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Umstrittene Bonuszahlungen

AIG-Manager fürchten um ihr Leben

von Corinna Kreiler

Lynchjustiz ist in den USA offenbar wieder salonfähig: Wegen ihrer Boni erhalten Manager des staatlich geretteten US-Konzerns AIG Morddrohungen. Ein neues Gesetz soll derartige Prämien-Exzesse künftig verhindern – doch im Senat wehren sich die Republikaner.

Die Forderung lässt keine Fragen offen: "Alle Manager und ihre Familien sollten hingerichtet werden, mit Klaviersaitendraht um den Hals", steht in einem Brief, der an Edward Liddy, den Chef des US-Versicherungsriesen American International Group (AIG) adressiert ist. Es ist nur eine von vielen Morddrohungen, die Liddy in den vergangenen Tagen ins Haus flatterte.

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In den Vereinigten Staaten kocht die Volksseele, seit bekannt wurde, dass AIG-Manager Boni von insgesamt 165 Mio. $ erhalten haben - obwohl der einst weltgrößte Versicherungskonzern mit einer staatlichen Finanzspritze von 180 Mrd. $ gerettet werden musste. Zudem erhielten die satten Prämien ausgerechnet Mitarbeiter der Finanzsparte, die AIG mit ihren riskanten Geschäften an den Rand des Abgrunds geführt hatten.

Die Stimmung im Land ist aufgeheizt: Selbst Politiker wie der republikanische Senator Charles Grassley scheuten sich nicht, ihren Wunsch nach dem Ableben der vermeintlich gierigen Schlipsträger kundzutun: Grassley legte den Managern nahe, entweder zurückzutreten oder Selbstmord zu begehen - am besten beides.

Einige AIG-Manager fürchten tatsächlich um ihr Leben. Deshalb ist auch der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft Andrew Cuomo vorsichtig geworden: Vor kurzem hatte er noch vehement die Namen der Prämien-Empfänger eingefordert, um gegen sie eine Untersuchung einzuleiten. Nun weiß Cuomo zwar, wer sie sind - öffentlich sagen will er es aber lieber erst einmal nicht: Er müsse erst das Risiko abschätzen, das mit einer Veröffentlichung der Namen einhergehe.

Regierung will ihr Geld zurück

Die US-Regierung will das Geld auf alle Fälle zurückholen und Bonus-Exzesse bei staatlich geretteten Unternehmen künftig verhindern. Deshalb hat das US-Repräsentantenhaus am Donnerstag im Eilverfahren ein Gesetz auf den Weg gebracht: Künftig soll eine 90-prozentige Sondersteuer auf Boni von Managern erhoben werden, deren Einkommen über 250.000 $ liegt. Das Gesetz soll für alle Unternehmen gelten, die mindestens 5 Mrd. $ Staatshilfe erhalten haben. Damit betrifft es neben AIG auch den Hypothekenfinanzierer Fannie Mae.

AIG-Zentrale: 165 Mio. $ Boni für Manager
 AIG-Zentrale: 165 Mio. $ Boni für Manager

Das ist jedoch noch kein Sieg für die Prämiengegner, denn das Gesetz ist noch lange nicht verabschiedet: Nach dem Repräsentantenhaus muss auch der Senat, die andere Kammer des Kongresses, dem Vorhaben zustimmen. Doch gegen eine Blitzverabschiedung wehrten sich ausgerechnet die Republikaner - obwohl der republikanische Senator Grassley, der wichtigste Vertreter seiner Partei im Finanzausschuss des US-Kongresses, zuvor martialisch gegen die Gier der Manager gewettert hatte und nicht nur Demokraten in der unteren Kammer die Vorlage gebilligt hatten.

So blockierte der republikanische Senator Jon Kyl einen Vorstoß der Demokraten, noch am selben Tag über ein vergleichbares Gesetz abzustimmen. Er verlangte mehr Zeit, um die Vorlage zu prüfen. Im Gesetzesentwurf, über den der Senat abstimmen wird, ist von einer 70-prozentigen Sondersteuer die Rede für Firmen die Rede, die mehr als 100 Mio. $ Staatshilfe erhalten haben. Der Satz wäre damit zwar niedriger als beim Vorschlag des Repräsentantenhauses, er würde aber für noch mehr Firmen und ihre Manager greifen.

Geithner in Bedrängnis

Der Streit um die Boni bringt auch US-Finanzminister Timothy Geithner in Schwierigkeiten: Der Politiker musste zugeben, dass er bis vor kurzem von den umstrittenen Prämien nichts gewusst habe - und übernahm dafür pflichtschuldigst die "volle Verantwortung". Demonstrativ erhielt Geithner Rückendeckung von US-Präsident Barack Obama, der ihm sein "volles Vertrauen" aussprach. Auch der Stabschef des Weißen Hauses, Rahm Emanuel, sagte, es gebe keine Hinweise, dass Geithner in irgendwelchen Schwierigkeiten stecke.

Diese offensiven Bekundungen seien jedoch gerade verdächtig, meinen Experten: Demnach könnte diese Rückendeckung eher dafür sprechen, dass Geithner, Obamas Geheimwaffe gegen die Rezession, nicht mehr fest im Sattel sitzt. So wird in Washington bereits gemunkelt, dass er sich bald nach einem neuen Job umsehen müsse.

Die Wut vieler Amerikaner besänftigt das allerdings keineswegs: In mehr als 100 amerikanischen Städten finden am Freitag Demonstrationen gegen gierige Manager statt. Zehntausende Teilnehmer werden erwartet. Und die sind nicht zimperlich: "Kappt die AIG-Boni - steckt die Manager ins Gefängnis, statt sie zu retten", ist auf einem Plakat zu lesen, das Demonstranten bereits am Donnerstag in Los Angeles hochhielten. Und das ist noch eine der gemäßigten Forderungen.

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FTD.de, 14:09 Uhr
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

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