IV. Kapitel. Negative Ontologie: Adornos Stellung zu Heidegger


Mit dem Ideal der Überwindung des Verhältnisses von Subjekt und Objekt ist aber erst die eine Seite des ganzen Widerspruchs genannt, der Adornos Philosophie ausmacht. Der konsequent zu Ende gedachte und auf das bloß methodische Prinzip reduzierte Gedanke der Metaphysik: 'Versöhnung aus Entzweiung' entdeckt zwar schon sich als das Hindernis für eine ersehnte Ungeschiedenheit der Pole und setzt sich daher die Überwindung jeder zweckmäßigen Tätigkeit eines Subjekts zum Ziel. Entsprechend stünde eine Radikalisierung des Schopenhauerschen Prinzips an: Würde das Subjekt nicht nur nichts mehr wollen, sondern auch nichts mehr denken, dann entstünde die Unterscheidung und damit für das metaphysische Bedürfnis die Trennung von Subjekt und Objekt gar nicht, so daß das Ideal ihrer Aufhebung ebensowenig entstehen könnte.

Gleichwohl trifft J.E. Schmuckers Konsequenz nicht:

"Das Chaotische und Paradoxe an der Adornoschen Theorie insgesamt ist dadurch bedingt, daß sie nach ihren eigenen Kriterien gar nicht hätte geschrieben werden dürfen." 1)

Denn Adorno hatte stets gegen dieses Verstummen, das etwa der ernstgenommenen indischen Mystik entspräche, protestiert. Mag die Fortsetzung der Philosophie angesichts ihres Ideals auch ein Widerspruch gegen dieses sein, man hat Adornos Denken nur halb verstanden, wenn man sich auf diese Seite schlägt und von ihr aus der anderen ihre Berechtigung abspricht. Die metaphysische Sehnsucht nach dem Verzicht auf Erkenntnis, dem "Glück daran, daß es (das Fremde) in der gewährten Nähe das Ferne und Verschiedene bleibt, 2) sowie nach dem Ende des praktischen "Dranges" bildet zwar die Grundlage des philosophischen Denkens, aber der Wunsch beruht auf der "Entzweiung". Nur durch sie hindurch, nicht jenseits von ihr kann das Ideal seine Verwirklichung wünschen. Damit wird allerdings dieser Grundgedanke vom Tun der Philosophie unterschieden und zum bloßen Ideal derselben herabgesetzt.

Würde der philosophisch gebildete Mensch, um der Stillung seines metaphysischen Bedürfnisses willen, "hinter die Reflexion zurückfallen" 3), so stünde er ebenso "animalisch" als Natur wider die übrige Natur wie der Zivilisierte - er hätte lediglich sein Bewußtsein davon durchgestrichen. Gegen das 'Zurück' zum Irrationalismus aber hat Adorno heftig polemisiert.

Würde der Mensch sich das geistige Bedürfnis der Metaphysik geistig befriedigen und sich - wie etwa Hegel - die Vernunft der natürlichen und gesellschaftlichen Welt vor Augen stellen, dann würde Adorno ihm teilweise mit richtigen Argumenten (wie im Falle der Kritik der Erkenntnistheorie) das Trügerische dieser Befriedigung vorrechnen, sie also als Lösung ebenfalls nicht gelten lassen. Daher erklärt sich auch, daß Adorno gegen alle Formen des absoluten Geistes, Kunst, Religion, Philosophie, die er einerseits als den Bereich der Beschäftigung mit dem Versöhnungsideal schätzt, zugleich, wenn Glaube, Wahrheit und Schönheit positiv auftreten, den Ideologieverdacht und -vorwurf nicht unterläßt. 4)

Wenn der Mensch aber geradezu denkt und sich praktisch wie theoretisch die Erde untertan macht, dann - wir sind wieder am Ausgangspunkt der Deduktion - ist er selbst Grund, Motor und Opfer der Entzweiung. Adorno verbietet sich alle Lösungen, kommt aber über die Unlösbarkeit der metaphysischen Frage auch nicht zu einer Kritik an ihr. Dies wurde, wenn auch abgeschwächt, in der Rezeption der 'Negativen Dialektik' durchaus bemerkt. "Wer so argumentiert, wandelt auf einem schmalen Grat.", meint der begeisterte Anhänger der kritischen Theorie Ivo Frenzel 5); daß die Breite des Grates aber gleich Null ist, sagt er nicht. Da das metaphysische Bedürfnis nach Sinn und Harmonie sich selber als Hindernis zur Erreichung seiner Befriedigung weiß, kann es sich nicht verwirklichen, ohne sich auszulöschen, sich aber umgekehrt auch nicht auslöschen, ohne das Ziel seiner Befriedigung, das Ideal des versöhnten Zustandes aufzugeben. Es ist also der selbstgeschaffene Widerspruch, in dem Adorno bleiben will. Seine Philosophie gibt die metaphysischen Probleme für die der Welt aus, um sich quasi verzweifelt an ihrer Unüberwindbarkeit abzuarbeiten. Von diesem Standpunkt aus und relativ zu ihm erscheinen Adorno alle anderen theoretischen und praktischen Positionen identisch: nämlich in der Negation des metaphysischen Widerspruchs, den andere Denker entweder als Problem gar nicht teilen oder lösen wollen. Der selbstbewußte Wille - gerade auch der, der die von Adorno vielkritisierte Gesellschaft ändern will - muß sich den gleichen Mangel an Humanität vorwerfen lassen wie der integrierte; der Konsument der Unterhaltungsmusik ebenso wie der Genießer der höheren; das antikritische Denken des Positivismus rückt mit dem objektiven und mit dem einer positiven Metaphysik auf einen Punkt zusammen: sie alle artikulieren nicht das Humanum, den Widerspruch des zu Selbstbewußtsein gekommenen metaphysischen Bedürfnisses. Umgekehrt erscheinen alle Formen des unglücklichen Bewußtseins sowie des unerfüllten Glückswunsches als Bürgen des philosophischen Problems im praktischen Leben. Liebende und Sterbende, Kommunisten und Theologen, Dienstboten und Emigranten werden in den 'Minima Moralia' in dieser metaphysischen Qualität angeführt. Adornos Kritik Spitzt sich insofern zurecht auf Martin Heidegger zu, als dieser auf dem Feld des metaphysischen Problems unmittelbar die andere Seite vertritt: Er will die - auch bei ihm auf ihr reines Prinzip reduzierte - metaphysische Problematik positiv gelöst haben und bildet daher gegen Adornos Offenhalten der Frage den geraden Gegenpol; der spätere Adorno ist gegen Heidegger ein veritables Spiegelbild.

1. Heideggers Ontologie - Konsequenz der Metaphysik


Zurecht gilt Martin Heidegger als Erneuerer und Vollender der Metaphysik im 20. Jahrhundert. Erneuerer war er zunächst darin, daß er die metaphysischen Fragen radikalisierte. Die Fragen der Metaphysik unterscheiden sich zunächst von denen der Wissenschaft darin, daß sie nicht versuchen, die Eigenart ihrer Gegenstände zu bestimmen, sondern sie, d.h. ihre Existenz "abzuleiten". Adornos Ausführungen über den Systemwillen der Metaphysiker sind hier einschlägig; ebenso ist an die einheitsstiftende Funktion der Ableitung aller Empirie aus einem Ersten zu erinnern. Anleitung innerhalb einer historischen Epoche, einer Religionsform oder innerhalb eines anderen bestimmten Gegenstands hat ihren wissenschaftlichen Grund darin, daß ein Zweck oder Gesetz die Identität einer Sache ausmacht, also auch ihre Erscheinungen regiert. Ableitung von allem aber birgt von vornherein den Widerspruch, daß ihm noch etwas anderes gegenüberstehen muß, sonst könnte es aus ihm nicht abgeleitet werden; dieses andere aber widerspricht dem Begriff des 'alles'.

"Daß die Philosophie auf das Universale der Welt und das Letzte des Daseins, das Woher, das Wohin und das Wozu von Welt und Leben abzielt in der Weise der theoretischen Welterkenntnis unterscheidet sie ... von den Einzelwissenschaften, die immer nur einen bestimmten Bezirk der Welt und des Daseins betrachten." 6)

Die Methode dieses Fragens, die sich nicht für die Charakteristika seiner Gegenstände interessiert, sondern (!) nach dem Woher, Wozu und Wohin, also stets nach Beziehungen, Relationen fragt, die es zu anderem einnimmt, führt notgedrungen von der in Rede stehenden Sache immer weiter weg: Das Woher der Welt könnte zunächst mit allen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über die Erdgeschichte beantwortet werden, aber - und schon Kant hat nachgewiesen, daß diese Fragen nicht vernünftig beantwortet werden können 7) - jeder Grund könnte zurecht wieder als Folge eines früheren betrachtet werden, und alle Gründe und Folgen würden niemals "außer der Welt" sein, sondern in ihr. Damit aber wäre die Frage nach dem Woher der Welt gerade nicht beantwortet. Die Frage setzt also von sich aus Transzendenz, ein Jenseits der Welt, welches sie hervorbrachte; dieses aber widerspricht - wie oben dem Alles - dem Begriff der Welt, der keinen anderen Inhalt hat, als Inbegriff dessen zu sein, was ist und Gegenstand des Bewußtseins werden kann. Auf die gleiche Weise setzt die bloße Frage nach dem Wozu des Lebens einen Zweck und damit ein Subjekt außerhalb desselben. In der Metaphysik ist es die Methode des Fragens, das hinter die Welt zurückgeht, welche den ganzen Bereich des Jenseits schon in der Frage konstituiert. Die metaphysische Frage besteht in der Anwendung des Prinzips der Wissenschaft, der Frage nach Gründen, auf Faktizitäten, die keine Gründe mehr haben außer denen, die sie aus bestimmten anderen Seienden erklären. Heideggers "Grundfrage der Metaphysik": "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?" 7) aber führt die Form der Frage selbstbewußt ad absurdum, um daraus noch ein metaphysisches Resultat zu erzielen. Er definiert Metaphysik geradezu über diese Absurdität.

"Metaphysik ist das Hinausfragen über das Seiende, um es als ein solches und im Ganzen für das Begreifen zurück zu erhalten. In der Frage nach dem Nichts geschieht ein solches Hinausfragen über das Seiende im Ganzen. Sie ist somit als eine 'metaphysische' Frage erwiesen." 8)

Heidegger selber rezipiert natürlich Kants Kritik der kosmologischen Antinomien und weiß um den endlosen Regreß, den das Ernstnehmen der metaphysischen Frage zur Folge hat. Daher tritt er dafür ein, die Frage überhaupt nicht wissenschaftlich zu erörtern. Wirkliche Gründe führen nie über das "Seiende als Ganzes" hinaus, sondern bestimmen nur ein Seiendes als Wirkung eines anderen:

"Wenn Thales auf die Frage, was das Seiende sei, antwortet: Wasser, so erklärt er hier das Seiende aus einem Seienden, obzwar er im Grunde sucht, was das Seiende als Seiendes sei. In der Frage versteht er so etwas wie Sein, in der Antwort interpretiert er Sein als Seiendes." 9)

Man muß das Seiende nicht wiederum mit Wirklichem, sondern mit ganz Anderem bestimmen, um in der Metaphysik ans Ende zu kommen: Nicht-Seiendes = Ausgedachtes hat die wesentliche Qualität des Seienden zu sein, damit das metaphysische Bedürfnis befriedigt wird. Das logische Denken ist gegen die metaphysische Absicht als ein Hindernis zu betrachten.

"Wenn die Macht des Verstandes im Felde der Fragen nach dem Nichts und dem Sein gebrochen wird, dann entscheidet sich damit auch das Schicksal der Herrschaft der 'Logik' innerhalb der Philosophie. Die Idee der 'Logik' selbst löst sich auf im Wirbel eines ursprünglicheren Fragens." 10)

Zu diesem Problem, daß die metaphysischen Fragen nach dem Ersten, "dem Universalen der Welt", wissenschaftlich nicht befriedigt werden können, weil die Wissenschaft per se innerweltlich ist, kommt noch ein zweites: Jedes Seiende, welches als Universale genannt wird, hat mit der Bestimmtheit noch den Mangel an sich, daß es Anderes aus sich ausschließt und somit dem Begriff des Universale widerspricht. Der Widerspruch freilich ist nicht erst einer der Antwort, sondern schon völlig einer der Frage: sie fragt nämlich nach dem Universale von Allem, d.h. nach der Qualität von Allem. Qualität aber bedeutet Bestimmtheit und Ausschluß des Anderen, Alles aber bedeutet eben alles und schließt schon deshalb die Qualität von sich aus. Nur die reine Unbestimmtheit würde dem Anspruch an das Universale genügen können; nur noch die Tautologie, daß die Qualität von Allem 'Universal' sei, könnte dem Begriff von 'Alles' gerecht werden.

An endlosen Regreß merkt Heidegger, daß sich die Ableitung der Sache immer weiter von ihr wegbewegt: sie geht zum Grund, zum Grund des Grundes usw.; das, worauf sie zielt, die transzendente Notwendigkeit der Sache trifft sie nicht. Heidegger nimmt, wie schon an Adorno gezeigt, das metaphysische Denken für Denken überhaupt und schließt daraus, daß das Denken prinzipiell das nicht zu treffen vermag, worauf es abhebt. Somit gerät das Wesen der Sache in Gegensatz zum Denken, welches dies herausbringen will, aber, solange es eines durch ein anderes bestimmt, also immer Relationen angibt, es nicht herausbringen kann, sondern die Sache selbst, ihr An-Sich als Leerstelle des Denkens zurückläßt. Die Ontologie im Gegensatz zur Metaphysik, und damit im Gegensatz zum Denken, spricht jetzt das Ziel des Denkens, welches als Denken nicht trifft, für sich aus.

"Worauf der Weltbezug geht, ist das Seiende selbst - und sonst nichts." 11)

Die Ontologie drückt eben diesen Weltbezug des Denkens getrennt von allen Bestimmungen, die das Denken dem Objekt zuschreibt bzw. an ihm entdeckt, als das Wesen der Sache aus. Die Wirklichkeit, die schiere Existenz des Objekts wird ein - und zwar das wesentliche Prädikat: Sein. Damit ist zugleich das unhintergehbar universale Universale bestimmt. Mit dem "Sein" ist nichts gestimmtes mehr zum Wesen der Dinge erklärt, sondern die Kopula des Urteils, der pure Gedanke der Identität. Als dieser pure Gedanke der Identität ist das Sein also auch nichts als die Idee der Trennung aller Bestimmungen von der Sache, sie selber damit die reine, abstrakte und damit geistige Existenz. Die Ausgangsfrage der Metaphysik, die diese schon ad absurdum geführt hatte, bekommt so die einzige Antwort, die diese Frage überhaupt noch bekommen kann: Auf "Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?" folgt: "Weil es ist." Die auf die unbeantwortbare Warumfrage folgende Antwort 'Darum' wird von Heidegger aber nicht als die Tautologie verstanden, die sie ist, sondern als wirkliche Antwort, und zwar deshalb, weil bei ihm das 'ist' nicht einfach als die Existenzaussage genommen wird, sondern sich in ihr die hinter der faktischen Existenz steckende "Existenzqualität" 'Sein' verbergen soll. Seine Tautologie ist von ihm also nicht als die völlig treffende Beantwortung obiger Frage und damit als ihre Zurückweisung gemeint, sondern als die tatsächliche Angabe der Transzendenz.

Heidegger bestimmt sodann die 'ontologische Differenz' und nimmt dabei ein Problem vorweg, das in der Literatur über Heidegger mehrfach aufgetaucht ist: Man fragte, was denn nun das Sein sei, was man sich dabei zu denken habe. 12)

"Unter Sein kann ich mir zunächst nichts denken. Andererseits steht ebensosehr fest: Wir denken das Sein ständig ... Wir verstehen das 'ist', das wir redend gebrauchen, und begreifen es nicht. Der Sinn dieses 'ist' bleibt uns verschlossen. Dieses Verstehen des 'ist' und damit des Seins versteht sich so sehr von selbst, daß sich ein bis heute unbestrittenes Dogma in der Philosophie breit machen konnte: Sein ist der einfachste und selbstverständlichste Begriff, er ist einer Bestimmung weder fähig noch bedürftig." 13)

Heidegger versteht diese Stelle nicht als Auftakt für eine Erklärung dessen, was man sich unter Sein zu denken habe, sondern als die Erklärung selber. An anderer Stelle sagt er selbst, daß man das Sein nicht bestimmen könne: "Man sagt: 'Sein' ist der allgemeinste und leerste Begriff." "Der Begriff 'Sein' ist undefinierbar. Dies schloß man aus seiner höchsten Allgemeinheit. Und das mit Recht..." 14) Der Begriff ist für Heidegger also tatsächlich der Bestimmung weder fähig noch bedürftig (jede Bestimmung würde der Reinheit des Seins Abbruch tun); der Sinn des Seins, der im Gebrauch der Kopula verstanden, aber nicht begriffen sein soll, ist denn auch kein anderer als der, daß das Sein der Sinn sei, daß man der leeren Existenz Wichtigkeit beizumessen habe. Der Sinn von Sein besteht eben darin, die Wirklichkeit als solche als das höhere, vom Denken nicht erreichbare Wesen anzuschauen: ein Kult des Faktischen.

Im Verhältnis von Sein zu Seiendem wird die Wirklichkeit endgültig als die Verwirklichung der Abstraktion von allen ihren Bestimmungen angegeben Hier kehrt das Verhältnis von Wesen und Erscheinung wieder, aber gegenüber der klassischen Philosophie eigentümlich umgekehrt. War bei den alten Metaphysikern die Identität des hinter den Erscheinungen - und damit getrennt von ihnen - festgemachten Wesens mit den Erscheinungen das Problem (ein Problem, das Hegel damit beendete, daß er darlegte, man könne das Wesen nicht hinter den Erscheinungen, sondern nur in ihnen, als selbst erscheinend bestimmen), so ist bei Heidegger umgekehrt die Differenz von Wesen und Erscheinung, die ja nicht einfach ein und dasselbe sein können, dunkel. Er unterscheidet den leeren Gedanken der Existenz von der Erscheinung, die ihrerseits 'Seiendes', nur in dieser leeren Qualität bestimmt ist. Wesen und Erscheinung sind in der Tat ein und dasselbe, und das Verhältnis drückt nur aus, daß die Empirie auch als nichts anderes denn als die Verwirklichung der Abstraktion von ihr angesehen werden soll. Dies ist die Schwierigkeit, die die 'ontologische Differenz' naheliegenderweise bereitet. Heideggers Deduktion derselben sei noch angefügt; sie zeigt ebenso die Souveränität Heideggers gegen das logische Denken, wie sie die oben angegebene Absicht deutlich macht.

"Außer dem Seienden ist nichts. Vielleicht ist kein anderes Seiendes außer dem aufgezählten, aber vielleicht gibt es doch noch etwas, was zwar nicht ist, was es aber gleichwohl in einem noch zu bestimmenden Sinne gibt. Mehr noch. Am Ende gibt es etwas, was es geben muß, damit wir uns Seiendes als Seiendes zugänglich machen und uns zu ihm verhalten können; etwas, das zwar nicht ist, das es aber geben muß, damit wir überhaupt so etwas wie Seiendes erfahren und verstehen. Seiendes vermögen wir als solches, als Seiendes, nur zu fassen, wenn wir dergleichen wie Sein verstehen. Verstünden wir nicht, was Wirklichkeit besagt, dann bliebe uns Wirkliches verborgen. ... Wir müssen Wirklichkeit verstehen können vor aller Erfahrung von Wirklichem. Dieses Verstehen von Wirklichkeit bzw. von Sein im weitesten Sinne gegenüber der Erfahrung von Seiendem ist in einem bestimmten Sinne früher als das letztgenannte." 15)

2. Adornos Kritik der ontologischen Differenz


In seiner Kritik an Heidegger steht Adorno zunächst durchaus auf dem Standpunkt von dessen theoretischem Problem.

Beiden gilt - ganz entgegen der Schärfe der Auseinandersetzung 16) - übereinstimmend das Resultat des metaphysischen Denkens als selbstverständliches Resultat des Denkens überhaupt. Beiden erscheint das "Aufheben des An-sich der Dinge" (Hegel) nicht als ein Fehler gegen das Denken, sondern als die normale Leistung desselben überhaupt. Was durch den Versuch der Ableitung aller Dinge aus einem ersten Urprinzip notwendig entsteht: alles wird als Äußerung, Wirkung, Resultat von Anderem, nichts wird für sich bestimmt, das ist der Ausgangspunkt der methodisch über sich philosophierenden Metaphysik beider Kontrahenten. Daher tritt bei ihnen das An-sich-sein und das Sein-für-Anderes - der Sache nach ein und dasselbe - auseinander. Weil sie diese Trennung aber nicht als Fehler auffassen, die durch Kritik zu beseitigen wäre, sondern ihnen diese Fehler als normal gelten, erscheinen ihnen die getrennten Momente des An-sich und des Sein-für-Anderes nicht als eine Trennung innerhalb der Denkbestimmungen der Sache, sondern als die Kluft zwischen den Denkbestimmungen und der draußen seienden Sache. 16a)

Adorno und Heidegger beziehen sich somit auf das Resultat des metaphysischen Denkens, welches durch Hegel zum Selbstbewußtsein seines Fehlers gekommen ist. Adorno und Heidegger heben nun aber nicht diese Logik des Ableitens auf, welche das Problem hervorbrachte, sondern wollen auf Basis des Selbstbewußtseins des Fehlers den metaphysischen Gedanken zu Ende denken. Heideggers Vollendung der Metaphysik besteht darin, die Trennung des Dings und seiner Bestimmungen positiv auszusprechen und sich mit ihr zufrieden zu geben. Er bestimmte die Philosophie geradezu als das Selbstbewußtsein der Trennung des Denkens von seinem Objekt. Während die Wissenschaft nach seiner Auffassung die Bestimmungen des Objekts denkt, damit aber - nach der Voraussetzung der metaphysischen Betrachtungsweise - nie das Objekt selber trifft, macht sich das philosophische Denken die Abstraktion von allem, was die Sache ausmacht, den leeren Begriff der Wirklichkeit zum alleinigen Gedankeninhalt. Das 'Sein' stellt sich bei ihm dar als das Desiderat allen Denkens, welches dieses nicht erreicht und nie erreichen kann, weil es Denken ist. Adornos Kritik an diesen Überlegungen hebt mit vollem Verständnis für sie an: Er räumt die Relevanz einer Abstraktion von allem, was man von den Dingen wissen kann, ein und zeigt sich selbst interessiert an der positiven Formulierung der Trennung des Denkens von seinem Objekt. 17)

"Gerechtigkeit allerdings widerfährt dem Seinsbegriff erst, wenn auch die genuine Erfahrung begriffen ist, die seine Instauration bewirkt: der philosophische Drang, das Unausdrückbare auszudrücken." 18)

"Heideggers Emphase auf Sein, das kein bloßer Begriff sein soll, kann auf die Unauflöslichkeit des Urteilsgehalts in Urteilen sich stützen..." 19)

Adorno weiß also selber um eine "Unkraft des Denkens vor dem Sein"; er unterscheidet sich von Heidegger erst, wo dieser sich mit der Abdankung des Denkens, die er mit ihm konstatiert, zufrieden gibt. Heidegger bleibt bei seiner Formulierung der Trennung, also auch dem Bewußtsein der Trennung als dem zufriedenstellenden Resultat stehen und geht nicht wieder zurück zum "äußerlichen" Denken der Dinge.

"Daß Heidegger den Aspekt des Erscheinens gegen dessen vollkommene Reduktion auf Denken hervorhebt, wäre ein heilsames Korrektiv des Idealismus. Aber er isoliert dabei das Moment des Sachverhalts, faßt es, nach Hegels Terminologie, ebenso abstrakt wie der Idealismus das synthetische." 20)

Es fällt auf, daß Adorno die Bestimmung der Sache als ein Jenseits aller Prädikate selbst akzeptiert, um dann auf Basis dieser Trennung die Ergänzung gegen Heidegger wieder in Erinnerung zu bringen: "Kein Sein ohne Seiendes" 21), die leere Abstraktion von aller Bestimmung könne doch nicht ohne Bestimmungen bleiben. Das Paradoxe dieses Einwands besteht darin, daß Adorno die Abstraktion von aller Bestimmung als das Telos des Denkens voraussetzt und dann diese bestimmen will.

"Die Dialektik von Sein und Seiendem: daß kein Sein gedacht werden kann ohne Seiendes und kein Seiendes ohne Vermittlung, wird von Heidegger unterdrückt: die Momente, die nicht sind, ohne daß das eine vermittelt wäre durch das andere, sind ihm unvermittelt das Eine, und dies Eine positives Sein." 22)

Daß kein Sein ohne Seiendes gedacht werden könne, hat Heidegger so nicht bestritten, er hatte umgekehrt zur Abstraktionsleistung aufgerufen: man solle sich das Sein des Seienden vor Augen halten, denken könne man es sowieso nicht; denn das Sein war ihm ja der gerade Gegensatz - das Wirkliche, Echte, Unverfälschte - zum vermittelnden Denken. Adorno selbst weist darauf hin, daß 'Sein' keinen anderen Inhalt hat als eben den, "das air gediegener Fülle des nicht erst gedanklich unsolid Gemachten" 23) auszudrücken. Adornos Kritik an Heideggers Desinteresse, das Sein, nachdem es als die Abstraktion von allen Bestimmungen einer Sache unterschieden worden ist, wieder auf die Konkretion dieser Abstraktion zurückzubeziehen, trifft Heidegger und seine Absicht nicht. Allerdings wendet Adorno diesen Mangel an Rückbezug auch aus einem anderen Grund gegen Heidegger ein als aus dem, daß "man das Sein nicht ohne Seiendes denken könne". Adorno kritisiert, daß Heidegger Transzendenz, Wesen, das Ziel aller Metaphysik mit diesem negativen Begriff - dem Ansehen von allem Wirklichen, um das ganz Wirkliche zu fassen - positiv setzt. Er räumt durchaus ein, daß das Sein irgendwie transzendent ist:

"Unbestreitbar, daß Sein nicht einfach Inbegriff dessen sei, was ist, was der Fall ist." 24)

- und damit die "Aura des mehr denn faktisch Seins: die von Transzendenz" 25) beanspruchen kann. Allerdings liegt darin ein Mißverständnis Heideggers, auf Grund dessen ihm Adorno sogleich ein Versäumnis vorrechnen zu können meint. Heidegger hatte die Verdoppelung des leeren Gedankens (= Faktizität) in ihn als Wesen (Sein) und ihn als Erscheinung (Seiendes) vorgenommen, um die Suche nach dem Wesen, der Transzendenz zu beantworten: Er sagt nicht, Sein sei mehr als Faktizität und daher Transzendenz; er beharrt darauf, daß Sein, Faktum Transzendenz ist. Sein ist also bei Heidegger sehr wohl "Inbegriff dessen, was der Fall ist", und gerade darin das Heilige, Wirkliche, Echte, nicht - bloß - Gedachte.

Sein Mißverständnis erlaubt es Adorno, von Heidegger die über die Verherrlichung des Faktums hinausgehende Transzendenz einzufordern und sich darin enttäuscht zu zeigen, daß Heidegger diese Transzendenz nicht bietet. "Heideggers Transzendenz ist die verabsolutierte Immanenz, verstockt gegen den eigenen Immanenzcharakter." 26) Auch dieser Satz Adornos könnte in der Tat als objektiver gelesen werden: Heideggers Transzendenz ist wirklich die Verabsolutierung dessen, was es sowieso gibt, weil es dies gibt. Der Ausdruck der Enttäuschung, der bei Adorno zugleich anklingt, verrät allerdings sein metaphysisches Interesse: Heidegger bietet Transzendenz an, und dann erweist sich diese doch nur als das Diesseitige. Das die Welt der Erscheinungen legitimierende 'ens realissimum", das Wesen hinter den Erscheinungen, die Transzendenz müßte doch etwas Anderes sein als das, was es transzendiert. Adorno übersieht den Zwang zur Tautologie, der in der nach Beantwortung verlangenden metaphysischen Frage steckt, wenn er am Verhältnis von Sein und Seienden die Tautologie bemerkt und als Verstoß gegen das Versprechen, ein Wesen nennen zu wollen, registriert. Adorno meint an den Begriff 'Sein' anknüpfen zu können und seine Transzendenz: Nichtidentität, Konstellation, freie Totalität daraus zu gewinnen.

"Ein jegliches Seiendes ist mehr, als es ist; Sein in Kontrast zum Seienden, mahnt daran. Weil nichts Seiendes ist, das nicht, indem es bestimmt wird und sich selbst bestimmt, eines anderen bedürfte, das es nicht selber ist - denn durch es selbst allein wäre es nicht zu bestimmen - weist es über sich hinaus. Vermittlung ist dafür lediglich ein anderes Wort." 27)

Daß Heidegger den Begriff des 'Seins' überhaupt nur bildet, um einen Begriff zu haben, der nicht wieder durch Anderes bestimmt wird, "das er nicht selber ist", bemerkt Adorno nicht als notwendiges Ende der Metaphysik, sondern als unnötige Tautologie, die das metaphysische Bedürfnis um den echten Sinn bringt.

"In der Tautologie, auf welche dies Sein hinausläuft, ist das Subjekt verscheucht: 'Doch das Sein - was ist das Sein? Es ist es selbst.' Solcher Tautologie nähert sich das Sein zwangsläufig. ... Sein muß sie (die Ontologie; d. V.) nur durch es selber bestimmen, weil es weder durch Begriffe faßlich, weder also 'vermittelt' sei, noch nach dem Modell des sinnlich Gewissen unmittelbar sich zeigen läßt; anstelle jeglicher kritischen Instanz fürs Sein rückt die Wiederholung des puren Namens." 28)

In der Formulierung, das Sein "nähere" sich der Tautologie, drückt Adorno noch einmal aus, daß dies nach seiner Meinung nicht in der Natur des Seinsbegriffs liegt, sondern bei anderer Behandlung auch anders sein könnte. Er verlangt eine Bestimmung des Seins, die damit, daß sie bestimmt, die 'Mit-sich-selbst-Gleichheit' des Begriffs kritisiert und so zeigt, daß auch er mehr meint, als er sagt.

Alle richtige Kritik Adornos an der ontologischen Differenz, am Verhältnis von Sein und Seiendem steht nach dem oben Aufgezeigten unter dem gegen Heidegger illusorischen Gesichtspunkt, daß dieses Verhältnis so, wie Heidegger es bestimmt, nicht bestimmt werden müßte. Adorno bemerkt richtig, daß mit dem Begriffspaar Sein und Seiendes, welches zugleich dem Inhalt nach Identität, der Form nach Substanzverhältnis bezeichnet, das, was es gibt, ohne nähere Qualifizierung einmal zum Wesen erhoben und zugleich zum bloßen Akzidenz herabgesetzt wird. 29) Aber der zugrundeliegende theoretische Satz, Sein und Seiendes sei bei Heidegger sowohl "absolut isoliert" wie zugleich völlig identifiziert 30) meint doch nur, Heidegger solle Sein und Seiendes weder völlig trennen noch völlig zusammenfallen lassen, sondern ein Verhältnis zwischen beiden angeben.

Damit deutet sich schon an, nicht nur, daß Adorno die Transzendenz, das vom Denken unerreichbare Jenseits der metaphysischen Frage nach dem Sinn anders lösen will, sondern, mehr noch, daß Adorno ebenfalls eine Ontologie zu formulieren gewillt ist. Auch ihm wird 'Sein' zu einer metaphysischen Aussage; auch er will nicht auf die Existenz als metaphysische Qualität verzichten und 'Sein' nicht als den leeren Gedanken überhaupt aus der wissenschaftlichen Diskussion herauslassen. So gesehen wird gerade Heideggers Tautologie zu dem metaphysischen Urteil über die Gegenstände der Erfahrung:

"Die Sinnlosigkeit des Wortes Sein, über die der gesunde Menschenverstand so billig sich mokiert, ist nicht einem zu wenig Denken oder einem unverantwortlichen Drauflosdenken aufzubürden. In ihr schlägt die Unmöglichkeit sich nieder, positiven Sinn durch den Gedanken zu ergreifen Oder zu erzeugen." 31)

Die Sinnlosigkeit des Wortes Sein ist das Urteil über es. Während Heidegger verkündete, das Sein des Seienden sei sein Sinn, setzt Adorno dagegen, das Sein des Seienden sei das Sinnlose. Heideggers Ontologie ist sich nach Adorno dieses Inhalts der eigenen Einsicht nicht bewußt und hat, "wo sie das Versprochene schuldig bleibt", "das Scheitern seinerseits tröstlich zum Existential erhoben." 32)

"Sinnloses wird mit Sinn belehnt, indem der Sinn von Sein gerade an seinem Widerspiel, der bloßen Existenz, als deren Form aufgehen soll." 33)

Das, was ist, ist bei Adorno "bloß"; denn ihm fehlt die Transzendenz, welche es als bloß Wirkliches, Diesseitiges nicht hat. Sinn kann also gerade demjenigen, was "nicht mehr ist, als es bloß ist", der Existenz, nicht beigelegt werden; denn dann wäre es mehr, als es ist.

3. Negative Ontologie


Daß "Sinnloses mit Sinn belehnt" wird, kritisiert Adorno an Heidegger; aber das ist doch gerade das Tun der Metaphysik überhaupt. Daß sie bei diesem Programm Fehler machen muß, liegt auf der Hand, und es war neben anderen auch Adorno, der das Prinzip dieser Fehler nachgewiesen hatte: Die Bestimmung eines Sinnes hinter der Sache führt unweigerlich in den endlosen Regreß oder in die Tautologie. Adorno aber fordert nicht etwa, die Philosophie solle angesichts der notwendigen Fehler die metaphysische Frage aufgeben, noch etwa, sie solle diese doch ohne die Fehler beantworten; er hält die metaphysische Frage fest und kritisiert den Umstand ihrer Beantwortung schlechthin: Sie belegt Sinnloses mit Sinn - als ob Sinnhaftes noch mit Sinn belegt werden müßte. Die metaphysische Frage nach dem Sinn geht selbstverständlich von einem gegen das metaphysische Bedürfnis mangelhaften Zustand aus: Ausgangspunkt der Suche nach Transzendenz ist offenbar unweigerlich Immanenz. Adorno stellt darin den Widerspruch zwischen Ausgangspunkt und Resultat des metaphysischen Gedankens fest: Wird von Immanenz ausgegangen, dann kann Transzendenz nicht als deren Bestimmung im Resultat erscheinen; könnte sie im Resultat erscheinen, dann wäre sie offenbar schon im Ausgangspunkt gegeben gewesen, und jeder Grund für die Suche nach Sinn wäre vorweg entfallen, die Frage also nicht gestellt worden. Wird die metaphysische Frage gestellt, dann verbietet sich folglich eine Antwort; ist sie beantwortbar, dann verbietet sich jede Frage.

Mit dieser Einsicht in den Widerspruch des metaphysischen Urteils kommt Adorno nahe an die Einsicht, die der metaphysischen Frage ihr Ende bereitet. Er weiß damit nicht nur, daß das metaphysische Bedürfnis einerseits von vornherein affirmativ ist, sondern auch, daß es selbst der einzige Grund ist für die Qualifizierung der Wirklichkeit als sinnloser.

"Auch das ontologische Bedürfnis hat sein reales Moment in einem Zustand, in dem die Menschen die Notwendigkeit, der allein ihr Verhalten gehorcht, als vernünftig - sinnhaft - weder zu erkennen noch anzuerkennen vermögen." 34)

Die Frage zielt also schon nicht auf die Beseitigung dessen, daß das Leben irgendwelchen fremden Notwendigkeiten gehorcht, sondern darauf, daß man diese einsehen können will, um sich ihnen unterzuordnen:

"Das dringlichste ihrer Bedürfnisse heute scheint das nach einem Festen. Es inspiriert die Ontologien; ihm messen sie sich an. Sein Recht hat es darin, daß man Sekurität will." 35)

Der Widerspruch des metaphysischen Urteils liegt nun aber nicht erst, wie Adorno meint, in der Antwort, sondern eben schon in der Frage: In ihr wird die Wirklichkeit schon bejaht und verneint zugleich. Die Frage kommt nur auf, wenn sich der Mensch unangenehmen Notwendigkeiten ausgesetzt sieht, wenn er also irgendwie unzufrieden ist; zugleich fragt er aber nicht nach der Abschaffbarkeit dieser Bedingungen, die ihn doch stören, sondern nach Gründen, damit er sie sich gefallen lassen kann. In seiner Frage also steckt schon der ganze Widerspruch, der in der Antwort, die Adorno kritisiert, nur reproduziert wird. In der Frage steckt aber auch die Setzung der Qualität der Welt als einer sinnlosen. Die Welt mag dem Menschen abverlangen, was sie will, sinnvoll oder sinnlos ist sie an und für sich nicht. Daß, was ist, "b1oß ist"; das Urteil also, die Dinge seien ohne Transzendenz, setzt erst das Bedürfnis nach Transzendenz; es konstatiert keineswegs einen objektiven Mangel. Dieses Urteil ist nichts anderes als die Betrachtung der Wirklichkeit sub speziem des Sinns, d.h. es ist nur die Äußerung des Bedürfnisses; die Welt kann nichts dafür. Da dieses Problem nur in dem und für das metaphysische Bedürfnis besteht, fällt es auch mit diesem; eben dieses ist das einzige Problem. Adorno weiß dies, ist aber so parteiisch für die metaphysische Problemkonstruktion, daß er den Umstand, daß das Bedürfnis sich in allen Urteilen über Objektives nur selber ausspricht, explizit macht und das Vorhandensein der Frage zum Grund ihrer Berechtigung in der Sache erklärt:

"Leben, das Sinn hätte, fragte nicht danach." 36)

Weil Adorno die metaphysische Frage stellt, ist sie berechtigt, denn aus ihr geht hervor, daß sie wohl begründet ist.

Der Widerspruch des metaphysischen Urteils besteht darin, daß in ihm die Wirklichkeit zugleich zum Nichtigen herabgesetzt wird angesichts dessen, was an Sinn dahinter erwartet wird, und zugleich - als die Äußerung des dahinterstehenden Wesens - zum Notwendigen erhoben wird. 37) Am Ende der Geschichte der Metaphysik und im Bewußtsein der Unauflöslichkeit dieses Widerspruchs zerlegt sich das metaphysische Urteil in seine zwei Elemente und kann so der jeweils anderen Seite den Verrat an der eigenen zum Vorwurf machen. Heidegger tut dem Bedürfnis seinen Willen und legitimiert die Wirklichkeit - und zwar durch sie selber; d.h. er erklärt das Seiende ohne alle Umschweife für notwendig. Damit erinnert Heidegger die Frage nur an die Hochachtung vor der Faktizität, die sie schon im Bedürfnis nach Legitimation zum Ausdruck brachte. Auf Basis dieser Hochachtung, einer devoten Haltung gegen geltende Notwendigkeiten, erkennt die Frage als den Widerspruch gegen den Zweck der Einverständniserklärung. Das Fragen, in dem der Mensch "gegen das Seiende im Ganzen aufsteht und (es) befragt", muß scheitern. Das Sein ist ohnehin gerechtfertigt, weil es ist - und als solches dem bloß subjektiven Fragen ewig überlegen.

"Eben deshalb muß das Wissen seinen höchsten Trotz entfalten, für den erst die ganze Macht der Verborgenheit des Seienden aufsteht, um wirklich zu versagen. So öffnet sich gerade das Seiende in seiner unergründbaren Unabänderlichkeit und leiht dem Wissen seine Weisheit." 38)

Adorno dagegen hält sich an das andere Moment des metaphysischen Bedürfnisses: gegen die Befriedigung hält er den unbefriedigten Ausgangspunkt fest, die Infragestellung, die der Anerkennung vorhergeht. Während Heidegger die Wirklichkeit nur noch erhöht, setzt Adorno sie nur noch herab; die Sehnsucht nach Transzendenz ist ihre einzige Wirklichkeit und ihr Bürge zugleich. Das einzige Urteil über die Objektivität ist daher das negativ metaphysische: Das Seiende hat, weil es nur ist, nicht mehr an sich, als es ist; ihm fehlt das Jenseitige. Darin ist auch Adorno Ontologe, daß er das Sein zu einer - freilich negativen - metaphysischen Qualität macht. Alles ist ein und dasselbe unter diesem Blickwinkel der negativen Ontologie: alles, was ist, ist nur Diesseitiges und nicht Jenseitiges. Adorno kennt das Wesen aller Dinge, das sie nach seinem Urteil nicht haben: "Die Sinnverlassenheit des bloß Seienden." 39)

"Wenn irgend wäre Ontologie ironisch möglich, als Inbegriff von Negativität. Was sich selbst gleichbleibt, die reine Identität, ist das Schlechte." 40)

Adorno entwickelt seine negative Ontologie zu einem ganzen Begriffssystem, in dem alle Begriffe den gleichen einen Inhalt haben, nämlich die Abwesenheit von Transzendenz an der Wirklichkeit auszusprechen: Bekommt zunächst die Wirklichkeit den Zusatz "bloß", so ist die Kategorie 'Immanenz' schon eine Bezeichnung der Wirklichkeit unter dem Gesichtspunkt eines Jenseitigen. Adorno geht weiter und bestimmt die Immanenz als Hindernis für die Transzendenz; sie erscheint ihm als das "Feste", "Invariante", welches "sich selbst gleichbleibt" und deshalb "Identität" ist. Die Abwesenheit von Transzendenz wird aber auch noch "methodischer" ausgedrückt: Indem die Wirklichkeit sich selbst gleichbleibt, läßt sie keinen Raum für "das Andere"; sie ist "das Ganze", ein "Totum" oder "Totalität". Auch die aus der Soziologie genommenen Kategorien "System" und "Integration" drücken nur die Negation des Anderen, somit die Abwesenheit von Transzendenz aus. 41)

Adornos Kritik an Heidegger beschränkt sich aber nicht auf den Vorwurf der Tautologie, mit der "Das Scheitern der Metaphysik" zur Antwort auf die Frage nach Transzendenz wird, sondern erstreckt sich auch noch in zweierlei Hinsicht auf das Resultat: Daß durch die Beantwortung der metaphysischen Frage immer das "bloß Seiende" gerechtfertigt, d.h. in den Rang der Notwendigkeit erhoben wird, wurde schon erwähnt. Gegen dieses Resultat meldet Adorno - siehe unten - politische Einwände an. Aber noch innerhalb der philosophischen Überlegungen bleibt ein Vorwurf, der Heidegger einfach den Abschluß der Metaphysik durch Beantwortung ihrer Frage zum Vorwurf macht und von daher auf mangelndes Interesse an der Transzendenz schließt.

"Wer Transzendenz dingfest macht, dem kann mit Recht ... Verrat an der Transzendenz vorgeworfen werden." 42)

Am Beispiel der eigenen Interessen an der Todesmetaphysik bemerkt Adorno bei Heidegger einen Mangel an Reflexion des metaphysischen Themas:

"Anti-intellektualistisch wird die Reflexion über den Tod im Namen eines vorgeblich Tieferen verunglimpft und durchs 'Aushalten' ersetzt, einen Gestus auch in- wendiger Stummheit." 43) -

eine Unterlassung, die bei den Schülern Heideggers glatt ein Interesse am Diesseits statt am Jenseits erzeugt hätte:

"Weihevoll erheben bescheidene Eigentliche vorm Tod die Augen, aber ihr geistiges Benehmen, vergafft ins Lebendige, unterschlägt ihn." 44)

Die Beantwortung der metaphysischen Frage wird von Adorno also auch als Beendigung derselben durch die Befriedigung des Interesses an ihr verstanden und kritisiert. Sein Vorwurf an die Zeit lautet, daß zu geringes Interesse an den Themen der Philosophie herrscht.

"Daß der Teufel nicht mehr zu fürchten und auf Gott nicht mehr zu hoffen sei, expandiert sich über die Metaphysik, in der die Erinnerung an Gott und Teufel nachlebt, auch wo sie jene Angst und Hoffnung kritisch reflektiert. Es verschwindet, was den Menschen in höchst unideologischem Verstande das Dringlichste sein müßte; ... nicht sind die Fragen gelöst, nicht einmal ihre Unlösbarkeit bewiesen. Sie sind vergessen." "Die Gleichgültigkeit des Bewußtseins gegen die metaphysischen Fragen, die keineswegs durch Befriedigung im Diesseits abgegolten sind, ist aber schwerlich für die Metaphysik selbst gleichgültig." 45)

Adorno kritisiert also an Heidegger die Metaphysik um ihrer Zukunft willen. Er verwirft die Lösung der Frage, weil diese wieder unweigerlich eine Orientierung auf das Diesseitige, das Gegebene bewirke und das Interesse an der Frage überwinde. Deshalb entwirft er eine Metaphysik der gegen ihre Befriedigung offengehaltenen Frage nach der Transzendenz die in folgendem Widerspruch sich gegen beide Varianten der Beendigung der Suche nach Transzendenz abgrenzt:

"Die These, das Leben habe keinen (Sinn; d. V.), wäre als positive genauso töricht, wie ihr Gegenteil falsch ist." 46)

Anmerkungen: Ontologie


1) Joseph E. Schmucker, a.a.O. S. 145.

2) Adorno, ND, S. 190.

3) ND, S. 84.

Kaltenbrunner faßt die "Negative Dialektik" gerade wesentlich unter dieser Bestimmung; er zitiert Franz von Baader über Hegel und bezieht das "Dialektische Feuer" auf Adorno:

Seitdem "das dialektische Feuer (das Autodafé der bisherigen Philosophie) einmal angezündet worden, kann man nicht anders als durch dasselbe selig werden ... nicht etwa, indem man von selbem abstrahieren oder es wohl gar ignorieren möchte."

Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Dialektisches Feuer, Rezension der 'Negativen Dialektik' in: Tribüne 6. Jahrg. 1967, Heft 22, S. 2393 - 2397.

4) Adornos "Ästhetische Theorie" besteht dementsprechend aus der beständigen negativ abgrenzenden Bestimmung, was Kunst nicht sein darf, will sie weder das Versöhnungsideal auf geben, noch dieses im schönen Werk als realisiert darstellen. Der Auffassung, Adorno sei ein Künstler in der Philosophie, steht also nicht nur Adornos Versicherung entgegen, daß es sich bei Philosophie nicht um "Gedankendichtung" handle (ND, S. 113), sondern auch seine Ästhetik, denn aus ihr geht hervor, daß er mindestens ebenso ein Philosoph in der Kunst ist. Gleichwohl wird diese Interpretation des Werks von Adorno häufig vertreten. Siehe Rehfus, a.a.O., "Die Rekonstruktion der Wahrheit aus der Ästhetik", und Rohrmoser, Das Elend der Kritischen Theorie, a.a.O., S. 38 f.

5) Ivo Frenzel, Ist Philosophie noch möglich?, Rezension der 'Negativen Dialektik' in der Süddeutschen Zeitung vom 2./3. September 1967.

Ähnlich Plessner:

"Adorno weiß zu gut, daß ihm auf dieser spekulativen Schmalspur seiner Askese bloß Nachbeter folgen werden. Er hat ein denkwürdiges Gedankenexperiment mit Glanz durchgeführt, auf einem Boden freilich, der Anderes nicht mehr trägt."

Helmuth Plessner, Adornos Negative Dialektik, Ihr Thema mit Variationen, in: Kant-Studien, 61. Jahrg. 1970, Heft 4, S. 519

6) Martin Heidegger, Die Grundprobleme der Phänomenologie, Marburger Vorlesung Sommersemester 1927, in: Martin Heidegger Gesamtausgabe, II. Abt., Bd. 24 (im folgenden: 'Grundprobleme'), S. 8.

7) Martin Heidegger, Was ist Metaphysik?, Antrittsvorlesung an der Universität Freiburg i.Br. am 24. Juli 1923, Bonn 1931, S. 27. ( im folgenden: 'Metaphysik')

8) Metaphysik, S. 21.

9) Grundprobleme, S. 453.

10) Metaphysik, S. 21.

11) Metaphysik, S. 9.

12) Walter Schulz faßt Heideggers Rezeption zusammen und berichtet von dieser Schwierigkeit:

"Daß Heidegger diesen Begriff des Seins - und den ihm offenbar irgendwie äquivalenten des 'Heiligen' - in den Mittelpunkt seiner Arbeiten stellte, ... war deutlich, weniger deutlich dagegen war, was er genau und eigentlich mit diesem Ausdruck 'das Sein' meinte. Die folgenden Schriften ... gaben keine unmittelbar einleuchtende Auskunft und verstärkten die eigentümliche Ratlosigkeit, in der sich nun die Mitwelt Heidegger gegenüber befindet."

Walter Schulz, Über den philosophiegeschichtlichen Ort Martin Heideggers, in: Otto Pöggeler (Hrsg.), Heidegger, 2. Aufl. Köln/Berlin 1970, S. 96.

13) Grundprobleme, S. 19.

14) Martin Heidegger, Sein und Zeit, in: Heidegger Gesamtausgabe, FfM. 1976, Bd. 2, § 1, S. 3 und 5.

15) Grundprobleme, S. 13 f.

16) Adornos Auseinandersetzung mit Heidegger findet doch im Grunde nur in der 'Negativen Dialektik' statt, obwohl mit dem 'Jargon der Eigentlichkeit' Heidegger eine besondere Schrift gewidmet wurde. Das Verfahren der Sprachkritik wird aber zu recht von fast allen Seiten als unzureichend empfunden. Siehe dazu:

Thomas Härting, a.a.O.

Ivo Frenzel, a.a.O.

Beda Allemann, Martin Heidegger und die Politik, in: Pöggeler, Heidegger. a.a.O., S. 246 -260. Er berichtet von dem allein diesem Thema gewidmeten Aufsatz von Francois Fédier, Trois attaques contre Heidegger, in: Critique Nr. 234, Paris Nov. 1966.

Horst Krüger, Th. W. Adorno, Jargon der Eigentlichkeit, Rezension in: Neue deutsche Hefte, Nr. 106, Juli/August 1965, S. 172 ff.

16a) Wie sehr sich Adornos Kritik der Allgemeinheit und der begrifflichen Bestimmungen immanent Heideggers Trennung der Bestimmungen einer Sache von ihr selber, die damit ein leeres Jenseits werden muß, nähert, beweist Matthias Tichy, der sich gerade um eine Rekonstruktion des Kritischen Begriffs des abstrakten Allgemeinen bei Adorno bemüht: er kommt unmittelbar zu Heideggers Ausgangspunkt:

"Daher wird das, was von der Erfahrung des Besonderen nicht unter das Allgemeine subsumiert werden kann, seine Faktizität, zum an ihm selbst Unwesentlichen und somit

vernachlässigbaren."

"Mit der Spaltung des Besonderen in seine allgemeinen Bestimmungen und in sein faktisches Dasein..."

Mattias Tichy, Th. W. Adorno, Das Verhältnis von Allgemeinem und Besonderem in seiner Philosophie, a.a.O., S. 78 f.

17) Auf die Nähe von Ontologie und Kritischer Theorie haben schon Manfred Riedel, a.a.O. und später Hartmut Scheible, a.a.O., hingewiesen. Günter Rohrmoser sieht sogar eine Identität in der Aussage; wie mir scheint, nicht zu Unrecht:

"Es ist daher (wegen Adornos Polemik gegen Heidegger; d. V.) verständlich, daß deshalb der Schein entstehen konnte, Adornos Negative Dialektik und Heideggers Spätdenken seinen unvereinbar. Dieser Schein trügt. Sie sind in ihrer Essenz identisch. Ihre Identität wird in ihrem Verhältnis zur Tradition der Vernunftphilosophie unübersehbar deutlich: beide haben teil an der Destruktion der Vernunft."

Dieselbe Identität sieht Rohrmoser im Verhältnis beider Autoren zur geschichtlichen Wirklichkeit:

"Damit verhält sich das andächtige, dem Sein die Stätte einer neuen Präsenz bereitende Denken zu der Herrschaft total gewordener Negativität, durch die es unsere Gegenwart bestimmt sieht, genauso vermittlungs- und beziehungslos wie die Möglichkeit der Utopie bei Adorno zu dem, was ist."

Günter Rohrmoser, Das Elend der kritischen Theorie, Freiburg i.Br. 1970, S. 37 und 43.

18) ND, S. 112.

19) ND, S. 88.

20) ND, S. 85 f.

21) ND, S. 137.

22) ND, S. 119.

23) ND, S. 82.

24) ND, S. 110.

25) ND, S. 82

26) ND, S. 111.

27) ND, S. 107.

28) ND, S. 76 f.

29) "Projizieren die Rück- und Kunstgriffe der Philosophie Seiendes aufs Sein, so ist das Seiende glücklich gerechtfertigt; wird es als bloß Seiendes mit Verachtung gestraft, so darf es draußen unbehelligt sein Unwesen treiben."

ND, S. 105.

30) "Das bloß Seiende wird zum Nichtigen, ledig des Makels, Seiendes zu sein, erhoben zum Sein, seinem eigenen reinen Begriff. Sein dagegen, bar jeden einschränkenden Inhalts, braucht nicht mehr als Begriff aufzutreten, sondern gilt für unmittelbar wie das 'tode ti': konkret. Die beiden Momente, einmal absolut isoliert, haben keine differentia specifica gegeneinander und werden vertauschbar; dies quid pro quo ist ein Hauptstück von Heideggers Philosophie."

ND, S. 81, Fußnote.

31) ND, S. 103.

32) ND, S. 69.

33) ND, S. 123.

34) ND, S. 97.

35) ND, S. 98.

36) ND, S. 367.

37) Das Metaphysische fällt mit dem von Hegel als "unglückliches Bewußtsein" charakterisierten religiösen in seinem Aufbau so genau zusammen, daß ihm ebenfalls die Wirklichkeit als Jammertal und Realität Gottes gilt:

"Die Wirklichkeit ... ist diesem Bewußtsein nicht mehr ein an sich Nichtiges, von ihm nur Aufzuhebendes und zu Verzehrendes, sondern ein solches, wie es selbst ist, eine entzwei gebrochene Wirklichkeit, welche nur einerseits an sich nichtig, andererseits aber auch eine geheiligte Welt ist."

Hegel, Phänomenologie, a.a.O., S. 165.

38) Martin Heidegger, Die Selbstbehauptung der deutschen Universität, Rede, gehalten bei der feierlichen Übernahme des Rektorats der Universität Freiburg i.Br. am 27.5.1933; in: Freiburger Universitätsreden Heft 11, Breslau 1933, 5.9.

39) ND, S. 91.

40) ND, S. 126.

41) Es wäre Aufgabe einer gesonderten Arbeit, zu zeigen, daß Adornos Untersuchungen zu besonderen Themen der Gesellschaft, der Sitten oder der Naturbeherrschung letzten Endes keine weitergehenden Bestimmungen enthalten als die hier in der negativen Ontologie gegebenen. Für den Bereich der Objekte bleibt ausschließlich das negativ ontologische Urteil: sie sind nicht transzendent. Auf der Seite der Subjekte werden alle Wünsche nach befriedigten und unbefriedigten unterschieden, die ersteren als Zeichen der weit fortgeschrittenen Integration, Objektwerdung der Subjekte, als Abwesenheit von Metaphysik im Bewußtsein der Menschen beklagt, die letzteren dagegen ihrer Besonderheit entkleidet und als "subjektiver Überschuß" und "Sehnsucht nach dem ganz Anderen" (Horkheimer), kurz als Beleg für die Wirklichkeit der Metaphysik, soweit sie nur negativ ist, angesehen:

"Denn in den Bedürfnissen selbst der erfaßten und verwalteten Menschen reagiert etwas, worin sie nicht ganz erfaßt sind, der Überschuß des subjektiven Anteils, dessen das System nicht vollends Herr wurde."

ND, S. 97.

Der Inhalt dieser Sehnsucht ist, wie die ganze auf die Methode ihrer selbst reduzierte Metaphysik, nurmehr formell: Vereinigung mit dem getrennten, nichttranszendenten Objekt, d.h. Verobjektivierung der bloß subjektiven Transzendenz, was aber, wie gezeigt, dem Begriff dieser widerspricht.

42) ND, S. 390.

43) Adorno, Jargon der Eigentlichkeit, FfM. 1967, S. 109 f.

44) ebd., S. 17.

45) ND, S. 385 und 386.

46) ND, S. 368.