhalten lassen, ist nicht nur alles in bester Ordnung.
Jede Kritik wird in diesem Fall als Störung zurückgewiesen !
2.1) : Die kollektive Strategiebildung
Der Grund der kollektiven Strategiebildung liegt in der gemeinsamen Betroffenheit durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen. (rechtliche, ökonomische, sozial-gesellschaftliche Bedingungen)
2.2) : Die innere Struktur der chemischen Industrie
1989 betrug der Umsatz der chemischen Industrie 192 Milliarden DM. Davon entfallen 106 Mrd. DM des Umsatzes auf das Inland, und die restlichen 86 Mrd. DM auf den Export. Diese Zahlen machen deutlich, warum die Stimme des VCI soviel Gewicht bei Auseinandersetzungen mit staatlichen Behörden hat. Nicht nur die Steuereinnahmen, auch die Produktion anderer Unternehmungen außerhalb der Branche, werden von der chemischen Industrie beeinflußt.
"Der Anteil der 6 umsatzstärksten Unternehmen liegt bei etwa 40%, wobei davon ausgegangen werden kann, daß die drei größten Unternehmen, BASF, BAYER und HOECHST ca. 1/3 des Branchenumsatzes auf sich vereinigen." 9)
Insgesamt gab es 1990 ca. 1586 Einzelbetriebe mit etwa 581.000 Beschäftigten.
Das bedeutet, daß die 3 größten Unternehmen 63,9 Mrd Umsatz, die verbeibenden 3 Topfirmen 12,9 Mrd. und die anderen 1580 Betriebe 115,2 Mrd DM Umsatz unter sich aufteilen. Diese Zahlen verdeutlichen welche Unternehmen innerhalb der Branche, natürlich auch nach außen, von entscheidender Bedeutung sind. Die zugrunde liegenden Zahlen des statistischen Bundesamtes berücksichtigen die Umsätze rechtlicher Einheiten, also von Einzelunternehmungen. Konzentrationsformen von Unternehmungen, Konzernverflechtungen werden nicht erfaßt. Zusätzlich verschärft die Rohstoffabhängikeit der kleineren Unternehmen von der Großchemie die Dominanz der führenden Branchenmitglieder. Im
Zusammenhang mit der chemischen Industrie ist oft die Rede von der "Kuppelproduktion" . Dieser Begriff bezeichnet eine Produktionsweise,
bei der die Herstellung eines Produktes zu Abfällen führt, welche als Rohstoff für andere Herstellungsverfahren benötigt werden. Zum Beispiel die Destillation des Rohöls zur Herstellung von Benzin. Die nachfolgenden Unternehmen sind in diesem Fall von den Nebenprodukten der Kuppelproduktion abhängig.
3.) : Die chemische Industrie als umweltpolitischer Akteur in der Praxis
Der Vergleich der Produktionsresultate zwischen Vergangenheit und Gegenwart, läßt erkennen ob die chemische Industrie umweltpolitisch dazu gelernt hat.
Wenn ja, was wurde daraufhin geändert ? Was wurde gelernt ?
Die Beseitigung der schädlichen Hinterlassenschaften der chemischen Industrie, also die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sowie der Gebrauchseigenschaften der ökologischen Lebensgrundlage auf diesem Planeten, sind keine Selbstverständlichkeit !
"Chemische Produktionstätigkeit zeichnet sich allgemein dadurch aus, das Stoffe verändert werden ... So wird aus Naphta (Rohbenzin) neben Ethylen auch Propylen hergestellt, aus Natriumchlorid (Kochsalz) neben Chlor auch Natronlauge ..." 10)
Die Umweltprobleme welche durch chemische Stoffe (z.B. Fluor-Kohlenwasserstoffe, Nitrate) verursacht werden, sind heute nicht mehr zu übersehen. Die Zerstörung von Luft, Wasser und Boden ist in ihren letztendlichen Auswirkungen für die Menschheit nicht zu erfassen. Einen Vorgeschmack geben Forschungsprojekte wie das kürzlich in Amerika beendete Experiment, das Überleben unter einer Käseglocke zu erforschen.
Die Ursachen sind bekannt.
"Dies liegt zum einen an den komplexen Wechselwirkungen einzelner Stoffe und Stoffgruppen in der Natur, zum anderen an den nicht exakt zu qualifizierenden Langzeitwirkungen von Chemikalien auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf Deponien, in Gewässern oder der Atmosphäre" 11)
1987 betrug der Wasserverbrauch der chemischen chemischen Industrie 4,2 Milliarden Kubikmeter. Dies entspricht 90% des Wasserbedarfs des gesamten verarbeitenden Gewerbes. Das Wasser wird mehrmals benutzt. 80% für Kühlzwecke. 91% des Wassers entnimmt die chemische Industrie selbst, die restlichen 9% werden von kommunalen oder anderen industriellen Anbietern bezogen. Die Produktion erfordert eine gewisse Wasserqualität. Aus diesem Grunde wurden bereits in den fünfziger und sechziger Jahren Kläranlagen von der chemischen Industrie errichtet. Die Zahl der Kläranlagen ist im Zeitraum von 1975 bis 1987 von 351 auf 604 Anlagen angestiegen. Die Menge des Abwassers stieg im gleichen Zeitraum von 424,2 auf 681,8 Millionen m3. Der Vergrößerung der Abwassermengen, wird der Zuwachs an Kläranlagen gegenübergestellt. Mit dieser METHODE wird aus der konstanten, unveränderten Umweltbelastung ein Beitrag zum Umweltschutz.
Mineralöle machen 3/4 des Rohstoffbedarfs der chemischen Industrie aus. Der Energieverbrauch betrug 1989 45,3 Milliarden Kilowattstunden, was einem Viertel am Gesamtverbrauch der verarbeitenden Industrie entspricht. "Durch die Ölkrise wurden diese Anstrengungen aber erheblich verstärkt, da aufgrund der bis dorthin relativ niedrigen Energiepreise wenig Anreiz bestand, neben dem Rohstoffverbrauch auch die Energieverbrauchsdaten in die Entwicklung neuer bzw. besserer Anlagen einzubeziehen. .... Die Bemühungen der chemischen Industrie zur Energieeinsparung waren insofern erfolgreich, als sie die Energieintensität, d.h. der Energieeinsatz bezogen auf die Produktionsmenge, im Jahr 1980 nur noch 3/4 der von 1970 betrug" 12)
Der Zweck der chemischen Industrie hieß Kostensenkung. Die Höhe der Energiepreise und nicht die Umweltbelastung sind die Motivation für die vollzogene relative Senkung des Energieverbrauchs. (kilowatt pro Stück)
Die Produkte der chemischen Industrie, müssen nach der Logik des obigen Zitates in dieser Zeit wenigstens in gleicher Menge produziert worden sein !
100 Einheiten eines Produktes | Stromverbrauch 100 Kilowattstunden | (100 Kilowattstunden : 100) x 75 | (25%ige Senkung des Stromverbrauchs) | 100 Einheiten eines Produktes | Stromverbrauch 75 Kilowattstunden |
Tatsache ist, daß die produzierten Mengen im fraglichen Zeitraum 1970-1980 gestiegen sind.
Einer Produktionsmenge wird der relativ gesunkene Energiebedarf gegenüber- gestellt. Das heißt, weiter der Logik des Zitates folgend, nicht einmal daß der tatsächliche, absolute Energiebedarf vermindert werden muß ! Von 25 Prozent! ist die Rede.
1000 Einheiten eines Produktes | Stromverbrauch 750 Kilowattstunden | Mit dieser METHODE wird aus der Steigerung der Umweltbelastung ein Beitrag zum Umweltschutz.
Obwohl nichts über das Produkt ausgesagt wurde ( ! ? ), wird der erhöhte Energiebarf öffentlich als Beitrag zum Umweltschutz abgefeuert !
60% des Umsatzes der chemischen Industrie sind von der Chlor-Produktion abhängig.
"Die chemische Industrie führt gerade deshalb die Senkung der Quecksilberemissionen bei der Chlorherstellung als Beispiel für erfolgreichen Umweltschutz an." 13)
1985 sind 0,1g Quecksilber pro Tonne produziertem Chlor gegenüber 25g im Jahre 1978 enthalten gewesen.
1972 wurden 2 Millionen Tonnen, 1985 dagegen 3,5 Millionen Tonnen Chlor hergestellt. Die Erhöhung der Chlorproduktion um 70%, ist wieder kein Skandal. (was ist Chlor ?? !!!)
Die langsamere, aber eben fortschreitende Schädigung durch das Abfallprodukt Quecksilber, ist nur für denjenigen ein Trost, der sich mit der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage bereits abgefunden hat, weil die Marktwirtschaft mit ihren "Sachzwängen", nur so funktioniert. Und wieder wird aus einer Steigerung der Umweltbelastung, ein Beitrag zum Umweltschutz. Immer im Rahmen des "Möglichen" , also realistisch betrachtet.
Die chemische Industrie lernt. Sie lernt den Umgang mit der Öffentlichkeit.
4.) : Eine Fallstudie des Lernverhaltens der chemischen Industrie
Der Verfasser hat sich in der vorliegenden Arbeit, stark an der umfassenden und ausführlichen Darstellung des Lernverhaltens der chemischen Industrie, von Stefan Longolius orientiert. Leider war zu diesem abschließenden Aspekt dieses Artikels, nichts bei der wissenschaftlichen Arbeit des Stefan Longolius, zu finden.
Die chemische Branche benutzt die Umwelt als Quelle ihrer Rohstoffe und als Abladeplatz ihrer Produktionsreste. Die Produkte selbst, sind in vielen Fällen umweltbelastend.
Zusätzlich betreibt die chemische Industrie die Erforschung und Entwicklung von Waffen. Diese Waffengattung ist nach ihrer Herkunft benannt -- chemische Kampfstoffe.
In diesem Fall ist die Schädlichkeit ausdrücklich erwünscht ! (bitte denken Sie kurz an das "Argument" Arbeitsplatz)
"Waren im ersten Weltkrieg, bis auf Chlorpicrin ausschließlich Kampfstoffe eingesetzt worden, die zumindest als Zwischenprodukt ziviler Verfahren anfielen, so wurden im Laufe des zweiten Weltkrieges mit enormen öffentlichen Geldern Stoffe, für die die chemische Industrie bis dahin keine Verwendung hatte, auf ihren militärischen Nutzen überprüft, um sie nach dem Krieg zu vermarkten. Die chemische Industrie hat die Ergebnisse der Forschung nach Chemikalien zum Töten von Menschen oder zum Vernichten seiner Nahrungsmittel nach dem letzten Krieg genutzt, um den Agrarmarkt mit Giften zu versorgen." 14)
Die chemische Industrie zeichnet sich durch eine nicht zu übertreffende Rücksichtslosigkeit gegenüber Mensch und Natur aus. Die "Entschuldigung" der chemischen Industrie bedient sich dabei in vielen Fällen folgender Logik.
Streng wissenschaftlich wird nach Ursachen für eine bekannte Schädigung gesucht.
Das negative Auswirkungen vom Produktionsprozeß oder den Produkten ausgehen, ist bekannt. Unbekannt ist die wissenschaftliche Ursache, die genaue, exakte Definition und Wirkungsweise eines Stoffes zum Beispiel. Die praktische Erfahrung, welche sich in Vergiftungserscheinungen von Betroffenen äußert, ist kein Grund die Produktion des Giftes einzustellen.
Das fehlende Wissen über die wissenschaftlichen Ursachen benutzt die Industrie als Argument die Produktion fortzusetzen ! (Siehe Atomkraft, Ozonloch, Waldsterben, Grundwasser usw.)
Bereits 1898 wurden die ersten Fälle von Chlorakne der Öffentlichkeit bekannt gegeben.
"..beschrieb eine Krankheit die bis dahin unbekannt war. Das war 1898. Der Oberarzt hieß Karl Herscheimer und er gab der Krankheit den Namen: "Chlorakne". ... Es gelang nicht den krankmachenden Stoff zu finden, der die Arbeiterpocken auslößte. ... Die Arbeitsräume wurden gut gelüftet und von Zeit zu Zeit unter Wasser gesetzt, damit sich kein Staub entwickeln konnte." 15)
Aufgrund einer technischen Änderung in der Produktion von Chlor und Alkalien, ging die Pockenerkrankung schlagartig zurück. (Wir erinnern uns: 60% des Umsatzes sind heute von der Chlorproduktion abhängig)
Zufällig, ohne zu wissen weshalb, führte diese Änderung zur Besserung der Situation der Arbeiter.
Die Entdeckung des Chlorgases als Waffe, ließ die Erkrankung wieder in Erscheinung treten. Ein Bestandtteil der Gasmasken machte die Verarbeitung von perchloriertem Naphtalin notwendig.
"Es erkrankten die Arbeiter ... Die Verhältnisse wurden so schlimm, daß das Weiterbestehen der Fabrikabteilung in Frage gestellt wurde." 16)
Die Produktion wurde, weil kriegswichtig, nicht eingestellt.
Das Argument "Sachzwänge" kann auf eine lange Tradition zurückblicken.
Das Ende des 1.Weltkrieges ließ die Pocken zurückgehen. 1926 benötigte der Bergbau wasserfestes Isolationsmaterial für Zündschnüre. Perchlornaphtalin hat auch diese Eigenschaften, also wurde die Produktion gestartet. Die Folgen waren bekannt. Anfang der 30er Jahre dieses Jahrhunderts begann die großindustrielle Herstellung von Radios. Auch hier waren die Eigenschaften des Perchlornaphtalins sehr gefragt. Die Forschung brachte es in dieser Zeit zu weiteren Fortschritten. Das polychlorierte Diphenylen hatte ebenfalls die für die Industrie notwendigen Eigenschaften. Die Auswirkungen auf die Gesundheit von Teilen der Bevölkerung waren dieselben. Zusätzlich gilt der neue Stoff als krebserregend.
1957 wurde die Ursache der Erkrankung gefunden. Ein Nebenprodukt, daß bei der Produktion für pharmazeutische Präparate entstand (Tetrachlor-Diphenylen-Dioxid) war verantwortlich für die Chlorakne. Dieses Nebenprodukt fällt auch bei der Produktion der oben erwähnten Chemikalien an. Dieses Nebenprodukt wurde der Öffentlichkeit dann als Dioxin vorgestellt.
Die Einstellung der Produktion wurde nicht bekannt gegeben. Die Herstellung wurde nach einer Umstellung des Produktionsprozesses fortgesetzt.
"Ab 1957 produzierte Boehringer Ingelheim das Trichlorphenol im sogenannten Niedertemperaturverfahren. Die anderen Herstellerfirmen ... wurden in einem Rundschreiben auf das verminderte Risiko hingewiesen..." 17)
Die gut entwickelte Organisations- und Kommunikationsstruktur der chemischen Industrie, wirkt sich auch in diesem Fall fördernd auf den Lernprozeß aus. Die Produktion mit ihren bekannten Auswirkungen wird fortgesetzt.
Die Öffentlichkeitspolitik der chemischen Industrie versorgt die Betroffenen mit der gewünschten geistigen Einstellung.
5) : Schluß !
Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen die Natur ! Das ist realistisch, alles andere ist Blödsinn.
Geld ist eine Erfindung des menschlichen Geistes.
Der staatliche Beschluß, dieses Produkt der menschlichen Phantasie, als Maßstab des gesellschaftlichen Reichtums zu institutionalisieren, hat Konsequenzen.
Diese Form von Reichtum degradiert die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage zu einem Kostenfaktor !
Umweltschutz kostet Geld und verursacht eine Verkleinerung des in Geld bemessenen, und nur in dieser Form anerkannten gesellschaftlichen Reichtums. Dieses falsche gesellschaftliche Bewußtsein, welches durch die politischen Gesellschaftsstrukturen befördert und verursacht wird, ist die Ursache der "Umweltproblematik" der Gegenwart.
Wollen Sie ernsthaft auf diesen Planeten so wie er jetzt noch zu sehen und zu erleben ist, verzichten, weil irgendjemand im Anzug oder Kittel über die Medien verbreitet es gäbe nicht ausreichend bunte Papierzettel ?
Das Vertrauen auf die geistige Kompetenz von Wissenschaft und Politik ist nicht nur wie oben dargestellt, unbegründet, sondern gefährlich.
Jetzt noch eine gute Nachricht:
Das Orang-Utan Weibchen "Pamela" hat sich von seiner Darmgrippe erholt. Ihre beiden Söhne "Hansi" und "Fritz" freuen sich ganz besonders das ihre Mama wieder da ist. Wir sind alle aufgerufen uns für den nächste Woche erwarteten Nachwuchs Namen auszudenken. Der Favorit bisher: "Joschka"
Das Schlußwort, möchte ich einem unzivilisierten Überlebenden des indianischen Völkermordes überlassen. Dieses Volk von Jägern und Sammlern, betrachtete die Natur als ihren Reichtum. Ein Geschäft war mit diesen "Wilden" nicht zu machen. Da hört der Spaß auf, für die zivilisierte, freie Welt.
Weissagung der Cree:
Erst wenn der letzte Baum gerodet der letzte Fluß vergiftet der letzte Fisch gefangen werdet ihr feststellen daß man Geld nicht essen kann !
___________________________________________________________________________
Zum Anfang des Artikels
Quellen:_________________________________________________________________________________________ 1 Informationen zur politischen Bildung, Wirtschaft, Arbeitnehmer und Betrieb, 1991, S.:16f
2 Longolius Stefan, Eine Branche lernt Umweltschutz, 1993, S.: 20 3 EBENDA , S.: 83 4 Longolius Stefan, Eine Branche lernt Umweltschutz; 1993, S.: 138 5 EBENDA S.: 141 6 Longolius Stefan, Eine Branche lernt Umweltschutz, 1993, S.: 33 7 EBENDA, S.: 15ff 8 Stefan Longolius, Eine Branche lernt Umweltschutz, 1993, S.: 35 9 EBENDA, S.: 60 10 Stefan Longolius, Eine Branche lernt Umweltschutz, 1993, S.: 51 11 EBENDA, S.: 54 12 Longolius Stefan, Eine Branche lernt Umweltschutz, 1993, S.: 57 13 EBENDA, S.: 58 14 Dohmeier, Hans-Joachim / Janson, Erich: Zum Töten von Fliegen und Menschen, 1983, S.: 122 15 Dohmeier, Hans-Joachim / Janson, Erich: Zum Töten von Fliegen und Menschen, 1983, S.:9ff 16 EBENDA, S.: 16 17 EBENDA, S.: 65
Literaturliste
Stefan Longolius : Eine Branche lernt Umweltschutz, Motive und Verhaltensmuster der deutschen chemischen Industrie, Berlin 1993
Günther Hartkopf : Umweltpolitik, Band 1, Grundlagen, Analysen und Perspektiven, Opladen Eberhard Bohne 1983 Eberhard Bohne
Hans-Joachim Dohmeier : Zum Töten von Fliegen und Menschen, Dioxin- das Gift von Seveso und Erich Janson Vietnam und wie wir täglich damit in Berührung kommen, Hamburg 1983
Hans-Günter Brauch : Der chemische Alptraum, Oder gibt es einen C-Waffenkrieg in Europa ?, Berlin 1982
Informationen zur politischen Bildung: Umwelt, Heft 219, 1990
Peter-Christoph Storm : Umweltrecht, Einführung, 5. Auflage 1992
Greenpeace e.V. 20450 Hamburg, Deutschland ist mal wieder Weltmeister: im Export von Giftmüll, Informationsbroschüre 1993
Volker Prittwitz : Das Katastrophenparadox - Elemente einer Theorie der Umweltpoltik, Opladen 1990
Lutz Wicke : Umweltökonomie, Eine praxisorientierte Einführung, München 1993
Martin Jänicke : Umweltpolitik in Deutschland, Grundstruktur und Spezifika,
Martin Jänicke : Akteure der Umweltpolitik, Vorlesungsmaterialien
|