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'5. Internationales Charles Bukowski-Symposium 2003' | Anmelden/Account anlegen | Top | 9 Kommentar(e) | Diskussion durchsuchen
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"Nazi-Sprüche" (Score:2, Interesting)
von clandestino am Wednesday, 29. October 2003, 1:35 MET (#1)
(User #134 Info) http://www.artcore-magazin.de
Betreffend der „Nazi-Sprüche“ folgt dazu hier ein sehr erhellender Auszug aus Bukowskis biographisch gefärbten Roman „Das Schlimmste kommt noch“, der sich mit Kindheit und Jugendzeit (zwischen 1920- Anfang 1940er) seines literarischen alter ego „Henry Chinaski“ befasst. Findet sich in besagtem Buch auf den Seiten 283- 285.

„Der Krieg in Europa lief ausgezeichnet- für Hitler. Die meisten Studenten hatten keine besondere Meinung dazu. Im Gegensatz zu den Dozenten, die fast durchweg linksorientiert und deutschfeindlich waren. Einen rechten Flügel schien es beim Lehrkörper nicht zu geben, bis auf Mr. Glasgow in Wirtschaftslehre, doch der hielt sich sehr zurück.
     Unter Intellektuellen galt es als populär und selbstverständlich, für einen Kriegseintritt gegen Deutschland zu sein, um den Faschismus einzudämmen. Mich dagegen reizte es überhaupt nicht, in einen Krieg zu ziehen, um das Leben zu verteidigen, das ich hier führte, oder die trübe Zukunft, die mir wahrscheinlich bevorstand. Ich hatte keine Freiheit. Ich hatte garnichts. Unter Hitler würde ich vielleicht ab und zu sogar etwas fürs Bett kriegen und mit mehr als einem Dollar Taschengeld in der Woche rechnen können. Soweit ich sehen konnte, hatte ich nichts, das sich zu verteidigen lohnte. Und da ich in Deutschland geboren war, empfand ich eine ganz natürliche Loyalität und konnte es nicht leiden, daß man alle Deutschen als Unholde und Idioten hinstellte. (In den Kinos ließ man Wochenschauberichte mit doppelter Geschwindigkeit laufen, so daß Hitler und Mussolini wie übergeschnappte Irre herumhüpften). Außerdem fand ich es undenkbar, mich der Haltung meiner deutschfeindlichen Dozenten einfach anzuschließen. Aus innerer Abneigung und purem Trotz beschloß ich, ihnen Kontra zu geben. ‚Mein Kampf’ hatte ich nie gelesen, und ich hatte auch keine Lust dazu. Hitler war für mich ein Diktator wie jeder andere, nur daß er mir statt einer Standpauke beim Abendessen vermutlich den Schädel oder die Eier weggepustet hätte, falls ich gegen ihn in den Krieg zog.
     Wenn sich die Dozenten endlos über das Unheil des Faschismus und die bösen Nazis verbreiteten (wir mußten „nazi“ immer mit einem kleinen „n“ schreiben, sogar am Anfang eines Satzes), sprang ich manchmal auf und ließ irgendwelche Sprüche los:
     „Das Überleben der menschlichen Rasse hängt ab von selektivem Verantwortungsbewußtsein!“ Was heißen sollte: Paß auf, mit wem du ins Bett gehst. Aber das wußte nur ich. Es machte wirklich alle stocksauer. Ich hatte keine Ahnung, wie ich auf all dieses Zeug kam.
     „Demokratie krankt unter anderem daran, daß lauter Durchschnittsbürger eine durchschnittliche Figur zum Präsidenten wählen, und der sorgt dann dafür, daß es bei uns vollends öde und apathisch und durchschnittlich zugeht!“
     Ich vermied jede direkte Anspielung auf Juden und Schwarze, denn die hatten mir nie Ärger gemacht. Meine Schwierigkeiten waren immer von weißen Nichtjuden ausgegangen. Ich war also kein Nazi aus Veranlagung oder eigenem Entschluß, sondern die Lehrer zwangen es mir mehr oder weniger auf, weil sie sich alle so sehr glichen und dasselbe dachten und stur antideutsch eingestellt waren. Hinzu kam, daß ich irgendwo gelesen hatte, man könne um so wirkungsvoller agieren, je weniger man von einer Sache verstand oder daran glaubte. In der Beziehung war ich gegenüber meinen Lehrern entscheidend im Vorteil.
     „Wenn man einen Ackergaul mit einem Rennpferd kreuzt, kommt etwas heraus, was weder schnell noch stark ist. Eine neue Herrenrasse wird nur durch gezielte Züchtung entstehen!“
     „Es gibt keine guten oder schlechten Kriege. Das einzig Schlechte an einem Krieg ist, wenn man ihn verliert. In allen Kriegen haben beide Seiten für eine sogenannte ‚gute Sache’ gekämpft. Aber nur die Sache des Siegers steht dann vor der Geschichte als gerecht und nobel da. Es kommt nicht darauf an, wer recht oder unrecht hat. Das einzig Entscheidende ist, wer die besten Generäle und die bessere Armee hat!“
     Es machte mir großen Spaß. Ich konnte vom Stapel lassen, was mir gerade einfiel.“


"The difference between life and art is art is more bearable" Bukowski
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