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Wie inkonsequent …

Freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich.

Stimmt ja - fragt sich nur, warum die Anarchistische Gruppe Leipzig dann so ein absoluter Fan ihrer ist …

RICHTIGSTELLUNG: Das verlinkte Flugblatt ist wohl doch nicht von der A-Gruppe, sondern lediglich von einzelnen Mitgliedern ihrer. Am dargestellten Widerspruch und an der im zweiten Kommentar unter dem Beitrag ausgeführten Kritik ändert das selbstverständlich überhaupt nichts.


69 Antworten auf “Wie inkonsequent …”


  1. 1 tee 11. November 2006 um 22:10 Uhr

    stimmt ja - fragt sich nur, warum manche fallschirmspringer dann solch absolute fans des freien falls sind…
    wie inkonsequent…
    aber ich weiss deine intention -nämlich die a-gruppe zu bewerben- natürlich sehr zu schätzen. war ja klar, dass das ohne kritik nicht zu machen ist, aber da gabs doch echt bessere stellen, oder?

  2. 2 mpunkt 12. November 2006 um 1:25 Uhr

    Nee, das ist schon ein realer Widerspruch, den sich die A-Gruppe da leistet - auch wenn ich den nicht wirklich kritisiert habe. Der Widerspruch auf den Punkt gebracht sieht so aus: die A-Gruppe agitiert mit Materialismus für die Freiheit und mit der Freiheit dann gegen den Materialismus. Und dazu sind einige verkehrte Übergänge nötig, die mir auch für den Anarchismus insgesamt recht typisch zu sein scheinen.

    Zuerst wird gegen Herrschaft, Unterdrückung etc. damit agitiert, dass sie den Leuten schadet bzw. für diese schädliche Verhältnisse herstellt und aufrecht erhält:

    Ja schon heute bräuchte es keine Hungerkatastrophen und kein individuelles Elend auf Grund von Mangel mehr zu geben. Statt dessen leben wir in einer Welt, die von Herrschenden aller Couleur ausgebeutet, zerstört und der Vernichtung anheimgegeben wird.

    Ob die Analyse wie die Herrschaft funktioniert, was ihre Zwecke sind etc. da immer richtig bestimmt werden, ist noch eine andere Diskussion. Aber prinzipiell habe ich bis hierhin, also am Nachweis, dass Herrschaft einen schlecht bekommt und man diese daher besser abschaffen sollte, erst einmal nix groß einzuwenden. Dieser Wunsch nach Abwesenheit von Herrschaft wird von den Anarchos dann begrifflich verdoppelt in Freiheit von Herrschaft. Das ist erstmal noch kein Fehler, sondern nur überflüssig, zeigt aber schon die Richtung an, in die es gehen soll. Aus Freiheit von Herrschaft:

    Eine herrschaftslose und gewaltfreie Gesellschaft […] zu erreichen

    wird dann eine Freiheit an sich zum zu erreichenden Ideal:

    Wirkliche Freiheit kann es aber nur da geben, wo es keine Herrschaft von Menschen über Menschen gibt.

    Freiheit ohne Bezugspunkt wovon bzw. wozu ist jedoch Quatsch und taugt, weil sie so hohl ist, auch gar nichts, um irgend etwas zu bestimmen (Wozu soll Freiheit von Essen gut sein?). Geht es jedoch um die Verwirklichung eines Ideals, das ist der nächste Übergang, den die Anarchos machen, wird logisch notwendig vom Materialismus abgesehen. Zunächst noch darin, dass sein Verhältnis zur Freiheit umgedreht wird. Ging es oben noch um Herrschaftsfreiheit, um:

    Jeder nach seinem Können, jeder nach seinen Bedürfnissen

    also eine Bedürfnisbefriedigung durchzusetzen, ist jetzt Bedürfnisbefriedigung angesagt, um die Freiheit zu verwirklichen:

    Freiheit - das ist ein viel benutztes und missbrauchtes Wort. […] Wirkliche Freiheit kann es aber nur da geben, wo es keine Herrschaft von Menschen über Menschen gibt. […] Frei ist nur, wer über sich selbst, sein Leben, seinen Körper und Denken, unbevormundet selber entscheiden kann. Dazu bedarf es des Wohlstands für alle: guter Kleidung, menschenwürdiger Wohnverhältnisse, ausreichend gesunder Nahrung, und das Endes des Zwangs zur Arbeit.

    Der nächste Übergang ist dann der Hinweis, dass man doch ein Ideal zu verwirklichen und dann gefälligst aus Idealismus für dieses zu sein habe. Dieses Ideal auch nur mit Materialismus zu koppeln, schadet dem folglich nur (dann ginge es ja nicht mehr um das Ideal, sondern nur um schnöde materialistische Gründe), weshalb man gleich vorsorglich darauf hinweist, dass es nichts mit ihm zu tun habe, ganz im Gegenteil:

    Freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich.

    Wer sich ernsthaft davon für die A-Gruppe werben lässt, wird dann schon auch in diese passen …

  3. 3 alkohol 12. November 2006 um 3:14 Uhr

    Ich finde nur den Satz “Freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich” falsch. Sicher wird das Ideal der Freiheit oft genug und auch bei den Anarchos gegen die materiellen Bedürfnisse ausgespielt. Aber es wäre kein Fehler, hätten die Anarchos gesagt, dass es über die materiellen Bedürfnisse hinaus noch weitere geben kann, wofür die materiellen allerdings mindestens indirekt die Voraussetzung sind. Und ich meine damit keineswegs Mehrprodukt für den Erfolg von Firma und Nation herzustellen, sondern sowas wie Kunst und Wissenschaft.
    Andersherum wird doch aus dem Freiheitsdiskurs ein Schuh: die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse ist wahrscheinlich erst der Anfang. Wenn die erstmal kein Thema mehr ist, weil sie im Wesentlichen reibungslos verläuft, kann man sich über noch ganz andere Dinge Gedanken machen.

  4. 4 mpunkt 12. November 2006 um 9:38 Uhr

    Da gehst Du aber ganz schön vom Thema weg, alkohol. Es ging mir schließlich darum, dass es verkehrt ist, aus einer Bedingung für die Umsetzung materieller Forderungen ein Ideal zu machen. Im Ideal steckt nämlich immer schon die Abstraktion von den materiellen Forderungen drin. Du machst daraus, dass der Mensch aber nicht vom Brot allein lebe, sondern noch höhere Bedürfnisse habe. Auch dem würde ich aber widersprechen. Beispiel Kunst: damit wird halt ein Unterhaltungsbedürfnis befriedigt, insofern ist sie schlicht Teil der Bedürfnisbefriedigung. Beispiel Wissenschaft: wenn es um Bedürfnisbefriedigung geht, betreibt man eben Wissenschaft, um deren dafür nützliche Resultate dafür zu nutzen, mehr Bedürfnisse mit weniger Aufwand (und/oder Ressourcenverbrauch) herzustellen. Auch die wäre also nicht Höheres, jenseits der Bedürfnisbefriedigung, sondern Mittel ihrer.#

    Nochmal der Unterschied: wenn ich von der materialistischen Forderung nach Bedürfnisbefriedigung spreche, sage ich überhaupt nicht, wie du unterstellst, dass damit nur Brot und so im Gegensatz zu angeblich höheren Bedürfnissen gemeint sind.

  5. 5 Anke Richter 12. November 2006 um 19:04 Uhr

    Daher hat jeder eine andere Leidenschaft, stellt euch vor, wir würden alle auf das gleiche stehen?!
    Daher hat der Mensch auch noch andere Bedürfnisse, von Brot und Wasser allein können wir nicht leben, das ist richtig, das wird sogar von wissenschaftlichen Studien belegt!
    LG Anke

  6. 6 tee 12. November 2006 um 19:40 Uhr

    um es nochmal klarzustellen: es handelt sich zwar um ein infoflugbatt, jedoch nicht um einen text der a-gruppe, wie wohl auch zu erkennen sein dürfte.
    die bücher im repertoire eines infoladens sind ja auch nicht dort entstanden und repräsentieren keineswegs diesen.
    insofern ist es fatal, in diesem linkskonservativen denken der a-gruppe irgendwelche “realen widersprüche” anzudichten, sei es um diese zu diskreditieren oder nur aus der eigenen unwissenheit der wahren sozialen und politischen strukturen und intentionen heraus eine so genannte gruppe als homogenes subjekt zu sehen und zu denken.
    deshalb ist jede kritik am infoflugblatt logisch gerechtfertigt, nicht jedoch an der a-gruppe selbst (wende dich doch mal an die verfasser/innen des textes, die hast du ja mit keinem wort erwähnt). denn ziel und konzept der (idee der) a-gruppe beinhaltet eben nicht, als politische gruppe aufzutreten und politik zu machen so wie die vielen anderen (mittlerweile fast alle zerfallenen) linken gruppen. es gibt eben keinen mitgliederstatus, verpflichtungen oder gar erklärungen innerhalb oder von der gruppe. sie ist eben keine gruppe in diesem weitverbreiteten bürokratischen sinne, sondern nur “ein loser zusammenhang anarchistisch inspirierter menschen”.
    und wenn dann jemand (anonym) in einem wiki ein infoflugblatt dokumentiert, stellt das die inkonsequenz einer imaginierten gemeinschaft bloss, oder was?
    einige der aktiven dieses “zusammenschlusses” haben erkannt, dass die meisten charakteristika politischer gruppen diese zum scheitern verurteilen und verwehren sich dieser zwänge. wobei selbstverständlich (leider noch) eine gewisse repräsentative funktion erhalten bleiben muss, um überhaupt in dieser umwelt wirken zu können und vor allem ansprechbar zu bleiben. wichtigste funktion der a-gruppe ist laut der wiki-darstellung die propaganda.
    ich wiederhole mich vielleicht, aber ein flugblatt zu dokumentieren und somit einfach nur mehr menschen zugänglich zu machen ist wie bücher in einen infoladen zu stellen. bloss kommt seltsamerweise keiner auf die idee, einen infoladen wegen der inhalte in den büchern zu kritisieren und bspw. einem anarchistischen infoladen marxismus vorzuwerfen, nur weil dort das kapital steht.
    deswegen ist deine kritik der inkonsequenz einfach nur für’n arsch!
    diese plumpe unterstellung des fan-seins ist einfach nur unreflektiert und zeugt von reinem nichtwissen und der projektion eigener vorstellungen, davon wie politische gruppen auszusehen und sich zu verhalten haben.
    tja, aber es läuft halt nicht alles nach diesem “gesellschaftlichen konsens” ab.
    das erschwert natürlich die kritik, erleichtert aber vor allem die arbeit.
    du hast m.e. wieder einmal bewiesen, dass es dir weniger um verbesserungen (des denkens) durch fundierte kritik geht, sondern um die reine kritik als ventil der eigenen unfähigkeit, diese gesellschaft zu verändern. kritik als blosses zelebrieren. wie schon einmal geschrieben, von der onanierwirkung her schon ok, ein bisschen egoistisch vielleicht. aber was bringt sie? bei dir regt sie schon oft zum nach- oder umdenken an, aber das erscheint mir immer mehr als positiver nebeneffekt.
    im konkreten fall hiesse das, das infoflugblatt zu kritisieren. was du dann im kommentar ja noch erledigst, als ausgang der kritik muss jedoch immer noch die a-gruppe herhalten.
    warum? so nötigst du mich bspw. zu diesem eigentlich unnötigen und mir leicht unangenehmen kommentar. dabei wäre ich wohl besser beraten, mir gedanken über den inhalt des textes und deine (inhaltliche) kritik zu machen (die ich noch nicht einmal komplett gelesen habe). das werd ich aber auch noch tun, wenn ich zeit und musse finde. dann aber völlig losgelöst von der a-gruppe.
    und: das flugblatt war als werbung für den anarchismus oder noch eher zum besseren verständnis desselben gedacht, glaube ich. aber doch nicht als werbung für die a-gruppe. das erschiene mir leicht paradox…

  7. 7 mpunkt 12. November 2006 um 21:04 Uhr

    @ Anke Richter:

    Na und? Hat das hier irgendwer bestritten? Ich habe doch gerade hervorgehoben, dass, wenn ich von der materialistischen Forderung nach Bedürfnisbefriedigung spreche, eben auch die Befriedigung (vernünftiger) Bedürfnisse meine, die über jene, welche für das körperliche Überleben nötig sind, hinausgehen.

    @ tee:
    Es geht mir doch nicht um die A-Gruppe (genauso wenig übrigens wie um die IG3O), sondern die von mir kritisierten Gruppen sind repräsentative Beispiele für verkehrte linke Strömungen, an Hand von deren Texten ich die jeweilig typischen Fehler dieser Strömungen kritisiere. Von daher ist es auch völlig egal, ob ich schreibe, dass die Leute von anarchismus.at oder die A-Gruppe diese Fehler machen - weil es eben um die Kritik der Fehler geht.

  8. 8 tee 12. November 2006 um 23:35 Uhr

    dann fang doch endlich mal damit an, die texte direkt zu kritisieren.
    dein beitrag hat einfach nur noch bildniveau, eher nicht mal das, wenn du mal ganz nach oben schaust. selbst als einleitung zu einer kritik ist das nicht zu gebrauchen.
    eine reine unterstellung halt.
    genauso wie (nicht nur) du dir laufend eine gemeinschaft der “anarchos” herbeihalluzinierst…
    lächerlich.
    “die anarchos” hier und da und dort. ich als nichtanarchist, nichtkommunist, nichtwasweissichnochalles verstehe dieses schubladendenken einfach nicht.
    klar, das macht es natürlich einfacher, bspw. den (post)anarchismus zu kritisieren.
    denkste.
    so ein schwachsinn existiert einfach nicht. irgendwer schreibt irgendeinen scheiss und die halbe welt projeziert dies auf die ihm/ihr zugeschriebene “strömung”. kaum benutze ich das wort anarchistisch, schon bin ich anarchist. ich was ich verzapft habe, muss dann der allg. kritik des anarchismus oder “verkehrter linker strömungen” standhalten.
    klar sind es repräsentative beispiele, die mensch auch nehmen sollte, aber nicht in so denunziatorischer art und weise. und schon gar nicht für irgendwelche imaginären strömungen.
    sie sind nicht repräsentativ für die sog. strömungen, sondern für eine art der agitation, oder tiefer, einer art des ausdrucks bestimmter denkweisen/-muster. und die findest du überall.
    so wie ich auch deine polemik überall finde. auch sie ist nicht repräsentativ für eine “verkehrte linke strömung”, sondern für eine ausdrucksweise in der gesellschaft, sich gehör zu verschaffen oder sonstwas.
    auch da ist es ein “fehler”, leser/innen inhalte von gruppen, “strömungen” oder “den anarchos” zu implizieren, die so nicht nachweisbar sind.
    p.s.: reine formsache:
    “an hand von deren texten ich die jeweilig typischen fehler…”
    “freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich.” typischer fehler? dieser satz an sich?
    mach mir doch mal das gegenteil klar…
    und was für eine inkonsequenz meinst du eigentlich???

    p.s.: du bist jetzt schon ungefähr zwei schritte voraus, was die kritik des textes angeht.
    vielleicht weil deine art der kritik doppelt soviel kritik in sich aufzunehmen instande ist wie dieser freiheits-text. (noch so einen hässlichen grinse-smiley vorstellen)

  9. 9 mpunkt 13. November 2006 um 1:02 Uhr

    dann fang doch endlich mal damit an, die texte direkt zu kritisieren.

    Mache ich doch normaler Weise - nur eben unter Nennung der Quelle. Hier nun gerade nicht, weil ich hier und anderswo nun echt schon oft den Anarchismus und dessen Freiheitsidealismus kritisiert habe. Hier war nur eben noch einmal schön deutlich, dass das Freiheitsfantum der Anarchos eben zum Antimaterialismus führt. Dann führe ich noch einmal was dazu aus - Du liest es nicht einmal, aber beschwerst Dich, dass ich das nicht gleich gemacht habe.

    genauso wie (nicht nur) du dir laufend eine gemeinschaft der “anarchos” herbeihalluzinierst…

    Komischer Weise wird Dir so ziemlich jeder Anarcho sofort ungefähr den Inhalt des Flyers erzählen, wenn Du mit ihm diskutierst. Kritisiert man dann auf dieser Basis den Anarchismus, wird aber nicht inhaltlich drauf eingegangen, sondern bestritten, dass es den Anarchismus überhaupt gebe. Über den Gegenstandswechsel zu dieser albernen Ehrenrettung für den Anarchismus werden dann dessen Inhalte aus der Kritik genommen …

    ich als nichtanarchist, nichtkommunist, nichtwasweissichnochalles verstehe dieses schubladendenken einfach nicht.

    Wenn Du kein Anarchist bist, musst Du Dich erst recht nicht (ist ja auch so schon blöd genug) persönlich angepisst fühlen, wenn ich den Anarchismus und dessen Vertreter kritisiere. Die Kritik der Fehler nämlich von jenen abzutrennen, welche sie machen ist nun auch Quatsch - die sollen sie schließlich bleiben lassen! Wenn Du hingegen die kritisierten Inhalte teilst, dann trifft die Anarchismuskritik eben auch Dich und mir könnte dabei nix egaler sein, ob Du Dir zu höchstindividuell bist, Dich Anarcho zu nennen. Als würde das was ändern …

    sie sind nicht repräsentativ für die sog. strömungen, sondern für eine art der agitation, oder tiefer, einer art des ausdrucks bestimmter denkweisen/-muster. und die findest du überall. so wie ich auch deine polemik überall finde.

    NEIN! Hier geht es eben NICHT um eine Formsache wie Polemik oder nicht, sondern um inhaltliche Fehler und deren strukturelle Ursachen, so sie welche haben. Hättest Du meine Ausführungen mal gelesen, hättest auch Du das vielleicht mitbekommen.

    auch da ist es ein “fehler”, leser/innen inhalte von gruppen, “strömungen” oder “den anarchos” zu implizieren, die so nicht nachweisbar sind.

    Also den Freiheitsidealismus kannst Du echt in jeden anarchistischen Grundlagen- und/oder Einführungstext finden … zumindest war das so in denen, die ich gelesen habe (und das waren einige). Aber zu dieser inhaltsleeren Ehrrettung DES Anarchismus habe ich oben ja schon alles nötige gesagt …

  10. 10 Richard 13. November 2006 um 1:14 Uhr

    Auch, wenn sich einiges überschneidet möchte ich tee nochmal was sagen (auch was die ganze formelle Kritik angeht):

    1. Der Beitrag macht in aller Kürze und ohne irgendwelchen Argumente erst einmal nur auf den Widerspruch aufmerksam, erst die Freiheit zu loben, weil es dann viel bequemer und sicherer ist und dann zu sagen, aber das ist sie irgendwie doch nicht. Das ist doch ein Widerspruch, oder nicht?

    2. Es ist eine äußerst schlechte Verteidigung zu sagen: den Anarchismus gibt es nicht, diese Theorie/Strömung ist so manigfaltig, dass man die nie über einen Kamm scheren kann. Zum einen ist es allgemein so, dass wenn man von einer Sache redet, diese auch charakeristika hat, die ihre besonderen Ausprägungen allesamt teilen. Man redet über den Anarchismus, die Leute bezeichnen ihre Theorien selbst als anarchistisch, also fällt denen schon mal auf jeden Fall selbst eine Gemeinsamkeit auf - es handelt sich doch um ein “Infoflugblatt zu Anarchismus”, dann darf man das doch wohl erst mal als Anarchismus nehmen.

    Zum anderen würde schon behaupten, dass ‘Freiheit ohne Herrschaft zu verwirklichen’ dann doch sehr wohl die abstrakteste Gemeinsamkeit aller anarchistischen Strömungen ist. Von daher trifft man auch den Kern dessen, um was es allen Anarchos geht, wenn man diese Vorstellung kritisiert. Siehe Wikipedia Wenn Du meinst, dass dem nicht so ist, dann zeig halt eine anarchistische Richtung, wo das nicht so ist. Oder versuch diese abstrakte Bestimmung sonstwie zu widerlegen, aber einfach zu behaupten, allgemeine Bestimmungen seien sowieso Humbug und “Schubladendenken” ist aus oben genannten Gründen falsch.

    Und zum dritten hat MPunkt sogar nur von “linken Strömungen” (7.) geredet, und hat ganz vorsichtig die Anarchos dazu gezählt (2.). Wenn mans so unbestimmt sagt, dann triffts eben auf die Leute zu, die es behaupten, und auf die nicht, die es nicht behaupten. Die a-Gruppe zumindestens hat einem Text, der diese Behauptung beinhaltet so weit zugestimmt, dass sie ihn für würdig befand, in Eigenregie zu kürzen und ins Netz zu stellen. Wer sich diese Mühe macht wird doch bestimmt nicht zentrale Punkte ablehnen, oder?

    3. Einige einleuchtende Punkte, warum Freiheit, als Selbstbestimmung verstanden, als Ideal quark ist findest Du hier.

    4. Falsche Auffassungen kritisieren sind keine Denunziation. Du scheinst zu meinen, MPunkt komme es ganz furchtbar drauf an, die a-gruppe schlecht zu machen, egal um welchen Preis. Das dem nicht so ist sieht man nicht nur daran, dass MPunkt Argumente nennt (so doof Du die auch finden magst) und dass er bereits an einigen anderen Stellen die Freiheitsvorstellungen des Anarchismus _mit Argumenten_ (!)schlecht gemacht hat. Siehe Punkt 3, aber bspw. auch hier und die Schrift zum Postanarchismus. Wer argumentiert, denunziert nicht, sondern lehnt eine theoretische Auslassung ab, weil er sie für falsch hält.

    Denunziation ist es z.B., wenn man eine Aussage als Bildniveau bezeichnet. Nicht, weil man damit die Aussage schlecht macht, sondern weil man sie einfach nur als irgendwie ablehnendswert einstuft, ohne sich die Mühe zu machen, ihr nachzuweisen, wieso sie das ist. Da es hier um eine theoretische Aussage geht, müsste man schon mal zeigen, inwiefern die MPunkt einen Fehler, eben eine falsche Aussage macht. Genau so denunziatorisch ist es übrigens, lauter Verstöße gegen gute Sitten ins Feld zu führen, um einen Text unsachlicherweise schlecht zu machen. Hier ging es um den mutmaßlichen Fehler in einem Text, den die a-gruppe publiziert hat. Ob man jetzt “die a-gruppe macht einen Fehler” oder “der von ihnen verlinkte Text enthält einen Fehler” schreibt ist wirklich so etwas von Banane, weil es halt um den Fehler geht. Die a-gruppe & die sie kennen etc. werden schon wissen, inwiefern die das teilen, ob sie sich angesprochen fühlen müssen oder nicht etc.

  11. 11 alkohol 13. November 2006 um 3:56 Uhr

    @ mpunkt
    “Nochmal der Unterschied: wenn ich von der materialistischen Forderung nach Bedürfnisbefriedigung spreche, sage ich überhaupt nicht, wie du unterstellst, dass damit nur Brot und so im Gegensatz zu angeblich höheren Bedürfnissen gemeint sind.”
    Dann könnte man auch sagen, dass “höhere” Bedürfnisse wie Kunst und Wissenschaft in der materialistischen Forderung mit dabei sind.
    Ich hatte halt diese beiden Beispiele gebracht, weil an ihnen deutlich wird, dass der “emphatische” Freiheitsbegriff nicht bloß Ideologie ist, die sich dann “automatisch” gegen das materielle (= konkrete?) Bedürfnis wendet.
    Der Mensch lebt nicht vom Brot allein - man will ja nicht bloß schlicht existieren. Gut, du hast ja bereits das Unterhaltungsbedürfnis angeführt.
    Nun geht die Wissenschaft nicht vollständig darin auf nach Mitteln zu suchen, damit die Produktion effektiver bzw. annehmlicher läuft. Grundlagenforschung ist aber nicht unmittelbar auf neue technische Anwendungen ausgerichtet. Und man kann ja auch forschen, weil’s einen halt interessiert. Aber der Begriff Unterhaltung passt nicht so recht auf das Bedürfnis, sich auf dem avanciertesten Stand einer Wissenschaft zu bewegen.
    Auch auf die Kunst passt der Begriff Unterhaltung nicht ganz. Denn da ist man immer auf der Suche nach _neuen_ Ausdrucksformen, die also nicht unbedingt sofort unterhaltend gefunden werden. Allerdings geht es dabei natürlich um eine Verfeinerung des Geschmacks.
    Die Beschaffenheit des Unterhaltungsbedürfnisses lässt sich nicht vorhersagen und würde sich im Kommunismus wie ich ihn mir vorstelle frei entfalten. In Wissenschaft und Kunst stößt man in unbekannte Bereiche vor, wo für Freiheit eine Voraussetzung ist.
    Deshalb ist Freiheit als politisches Ziel nicht immer bloß ein leeres Ideal.

  12. 12 tee 13. November 2006 um 5:56 Uhr

    arghh! aber gut:

    mpunkt:

    1. “hier nun gerade nicht” …ach so
    2. mag sein, dass dir jeder anarcho das so erzählt, das ist also deine subjektive sicht. wahrscheinlich hast du wenig kontakt zu a-primitivisten,a-feministen, a-antispeziesisten, a-nationalisten usw..
    3. ich fühle mich nicht persönlich angegriffen, ich “leide” nur mit mit allen, die solche unterstellungen treffen. ausserdem hasse ich diese haftbarmachung von gruppen und “losen zusammenhängen” für das verhalten einzelner (in diesem fall nicht mal erkennbare “mitglieder”). dass es sich bei den verfasser/innen um anhänger des anarchismus handelt, scheint schon klar.
    4. da hast du recht, allerdings betrifft das deine kritik des textes im kommentar. ich bezog mich nur auf deinen beitrag (siehe 1.)
    5. ich scheisse auf irgendwelche grundlagen (sogar die schwerkraft) und vor allem die des anarchismus.

    ergo: deine kritik am freiheitsidealismus teile ich ja zum grössten teil und hoffe, das tun auch die, die dieses infoflugblatt erarbeiteten (besser werden mal tun). aber noch mal: deine kritik sollte eben an die verfasser gerichtet sein. und dass die a-gruppe verfasser sein soll , wird zumindest mir aus der lektüre nicht klar. unter dem, was ich so verbreche, setze ich zumindest ein pseydonym. dass durch die platzierung des textes impliziert wird, die a-gruppe sei der verfasser ist schon blöd. dass du dem aufsitzt und so der gruppe inkonsequenz und freiheits-fansein andichtest, ebenso. deswegen falsch und somit denunziatorisch. (siehe haftbarmachung)
    so.

    nun richard (arghh!):
    1. schön und gut aber siehe haftbarmachung und denunziatorischer stil
    2. stimmt, beim infoflugblatt und dessen verfasser/innen, nicht aber der a-gruppe. (siehe, siehe, siehe)
    auf wikipedia scheiss ich auch (seltsam kurz, das “anarchismus heute”). als ob sich die heterogenität des sog. anarchismus so einfach darstellen liesse.
    “dann zeig halt eine anarchistische Richtung” siehe oben 2. evt. - allerdings masse ich mir nicht an, irgendwelchen richtungen bestimmte freiheitsdefinitionen oder sowas zuzuordnen. das sollen die sich zu dieser richtung zählenden schon selbst tun. ausserdem hat auch die strasse des anarchismus doch nicht nur eine bestimmte anzahl von spuren, oder? ich wette, die meisten anarchos benutzen diese strasse nicht einmal.
    “die a-gruppe zumindestens hat einem text, der diese behauptung beinhaltet so weit zugestimmt, dass sie ihn für würdig befand, in eigenregie zu kürzen und ins netz zu stellen.” die a-gruppe hat? wie kommst du nur darauf??? allerhöchstens assozierte (siehe oben ergo & unten 4., sowie siehe, siehe, siehe)
    3. danke
    4. “falsche auffassungen kritisieren sind keine denunziation” und “wer argumentiert, denunziert nicht…” - stimmt, aber es handelt sich halt echt nicht um die auffassung der a-gruppe und stimmt, tat er aber im beitrag noch nicht. (siehe, siehe, siehe…)
    “denunziation ist es z.b., wenn man eine aussage als bildniveau bezeichnet” - ich meinte die aussage, dass die a-gruppe absoluter fan dieser freiheit ist. ablehnenswert? ja. nachweisen? die mühe hab ich mir nun hoffentlich genug gemacht!)
    “hier ging es um den mutmaßlichen fehler in einem text, den die a-gruppe publiziert hat” - wie kommst du zu dieser annahme? deswegen bildniveau - eine geschickt platzierte unterstellung reicht zur irreführung, falschen annahmen, die evt. daraus folgenden vorverurteilungen, diskredittierungen und wer weiss was.
    es ist eben nicht “banane”!!!
    das ist das von mir kritisierte, in dieser gesellschaft vorherrschende, problem der meinungsbildung über derartige polemiken bzw. unterstellungen, die zu schnell als wahrheiten angenommen werden und sich manifestieren. imaginierte gemeinschaften und gemeinschaftsmeinungen, verhaltensweisen etc. …
    der mir im kopf rumschwirrene satz “rethorisch geschulte sog. antideutsche würden hier vielleicht einen prima vorwurf des strukturellen antisemitismus basteln.” beschreibt für mich ganz gut dieses problem.
    dieses strukturelle problem wird aber gerade bei kritiker/innen gern ausgeblendet, um kritik leichter anbringen zu können. aber sie sollen sich gefälligst diese mühe machen, meine ich.

    wer allerdings mit dem wort anarchismus spielt, ist wahrlich mitglied dieser anarchismus-gemeinschaft und hat den inkonsequenzvorwurf zu schlucken, aber nur der oder die.

    p.s.: ich schätze die kritik an sich natürlich und hoffe, weiterhin solche zu lesen.

    schick das jetzt mal los, obwohl ich den kern meiner kritik nicht für mich befriedigend ausdrücken konnte. ich hoffe trotzdem, es ist einigermassen klargeworden, was ich meinte.
    bei gelegenheit lese ich es nochmal und verbessere mich bestimmt auch noch.
    bis dahin…

  13. 13 tee 13. November 2006 um 6:01 Uhr

    p.p.s.: siehste, das erste arghh sollte doch noch weg, denn es richtete sich nur an richard.

  14. 14 mpunkt 13. November 2006 um 9:52 Uhr

    @ alkohol:

    Zur Wissenschaft: ich habe nicht geschrieben, dass die nur auf Verbesserung der bedürfnisorientierten Produktion hin forschen sollte, sondern dass ihre Resultate zu dem Zweck verwendet werden sollten. Das geht auch gar nicht anders, denn man muss ja erst die grundlegenden Eigenschaften eines Gegenstandes kennen (Grundlagenforschung), bevor man sich darüber Gedanken machen kann, wie man die für Zweck x oder y einsetzen könnte. Und um seine grundlegenden Eigenschaften herauszufinden, dürfte es eher hinderlich sein, sogleich das Interesse einer spezifischen Nutzung an den Gegenstand heranzutragen. Insofern muss Forschung schon von (allzu konkreten) Zielvorgaben frei sein. Das ist doch aber die pure Abwesenheit von eben diesen, von mir aus auch die Freiheit von ihnen. Was dann aber immer noch eine konkrete Freiheit von etwas ist und nicht eine Freiheit an sich als Ideal, die man auch noch empathisch betonen müsste. Und mit dieser konkreten Freiheit von (allzu konkreten) Zielvorgaben lässt sich daher auch nicht begründen, dass man für Freiheit als Ideal zu sein hätte.

    @ tee:

    Mir ist der Text, damals noch in Flugblattform, als Flyer der A-Gruppe vorgestellt geworden. Naja, ich editiere es mal noch in den Beitrag rein.

  15. 15 Richard 13. November 2006 um 15:51 Uhr

    wer allerdings mit dem wort anarchismus spielt, ist wahrlich mitglied dieser anarchismus-gemeinschaft und hat den inkonsequenzvorwurf zu schlucken, aber nur der oder die.

    Na ja, wenn man sich in einer “anarchistischen Gruppe” zusammenfindet, anarchistische Ideen weiterverbreiten will und dann ein “Infoflugblatt zu Anarchismus” auf der Internetseite dieser Gruppe auftaucht, in der Anarchie als ein “Name für Freiheit” identifiziert wird, liegt doch der Schluss erstmal nahe, dass diese Gruppe für die Freiheit eintritt.

    Wenn sie das doch nicht tut, wie tee versichert, dann ist dieser Schluss halt falsch. Dann muss die “Gruppe” sich aber auch fragen lassen, wie sinnvoll ein Zusammenhang ist, der sich der Verbreitung anarchistischer Ideen verschreibt und gleichzeitig nicht mal einig ist, was das überhaupt ist. Wieso ausgerechnet die Uneinigkeit eine effiziente Methode der Propaganda sein soll, ist mir schleierhaft.

    Was isses denn nun, der Anarchismus? Dass es eine feministische, eine “zurück-zur-Natur” etc. -Variante von diesem Ding gibt ist übrigens kein Widerspruch zu der Bestimmung, die ich angeboten habe. Oder soll das Ding etwa nur ein Zauberwort sein, in das man einfach alle subjektiv verschiedenen Vorstellungen dessen, was man für gut, edel und schön hält, hineinpacken kann? Dann braucht es aber wahrlich keinen Zusammenhang, der ausgerechnet _das_ verbreiten will - schließlich gibt es das schon als Kapitalismusideal, als religiöse Paradiesvorstellung etc.pp. Da könnte man sich die Arbeit auch sparen.

  16. 16 alkohol 13. November 2006 um 17:48 Uhr

    @ mpunkt
    Mir ist halt wichtig, dass Freiheit als politischer Begriff nicht bloß ideologischer Dreck ist. Freiheit hat auch etwas mit einer Entfaltung der Subjektivität zu tun - jenseits von der Bedeutung im Sinne des Grundgesetzes.

  17. 17 tee 13. November 2006 um 18:32 Uhr

    “mir ist der text…vorgestellt geworden”
    auch mir passiert dieser fehler noch viel zu oft.
    machen “mitglieder” einer gruppe ein flugblatt, welches der inhaltlichen zielsetzung der gruppe entspricht, so assoziieren sie unbewusst diese gruppe als verfasser. klarer fall für identitätskritik. wo wir grad bei kritik sind:

    ich muss mich klar korrigieren und schämen…
    bin halt sehr nachlässig, was das studieren gerade (für mich) so langweiliger texte angeht.
    hab ich doch glatt den email-kontakt ganz am ende übersehen.
    somit bitte ich für einige meiner ??? um verzeihung.
    ist doch tatsächlich neben dem anarchismus selbst auch eine werbung für die a-gruppe.
    jaja, die werbung…

    ändert aber nichts an dem umstand, das die a-gruppe keine feste gruppe im sinne des allgemeinen verständnisses solcher ist. mit absicht. einzelne “mitglieder” oder ihr tun sollen halt nicht repräsentativ für die gruppe sein und sind einfach keine mitglieder. streng genommen karikiert sich der name a-gruppe ja schon selbst. in gruppen herrschen immer herrschaftsverhältnisse und hierarchien. um diese möglichst gering zu halten, definiert sich die gruppe (bzw. eine einzelperson tut dies gezwungenermassen umder öffentlichkeitsarbeit willen) ja auch als “loser zusammenhang anarchistisch inspirierter menschen”. sie eint mehr die zielsetzung als irgendwelche statuten. jedes der “mitglieder” definiert sich und die gruppe anders und das ist auch gut so.
    wenn wir dem parlamentarismus sowie dem individualismus etwas entgegensetzen wollen, gilt es m.e. feste identitäre strukturen und solche denkweisen aufzuweichen. freie (na fast) assoziation statt fester mitglieder und vereinzelung!

    nun endlich zu deiner kritik des textes (2.kommentar):

    1. “freiheit ohne bezugspunkt wovon bzw. wozu…”
    freiheit wozu? gute frage, falsche frage. freiheit soll hier ja das ziel sein, nicht bedingung um irgendwas zu erreichen. wozu das ziel erreichen wollen? um des positiven effekts des weges willen, nämlich der beseitigung negativer momente auf dem weg. der weg ist das ziel sozusagen. dessen sollte mensch sich aber bewusst sein.
    das wovon hast du doch selbst obendrüber zitiert: von der “herrschaft von menschen über menschen”. der hauptbezugspunkt dieser “wirklichen freiheit”. dass diese zum ideal hochstilisiert wird, ist für mich lange nicht so problematisch wie die inaussichtstellung der erreichbarkeit dieser. dass wirkliche freiheit eine utopie ist, darüber sind wir uns ja einig. “lachend schütteln sie bauch und eierköpfe über so viel unverstand und idealismus.” zurecht.
    also muss die frage: warum sollte mensch nicht eine utopie preisen? gestellt werden. nicht das ideal der freiheit ist doch das problem (das ideal „wirklich gesund“ zu leben ist doch auch kein problem, oder?), sondern die oft verkehrte analyse der sog. unfreiheiten und ihrer ursachen. und somit auch die etappen zu deren (unmöglich vollständigen) beseitigung. und natürlich die preisung der erreichbarkeit dieser utopie. eben die wahre crux der idee.
    das führt mich zu:

    2. mit “…bedürfnisbefriedigung durchzusetzen, ist jetzt bedürfnisbefriedigung angesagt…” hast du einfach nur völlig recht.

    3. “der nächste übergang ist dann der hinweis, dass man doch ein ideal zu verwirklichen … habe”
    wo denn das? konnt ich nicht rauslesen…

    und:
    4. der satz “freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich.” ist so eingebettet, was eigentlich klar machen müssten, dass hier der weg zur freiheit, die aktion, gemeint ist. mmh, polemik vielleicht?

    ui, noch richard:

    1. es gibt keine homepage der a-gruppe. der text ist in einem wiki veröffentlicht, falls du gemerkt hast. aber klar: schon im bereich der a-gruppe, das legt nahe, dass es der a-gruppe assoziierte menschen waren. aber warum nur hat mich nur keiner rechtzeitig auf den kontakt rechts unten hingewiesen? habt ihr wohl auch alle überlesen, was?! trotzdem: und?
    ach jaa, richtig: siehe siehe.

    2. „…dass diese gruppe für die freiheit eintritt“
    aaaarghhh!!! du bist ja noch schlimmer. du hast mich doch zitiert: „…nur der oder die.“ ist denn das einzige moment einer gruppe eine gemeinsame meinung? oder das wichtigste? was ist mit babyschwimmgruppen? die stimmen auch nur in der grundtendenz überein. schwimmen ist gut fürs baby, deswegen machen wir das. die eine cremt ihr kind vorher ein, der andere nicht. ach: siehe oben und siehe, siehe, siehe…

    3. „wieso ausgerechnet die uneinigkeit eine effiziente methode der propaganda sein soll…“:
    einigkeit und recht und … hach, scheiss assoziationen. wer behauptet, die leute wollen effizient sein? effizienz ist was für anwender speicherprogrammierbarer steuerungen in der aspirinherstellung bei bayer oder die

    4. ja, varianten und variationen en masse…gut, kein direkter widerspruch zu deiner bestimmung. ist es die: „freiheit ohne herrschaft zu verwirklichen“? als einendes moment der anarchos? ja, freiheit im anarchismus bei wikipedia (auch nur von ein paar menschen gemachter eintrag) vielleicht: schlegel, börne, hess, stowasser, cantzen – hab ich bis auf stowasser noch nie gehört oder gar gelesen und die meisten sog. anarchos sicher auch nicht. scheiss auf vordenker und ihre reproduzenten… so kann mensch nun den theoretischen anarchismus kritisieren, sag ich nix gegen. aber doch nicht alle anarchos. konstruktion einer gemeinschaft aufgrund der imagination eines gemeinsamen standpunktes, nicht mal wortstammes. struktureller und so…
    bevor ichs vergesse, das gewünschte beispiel (laut wikipedia, ich hab da echt keine bildung, ausserdem hast du damit angefangen): wie wärs mit dem postanarchismus?

  18. 18 Richard 14. November 2006 um 19:58 Uhr

    No comment. Debattiert Ihr mal lieber die inhaltlichen Sachen… (scheint mir schon schwer genug)

    p.s. nur um das nicht so stehenzulassen:

    tee nr.17:

    wer behauptet, die leute wollen effizient sein? effizienz ist was für anwender speicherprogrammierbarer steuerungen in der aspirinherstellung bei bayer…

    tee nr. 6:

    einige der aktiven dieses “zusammenschlusses” haben erkannt, dass die meisten charakteristika politischer gruppen diese zum scheitern verurteilen und verwehren sich dieser zwänge.

    Wer in der Aspirinherstellung nicht mehr scheitern will, wird doch wohl effizienter sein wollen als zu Zeiten, als das noch der Fall war, oder?

  19. 19 mpunkt 14. November 2006 um 23:17 Uhr

    Mir ist halt wichtig, dass Freiheit als politischer Begriff nicht bloß ideologischer Dreck ist.

    Nur hast Du bisher nur Beispiele gebracht, bei denen Du gerne keine (oder kaum) Einschränkungen hättest. Es ist daher einigermaßen geschummelt, wenn die jetzt für DIE Freiheit (an sich, als Ideal) sprechen sollen.

    Naja, und auf “Entfaltung der Subjektivität” mag ich jetzt nicht eingehen, weil das zu sehr vom Thema weggehen würde und auch reichlich unbestimmt ist. Von “Freiheit im Sinne des Grundgesetzes” war hingegen überhaupt nicht die Rede. (Das wäre erst der nächste Punkt, mal zu prüfen, wo das herkommt, dass Freiheit, und sei es als Ideal, überhaupt als toll gilt. Zuvor muss jedoch geklärt werden, was an Freiheit als Ideal überhaupt verkehrt ist und darum geht es hier gerade.) Aber um die Freiheit zu retten, ist Dir offenbar auch dieser Pappkamerad nicht zu blöd …

  20. 20 mpunkt 14. November 2006 um 23:39 Uhr

    @ tee

    (sorry, wenig Zeit)

    zu 1.)

    “freiheit ohne bezugspunkt wovon bzw. wozu…”
    freiheit wozu? gute frage, falsche frage. freiheit soll hier ja das ziel sein, nicht bedingung um irgendwas zu erreichen.

    Nein, wenn es um Freiheit als Ideal geht, dann eben gerade nicht mehr. Dann soll Freiheit erreicht werden, auch wenn diese ungemütlich und gefährlich ist und damit dem Punkt, aus dem man auf sie gekommen ist, widerspricht.

    dass wirkliche freiheit eine utopie ist, darüber sind wir uns ja einig.

    Nein, sind wir uns nicht, denn das war gerade nicht meine Kritik an ihr. Das Misserfolgsargument ist nämlich genauso bescheuert wie das Erfolgsargument - dass es sie nicht gibt, kann nicht theoretisch gegen sie sprechen. Ich wollte daher auch auf etwas anderes hinaus: “Freiheit an sich” ist inhaltlich völlig hohl, und ein Ideal anzustreben, heißt immer, dafür Verzicht in Kauf zu nehmen. Insofern kann die Nichtverwirklichung des Ideals “Freiheit”, weil der Begriff so hohl ist, keine sinnvolle Kritik an dieser Gesellschaft sein (und als vorgestellte Verwirklichung nicht einmal eine Utopie). Und als Ideal widerspricht sie eben auch dem Zweck, der Bedürfnisbefriedigung.

    zu 3.)

    “der nächste übergang ist dann der hinweis, dass man doch ein ideal zu verwirklichen … habe. wo denn das? konnt ich nicht rauslesen…”

    Den kann man der Aussage entnehmen, dass man für Freiheit ist, auch wenn man materiell nichts davon hat.

    zu 4.)

    der satz “freiheit ist auch nicht bequem und ungefährlich.” ist so eingebettet, was eigentlich klar machen müssten, dass hier der weg zur freiheit, die aktion, gemeint ist. mmh, polemik vielleicht?

    Was da sonst noch so alles steht, ändert doch nichts daran, dass das eine Aussage über die Freiheit und nicht über den Weg zu ihr ist. Zudem ist es völlig egal, ob man für das Ideal, oder um es zu erreichen (merkst Du was?), verzichten soll. Eine Verzichtsmoral wird damit dennoch aufgemacht.

  21. 21 tee 15. November 2006 um 10:03 Uhr

    tja, richard, effizienz ist schon ein schwerer begriff. aber schau doch mal bei wikipedia!
    antwort: ja, da bestimmt. (obwohl: wenn die aspirinherstellung bei bayer nicht mehr effizient genug ist, wird sie halt abgestossen, eingestampft oder wieder effizient genug gemacht.)
    aber egal: du haust hier zwei sachverhalte zusammen, also echt! was soll denn bittesehr die
    effizienz bei der propaganda sein? und warum scheint sie dir so wichtig?

    1. mensch, so wörtlich wie du alles nimmst… ausserdem weiss jedes kind, dass so ziemlich alles erreichbar ist, bis auf ideale. mensch nähert sich diesen nur an, sonst wärs ja wohl kaum ein ideal. da ist wikipedia ganz gut, finde ich. (siehe 4., hab’s gemerkt!)
    wo ist ausserdem von der “freiheit an sich” die rede?

    2. “dass es sie nicht gibt, kann nicht theoretisch gegen sie sprechen” - ich meinte die theoretische unmöglichkeit
    freiheit an sich ist inhaltlich völlig hohl? klar, wenn du alle bezugspunkte, aus denen sich der begriff freiheit ersteinmal gebildet haben muss, ausser acht lässt. auch das wort freiheit war nicht einfach da und kann nun auch nicht so behandelt werden.
    “ein ideal anzustreben, heißt immer, dafür verzicht in kauf zu nehmen” - irrtum, denn verzicht ist so relativ wie kaum etwas. reine einstellungssache. dazu bedarf es nur, das denken zu ändern, denn was ich nicht will, darauf verzichte ich auch nicht (ich verzichte nicht auf alkohol, trinke trotzdem keinen und strebe so vielleicht sogar einem ideal entgegen). bewusstsein heisst das schlüsselwort.
    dass der alleinige zweck bedürfnisbefriedigung sei, behauptest du. freiheit ist ein sehr abstrakter begriff, ihn so materialistisch zu denken und somit allen “verfechtern” ihrer eine rein materialistische handlungsweise anzudichten, ist marxistischer egoismus.

    3. “…dass man für freiheit ist, auch wenn man materiell nichts davon hat.” - auch das steht da nicht. und wenn, würde es mich freuen.

    4. siehe 1. & 2. - deswegen kann nur der weg gemeint sein und ist der etwa bequem und ungefährlich? naja, für dich vielleicht schon…
    und doch, das ändert was, bei 3. hast du’s auch nicht so wörtlich genommen. du bastelst dir aus vielen schwammigen sätzen (evt. kontext) konkrete aussagen zusammen, weigerst dich aber eine einzelne aussage in einen kontext zu stellen. jaja, diese inkonsequenz…
    verzichtsmoral, na und?

  22. 22 neoprene 15. November 2006 um 17:10 Uhr

    zu “Effizienz”:
    Das ist ohne weitere Bestimmungen ein recht leerer Begriff. Schon das Beispiel der Aspirin-Produktion zeigt das: Bayer geht es doch gar nicht um Ausbeuteeffizienz oder Wirksamkeit als Kriterium der Produktion. Auch die Effizienz des Arbeitsaufwwands ist nicht gemeint. Es geht ausschließlich um die Profitabilität. Wenn man Leute billiger zum Ackern kriegt, dann ist es locker “effizienter” unqualifiziertere Leute länger arbeiten zu lassen, denn schließlich sollne nicht Arbeitsstunden eingespart werden, sondern bezahlte Stunden. Die dürfen dann ruhig länger sein, wie man allenthalben zu spüren bekommt.

  23. 23 Richard 16. November 2006 um 11:47 Uhr

    Zur Effizienz: Macht da mal keinen großen Wirbel drum, ich hatte tees Beitrag so verstanden, dass die Leute bei der a-gruppe diese tolle neue Gruppenform ausprobieren, Anarchismus zu verbreiten, ohne sich einig zu sein, was das ist, weil die bisherigen Formen des politischen Engagements es nicht bringen. Erfolgreicher wollen sie sein, hab ich gedacht. Aber anscheinend hab ich mich da geirrt & es geht denen mehr um die Spass an der Freude. Na gut, ist aber auch weniger wichtig.

    Nun möchte ich mich doch mal inhaltlich zu Wort melden.

    Tee, ich glaube, Du hast MPunkts “wozu” im 2. Beitrag missverstanden. Gemeint war, denke ich, “Freiheit wovon bzw. wozu” als: wovon soll man frei sein, zu welchen Sachen soll man Zugang haben/ was soll einem möglich sein? [Und nicht: Wofür Freiheit, zu welchem Ziel & Zweck?] Vielleicht macht es für Dich dann auch Sinn, dass Freiheit überhaupt, also gar keine Beschränkung und grenzenlose Ermöglichung, ein Ideal ist, also ganz und gar und überhaupt nicht geht. Wie soll das bitte auch gehen, in seinem Willen durch _nichts_ mehr gehindert zu werden? Das kann nur Gott. Und auch, wenn Freiheit gesellschaftlich gemeint ist, ists grad so doof: Entweder, man nimmt es ernst, dass man durch keinen _fremden Willen_ mehr eingeschränkt werden will, dann wird man als Anarchist halt Primitivist & lässt sich fortan nur noch von der Natur einschränken. Oder aber, man will diese natürliche Einschränkung nicht, na, dann muss man halt in einer Gesellschaft leben & ist davon abhängig, was die anderen wollen/was die Notwendigkeiten der Produktionsweise sind. Also auch hier geht eine schrankenlose Verfolgung des eigenen Willens schlechthin nicht.

    Der Witz bei den freiheitsliebenden Anarchisten (falls es überhaupt andere gibt, sind die eben nicht gemeint), ist der Umstand, dass die sich ein Ideal des Kernelements bürgerlicher Herrschaft basteln. Die fixe Idee, durch nichts beschränkt zu werden wäre halt verrückt, aber nicht so schlimm, wenn sie nicht damit einhergehen würde, der Freiheit, die es tatsächlich gibt einen schönen Schein auszustellen.

    Die Freiheit, wie es sie tatsächlich gibt ist eine gewalttätige Angelegenheit. Freiheiten sind Erlaubnisse des Staates, mit denen er das Verhalten seiner Bürger so lenkt, dass er ihre Bedingungen des Überlebens etc. so setzt, wie es ihm nützlich erscheint. Die prinzipiellste Freiheit ist die des Eigentums, das Recht, andere von seinem Besitz auszuschließen & dieses “zu Geld zu machen” (wie das geht muss man evtl. hier nicht erzählen). Diese Freiheit, einmal durch die oberste Gewalt, den Staat, in die Welt gesetzt, bedarf dann auch des Staatsschutzes, weil sie die Leute gegeneinander stellt: Unternehmer sehen ihr Recht auf Profit durch die Löhne ihrer “Mitarbeiter” eingeschränkt und die Lohnarbeiter müssen mit ansehen, wie ihr Arbeitgeber ihnen eine Summe auszahlt, die hinten und vorne zum Leben nicht reicht. Genau so mit dem Verhältnis Käufer-Verkäufer und Mieter-Vermieter usw. Durch das so eingerichtete Kapitalverhältnis tritt also auch das Bedürfnis nach einer Gewalt ins Leben, die den jeweils anderen Vertrags”partner” beschränkt, um überhaupt auf einer Grundlage miteinander verkehren zu können, in der sich die Gesellschaftsglieder rein negativ aufeinander beziehen. Das wird in bürgerlichen Geistern so reflektiert: “Freiheit hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt”. Dass man sich nicht immer eins ist, mag ja sein, dass aber jede erlaubte Willensregung den erlaubten Willen des Nachbarn als Schranke begreift ist ein Resultat der Freiheit, die eben herrscht.

    Soweit erstmal, so richtig viel Zeit hab ich auch nicht.

    Übrigens: In der realexistierenden Freiheit, also in der, von der zu reden sich lohnt, ist die Beschränkung schon mit einberechnet. Freiheit ist eben die prinzipielle staatliche Erlaubnis zu etwas bestimmtem, z.B. dazu, sich nicht in die Liebes- und Geschäftsbriefe schauen zu lassen. Weil es aber eine Erlaubnis ist, ist auch klar, dass jede staatlich genehmigte Ausnahme kein Verstoß gegen die Freiheit ist, die er doch erst gewährt. Das nur, damit nicht als Einspruch kommt, Eigentum sei doch keine Freiheit, weil sie den Willen doch einschränke. Ja, das tut sie (den desjenigen, der gerade vom Besitz des Eigentümers ausgeschlossen wird), ist aber kein Einspruch gegen sie vom Standpunkt der Freiheit, weil da wieder nur das Ideal, die irrige subjektive Idee der Freiheit (sie sei Abwesenheit jeglicher Einschränkung, s.o.) gegen die Wirklichkeit in Anschlag gebracht wird.

    Das ganze Idealismenwesen ist ein Fehler, der so häufig ist: Man nimmt die Sache nicht als das, was sie ist, sondern als das, was ich mir darunter vorstelle. Als Resultat kann ich die Wirklichkeit (e.g. Freiheit) immer als eine äußerst schlechte Verwirklichung meiner guten Vorstellung von der Sache (e.g. des Freiheitsideals) kritisieren. Dabei hat man, evtl. ohne es zu merken, die Sache, die einem doch gerade stinkt dadurch legitimiert, dass sie “immerhin” schon eine erste Rohform des Ideals darstellt. Idealistische Vorstellungen bringens nicht.

    Zur Freiheit gibt es einen sehr guten Vortrag, den ich wärmstens empfehlen kann (achtung, evtl. wird der Link nach einiger Zeit gebrochen. Einfach unter www.argudiss.de nach dem Vortrag “Freiheit - Gleichheit - Solidarität” suchen).

  24. 24 alkohol 16. November 2006 um 18:06 Uhr

    @ Richard
    Kann man vielleicht sagen, der Satz “Freiheit hört da auf, wo die Freiheit des anderen anfängt” die Verkehrheit eines Ideals ganz gut wiedergibt? Denn als Beschreibung passt er auf _jede_ beliebige zwischenmenschliche Situation und sagt damit eigentlich gar nichts aus, außer vielleicht dass es eine Freiheit des Willens gibt. Dabei blendet er vollständig aus, durch was die Freiheit von jemandem anfängt und aufhört.

  25. 25 Richard 16. November 2006 um 19:05 Uhr

    Jein.

    Zum einen würde ich dem Urteil widersprechen, es handele sich bei diesem Satz _nur_ um ein Ideal. Die beziehen sich schon eher auf die Freiheit, die es gibt, weil da wirklich Individuen ihr Willen gelassen wird, der sich mit dem anderer Individuen beißt. Für diese Gesellschaft und die Art der Willensinhalte, die hierzulande per Freiheit zugelassen sind, stimmt das ja schon.

    Andererseits hast Du, würde ich sagen, insofern recht, als die natürlich dabei nicht daran denken, dass der Staat ihnen das Privateigentum verordnet & sie deswegen in einem Gegensatz zueinander stehen. Stimmt, die identifizieren Freiheit damit, das zu tun, was man will & meinen, wenn jemand sein Interesse - welches auch immer - verfolgt, komme er zwangsläufig mit den anderen Interessen ins Gehege und daher bräuchte es die Einschränkung durch den Staat. Die projizieren also die Interessen, die der bürgerliche Staat einem aufherrscht mit Interessen überhaupt und denken, die müssten sich in jedem Fall gegenüberstehen.

    Du hast vor allem darin recht, dass ausgeblendet wird, wodurch es diese Freiheit überhaupt gibt. Das idealistische an dem Satz ist, dass der Staat ganz rausgenommen wird. Ganz so, als seien die Interessen für sich schon mit einer sie schützenden Sphäre ausgestattet, so einer Art natürlichem Verteidigungsring. Es ist doch nicht so, dass man mit dem Verweis auf “Freiheit” in irgendeiner Weise in Ruhe gelassen wird. Dafür muss man schon die Polizei rufen.

    Ja, mehr noch: Ohne den Staat wüsste man doch gar nicht, wo die eigene Freiheit aufhört, wo die des anderen beginnt. Man stelle sich so einen unbedarften Schüler vor, dem der Satz gerade im Gemeinschaftsunterricht vorgeknallt wurde und zu früh den Unterricht verlässt. Der meint vielleicht tatsächlich, mit Freiheit sei gemeint, “das machen, was man will”. Wenn der in die Bahn steigt, will er natürlich nicht bezahlen, würde ihn ja auch in seinem Willen beschneiden - einerseits. Andererseits würde er aber, bezahlte er nicht, den Willen der Verkehrsbetriebe verletzen. Da steht Willen gegen Willen und erst, indem der Staat das eine als Freiheit ins Recht setzt und das andere als Verbrechen ins Unrecht weiß man, wo die Freiheit des Schülers anfängt - nämlich da, wo die der Verkehrsbetriebe aufhört. Wenn er fährt, muss er blechen, aber er darf natürlich auch zu Fuß gehen, diese Freiheit wird ihm wiederum gewährt.

    Auch, wenn es evtl. anders gemeint war, haben die Autoren des Flugblatts es schon gut getroffen: “Freiheit ist auch nicht bequem” ;-)

  26. 26 tee 17. November 2006 um 6:27 Uhr

    „anarchismus verbreiten“ - hihihi
    „tolle neue gruppenform“ - höhöhö
    „weil die bisherigen formen des politischen engagements es nicht bringen“ - hahaha
    „erfolgreicher wollen sie sein“ h?h?h?
    ach, projektionen sind schon lustich…

    du meinst,
    „der witz … ist der umstand, dass die sich ein ideal des kernelements bürgerlicher herrschaft basteln.„
    klar, in einer bürgerlichen sichtweise , d.h. besser der reproduktion dieser, sieht mensch das so. nicht aber losgelöst von der bürgerlichen gesellschaft gedacht und auf die gesamte menschheitsgeschichte angewendet. da geht es um herrschaft von menschen über menschen an sich (bzw. der umstände, die sie hervorbringt) und nicht dein sog. kernelement bürgerlicher herrschaft. du projezierst einfach deine bürgerlich-bezogene denkweise auf die sog. freiheitsliebenden anarchisten. freiheit als erfindung der bürgerlichen gesellschaft, oder was?

    auf alles einzelne einzugehen, macht ja doch keinen sinn.
    aber ich will wieder einmal bemerken, dass ich die dämonisierung des staates, gekennzeichnet durch entpersonalisierung und abstrahierung, sehr bedenklich finde. den staat als ursache für alle kritikwürdigen gegebenheiten zu nehmen, erleichtert vielleicht die kritik (an ihm), verblendet aber völlig das eigentliche ziel der kritik: menschliches denken und v.a. verhalten zu ändern. eine bis ins wasweissich abstrahierte kritik (mit reinem gegenwartsbezug) verkennt die wahren wurzeln und soziologischen ursachen und ist kaum in der lage zu nützen.

    gerade wenn es um freiheit geht.

    p.s.:
    „eine sozialpsychologische gruppe ist ein organisiertes system von zwei oder mehr individuen, die so miteinander verbunden sind, daß in einem gewissen grade gemeinsame funktionen möglich sind, rollenbeziehungen zwischen den mitgliedern bestehen und normen existieren, die das verhalten der gruppe und aller mitglieder regeln.“
    (mcdavid/harari)

    diese definition wollt ich schon lange mal bringen, auch da informelle gruppen viel zu oft (durch starre formalvorstellungen) mit formellen arbeitsgruppen verwechselt werden (bzw. ich schon hören kann, wie sich bestimmte schubladen bei vielen menschen öffen). es soll auch mischformen geben… ach, schaut doch bei wikipedia:
    „eine kleingruppe von menschen, die etwas miteinander zu tun haben, ein gemeinsames ziel verfolgen, sich regelmäßig treffen oder sich selbst als gruppe wahrnehmen, siehe soziale gruppe.“

    (“freiheit ist auch nicht bequem” - siehste mpunkt, es passt auch konkret.)

  27. 27 Richard 17. November 2006 um 11:43 Uhr

    Jetzt bin ich mal dran zu argh-en. ARGH.

    Verzeihung, aber ich bin jetzt doch ein wenig erstaunt und verärgert. Ich dachte, Du hättest vielleicht ein Interesse daran, zu klären, was an der Freiheit dran ist. Hab mich wohl geirrt.

    „anarchismus verbreiten“ - hihihi
    „tolle neue gruppenform“ - höhöhö
    „weil die bisherigen formen des politischen engagements es nicht bringen“ - hahaha
    „erfolgreicher wollen sie sein“ h?h?h?
    ach, projektionen sind schon lustich…

    Ist ja schön, wenn man über sich selbst lachen kann, aber mach Dir doch mal die Mühe und erklärs mir. Das ist alles Deinen Äußerungen entnommen, bzw. “beschäftigt sich damit anarchistische Ideen weiterzuverbreiten” steht auf der Seite der anarchistischen Gruppe (die seltsamerweise immer noch so heißt, warum, kannst Du mir auch nicht erklären).

    du meinst,
    „der witz … ist der umstand, dass die sich ein ideal des kernelements bürgerlicher herrschaft basteln.„
    klar, in einer bürgerlichen sichtweise , d.h. besser der reproduktion dieser, sieht mensch das so. nicht aber losgelöst von der bürgerlichen gesellschaft gedacht und auf die gesamte menschheitsgeschichte angewendet. da geht es um herrschaft von menschen über menschen an sich (bzw. der umstände, die sie hervorbringt) und nicht dein sog. kernelement bürgerlicher herrschaft. du projezierst einfach deine bürgerlich-bezogene denkweise auf die sog. freiheitsliebenden anarchisten. freiheit als erfindung der bürgerlichen gesellschaft, oder was?

    Ja, ich rede von der Freiheit, die es eben gibt, von welcher auch sonst. Nur die bürgerliche Gesellschaft hat das Selbstverständnis, dass der Wille jedes einzelnen Bürgers freigesetzt ist. Nur beschränkt durch die gesetzlich geregelten Konfrontationen, die einem durch die freisetzung aufgeherrscht werden, kann der Mensch hierzulande im Rahmen der Gesetze ganz und gar seinem Willen nachgehen und ist darin vom Staat berechtigt.

    Was hat das mit der Menschheitsgeschichte zu tun? Diese Freiheit gabs noch nie. Dass es in der Menschheitsgeschichte um die Herrschaft des Menschen über seinesgleichen “gegangen ist” - na, das ist vielleicht eine Auskunft, herzlichen Dank. Wir reden aneinander vorbei. Ich wollte darstellen, a) wieso Freiheit als “unbeschränkter Wille” quark ist & es das nicht geben kann und b), was die Freiheit ist. Du kannst das ja meinetwegen in der Luft zerreißen und kritisieren, aber jetzt auf einmal von der Menschheitsgeschichte zu reden hat nix damit zu tun. Niemand hat Freiheit in Relation zur Menschheitsgeschichte gesetzt, davon hat eh keiner geredet - außer Dir.

    Und dass Freiheit Kernelement bürgerlicher Herrschaft ist, verneinst Du zwar, begründen willst Du es aber nicht. “Macht ja keinen Sinn”. Stimmt, wenn man - wie es scheint - keine Argumente kennt.

    aber ich will wieder einmal bemerken, dass ich die dämonisierung des staates, gekennzeichnet durch entpersonalisierung und abstrahierung, sehr bedenklich finde.

    Mag ja sein - aber hast Du auch ein Argument dagegen? Es besteht doch den Hauch einer Chance einer Möglichkeit, dass es, obwohl es Dir nicht passt, trotzdem so ist. Kann ja sein…

    den staat als ursache für alle kritikwürdigen gegebenheiten zu nehmen, erleichtert vielleicht die kritik (an ihm), verblendet aber völlig das eigentliche ziel der kritik: menschliches denken und v.a. verhalten zu ändern. eine bis ins wasweissich abstrahierte kritik (mit reinem gegenwartsbezug) verkennt die wahren wurzeln und soziologischen ursachen und ist kaum in der lage zu nützen.

    Ich finde diesen Gegensatz falsch. Merkst Du nicht, dass ich nichts getan habe, als Menschen & ihr Verhalten zu kritisieren? Nur habe ich eben nicht davon abstrahiert, was die tun, sondern es war mir ein Anliegen, zu zeigen, was es heißt, als Volksvertreter der Freiheit des Volkes zu dienen, als Bürger Parteigänger der Freiheit zu sein etc. pp. Klar, das Ding, worüber ich sehr viel, Du aber immer weniger geredet haben ist Menschenwerk. Aber deswegen kann man sich die Sache doch noch ankucken. Wie sollen die denkenden und sich verhaltenden Menschen denn sonst wissen, was sie verkehrt machen und wie sie ihr Verhalten ändern sollen, wenn man nicht die Sache, die menschengemachte Institutionen ins Werk setzen, kritisiert? Und jetzt sag bitte nicht “entscheidend ist, was man draus macht”, weil man wahrlich nicht ernsthaft behaupten kann, die Freiheit, die es gibt sei unheimlich verschieden. Oder aber, Du musst in den sauren Apfel beißen, und doch tatsächlich noch auf meine Charakterisierung der Freiheit eingehen, um zu zeigen, dass sie furchtbar menschenfreundlich gewendet werden könnte.

    Übrigens ist diese Tour, von jedem bestimmten Verhalten zu abstrahieren und bloß noch darauf zu beharren, dass etwas außerordentlich menschengemacht sei, typisch modern-anarchistisch (sorry, nach meinen Diskussionserfahrungen mit Anarchos habe ich diese Schubladenerfahrung gemacht - was übrigens, Du wirst es nicht glauben, kein Argument für nix ist). (Warum Schubladen doof sein sollen, davon abgesehen, ob sie die Argumente treffen oder nicht, könnte man mir vielleicht auch mal erklären…)

    Und letztlich: Der bürgerliche Staat _ist_ ein richtiger Souverän. Er hat sich von der Willkür der Herrschenden durch Gewaltenteilung, Herrschaft des Rechts und allerlei Checks&Balances wirklich ein Stückweit von den Launen derjenigen, die das Szepter in der Hand halten emanzipiert. Bei ihm kommt es nicht (oder: nur minimal) auf die Personen an, er _ist_ also entpersonalisiert. Souveränitat kommt dem oben behandelten Freiheitsideal schon am nächsten. :-)

    Zu dem Gruppending sag ICH jetzt mal nichts, bevor Du nicht mal auf meine Argumente eingegangen bist, ätschi-bätschi.

  28. 28 Richard 17. November 2006 um 11:52 Uhr

    p.s. Fehler gemacht. War oben in meiner Verärgerung nur auf das “bedenklich” eingegangen und vergaß, dass die Vorwürfe schon inhaltlich verfehlt sind:

    aber ich will wieder einmal bemerken, dass ich die dämonisierung des staates, gekennzeichnet durch entpersonalisierung und abstrahierung, sehr bedenklich finde.

    Dämonisiert hat hier niemand. Ich wollte sagen, was staatlicherseits getan wird, wenn diese Instanz Freiheit verordnet. Wenn Du diese Gewalt toll findest, solls mir recht sein. Und erst recht sollte es nicht gegen den Staat sprechen, dass er entpersonalisiert sei (davon habe ich sowieso erst jetzt, d.h. in 27. gesprochen). Und als “abstrakt” habe ich ihn auch nicht gekennzeichnet. Du wirfst mir lauter Sachen vor, von denen ich weder geredet habe, die Du mir aber auch nicht nachweisen willst.

  29. 29 mpunkt 17. November 2006 um 22:35 Uhr

    Tee, ich versuche es noch einmal kurz systematisch darzustellen. Selbstverständlich wollen die (heutigen) Anarchos nicht einfach die Eigentumsfreiheit ohne Staat, oder sowas. Ihr Freiheitsfantum beruht aber dennoch auf einer (enttäuschten) Idealisierung der Herrschaft des bürgerlichen Staats. Dieser hat schließlich die Eigentümlichkeit, seinem Staatsvolk, das, was er von ihm will, per Recht als Freiheit vorzuschreiben. Es soll seine Zustimmung zur Herrschaft in Wahlen bekunden und dabei seine Gedanken darauf ausrichten, welche Partei den Staat am Besten voranbringt - er gibt ihm das Recht auf freie Wahlen. Er will, dass die Leute sich konstruktiv um das Allgemeinwohl, also um ihn Sorgen machen - er gibt ihm das Recht auf freie Meinungsäußerung. Er will, dass sich die Leute produktiv am Eigentum abarbeiten - er garantiert ihnen per Recht die Eigentumsfreiheit. Er will, dass die Leute den Jobs hinterherziehen - er gibt ihnen das Recht auf Bewegungsfreiheit. Etc. pp.

    Die Anarchos erkennen nun nicht, was für ein anspruchsvolles Programm der Staat da seinen Untertanen eben mit den Freiheitsrechten aufherrscht, sondern ordnen dies in den Dualismus von erlaubt und verboten ein. Und in diesem erscheinen ihnen die ganzen Freiheitsrechte als lauter tolle Abwesenheiten von Verboten, was man z.B. daran sehen kann, dass im Flyer der A-Gruppe ständig irgendwelche Rechte für irgendwen gefordert werden, oder auch daran, dass “totalitäre Systeme” als viel schlimmer vom bürgerlich-demokratischen Staat abgegrenzt werden. So kommen die erst zu ihren verkehrten Schluss, dass Freiheit etwas tolles, also als Ideal anzustreben, sei. Andererseits fällt denen dann schon noch auf, dass es auch im bürgerlich-demokratischen Staat und der von ihm aufgeherrschten kapitalistischen Ökonomie jede Menge Einschränkungen gibt. Aus Enttäuschung darüber wenden sie sich dann auch gegen ihn - freilich nicht mit einer inhaltlichen Kritik, an den Freiheiten, welche dieser aufherrscht, sondern als radikal enttäuschte Idealisten seiner Herrschaft. Wenn selbst die Instanz, von der sie ihr Freiheitsfantum haben, nie die von den Anarchos gewünschte Freiheit an sich verwirklicht (erlaubt!), dann muss man wohl halt ganz gegen Herrschaft sein, damit die einem nichts mehr verbieten kann. Weil die als Freiheitsfans aber die Gründe für die aufgeherrschten Freiheiten und deren Beschränkungen nicht erkennen, kommen sie dann halt darauf, dass Herrschaft korrumpiere (Bakunin und viele andere) und die Herrscher deshalb nie DIE Freiheit herstellen würden. Und noch einen Schritt weiter abstrahiert landet man dann halt wie Du, Tee, bei einem korrumpierenden Willen zur Herrschaft = Freiheitsbeschränkung anderer pur, welcher mittlerweile allen Menschen ansozialisiert sei. Und da ist man halt echt völlig weg davon, wie die bürgerlich-demokratischen Herrschaft funktioniert.

  30. 30 tee 19. November 2006 um 5:38 Uhr

    na gut, richard…

    1. sind für mich „anarchistische ideen“ und „der anarchismus“ zwei paar schuh,
    2. finde ich „tolle neue gruppenform“ lustig, weil ich mein vorurteil über starre (politische) gruppendefinitionen bestätigt sehe,
    3. dass „die bisherigen formen des politischen engagements es nicht bringen“ habe ich nicht behauptet, nur dass elemente dieser formen verbesserungswürdig sind (und es geht nicht immer nur um effizienz!), und
    4. dass sie „erfolgreicher sein wollen“ ebenso, denn dass effizienz und erfolgssucht charakteristika unserer kapitalistischen gesellschaft sind und ich diese denkweise (= reproduktion) auch hier treffe ist schon amüsant…
    (ja warum nur sollte dieser zusammenhang sich umbenennen?)

    „der witz … ist der umstand, dass die sich ein ideal des kernelements bürgerlicher herrschaft basteln.„ ist dein obskurer schluss. eine unterstellung.
    „ja, ich rede von der freiheit, die es eben gibt, von welcher auch sonst.“ - tja, wir sprachen, glaub’ ich, von der freiheit als ideal bzw. als begriff für herrschaftslosigkeit. einer, die es geben könnte oder auch nicht, einer zu erstrebenden oder auch nicht. aber eben nicht von der real existierenden (nicht)freiheit. also wieso sollte ich darauf eingehen?
    „und dass freiheit kernelement bürgerlicher herrschaft ist, verneinst du zwar, begründen willst Du es aber nicht.“ - oh, welch famose unterstellung. hab ich was verneint? du siehst den begriff freiheit nur in einem bürgerlichen rahmen, ich nicht. sorry, aber wenn wir so aneinander vorbeitexten, sollten wir’s halt echt lassen (macht ja doch keinen sinn).

    deswegen lasse ich mich auch nicht auf die diskussion „freiheit als begriff im kontext der bürgerlichen gesellschaft“ ein. auch ich lebe nicht ewig…

    zu meinem „aber ich will wieder einmal bemerken…“-absatz: damit wollte ich meinen ärger über verkürzte staatskritik (oder so) zu ausdruck bringen. zugegebenermassen schlecht formuliert und nicht untermauert bedauerte ich so das in solchen diskussionen immer wiederkehrende feindbilddenken, den reinen ist-bezug und vor allem die völlige ausblendung der soziologischen ursachen.
    damit bist auch nur im geringen du gemeint und es ist kein direkter vorwurf an dich.

    nun noch zu mpunkt’ sofortigem mitschwenk:
    „die (heutigen) anarchos“ - vereinfachung und homogenisierung zum eigenzweck der kritik
    „ihr freiheitsfantum beruht aber dennoch auf einer (enttäuschten) idealisierung der herrschaft des bürgerlichen staats.“ - da meine ich eben dass das eine unterstellung ist (schon wegen der vereinfachung). nicht beim infoflugblatt…
    „die anarchos“ - langsam find ich’s lustig
    „ansozialisiert“ - richtig, deswegen empfinden die meisten menschen ja auch nichts schlimmes an der bürgerlich-demokratischen herrschaft. ansozialisiert aber v.a. durch die vielen anderen herrschaftsverhältnisse, die ihr gerne ausblendet. eben deswegen ist es verkürzt und sinnlos, die bürgerlich-demokratisch herrschaft allein (ob ihrer sachzwänge) zu kritisieren anstatt sich mal der herrschaft an sich zu widmen.
    ich weiss, du denkst jetzt bestimmt, der hat’s ja immer noch nicht kapiert… aber was sind denn die wahren „gründe für die aufgeherrschten freiheiten“? der status des eigentums vielleicht, sprich das eigentum an sich? auch das wäre noch völlig verkürzt…

  31. 31 Richard 19. November 2006 um 14:39 Uhr

    Na gut, um ein letztesmal zu zeigen, dass das Ideal der realexistierenden Sache entlehnt wurde:

    Du willst nicht auf die hier gelieferten Bestimmungen der Freiheit eingehen, weil es doch etwas anderes sei, als Dein Ideal von ihr. Ja, das ist doch genau, was Dir primär vorgeworfen wird: Du hast ein Ideal, Du nimmst eine reale Sache, die in unserer Gesellschaft in einem hohen Kurs steht und deutest ihren Inhalt so um, dass Du ihn für akzeptabel hälst.

    Überleg doch mal, warum Du (und alle, die es tun) für “Herrschaftsfreiheit” überhaupt “Freiheit” sagen solltest, wenn das mit dem realexistierenden Ding nichts zu tun hätte. Wieso sagst Du denn dazu nicht einfach “Magie”, “Rumpelstilzchen” oder, noch besser, “Herrschaftsfreiheit”?* Nochmal: Du nimmst die Freiheit, die es gibt (nämlich die staatliche Erlaubnis, Deinen Willen in einer bestimmten Sphäre zu betätigen, um staatliche erwünschte Pflichten zu erledigen) und nimmst die eine Seite des Erlaubnisses, nämlich dass der Wille sich eben in einer begrenzten Sphäre austoben darf, und stellst Dir die ohne eine Staatsgewalt vor.

    Das machen nicht nur Du und die Anarchos. Wie gesagt haben fast alle Leute hierzulande die Propaganda, Freiheiten habe der Mensch von Geburt an & der Staat würde diese nur schützen, geschluckt. Und auch der Fehler, Freiheit für einen guten Berufungstitel gegen staatliche Beschränkungen zu halten, ist sehr weit verbreitet. Das speziell anarchistische ist, wie MP ja schon ausgeführt hat, wenn man auf der Seite der Propaganda beharrt, dass Freiheit doch etwas tolles & schönes sein soll und man dies als Widerspruch dazu begreift, wie der Staat einem in seinem Willen, also aus idealistischer Sicht “in seiner Freiheit”, beschränkt.

    Die Anarchos sehen die Notwendigkeit der Beschränkungen nicht ein, und zwar in zweierlei Sinne: Zum einen ist es ihnen unverständlich, wieso die Gewalt ihnen nützlich sein sollte (und diese Seite teile ich mit ihnen, weswegen ich mich auch gerne auf einen um Klärung bemühten Streit einlasse); und auf der anderen Seite sehen sie nicht, warum es die Gewalt auf Grundlage der Produktionsweise, die die Gewalt gleichzeitig verordnet, wirklich braucht (und das ist der knackige Fehler, worum ich mit solchen Leuten streite). Als Lohnarbeiter, bürgerlicher Schüler und als Unternehmer braucht man den bürgerlichen Staat. Diese Leute wollen den Staat wegen ihren Pflichten, die der Staat ihnen verordnet hat. Und wenn man meint, das sei zum Schaden vieler Leute, dann muss man ihre Pflichten kritisieren und nicht darauf bestehen überhaupt bräuchts die Herrschaft doch gar nicht und man könnte sich doch einiges besser vorstellen.

    Um meine Behauptung klar zu machen: Freiheit macht überhaupt nur “in einem bürgerlichen Rahmen” Sinn. Alles andere sind von der Sache abgeleitete Idealismen, schöne Vorstellungen, wie die Freiheit sein könnte, wenn sie nicht das wäre, was sie ist. Wenn einem irgendetwas stinkt, dann sollte man sich schonmal klarmachen, was das ist und nicht ständig mit der schöneren Vorstellung just der Sache, die einem Probleme bereitet, aufwarten.

    (*Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Der sprachliche Gebrauch soll nur als Beleg dienen, dass Deine Vorstellung wohl etwas mit der fraglichen Sache zu tun haben muss. Ich kritisiere die hinter dem Sprachgebrauch stehende Vorstellung, nicht ihn selber.)

    p.s. “die wahren Gründe für die Freiheiten” sieht man an der Freiheit selbst, das ist nicht so furchtbar schwer zu erschließen. Siehe MP’s Aufzählung im Beitrag 29.

    p.p.s. Von der “Herrschaft an sich” kann man ja reden, dann tu es halt. Ich mache mal einen Vorschlag: Institutionalisierte Gewalt, Leute dazu zu bringen, etwas zu tun, was sie nicht von sich aus täten oder davon abzuhalten, was sie eigentlich vorhatten. Na, und jetzt? Wozu soll eine solch abstrakte Bestimmung denn gut sein? Jetzt weiß man weder etwas über einen Königshof, noch über ein Parlament, weder über das Imperium romanum, noch über die BRD mehr, als dass sie halt irgendwie Herrschaft sind, irgendwie eine Obrigkeit existiert, die im Gegensatz zu ihren Bürgern steht. Well, maybe we can muse over this astonishing discovery for a few more sessions… Merkst Du nicht, dass alle Probleme, denen man hier auf Schritt und Tritt begegnet durch nichts erklärt werden, wenn man weiß, was Herrschaft ist?

    Die Komik bei der einen Szene in “Monty Python und der heilige Gral” besteht IMHO darin, dass König Arthus dem anarcho-syndikalistischem Bauern physisch auf den Leib rückt, ohne über irgendwelche herrschaftliche Gewalt über ihn zu verfügen und der Bauer Tim schreit “help, help, I’m being suppressed”. Ich meine, da trifft der Film etwas, nämlich die Tour, jede Gewalt als Herrschaft brandmarken zu wollen. Soviel in politischen Gruppen oder im Privatleben oder wasweißichwo schief oder scheiße laufen mag, auf dem Unterschied zwischen einer bratzigen Umgangsweise oder einer unsachlichen Geltungssucht auf der einen und dem institutionalisierten Zwang und regelmäßiger geplanter Zuweisung von Rechten und Pflichten auf der anderen Seite möchte ich doch mal bestehen.

  32. 32 MPunkt 19. November 2006 um 19:21 Uhr

    @ tee:

    Inhaltlichhat jetzt ja schon Richard alles nötige gesagt. Daher nur kurz was eher formales: Ich habe da keinen Gegenstandswechsel mitgemacht, sondern was klargestellt, nämlich den Zusammenhang von der realen Freiheit als materieller Grundlage für das Freiheitsideal. In meine ersten Ausführungen würde das als Ergänzung zu dem Punkt gehören, warum man vom Wunsch nach Herrschaftsfreiheit zum Ideal der Freiheit an sich kommt. Und ja, das hatte ich da bewusst ausgelassen, denn solange nicht geklärt ist, warum es Quark ist, das Ideal der Freiheit (oder auch ein anderes, aber das gehört wirklich nicht zum Thema), zu verfolgen. Teilt man das nicht, erscheint die Verknüpfung von realer Freiheit und ihren Folgen mit dem Freiheitsideal selbstverständlich als bloße Denunziation des Ideals, weil man dieses ja gerade gegen die reale Freiheit stellen will. Solange man nicht begriffen hat, warum das Freiheitsideal verkehrt ist, besteht schließlich auch gar kein Interesse daran, diesem Fehler mal auf den Grund zu gehen. Wenn dann aber schon dieser Übergang zur realen Freiheit gemacht wird, will ich ihn dann schon auch dargestellt haben.

  33. 33 tee 20. November 2006 um 14:36 Uhr

    mmh, hab ich ein ideal?
    weiss gar nicht…
    denk schon, wer nicht. aber wende ich meine ideale „falsch“ an, propagiere ich sie bspw. zum schaden anderer?
    ich denke nicht. was kann mir also vorgeworfen werden?
    dass ich nicht „richtig“ denke? dass ich mir „falsche“ bilder mache?
    kommt mir alles vor wie die vorboten der inquisition…
    macht ja auch noch nix, sind halt alles nur projektionen.

    als beispiel das recht auf bewegungsfreiheit:
    es wird vom staat gegeben, so kann mensch das sehen. oder aber:
    die bewegungsfreiheit wird räumlich und/oder für bestimmte personen(gruppen) von staaten beschnitten. auf ein dem staat nützliches und erträgliches höchstmass sowie einem dem allg. widerstandsgrad geschuldeten mindestmass. (selbstredend sind die äussere faktoren (aussenpolitik) mitentscheidend)
    es gab zeiten, da waren menschen in ihrer bewegungsfreiheit nur durch physikalische gesetze und die naturgegebenheiten (berge, meere) beschränkt. sie waren also bewegungsfrei. frei in ihrer bewegung. sie hatten die freiheit der bewegung.
    ebenso die meinungsfreiheit:
    die meinungsfreiheit wird inhaltlich und/oder für bestimmte personen(gruppen) von staaten beschnitten. auf ein dem staat erträgliches höchstmass sowie einem dem allg. widerstandsgrad geschuldeten mindestmass.
    es gab zeiten, da waren menschen in ihrer meinungsfreiheit nur durch ihre unmittelbaren interakteure beschränkt (stichwort gruppenkonsens). sie waren also (relativ) meinungsfrei. frei in ihrer meinung. sie hatten die freiheit der meinung.
    natürlich hatte dort der begriff der freiheit noch keine existenzberechtigung. es benötigt diesen beschneidenden faktor, um die eigentliche freiheit erst erkennen zu können.
    zu erkennen! das bedeutet nicht, dass sie dort erst entsteht!
    wie gläubig muss mensch eigentlich sein, das pferd so von hinten aufzuzäumen?
    wenn mensch etwas nicht sieht, ist es also auch nicht da, oder wie?
    das, was ihr hier mir und „den anarchos“ vorwerft, ist das erkennen der grundmässigkeiten.
    warum heisst es denn so schön: frei wie ein vogel?
    menschen projezieren ihre (tw. mögliche) (bewegungs)freiheit auf den vogel.
    aus welchen gesetzen der bürgerlich-demokratischen grundordnung resultiert bitte diese freiheit? das erkläre mir mal. könnt ja sein, dass es so heisst, weil er zumindest tw. die schwerkraft überwinden kann. er ist sogar noch bewegungsfreier als wir.
    freiheit ist relativ. unbestritten.
    aber in relation wozu? zur herrschaft vielleicht? der herrschaft der schwerkraft oder der des eigentums und sicherheitsbedürfnisses. und der erkenntnis zu leben. um das leben und eigentum zu schützen bedarf es (z.z.) herrschaft. nicht erst seit den nationalstaaten. wer das erkannt hat, leitet den begriff der und die forderung nach freiheit nicht von der bürgerlich-demokratischen grundordnung ab, sondern wendet die erkenntnisse nur auf diese an.
    die durchsetzung der herrschaft ist auch immer nur mit gewalt möglich. sei es die direkte (wie im monty python-beispiel oder einer abschiebung) oder die indirekte (vorenthaltung von eigentum oder land mit mitteln der direkten) anwendung von gewalt. nicht jede gewalt ist gleich herrschaft

    „freiheit macht überhaupt nur “in einem bürgerlichen rahmen” sinn“
    grosses gelächter allerorten…
    erzähl das mal einem sklaven, der angekettet vor 3000 jahren das wort benutzt, um das unangekettet sein zu beschreiben. oder einer frau, die durch (angedrohte und/oder vollzogene) gewalt und/oder der drohung, verstossen zu werden, gezwungen ist bei ihrem mann zu bleiben und gern von ihm getrennt wäre.
    seit tausenden von jahren herrschaft und begrenzung der freiheit. und für dich macht das „überhaupt nur “in einem bürgerlichen rahmen” sinn“???
    zeitlich und räumlich eingeschränkte sichtweise nenne ich das.
    und genau das meinte ich mit dämonisierung des staates.
    ihr kommt einfach dem kern nicht näher, indem ihr immer den bösen staat vorschiebt. als grund und übel um materielle interessen zu schützen. wagt mal einen blick in die vergangenheit oder gar die zukunft. schaut mal auf die herrschaft des menschen über andere lebewesen und dinge.
    anstatt sich nur mit „sachzwängen“ aufzuhalten.

    „merkst du nicht, dass alle probleme, denen man hier auf schritt und tritt begegnet durch nichts erklärt werden, wenn man weiß, was herrschaft ist?“
    nicht was sie ist, sondern wie sie zustande kommt. was nützt es überhaupt, allein die probleme zu erklären? erklär lieber wie es dazu kommt. so gilt es (u.a.) eben auch die ursachen für herrschaft zu erkennen, ohne die diese probleme kaum existieren würden. oder meinst du mit probleme z.b. die einstellung von menschen zum eigentum? da wären wir dem kern nämlich schon näher, nur gibt es eigentum schon länger als diese bekackte „ bürgerlich-demokratische grundordnung“…

    und dann willst du mir erzählen, dass „fast alle leute hierzulande die propaganda, freiheiten habe der mensch von geburt an & der staat würde diese nur schützen, geschluckt“ haben?
    jaja, der dumme pöbel…
    kommst du nicht auf die idee, viele menschen nehmen die beschneidungen ihrer freiheit(en) und v.a. der anderer in kauf, um des preises des eigentums und der sicherheit willen?

    und mpunkt schreibt vom „… zusammenhang von der realen freiheit als materieller grundlage für das freiheitsideal“
    sag mir doch mal, warum die reale freiheit die materielle grundlage für das freiheitsideal sein MUSS!

  34. 34 Richard 20. November 2006 um 17:13 Uhr

    sag mir doch mal, warum die reale freiheit die materielle grundlage für das freiheitsideal sein MUSS!

    Wir tun die ganze Zeit nichts anderes: Weil es nur so Freiheit gibt und geben kann. Lies Dir doch oben dazu nochmal die beiträge dazu durch. Da steht eigentlich schon, was für ein Quatsch das ist. Um es mit Deinem neuen Beitrag zu verknüpfen (Punkt 1-4, der Punkt 5. ist der Übergang zu realen Freiheit):

    1. Freiheit von Ketten, Schlägen, Eheversprechen etc.pp. ist doch wohl etwas anderes, als _die Freiheit_ überhaupt. Darauf weist MPunkt doch schon in seinem ersten Kommentar hin: Freiheit von diesem oder jenem heißt einfach, das man ihm nicht mehr ausgesetzt ist, “Freiheit ohne Bezugspunkt wovon bzw. wozu ist jedoch Quatsch” (siehe auch mein Beitrag 23.). Wenn ich die spezielle Sache (Prügel, Ausbeutung ect.pp.) auch für kritikabel halte, dann bin ich ebenfalls sehr für diese Abwesenheit unangenehmer Umstände, also für “Freiheit von ihr” (wenn nicht, dann natürlich nicht!). Diese Differenzierung wurde schon am Beginn der Diskussion gemacht. Geh doch bitte mal auf diese Unterscheidung und auf die Kritik _der Freiheit überhaupt_ ein und sag, was Du davon hälst, sonst kommen wir nicht weiter.

    2. Freiheit zu etwas, Freiheit als: da verwirkliche ich meinen Willen - ist eine sinnlose Verdoppelung, das wurde auch schon angemerkt. Wenn man über Stock und Stein wandert, dann freut man sich vielleicht über die frische Luft, die schöne Aussicht, die Ruhe, die nette Begleitung, alles mögliche, aber doch nie und nimmer darüber, dass man ganz abstrakt seinen Willen zur Bewegung verfolgt. Wieso kommt man denn auf so ein überflüssiges Urteil?

    3. Du bemerkst es ja selbst, dass man diesen unbeschränkten Willen nur bemerkt, wenn man sich eine Schranke überhaupt vorstellen kann. Hierzulande seufzen die jungen Leute auch nur dann “was für ein Glück, ich darf heiraten, wen ich will”, wenn sie gerade Dokus über den nahen Osten oder das Sexualleben ihrer Großeltern gesehen haben. Ansonsten ist diese Betätigung des Willens kein Jota Aufmerksamkeit Wert.

    4. Nur, um nochmal darauf hinzuweisen: Freiheit kann nie und nimmer die „Verfolgung des eigene Willens“ sein, oder wenn, dann kann es das Ding nur dann geben, wenn die Interessen sich eh gleichgültig gegeneinander verhalten (in dem Fall, gehe zurück zu 2.)! Ich will Dich zwingen, Hannelore zu heiraten, Du willst es nicht – na, und jetzt? Beide Willen schließen sich doch aus, einer von beiden muss den kürzeren ziehen. (Siehe mein Beitrag 25., das Schülerbeispiel) Bitte gehe auf diese Argument doch mal ein.

    5. Was kann die Freiheit also konsequenterweise allein noch sein? Eben: Der bedingte und begrenzte Schutz eines Willens, der negativ auf einen anderen bezogen ist. Die Grenzziehung zweier Menschen/Institutionen, die sich gegensätzlich gegenüberstehen.

    Oder, um es in den Worten des 19. Jh. auszudrücken:
    „Die Freiheit ist also das Recht, alles zu tun und zu treiben, was keinem andern schadet. Die Grenze, in welcher sich jeder dem andern unschädlich bewegen kann, ist durch das Gesetz bestimmt, wie die Grenze zweier Felder durch den Zaunpfahl bestimmt ist.“

    Freiheit ist also, wie bereits geschrieben, die Zuweisung einer Sphäre, in der sich der Wille austoben darf. Und ja, das gab es auch früher, diese Freiheiten waren aber zumeist Privilegien, Privatrecht, Erlaubnisse zur Nutzung dieses Ackers oder jenen Bauern. Dass fast jede Regung der Individuen in erlaubt und verboten eingeteilt wird, dahin hat es doch wahrlich nur die bürgerliche Gesellschaft gebracht.

    (Zu diesem Punkt wurde auch schon jede Menge geschrieben, siehe Beitrag 23., 27 & 29)

    p.s.

    „merkst du nicht, dass alle probleme, denen man hier auf schritt und tritt begegnet durch nichts erklärt werden, wenn man weiß, was herrschaft ist?“
    nicht was sie ist, sondern wie sie zustande kommt. was nützt es überhaupt, allein die probleme zu erklären? erklär lieber wie es dazu kommt…

    Ich verstehe kein Wort von diesem Abschnitt. Ich meine natürlich die Probleme, die man mit der hiesigen und jetzigen Herrschaft hat. Auf den Grund seiner Probleme kommt man, wenn man sie sich etwas genauer anschaut. Und insofern man den Grund in seiner Herrschaft sieht muss man die genauer analysieren.

    Ich wollte Deinem Anliegen, sich Herrschaft überhaupt mal genauer anzuschauen damit kritisieren, dass man mal sagt, was Herrschaft ist. Damit ist man 1. ziemlich schnell fertig und 2. weiß man immer noch nicht, was die BRD mit einem vorhat, warum man arbeitslos ist, warum man in den Krieg geschickt wird, warum sogar das Liebesleben hierzulande reglementiert ist etc.pp. Das bringts nicht, wollte ich sagen. Wenn man weiß, was Herrschaft ist, kann man sich in die Ecke setzen und sagen: na, auch diese Herrschaft nützt mir nix. Aber damit hat man kein einziges Argument in der Hand, ob und wie man den Laden verändern, abschaffen oder beschränken sollte. Weder für sich, noch für irgendjemanden sonst.

    Und warum dem Bauern Eduard anno domini 1382 irgendwo zwischen Augsburg und Worms ein Teil seiner Ernte von seiner Herrschaft weggenommen wurde kann mir doch schnurzpiepegal sein. Entweder hats denselben Grund, na, dann erledige ich den gleich mit, wenn ich den Alltagsproblemen mit meiner Herrschaft auf den Grund gehe, oder eben nicht, dann kanns mir aber auch erst recht egal sein, weil ich wirklich dringenderes zu tun habe.

  35. 35 mpunkt 23. November 2006 um 20:34 Uhr

    @ tee:

    sag mir doch mal, warum die reale freiheit die materielle grundlage für das freiheitsideal sein MUSS!

    Nichts leichter als das, schon Dein eigenes Gegenbeispiel:

    warum heisst es denn so schön: frei wie ein vogel?

    belegt das doch aufs Vortrefflichste. Als hätte im Mittelalter irgend jemand Wert darauf gelegt, vogelfrei zu sein …

    Nein, um Freiheit zum Ideal zu machen, muss die schon mehr zum Inhalt haben, als Abwesenheit von Beschränkung xyz. In diesem Fall meint “Freiheit” eben auch nur das Ende der eigenen Versklavung und das wars. Auf Freiheit als Ideal kommt man nur, wenn sich diese positiv auf etwas bezieht. Und das ist erst der Fall, wenn der bürgerlich-demokratische Staat seine Gesellschaftsordnung über lauter Freiheiten aufgeherrscht hat, Freiheit also nicht mehr nur die Abwesenheit von etwas ist. Damit einhergehend betreibt dieser auch seine Selbstlegitimation damit, dass er - im Gegensatz zu allen anderen politischen Systemen - Freiheit gewährt, so dass Freiheit schon da getrennt von ihrem Inhalt zu einer Art Höchstwert wird. Die Anarchos (nicht nur die, aber die am radikalsten) reflektieren darauf nun verkehrt, da sie davon ausgehen, dass die realen Beschränkungen, die sie erleben, nicht etwa aus der freiheitlichen Grundordnung resultieren, welche der Staat aufgeherrscht hat, sondern ausgerechnet aus einem Mangel an Freiheit. Schließlich muss diese als Höchstwert ja etwas Tolles sein - da wäre man glatt gerne “frei wie ein Vogel”. So kommen die als radikaler Vertreter der Selbstlegitimation des bürgerlich-demokratischen Staats ironischer Weise dazu, diese ganz unzutreffend gegen den bürgerlichen Staat zu wenden, weil der - ausgerechnet - ihre Freiheit einschränke.

  36. 36 tee 24. November 2006 um 10:59 Uhr

    zu 1. darauf bin ich schon eingegangen. siehe kommentar 17 & 21

    das wort ideal solltet ihr euch wohl mal klarmachen.

    um zur freiheit an sich zu gelangen, als ideal, benötigt mensch als ausgangsbasis bezugspunkte.
    ja, die bezugspunkte…
    ihr wollt mir ernsthaft weismachen, „die anarchos“ würden ihr freiheitsideal aus den vorhandenen, den aufgeherrschten, freiheiten stricken und nicht etwa aus den übriggebliebenen, aufgeherrschten unfreiheiten? oder gar aus einer art geschichtsanalyse? drum:
    anwesendes und abwesendes sind immer noch zwei seiten der selben medaille. der staat hält immer nur die eine seite hin. stimmt. aber es soll menschen geben, die sie auch mal wenden. oder gar nur die andere seite spüren.

    dein „zitat“ aus dem 19. jh. sagt auch nur als was sie der/die autor/in sieht. mehr nicht. war wohl kein „anarcho“?

    wort- und sinnverdrehung par excellence: „frei wie ein vogel“. (dabei hab ich den bezugspunkt für dies eine freiheit noch extra klargemacht)

    „dass fast jede regung der individuen in erlaubt und verboten eingeteilt wird, dahin hat es doch wahrlich nur die bürgerliche gesellschaft gebracht.“
    du schreibst, dass der grad der regulation in der bürgerlichen gesellschaft am höchsten ist. was ich nicht bezweifeln könnte. aber das ist absolut kein argument für eine herkunft des freiheitsideals.

    „auf freiheit als ideal kommt man nur, wenn sich diese positiv auf etwas bezieht“
    positiv auf alle vorstellbaren unfreiheiten?
    wie überhaupt kann sich freiheit positiv auf etwas beziehen?

    das hier bringt es auf den (m)punkt:
    „und das ist erst der fall, wenn der bürgerlich-demokratische staat seine gesellschaftsordnung über lauter freiheiten aufgeherrscht hat, freiheit also nicht mehr nur die abwesenheit von etwas ist.“
    die bezugspunkte dieser aufgeherrschten freiheiten sind doch wohl die unfreiheiten. gerade hier machst du klar, dass freiheit in diesem kontext die abwesenheit (bspw. von sklaverei) ist. ist doch wohl logisch: beim preisen der freiheit wie in bürgerlich-demokratischen staaten, zum zweck der herrschaftsaufrechterhaltung, wird auf abwesendes (unfreiheit) verwiesen. beim preisen der freiheit woanders, zum zweck der herrschaftsbekämpfung, wird auf (auch ehemals oder zukünftig) anwesendes verwiesen. merkst du den unterschied?
    nur herrschaftsaufrechterhaltende preisen allein das momentan positive. die anderen meist mehr als das pure gegenteil, meist nämlich gegenteile der momentanen unfreiheiten plus x gegenteile möglicher und vergangener unfreiheiten plus x momentane freiheiten.
    scheisse erklärt, was ich meine, aber zumindest mir ist noch viel klarer als vorher, dass das ideal der freiheit sich eben nicht so leer ist, wie manche behaupten mögen. dass sich das wort entwickelt und so einen substanziellen gehalt haben MUSS.

    auf freiheit als ideal kann mensch eben nur kommen, wenn er sich negativ auf etwas bezieht. nämlich auf alle unfreiheiten, die schaden. dass diese meist aus negativen erfahrungen innerhalb der menschheit gründen, scheint mir klar. so klar, wie dass auch die aufgeherrschten freiheiten nur aus unfreiheiten gründen können.

    „die freiheit besteht darin, dass man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet.“ matthias claudius
    (allg. bezugspunkt der freiheit – menschlicher schaden; sprich: leben ohne schaden für menschen = das ideal der freiheit)

  37. 37 mpunkt 24. November 2006 um 12:01 Uhr

    Argh! Das dreht sich echt im Kreis:

    ihr wollt mir ernsthaft weismachen, „die anarchos“ würden ihr freiheitsideal aus den vorhandenen, den aufgeherrschten, freiheiten stricken und nicht etwa aus den übriggebliebenen, aufgeherrschten unfreiheiten?

    Eben sowohl als auch. Die begreifen ja nicht, dass der bürgerlich-demokratische Staat positiv seiner Gesellschaft eine Ordnung aufherrscht, wenn er lauter Freiheiten als Recht setzt, sondern die nehmen das, durchaus in Übereinstimmung mit der bürgerlichen Ideologie darüber, negativ als Überwindung von Einschränkungen wahr. Davon zeugt deine Rede von den “übriggebliebenen (!) […] unfreiheiten” ebenso, wie die Forderung nach Rechten für irgendwen im Einzelpersonen-aus-der-A-Gruppe-Flugi. Weil sie eben nicht begreifen, dass die bürgerliche Gesellschaft über die Freiheitsrechte aufgeherrscht wird, werden sie über die Freiheitsrechte zu prinzipiellen Fans der Freiheit. Weg mit allen Einschränkungen - her mit lauter Freiheitsrechten! An diesem Ideal blamieren sie dann die bürgerliche Gesellschaft, weil sie in ihr noch lauter Beschränkungen wahrnehmen, die sie wegen ihres falschen Begriffs von der Freiheit für Einschränkungen dieser halten.

    Also: Das Freiheitsideal der Anarchos beruht auf einer verkehrten Reflektion auf die positiv gesetzten Freiheiten, weil diese als rein negatorisch, als Beseitigung von Beschränkungen, aufgefasst werden. Darum richtet es sich dann auch gegen die Beschränkungen, welche mit den positiv aufgeherrschten Freiheiten notwendig einhergehen (die sollten ja kein Freiheitsideal, sondern eine kapitalistische Gesellschaft, mit einem Staatsvolk, dass sich von sich aus Sorgen um den Staat macht, verwirklichen), nur eben fälschlich als vermeintlich ungenügende Verwirklichung der Freiheitsrechte. Und wenn man nur deren inkonsequente Verwirklichung zu beklagen hat, dann ist man eben ein ziemlicher Fan von diesen. Und vor allem dafür ist der Anarchismus zu kritisieren.

  38. 38 tee 24. November 2006 um 16:55 Uhr

    ja, das “übriggebliebene” ist blöd. das kommt davon, wenn ich mich zu sehr auf deine argumentationsschiene einlasse.
    aber das sowohl als auch kann ich so allein nicht gelten lassen. ich drücke mich ja oft blöd aus, drum jetzt wieder:
    sowohl aus den unfreiheiten, die die böse bürgerliche gesellschaft allen aufherrscht, sowie aus allen anderen unfreiheiten ist das freiheitsideal gestrickt. stell dir vor, es gibt herrschaftsverhältnisse, die noch nicht geregelt und durch den staat aufgeherrscht sind. freiheiten und unfreiheiten im rechtsfreien raum. in diesen zusammenhängen benutzt mensch oft auch das wort moral. was ist mit denen? warum kämpfen menschen immer noch gegen das patriarchat? oder sog. tiermord? ethische gründe vielleicht? aus der erkenntnis bestehender ungerechtigkeiten?
    so sind es doch nur die unfreiheiten, aus denen das freiheitsideal gestrickt ist. und zwar nicht nur die, die momentan aufgeherrscht werden. und wer sich mal mit der entstehung (des begriffes) der freiheit auseinandersetzt, erkennt hoffentlich woraus freiheit gründet. nur aus sog. unfreiheiten. aus erkannten natürlich. deswegen ist es auch legitim, wenn ein freiheitsideal auch aus den aufgeherrschten unfreiheiten der bürgerlichen gesellschaft erwächst. auch!
    die freiheit an sich (das ideal) kann doch einfach nur die negation der er- bzw. bekannten unfreiheiten sein. der freiheitsruf ist doch nichts anderes als die erdachte lösung der probleme, die durch unfreiheiten (schaden von menschen durch menschen) entstanden. bloss wird oft vergessen, was zuerst da war: die unfreiheiten. die passten manchen menschen nicht (weil sie ihre auswirkungen spürten) und sie fanden ein wort für die schöne vorstellung der nichtexistenz dieser (schädlichen) einschränkungen: die freiheit. lange bevor freiheit auch gegeben wurde.
    wenn nun jemand gegen die existenz aller dieser einschränkungen ist, aus der blossen erkenntnis der schädlichkeit dieser, ist das zwar idealistisch, aber nicht falsch.
    und wenn dabei reale unfreiheiten erkannt werden, na und?
    du unterstellst „den anarchos“ eine forderung nach freiheit, die so nicht existiert.
    „… wie die forderung nach rechten für irgendwen im …flugi.“ wer fordert wo und von wem??? genau deswegen ist dein beitrag hier zu mind.52,43% schmarrn. du halluzinierst eine reaktionäre protesthaltung auf alle „anarchos“, kannst es aber nicht belegen. wie auch. dass das freiheitsideal „der anarchos“ „auf einer verkehrten Reflektion auf die positiv gesetzten Freiheiten“ beruhen muss, schaffst du einfach nicht mir klarzumachen. dass es das bei einem grossteil der menschen tut, streite ich nicht ab. aber dass es bei allen immer muss?
    „… nur eben fälschlich als vermeintlich ungenügende verwirklichung der freiheitsrechte.“ …behauptest eben du!

    für mich ist bis jetzt klar: im radikalen sinne kann es reflektion auf freiheiten gar nicht geben, da sie nicht real sind. im gegensatz zu den sog. unfreiheiten. sogenannt, weil ich damit nicht die einfache negation der aufgeherrschten oder zugestandenen freiheiten bezeichne, sondern die schädlichen einschränkungen im leben.

    so, erstmal wieder genug mist geschrieben…
    …ach, dass ging mir dabei immer wieder im kopf rum: die beste kommunikationsguerilla ist die, die nicht als solche erkannt wird. (jetzt frage ich mich, ob vom autor oder dem auditorium!?)

  39. 39 Richard 24. November 2006 um 17:03 Uhr

    dein „zitat“ aus dem 19. jh. sagt auch nur als was sie der/die autor/in sieht. mehr nicht. war wohl kein „anarcho“?

    Nein, anscheinend wars wohl keiner. Ich habe das Zitat gebracht, weil es meiner ganz bescheidenen Ansicht nach gut ausdrückt, was die Freiheit ist. Die Argumente dafür stehen in den Punkten da drüber. Wenn Du meinst, dass es das nicht trifft, könntest Du ja mal auf diese Argumente eingehen, d.h. sie mal durchdenken und versuchen, zu widerlegen. Wenn daran kein Interesse besteht, würde ich diese Diskussion mit dem Hinweis ruhen lassen, wie gut das “zitat” aus dem 19. Jh. doch auf Deines aus dem 18./19. Jh. passt - und zwar (um diese abstrakte Argumentation nochmals kurz zu wiederholen), weil sich zwei Willen entweder überhaupt nichts angehen, oder aber sich gegenseitig ausschließen, der eine Willen nur auf des Kosten des anderen zum Zuge kommt, es dann aber auch einer über beiden Interessen stehende Instanz bedarf, um zu ermitteln, was jetzt legitimerweise “schaden” sei und was nicht:

    „die freiheit besteht darin, dass man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet.“

    matthias claudius

    „Die Freiheit ist also das Recht, alles zu tun und zu treiben, was keinem andern schadet. Die Grenze, in welcher sich jeder dem andern unschädlich bewegen kann, ist durch das Gesetz bestimmt, wie die Grenze zweier Felder durch den Zaunpfahl bestimmt ist.“

    kein “anarcho”

  40. 40 mpunkt 24. November 2006 um 18:21 Uhr

    Also noch einmal:

    die freiheit an sich (das ideal) kann doch einfach nur die negation der er- bzw. bekannten unfreiheiten sein. der freiheitsruf ist doch nichts anderes als die erdachte lösung der probleme, die durch unfreiheiten (schaden von menschen durch menschen) entstanden. bloss wird oft vergessen, was zuerst da war: die unfreiheiten.

    Das haut doch schon logisch nicht hin. Um an alles mögliche, was einem aus triftigen oder verkehrten Gründen stört, ausgerechnet den Vorwurf der Unfreiheit heranzutragen, muss man schließlich schon Fan der Freiheit sein. Sonst würde man ja einfach sagen, “ich will nicht mehr, dass xyz mit mir gemacht wird”. Und darauf, dass die Freiheit das Mittel für einen sei, kommt man halt nur in verkehrter Reflektion darauf, dass der bürgerliche Staat positiv Freiheit(en) aufherrscht. Die muss man sich dann schließlich zu seinem Mittel machen - und die Leute sind auch noch dankbar, dass ihnen diese Mittel erlaubt ist (toll, man darf seine Arbeitskraft verkaufen!).

    für mich ist bis jetzt klar: im radikalen sinne kann es reflektion auf freiheiten gar nicht geben, da sie nicht real sind. im gegensatz zu den sog. unfreiheiten. sogenannt, weil ich damit nicht die einfache negation der aufgeherrschten oder zugestandenen freiheiten bezeichne, sondern die schädlichen einschränkungen im leben.

    Ich würde ja sagen, dass gerade die positiven Freiheiten real sind, schließlich werden sie von einem gewaltmonopolistischen Souverän hergestellt. Zum Rest s.o.

    P.S.:

    … wie die forderung nach rechten für irgendwen im …flugi.“ wer fordert wo und von wem??? genau deswegen ist dein beitrag hier zu mind.52,43% schmarrn. du halluzinierst eine reaktionäre protesthaltung auf alle „anarchos“, kannst es aber nicht belegen.

    Klar kann ich das belegen:

    Es sind nicht unsere Kinder, sondern zu allererst frei geborene und gleichberechtigte Menschenwesen, die ein Recht auf persönliche Freiheit, Unversehrtheit und das Erbe einer intakten Umwelt haben.

    Hier werden “natürliche” Rechte proklamiert, um dass dann dagegen auszuspielen, dass die angeblich nicht befolgt werden, also nicht in positives Recht umgesetzt sind. Also fordern die Einzelpersonen aus der A-Gruppe da selbstverständlich Rechte ein. (btw: all das ist grundgesetzlich als Freiheit bereits aufgeherrscht … von daher auch alles andere als “natürlich”. Und nein, das ist kein positiver Bezug auf Natur, sondern eine Kritik daran, dass gesellschaftliche Forderungen auch noch ausgerechnet aus der Natur legitimiert werden. Und sonderlich gut bekommen die Freiheiten auch den Kindern [Denkt denn keiner an die Kinder? :rolleyes:] nicht, ganz im Gegenteil.)

  41. 41 libelle 24. November 2006 um 20:52 Uhr

    Mit Wiederholungen.
    Freiheit ist keine gute politische Forderung. Das Schlechte daran ist aber nicht, dass die Forderung das Ideal der bürgerlichen Freiheit ist (oder auch nicht), sondern dass die Forderung vom Willensinhalt abstrahiert. (weil der eigene Wille nicht zum Zug kommt schließt man auf die Notwendigkeit seiner Befreiung). Darin – und das ist schon mehrfach ausgeführt - passt die Freiheit zum bürgerlichen Laden: Der Staat setzt alle in der Gesellschaft vorfindlichen Interessen frei, indem er sie auf die (im Recht kodifizierten) Bedingungen ihrer Betätigung (Respektierung des Eigentums usw…) verpflichtet. Damit scheidet er alle Interessen in erlaubte und verbotene. Auf dieser Grundlage ihres freigelassenen Willens erscheint dann der bürgerliche Staat seinen Insassen als Beschränkung, also als Unfreiheit, die sie je nachdem, ob sie sich ihre Beschränkung als Staatsbürger, oder als Agenten ihrer gegensätzlichen Interessen denken für notwendig halten oder nicht. Dazu muss man überhaupt kein Anarchist sein bzw. ist jeder Anarcho darin ersteinmal bürgerlicher Kritiker.

    Wenn man jetzt z.B. sagt - „Dass ich keine anständige Wohnung habe ist eine Beschränkung meiner Freiheit und deshalb käme es darauf an, dass diese (oder eine andere) Gesellschaft wirkliche Freiheit zu realisieren hat“ - dann abstrahiert man vom Inhalt des Interesses „Wohnung“, auch wenn man es vielleicht bei „Freiheit“ weiter mitdenkt. „Wohnung“ wird zum bloßen Fall von etwas anderem, nämlich Freiheit. Ob der Willensinhalt vernünftig oder nicht ist, davon ist, wenn man dann der politischen Forderung „Freiheit“ zustimmen soll abstrahiert. Bei „Wohnung“ kann man zustimmen – bei „Geld verdienen“ vernünftigerweise nicht, weil es eine Folge des ökonomischen Zwecks Geldvermehrung ist, dass Leute keine Wohnung haben. Also wäre doch an der Stelle fällig die politische Forderung „Freiheit“ als falsche Abstraktion zurückzuweisen. Wenn man dann aber sagt: Naja, bei Wohnungen geht die Forderung nach Freiheit in Ordnung, beim Geld verdienen nicht, dann ist der Inhalt der Forderung das Kriterium für die Zustimmung und nicht die Freiheit eines bestimmten Interesses. Der Wille zur „Wohnung“ ist, wenn man ihn durchgesetzt hat ohnehin frei (wie auch der zum Geld verdienen).

    Anders manche Anarchos: Die nehmen tatsächlich alles nur als Fall des Fehlens von Freiheit (von Unbeschränktheit des Willens). Darin ist Anarchismus etwas völlig unkritisches bzw. beliebiges. Es ist eine Kritik an der Gesellschaft, aus der alles und nichts folgen kann, weil an den zurückgewiesenen Interessen nur „Unfreiheit“, „Zurückweisung“ festgehalten wird. Manche Interessen muss man aber, wenn man eine vernünftige Gesellschaft haben will zurückweisen – das ist z.B. der Inhalt von Revolution.

  42. 42 tee 26. November 2006 um 7:30 Uhr

    ach, da mache ich einmal das korinthenkackerspiel einmal mit und dann… verliere ich in euren augen womöglich noch. aber wenn schon, denn schon:

    richard:
    was die freiheit ist - wen interessiert das? ist mich interessiert, woher das ideal stammt (bei euch: stammen muss) …siehe unten
    tun kann = recht? jaja, der böse rechtsstaat, jetzt kann ich nur noch sachen tun, die mein recht sind, oder was? was ist mit ethik und moral? gibt es wohl bei keinem, solange der rechtsstaat herrscht.

    mpunkt:
    “um an alles mögliche, was einem aus triftigen oder verkehrten gründen stört, ausgerechnet den vorwurf der unfreiheit heranzutragen, muss man schließlich schon fan der freiheit sein.”
    ich meine ja nicht alles mögliche, sondern die bedingungen, die die wünsche nach den jeweiligen freiheiten hervorbringen. dass sich der begriff unfreiheit von dem der freiheit ableitet, sagt doch nichts über das existenzielle der beschreibungen aus. glaubst du, freiheit war einfach da (oder ist gemacht worden) und wenn dann menschen einschränkungen dieser spüren, sagen sie: scheiss unfreiheit! nein, sie sagen: ich möchte mich von diesem zwang befreien. natürlich erst nachdem sie den zwang (resp. unfreiheit) gespürt haben. es muss für einen (speziellen) wunsch ja eine (spezielle) materielle grundlage gegeben sein, oder? der wunsch nach der freiheit an sich gründet nun auf der erkenntnis vieler solcher zwänge. zur konstruktion dieses ideals (zusammenfassung/vereinfachung/versinnbildlichung) nimmt mensch nun die wünsche zur beseitigung der bekannten und vorstellbaren zwänge zusammen und erhält die summe dieser. von allen schädlichen zwängen (unfreiheiten) befreit erreicht erhält er das ideal der freiheit.
    unfreiheit(en) ist halt auch ein scheiss wort, es verleitet zu falschen rückschlüssen. menschliche sprache ist eben völlig unzureichend, gerade um ideale und ihre gründe zu beschreiben.

    dein beleg: schlechter beleg.
    1. wird das recht nicht gefordert (ja, von wem denn?), sondern vorausgesetzt, besser
    2. als ethischen grundsatz verstanden und (klar!) dafür agitiert

    du unterstellst den verfasser/innen natürlich gleich, “… dass dann dagegen auszuspielen, dass die angeblich nicht befolgt werden, also nicht in positives recht umgesetzt sind.”
    das soll ein beleg sein? da lachen ja die anarchos…

    im gegensatz zu den einschränkungen wie folter bspw., die körperlich spürbar ist, sind die freiheiten konstruiert (aus diesen) und somit nur in beziehung zu diesen denk- und spürbar. wie macht sich denn eine freiheit bemerkbar? wenn dann nur aus der konkreten abwesenheit bspw. der folter. somit ist in diesem fall die freiheit eine der folter, nämlich der abwesenheit dieser. wie schon geschrieben, konstruiert aus den sog. unfreiheiten bla bla.
    geht dem gedanken der freiheit einfach mal auf den grund, das machen heutzutage ganz viele. auch ein paar von „den anarchos“, da bin ich mir sicher.
    da für mich die freiheit eben jenes konstrukt ist, das einzig und allein aus den sog. unfreiheiten resultiert, ist eure muss-argumentation einfach nicht schlüssig.

    tja, das alles bekräftigt mich immer mehr…

    „ich würde ja sagen, dass gerade die positiven freiheiten real sind, schließlich werden sie von einem gewaltmonopolistischen souverän hergestellt.“ - aus welcher bedingung hergestellt? es müsste ja eine art vorbedingung gegeben haben…
    dieser gewaltmonopolistische souverän stellt zwänge her, aus welchen mitunter freiheiten abstrahiert werden. erst die feststellung von realen beschränkungen lässt freiheitswünsche erwachsen.

    und richard:
    „manche interessen muss man aber, wenn man eine vernünftige gesellschaft haben will zurückweisen…“
    dann muss für dich die bürgerliche gesellschaft ja schon ziemlich vernünftig sein. meiner meinung nach gilt es eher, solche interessen gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. sie durch gemeinsames tun (konsensfindung) zu minimieren und letztlich zu begraben.

  43. 43 mpunkt 26. November 2006 um 10:13 Uhr

    @ tee:

    ich meine ja nicht alles mögliche, sondern die bedingungen, die die wünsche nach den jeweiligen freiheiten hervorbringen. dass sich der begriff unfreiheit von dem der freiheit ableitet, sagt doch nichts über das existenzielle der beschreibungen aus. […] der wunsch nach der freiheit an sich gründet nun auf der erkenntnis vieler solcher zwänge. zur konstruktion dieses ideals (zusammenfassung/vereinfachung/versinnbildlichung) nimmt mensch nun die wünsche zur beseitigung der bekannten und vorstellbaren zwänge zusammen und erhält die summe dieser. von allen schädlichen zwängen (unfreiheiten) befreit erreicht erhält er das ideal der freiheit.

    Ganz im Gegenteil: wenn man an lauter verschiedenen Sachen, die einem (oder auch andere) so stören, immer nur das eine gemeinsame festhalten will, nämlich dass da Unfreiheit herrsche, also ein Verstoß gegen die Freiheit vorläge, dann ist man notwendig bereits Freiheitsfan. Ohne einen positiven Bezug auf diese vermisst man schließlich nicht deren Abwesenheit. Wenn man schon unbedingt von der Kritik der jeweiligen Sache zu einer Verallgemeinerung gehen wollte, würde man da eben sagen, dass in all diesen Verhältnissen (Sklaverei, Ehe, Kindererziehung) Zwang ausgeübt wird, also eine tatsächliche Gemeinsamkeit festhalten. (Analytisch ist das ohne Belang, weil man dann halt immer noch nicht weiß, warum da welcher Zwang wie ausgeübt wird; man blamiert das bloß an der Vorstellung, dass kein Zwang existieren solle.) Wird da hingegen ein Mangel an Freiheit als Gemeinsamkeit festgehalten, dann wird ein Maßstab an die Sache herangetragen, der im Gegensatz zum Zwang, in dieser gar nicht enthalten ist. Folglich muss er bereits vorher als Ideal existieren.

    dein beleg: schlechter beleg.
    1. wird das recht nicht gefordert (ja, von wem denn?), sondern vorausgesetzt, besser
    2. als ethischen grundsatz verstanden und (klar!) dafür agitiert
    du unterstellst den verfasser/innen natürlich gleich, “… dass dann dagegen auszuspielen, dass die angeblich nicht befolgt werden, also nicht in positives recht umgesetzt sind.”
    das soll ein beleg sein? da lachen ja die anarchos.

    Na komisch, dass man es dann als Gesellschaftskritik bringt, was die Kinder für Naturrechte hätten, wenn man damit nur die eigenen Vorstellungen im Umgang mit denen geschildert haben möchte. Dann würde man denen doch nicht irgendwelche Rechte andichten, sondern einfach sagen, dass man sich dazu und dazu entschieden habe. Nein, wer ein Naturrecht postuliert, will dieses in positives Recht kodifiziert haben (sonst wäre es ja auch völlig bedeutungslos - was übrigens beweist, dass es in der Natur als Recht nicht existiert).

  44. 44 libelle 26. November 2006 um 15:22 Uhr

    @Tee

    Du führst oben genau die Konstruktion (des Ideals der Freiheit) durch, die m.E. verkehrt ist.

    Freiheit rationell: Freiheit ist immer ein Verhältnis zwischen einem Willen und seiner Schranke. Darin ist die Zustandsbeschreibung eines Willens als frei entweder ein Pleonasmus, oder die Benennung der Schranken, auf deren Grundlage er sich betätigen muss. Z.B. hat der Wille zu fliegen eben den Grund und die Schranke Schwerkraft, mit der man irgendwie umgehen muss, oder der Wille weit zu laufen hat eben die eigene Physis als Schranke usw.. Solange man laufen kann käme man nie und nimmer auf die Idee den Willen zu laufen „frei“ zu nennen, sondern man betätigt ihn einfach. Wenn man nicht mehr laufen kann, aber gerne wollte, sagt man schon mal „ich bin gefangener meines Körpers“ und drückt so die eigene Unfreiheit aus (z.B. bei Behinderten etc…). Der praktische Schluss daraus sind aber eher (z.B. beim Behinderten) ein paar Reha Anstrengungen, um die eigenen Physis zu verbessern. Das Programm-, bzw. der Schluss auf seine mangelnde „Freiheit“ gäbe ihm überhaupt keine Handhabe, um mit seinem Körper als Schranke seines Bewegungswunsches umzugehen, sondern wäre eine komplette Abstraktion von seinem Problem. Der denkt, wenn er noch bei Trost ist nicht „Ich will frei sein“, sondern „Ich will wieder laufen können“, auch wenn er im Erfolgsfall die Überwindung der Schranke als gewonnene Freiheit genießen mag. Freiheit ist also für sich, als diese Abstraktion überhaupt kein praktikables Programm, sondern ein Verhältnis zwischen einem Interesse und seinen Realisierungsbedingungen. „Laufen“ oder „Fortbewegung“ heißt das Programm des Rolli-Fahrers und nicht „Freiheit“. Noch anders: Der fasst nicht das selbständige Interesse „Freiheit“, sondern das Interesse „Fortbewegung“ und letzterem kann er dann Geltung verschaffen bzw. es innerhalb der Freiheiten, die er ihm verschaffen kann betätigen.

    Und an der letzten Formulierung wird m.E. die Unzulänglichkeit der Gewinnung des Freiheitsideals bei dir deutlich:

    sie sagen: ich möchte mich von diesem zwang befreien. natürlich erst nachdem sie den zwang (resp. unfreiheit) gespürt haben. es muss für einen (speziellen) wunsch ja eine (spezielle) materielle grundlage gegeben sein, oder? der wunsch nach der freiheit an sich gründet nun auf der erkenntnis vieler solcher zwänge. zur konstruktion dieses ideals (zusammenfassung/vereinfachung/versinnbildlichung) nimmt mensch nun die wünsche zur beseitigung der bekannten und vorstellbaren zwänge zusammen und erhält die summe dieser. von allen schädlichen zwängen (unfreiheiten) befreit erreicht erhält er das ideal der freiheit.

    Wenn der Rolli-Fahrer anlässlich seines Problems diesen Zweck fasst (Freiheit), dann hat er auf das Laufenlernen geschissen. Es ist doch etwas komplett Verschiedenes sich für „Freiheit“ zu engagieren, oder sich Freiheit für ein bestimmtes Interesse zu verschaffen. Darin wird die Freiheit, wie du richtig bemerkst zu einem Ideal – und als das ist sie gleich kritikabel, weil es die Abstraktion vom Interesse, dessen Zurückweisung man als Unfreiheit festhält, ist. Darin können sich dann Leute einigen, die völlig disparate (und auch gegensätzliche) Sachen vertreten. Was ist der Inhalt des Ideals? AW: Alle Interessen (oder Willen) sollen gelten. Und dazu kann man als politischer Zweck nur „Nein“ sagen, das ist einfach albern: Ob ein Interesse gelten soll oder nicht, das entscheidet sich an seinem Inhalt und nicht daran, ob es unfrei ist oder nicht. Und genau diese Verwechslung von Interesse und seinem Verhältnis zu seinen Bedingungen machen Freiheitsidealisten. Nicht irgendein Interesse ist ihr Anliegen, sondern „die Unbeschränktheit von Interessen“ ist ihr Anliegen.

    An der Stelle ist auch @Mpunkt zu kritisieren:

    (Analytisch ist das ohne Belang, weil man dann halt immer noch nicht weiß, warum da welcher Zwang wie ausgeübt wird; man blamiert das bloß an der Vorstellung, dass kein Zwang existieren solle.) Wird da hingegen ein Mangel an Freiheit als Gemeinsamkeit festgehalten, dann wird ein Maßstab an die Sache herangetragen, der im Gegensatz zum Zwang, in dieser gar nicht enthalten ist. Folglich muss er bereits vorher als Ideal existieren.

    Die Vorstellung, dass kein Zwang existieren solle ist (in dieser Abstraktheit) das Freiheitsideal, das Beklagen des Mangels an Freiheit – sonst müsstest du nochmal ausführen, was das Freiheitsideal anderes sein soll? Es ist die Idee: Zwang ist nicht nötig, also schlecht; alle Interessen können sich vertragen etc… Damit hat man überhaupt nicht mehr den Standpunkt an der Anatomie der Interessen ausfindig zu machen, warum sie sich nicht vertragen. Die Kritik der Verhältnisse ist doch, welche Interessen sich (durch Zwang) Geltung verschaffen, wie ihr Verhältnis zur eigenen Reproduktion ist und wie sie die Notwendigkeit sich auf die Art Geltung verschaffen zu müssen reproduzieren. Zwang ist nur die Auskunft: Da gibt es Interessengegensätze. Die gibt’s in einer vernünftigen Gesellschaft vielleicht auch – nur eben nicht so viele und andere, wie im Kapitalismus und ihre Verlaufsform ist wegen des dann geltenden Zwecks eine andere.
    Der Gewaltbedarf ist eine Kritik am Kapitalismus, aber als Resultat der Beschaffenheit der in ihm geltenden Interessen (die erklären ihn nämlich erst). Deshalb ist das Festhalten von „Zwang“ eine Abstraktion, die mit seiner Erklärung nichts zu tun hat – d.h. eine falsche Abstraktion. Zu dieser Verallgemeinerung geht man nur als Freiheitsidealist.

    Erstmal genug.

  45. 45 mpunkt 26. November 2006 um 21:05 Uhr

    @ libelle:

    Hmmm, überall Zwang/ Herrschaft feststellen kann man m.E. auch ohne Freiheitsideal. Gerade bei irgendwelche personalen Herrschaftsverhältnissen (z.B. der Sklaverei) kommt man doch recht leicht darauf, dass das Problem in der Herrschaft über einen begründet läge. Der Herrscher über einen drangsaliert einen schließlich und dem will man die Grundlage entziehen (was jetzt nicht heißt, dass das ne super Kritik der Sklaverei wäre). Das abstrahiert man (aus Moral, auf der Suche nach Bündnispartnern, …) einfach auf alles und schon hält man halt überall Herrschaft fest. Da braucht es schon noch einen Übergang, um zum Freiheitsfan zu werden; es ist doch etwas anderes, ob man sagt: Herrschaft muss weg, weil sie die Leute schädigt, oder ob man sagt: Herrschaft muss weg, weil sie gegen die Freiheit (die durchaus gefährlich und ungemütlich, also sebst schädlich, sein kann - s. Ausgangsposting) verstößt. Erst bei letzterem kämpft man nicht mehr aus einem materiellen Interesse gegen “die Herrschaft” (eine hohle Abstraktion), sondern um einen gegen diese in Stellung gebrachten moralischen Höchstwert, eben die Freiheit, zu verwirklichen.

  46. 46 libelle 26. November 2006 um 22:43 Uhr

    Hmmm, überall Zwang/ Herrschaft feststellen kann man m.E. auch ohne Freiheitsideal. Gerade bei irgendwelche personalen Herrschaftsverhältnissen (z.B. der Sklaverei) kommt man doch recht leicht darauf, dass das Problem in der Herrschaft über einen begründet läge. Der Herrscher über einen drangsaliert einen schließlich und dem will man die Grundlage entziehen (was jetzt nicht heißt, dass das ne super Kritik der Sklaverei wäre).

    (((So haben die Sklaven und Leibeigene aber nicht gedacht, sondern sie haben sich eine gute Herrschaft gewünscht (Reich Gottes, Bibel, Grimms Märchen usw…). Später sind persönliche Herrschaftsverhältnisse als persönliche kritisiert- und die Herrschaft ist entpersonalisiert worden)))
    Die Herrschaft als solche ist immer die Betreuung ökonomischer Zwecke und es ist was anderes zu sagen: Man will diese ökonomischen Zwecke nicht, weil sie einen schädigen (die Ausbeutung im Römischen Reich usw…) und ihre Beseitigung geht nur über eine Auseinandersetzung mit der Herrschaft, weil diese Zwecke Gewalt brauchen, als zu sagen: Mein Wille zählt nichts, bzw. ich will, dass mein Wille (abstrakt) zählt.
    Ein vernünftiger Kritiker will nicht „keine Herrschaft“, sondern eine Gesellschaft, die Interessen hervorbringt, die sie auch befriedigt – bzw. die ein Zusammenschluss ist, der sich genau das vornimmt. „Keine Herrschaft“ - oder – wenig Gewalt ist also nur ein Ergebnis dieses Zwecks und nicht der Zweck selber.
    Das idealistische am Zweck „keine Herrschaft“, „Zwang weg“ ist dann gerade die Ignoranz der Interessen, die eben Gewalt brauchen. Dieses Vorhaben hält unter Absehung von diesen Interessen Gewalt, Zwang als das Wesen des Problems fest. Das Ideal davon ist das von mir oben benannte: Alle Willen sollen gelten, wobei Wille in der Totalität gedacht ist: Als Zwecksetzung eines Subjektes überhaupt.

    Da braucht es schon noch einen Übergang, um zum Freiheitsfan zu werden; es ist doch etwas anderes, ob man sagt: Herrschaft muss weg, weil sie die Leute schädigt, oder ob man sagt: Herrschaft muss weg, weil sie gegen die Freiheit (die durchaus gefährlich und ungemütlich, also sebst schädlich, sein kann - s. Ausgangsposting) verstößt. Erst bei letzterem kämpft man nicht mehr aus einem materiellen Interesse gegen “die Herrschaft” (eine hohle Abstraktion), sondern um einen gegen diese in Stellung gebrachten moralischen Höchstwert, eben die Freiheit, zu verwirklichen.

    Ich meine der Übergang ist in obigem schon enthalten: Wenn man als (negatives) Wesen einer schädlichen Gesellschaft festhält, dass sie Herrschaft ist, dann ist Herrschaftsbeseitigung, Freiheit der geknechteten Willen an sich der Zweck, um den es geht und dann ist Freiheit auch ein Wert, an dem die Herrschaft sich vergeht. Dieser Wert kann dann nur noch (wie der beschränkte Wille) etwas der idealen Gesellschaft vorausgesetztes, also dem Menschen natürlich zukommendes sein, weil er in der kritisierten Gesellschaft ja gerade nicht gilt (wie tee das lupenrein ausführt – was ihn übrigens sympatisch macht, da er seine Position eben mit allen Konsequenzen vertritt)
    Was ist denn das Ideale an der Freiheit? AW: Dass sie als eigenständiger Zweck und damit unabhängig von ihrem Bezug auf bestimmte Interessen gefasst wird.

    Hoffe, ich habe dich richtig verstanden.

  47. 47 libelle 27. November 2006 um 0:53 Uhr

    Ergänzung, weil die Hälfte vergessen:

    libelle:
    Was ist denn das Ideale an der Freiheit? AW: Dass sie als eigenständiger Zweck und damit unabhängig von ihrem Bezug auf bestimmte Interessen gefasst wird.

    Und wann fasst man die Freiheit als was Eigenständiges? AW: Wenn man die Kritik an der Gesellschaft auf “Herrschaft” reduziert - dann hält man nämlich an den Interessen nur noch fest, dass sie beschränkte sind und sonst nix. Der Fehler der Anarchisten ist also, wenn man so will ihre Abstraktionsebene - sie schauen sich den Inhalt der Interessen nicht an. Daraus folgt m.E. DER Widerspruch des Anarchismus: Indem er die Herrschaft zur Kenntnis nimmt und als Unfreiheit kritisiert anerkennt er, dass es in der kritisierten Gesellschaft Interessengegensätze gibt und abstrahiert zugleich davon, indem er behauptet, es käme nur darauf an diesen Interessen eine Sphäre (die Freiheit) zu verschaffen und schon wären sie nicht mehr gegensätzlich. Darin ist er ein Ideal des Kapitalismus - er behauptet nämlich, dass die Interessengegensätze überhaupt keine sein müssten, es also nicht an der Qualität der beteiligten Interessen, sondern ihrer Unterwerfung unter eine Herrschaft läge, dass sie nicht zusammen passen. Wahr ist daran genau das, was Anarchisten nicht meinen: Nämlich, dass der Staat vorfindliche Interessen auf Formen der ihrer Betätigung verpflichtet (z.B. als Eigentümer), die sich wechselseitig ausschließen.

  48. 48 mpunkt 27. November 2006 um 9:57 Uhr

    @ libelle:

    Schaffe es nicht, vor Freitag eine Antwort zu schreiben … das, was Du ausgeführt hast, halte ich aber auch erst einmal für einleuchtend. Ich werde mir das nochmal genauer durchdenken …

  49. 49 tee 03. Dezember 2006 um 13:38 Uhr

    ach, mpunkt,
    dachte ich hätte das mit den UNfreiheiten klargemacht.
    du abstrahierst vom wort aus, dass „ein verstoß gegen die freiheit vorläge“. wenn dem so ist, sind es freiheitsfans, richtig. denn sie analysieren den begriff wie du. aber es soll leute geben, die nicht so dogmatisch herangehen und freiheit als das erkennen, was es ist: eine konstruktion.
    „wer ein naturrecht postuliert…“ und so, hahaha.
    nicht alles, was so geschrieben steht, ist auch so gemeint. so verhält es sich mit dem wort recht auch. an wen sollte diese forderung (nach kodifizierung!) denn gerichtet sein?
    eben da lachen die anarchos, weil die meisten wohl wissen, dass echtes recht in der natur nicht existiert. es ist eine phrase, eine unwichtige. das wort recht wird nuneinmal ziemlich unreflektiert gebraucht. aber anstatt das zum vorwurf zu machen, wendest du diese kleine schwäche als inhaltlich „falsche“ rechtsforderung gegen sie. das ist wahrlich oberflächliche kritik…

    auch du, libelle,
    abstrahierst freiheit von interessen. die, die ohne zwänge überhaupt nicht existent wären.
    das freiheitsideal ist jenes, in dem solche gegensätzlichen interessen gar nicht erst entstehen bzw. existieren. in dem das wort freiheit überflüssig ist, da es nichts hätte, an dem es sich ausrichten könnte.
    wer beklagt schon ernsthaft den mangel an freiheit? wenn dies getan wird, so doch nur als synonym für alle lebensumstände, die interessensgegensätze und ihre auswirkungen hervorbringen. der ruf nach freiheit ist ein notwendiges übel der versinnbildlichung. ich kann nur noch einmal raten, sich der begriffsbildung an sich klarzuwerden.
    was das freiheitsideal der menschheit nun ist, kann und will ich nicht ausführen, da es der heterogenität derer, die damit arbeiten, sowie seiner selbst, nicht gerecht wird. aber:
    in meinem denken ist das freiheitsideal ein ideal, geschaffen um dem wunsch nach einer bestimmten gesellschaft (eines zusammenlebens) ausdruck zu verleihen. einer gesellschaft, in der keine (schädlichen) zwänge und interessensgegensätze herrschen (besser: existieren), welche überhaupt noch den wunsch nach (mehr) freiheit zulässt. ich meine, die hierbei wichtigen worte sind hauptsächlich: „geschaffen um … ausdruck zu verleihen“. das freiheitsideal lässt sich auch schwer nachweisen, wenn das wort selbst nicht benutzt wird. dass das dann nur mit viel unterstellungen und projektionen funktioniert, hat mpunkt für mich hier eindrucksvoll bewiesen. wo, wann und bei wem es nun implizit ist und ob das dann auch noch von einer „reaktionären“ oder „falschen“ denkweise herrührt, ist so schwammig wie der begriff freiheit selbst.

    um die schwammigkeit noch mal zu verdeutlichen, zitiere ich noch mal kurz das schlusswort aus dem film „die blumeninsel“:

    „der grund, aus dem die menschlichen wesen in der wahl der nahrungsmittel nach den schweinen plaziert werden, besteht darin, dass sie weder geld noch eigentum besitzen. menschliche wesen unterscheiden sich von anderen lebewesen durch das hochentwickelte telegehirn, den greifdaumen und die tatsache, frei zu sein. frei ist der status dessen, der freiheit geniesst. freiheit ist ein wort, das der menschliche traum nährt. es gibt niemanden, der es erklären könnte und niemanden, der es nicht versteht.“
    dem kann ich nur beipflichten…

    und mpunkt: du kannst es nicht lassen, nur das im kontext zu lesen und zu interpretieren, was dir in den kram passt: keine/r hat wohl ernsthaft die freiheit gemeint, „die durchaus gefährlich und ungemütlich, also selbst schädlich, sein kann“, schliesslich gibt es keine freiheit an sich. das wissen sicher auch die verfasser/innen des textes. alles wortwörtlich zu nehmen und somit dem sinn eines textes, also eines gesamteindruckes, zu entreissen und diesen zu demontieren ist reine korinthenkackerei und hat nichts mehr mit fundierter kritik zu tun (eben siehe ausgangsposting).

    p.s.:
    ich fasse die freiheit eben nicht als etwas eigenständiges. und das tun sicher auch viele „anarchos“ nicht. mensch kann den anarchismus kritisieren (obwohl gerade diese ideologie eine der heterogensten ist), die kritik selbst bleibt aber leider meist homogen(isierend).
    aber ist ein/e anarchist/in nun eine/r, der/die die herrschaftsbeseitigung als höchstes mass nimmt, oder eine/r dessen/deren ideal einer gesellschaft einfach nur herrschaftslos ist? das ist ein gewaltiger unterschied. sog. kritiker/innen des anarchismus unterstellen meist ersteres…

  50. 50 libelle 05. Dezember 2006 um 22:44 Uhr

    @tee

    Im Grunde genommen sagen wir ganz ähnliche Sachen, nur mit einem ganz entscheidenden Unterschied: Du hälst schwer etwas von einem „Freiheitsideal“, das ich als dieses Ideal (aus dem man irgendwas als Anarchist politisch folgen lässt) kritisiere.

    Gegen die von dir ausgeführte Konstruktion des Freiheitsideals habe ich überhaupt nichts einwenden wollen – die geht genau so -, sondern dagegen das für eine tolle Sache zu halten. An deinem letzten Beitrag wird wieder eine Sache überdeutlich, die mit diesem Ideal nicht stimmt: Das Freiheitsideal, also die Abstraktion von jeglichem Interesseninhalt mit dem Zweck an den unterschiedlichen Interessen nur noch festzuhalten, dass sie „Willen“ sind, denen „Freiheit“ zusteht, ist für sich überhaupt kein Argument für irgendwas. Das sieht man an deiner Begründung. Du schreibst:

    in meinem denken ist das freiheitsideal ein ideal, geschaffen um dem wunsch nach einer bestimmten gesellschaft (eines zusammenlebens) ausdruck zu verleihen.

    Könnte z.B. Guido Westerwelle auch sagen, nur ist für ihn die bestimmte Gesellschaft eine andere und er hat bei Freiheit eine Ordnung im Sinn, die „es“ eben braucht, davon aber so wenig wie möglich. Deiner genaueren Bestimmung dieser Gesellschaft stimmt er sicher auch zu, nämlich….:

    einer gesellschaft, in der keine (schädlichen) zwänge und interessensgegensätze herrschen (besser: existieren), welche überhaupt noch den wunsch nach (mehr) freiheit zulässt. ich meine, die hierbei wichtigen worte sind hauptsächlich: „geschaffen um … ausdruck zu verleihen“.

    Der Unterschied zwischen dir und Guido Westerwelle ist nur, dass Westerwelle zu deiner Idee sagt, dass es sich dabei um ein Ideal handelt, dem man wegen der „Wolfsnatur des Menschen“ sich eben höchstens annähern kann. Er hat bei „schädlichen Zwängen“ auch etwas ganz anderes im Sinn, nämlich schädliche Zwänge für die Privatinitiative, von der doch „unser“ Wohlstand abhängt und dass das schädlich ist steht für Leute wie ihn außer Frage: Daher kommen nämlich die Arbeitslosen, der finanzielle Staatsnotstand, die Flüchtlingsströme und was er eben alles so an Schwierigkeiten der Staatsführung wahrnimmt.

    Damit dürfte auch ein Rätsel gelöst sein, das du immer mal wieder als Argument gegen Anarchismuskritik anführst. Man kann ihm nämlich deiner Auffassung nach wegen seiner Heterogenität nie gerecht werden:

    mensch kann den anarchismus kritisieren (obwohl gerade diese ideologie eine der heterogensten ist), die kritik selbst bleibt aber leider meist homogen(isierend).

    Warum ist der Anarchismus wohl so heterogen und hat auch bei den jungen Liberalen ein paar Fans? Weil er Freiheit (das Gemeinsame Ideal aller Anarchisten) getrennt vom Inhalt der Interessen festhält und sich dann von diesem Ideal auf die Interessen rückbezieht und sie an diesem Titel sortiert. Anarchisten abstrahieren also erst von allem und versehen ihr Ideal danach mit einem Inhalt. Das Verfahren nennt sich zu recht Konstruktion, hat also mit einer Erklärung der hiesigen Verhältnisse und den entsprechenden praktischen Schlüssen daraus nichts zu tun. Wenn es umgekehrt (der Einwand ist auch schon mehrfach gegen dich gekommen) um ein bestimmtes Interesse geht dem man zur Durchsetzung verhelfen will, dann braucht es die Forderung nach seiner Freiheit nicht, sie ist da bestenfalls redundant, weil Realisierung des Interesses seine Freiheit einbegreift d.h. die verschafft man ihm gerade, indem man es in die Tat umsetzt.
    Meine Kritik an dir ist also nicht, dass du das Freiheitsideal verkehrt gewinnst, sondern dass du so eine Konstruktion machst und dabei von allem absiehst, mit dem man sich überhaupt erklären kann, warum es Herrschaft in diesem Laden braucht und wenn man sich darüber keine Rechenschaft ablegt, dann hat man auch in Sachen Veränderung nur ideale Konstruktionen und Anthropologie anzubieten, die keinen einzigen der Gründe, warum es Gewalt braucht beseitigen.

    wo, wann und bei wem es nun implizit ist und ob das dann auch noch von einer „reaktionären“ oder „falschen“ denkweise herrührt, ist so schwammig wie der begriff freiheit selbst.

    Dass ein Begriff ungenau ist scheint dich nicht besonders zu stören, sollte es aber. Immerhin geht es bei solchen Diskussionen doch darum sich mal ein paar Sachen, die der bürgerliche Alltagsverstand für selbstverständlich hält zu erklären. Wer in einer Diskussion damit hausieren geht, dass irgendwas ungenau ist, der hat eben kein Interesse die Ungenauigkeit (der eigenen Vorstellung) aufzuklären bzw. zu beseitigen. Was würdest du denn sagen, wenn man bei einer Schachpartie die Figuren immer zwischen 2 oder 4 Felder schiebt und auf Nachfrage die Auskunft gibt, dass Schach nun mal eine schwammige Angelegenheit ist – das ist einfach nur albern.

    Und das Zitat ist wirklich ein Hammer: Mitten in einer Diskussion erklärst du, dass man Freiheit nicht erklären kann. Das ist ein Widerspruch: Das Zitat erklärt nämlich die Freiheit als unerklärlich bzw. hätte die Feststellung der Eigenschaft „unerklärlich“ eines Gegenstandes seine Erklärung zur Voraussetzung. Was soll denn der Quark?

    aber ist ein/e anarchist/in nun eine/r, der/die die herrschaftsbeseitigung als höchstes mass nimmt, oder eine/r dessen/deren ideal einer gesellschaft einfach nur herrschaftslos ist? das ist ein gewaltiger unterschied. sog. kritiker/innen des anarchismus unterstellen meist ersteres…

    Anarchisten haben eben nur ein Ideal von einer Gesellschaft, wissen also überhaupt nicht, woher die Herrschaft kommt, warum es sie braucht etc… Sie halten Herrschaft lediglich als schlechte Eigenschaft der Verhältnisse fest, die sie durch „Freiheit“ meinen ersetzen zu müssen. Das ist ignorant!

    Aufmerken sollte man auch daran, dass sich ausgerechnet die kritisierte bürgerliche Herrschaft die Freiheit zum Programm gemacht hat. Diese Herrschaft abstrahiert darin praktisch von den Interessen in der Gesellschaft und verpflichtet sie auf ihre Freiheiten. Freiheit als politisches Programm ist also nicht das Gegenteil von Herrschaft, sondern eine Sache, die jede Menge Gewalt braucht.

  51. 51 mpunkt 06. Dezember 2006 um 15:20 Uhr

    @ libelle:
    So ganz komme ich da jetzt nicht mehr mit. Du sagst, wenn ich dich richtig verstanden habe, dass man bereits mit einem Freiheitsideal unterwegs ist, wenn man an den Zuständen, denen man ausgesetzt ist, immer nur kritisch festhalten will, dass diese eine Beschränkung darstellen. Okay, das würde zumindest erklären, warum die Anarchos die von ihnen gewünschte Beseitigung der Beschränkungen in Freiheiten verdoppeln - eben weil es bereits Freiheitsfans sind. Nur: was ist die Grundlage, auf die sie verkehrt reflektieren, wenn sie zu Freiheitsfans/ -idealisten werden? Wenn du tee darin zustimmst, dass das Freiheitsfantum aus der Negation der Beschränkungen konstruiert werde, wird das Ganze nämlich zirkulär. Zudem: wenn das schon der Freiheitsidealismus sein soll, lässt sich der nächste für das Thema entscheidende Übergang der Anarchos gar nicht mehr als solcher ausmachen, oder? Wenn die schon als Freiheitsidealisten ihre Kritik an den Beschränkungen (Herrschaft!) formulieren, wieso kommt dann überhaupt noch ein materielles Interesse darin vor? Deren Argumentation geht ja schließlich so: Unfreiheiten sind schuld an unserer schlechten materiellen Lage -> Freiheit her -> aber ja nicht einbilden, dass diese irgendwie gemütlich wäre (also gefälligst ganz prinzipiell für die Freiheit sein!)! Ich tue mich daher etwas schwer mit der in deinen Ausführungen m.E. enthaltenen Konsequenz, dass Kritik der Beschränkungen aus materiellen Gründen und Verzichtsideologie für die Freiheit so ungefähr das Gleiche, nämlich Freiheitsidealismus, sein sollen. Hmmmm …

  52. 52 mpunkt 06. Dezember 2006 um 15:42 Uhr

    @ tee:

    “Aus dem Kontext gerissen” ist überhaupt kein Argument - verkehrtes Zeux bleibt nämlich auch im Kontext verkehrt. Ansonsten:

    eben da lachen die anarchos, weil die meisten wohl wissen, dass echtes recht in der natur nicht existiert. es ist eine phrase, eine unwichtige. das wort recht wird nuneinmal ziemlich unreflektiert gebraucht.

    Na und was ist die “unreflektiert[e]” Feststellung eines ‘eigentlichen’ Rechts? Eben nichts anderes, als ein Ausdruck davon, dass man durch und durch Fan der Rechtsform ist. Da muss man gar nicht mehr groß drüber nachdenken, weil es für einen längst selbstverständlich geworden ist, dass ein Recht etwas Tolles ist. Und wie kommt man darauf? Doch nur, weil man dem positiven, vom Staat aufgeherrschten, Recht zu Gute hält, dass es einem etwas erlaubt, also eine Freiheit(!) gibt. Wenn mal also, zumal als Kritik, ein “Recht” formuliert, was gar kein positives Recht ist, dann kann dies logisch nur darauf hinauslaufen, dass man die Herrschaft daran blamieren will, dass sie dieses vermeintliche Recht nicht positiv ins Recht setzt. Und genau das wird übrigens von den Anarchos, als enttäuschte Idealisten einer guten Herrschaft, gegen Herrschaft an sich gewendet: dass die nicht allen alle ihre ‘eigentlichen’ Rechte gewähre, also die Freiheit nicht etwa aufherrsche, sondern sie beschränke. Aber das hatten wir ja schon …

  53. 53 libelle 06. Dezember 2006 um 23:01 Uhr

    @mpunkt

    Also, worin stimme ich tee zu? ( Mit seinen eigenen Worten):

    tee:

    der wunsch nach der freiheit an sich gründet nun auf der erkenntnis vieler solcher zwänge. zur konstruktion dieses ideals (zusammenfassung/vereinfachung/versinnbildlichung) nimmt mensch nun die wünsche zur beseitigung der bekannten und vorstellbaren zwänge zusammen und erhält die summe dieser. von allen schädlichen zwängen (unfreiheiten) befreit erreicht erhält er das ideal der freiheit.

    Genau das ist das Verfahren, nach dem Freiheitsidealisten denken, was tee leider für eine vernünftige Sache hält. Um die Kritik dieser Idee ging es in den letzten Postings an tee. Nochmal: Die Idee gibt den Fehler der Freiheitsidealisten richtig wieder. Eine andere Frage ist die, welche Übergänge ein Freiheitsidealist macht. Mir ging es darum erstmal ein Bewusstsein dafür zu erzeugen, was das für ein Unsinn ist. So ein Mensch hat doch schon vom Inhalt der Interessen, die nicht zum Zug kommen abstrahiert, wenn er ihre Unfreiheit konstatiert bzw. wenn er die Zurückweisung dessen, was er will (Wohnen, Urlaub, Lesen etc…) in eine unzureichende Berücksichtigung seines Willens an sich verwandelt. „Mein Wille soll unbeschränkt sein“ (oder gelten) ist etwas anderes als „Ich will in den Urlaub“, oder: „Ich will einen anderen Zweck der Arbeitsteilung“. Tee beschreibt also keinen Übergang, sondern er beschreibt die Optik von einem Menschen, der einen Übergang gemacht hat.

    Ausgangspunkt dieses Überganges ist der Umstand, dass der Wille im Recht eine staatliche Lizenz zu seiner Betätigung erhält. Er ist erlaubt oder verboten und darin erst einmal ganz grundsätzlich unter rechtlichen Vorbehalt gestellt. Freiheitsidealisten denken jetzt in ganz bestimmter Art & Weise über diesen Umstand nach: Der Unterwerfung ihres Willens unter das Recht entnehmen sie, dass die Eigenschaft des Willens zu gelten Bedingung dessen ist überhaupt etwas Bestimmtes (Urlaub, Wohnen etc…) wollen zu können. Und also - so ihr Schluss – ist die Herstellung dieser Bedingung, die Überwindung des Zwanges ein erstrebenswerter Zustand. (siehe tee-Zitat) Dieser Standpunkt hält sich keine Sekunde damit auf sich zu fragen, warum Interessen zurückgewiesen werden (und was sie überhaupt sind), sondern es ist der radikalisierte Standpunkt des praktizierenden Bürgers, der gewohnt ist die Gesellschaft als gute oder schlechte Bedingung seines Willens vorzufinden.
    Indem sie diese Bedingung (Herrschaftslosigkeit, griech.: Anarchie) als eigenständigen Zweck, als die Voraussetzung, das Übergeordnete aller besonderen Zwecke fassen geht es auch nicht mehr um die Letzteren, sondern in dieser Abstraktheit um ein prinzipielles Verhältnis des Willens zur Umwelt: Seine Freiheit, seine Geltung.
    Und das ist was Eigenes, ein eigenständiges Interesse neben allen besonderen Interessen.

    Dieses Interesse bekommt in der Optik von Anarchos dann ein Verhältnis zu allen anderen Zwecken, die man sich so setzen kann und daher kommt der Spruch im Eingangsposting: Plötzlich werden alle anderen Interessen zu abhängigen Variablen des „Freiheitsinteresses“. Ausgangspunkt des Bürgers war, dass seine besonderen Interessen immer der staatlichen Erlaubnis bedürfen, weshalb er ganz prinzipiell „Geltung für seinen Willen“ herstellen wollte und als fertiger Anarchist ordnet er dann seine Interessen „der Freiheit“ unter wie der bürgerliche Staat die Interessen der Gesellschaft, wobei die Freiheit doch nur Bedingung sein sollte, damit seine Interessen zum Zug kommen.

    mpunkt:

    Ich tue mich daher etwas schwer mit der in deinen Ausführungen m.E. enthaltenen Konsequenz, dass Kritik der Beschränkungen aus materiellen Gründen und Verzichtsideologie für die Freiheit so ungefähr das Gleiche, nämlich Freiheitsidealismus, sein sollen.

    Wenn man die Beschränkungen als Beschränkungen kritisiert ist man Freiheitsidealist. Aus materiellen Gründen will man seinen Materialismus durchsetzen und nicht Herrschaftsfreiheit. Man kritisiert nicht die Beschränkungen als solche, sondern ihre Notwendigkeit d.h. dass Gewalt Mittel dafür ist eine Eigentumsordnung durchzusetzen und die eigenen Interessen entsprechend zugerichtete Ergebnisse davon sind und dass das alles ziemlich unbekömmlich ist.

    Ich habe mal versucht die (2) Übergänge, wie ich sie sehe aufzuschreiben.

  54. 54 clov 14. Dezember 2006 um 11:55 Uhr

    Grüsze.

    Also ich hab das mal “grob” überflogen hier. Mir scheint jedoch zumindest ein wesentlicher Punkt berührt. Sehen wir den absoluten Idealismus eines Hegel auf der einen und den totalen Materialismus Marxens auf der anderen Seite, müssen wir leider festellen, keinem dieser großartigen und unübertroffenen Denkern ist es gelungen, die hier diskutierte Freiheitsproblematik zufriedenstellend aufzulösen. In gewisser Weise hat der klassische, historische Anarchismus immer in den Zwischenräumen beider argumentiert. Teilweise darüber hinausgehend, teilweise dahinter zurückfallend. Und genau darin liegt die aktuelle Relevanz einer geschichtlichen Bezüglichkeit auf anarchistische Denkansätze insbesondere nach dem Ende der sozialistischen Experimente und den dadurch neu gewonnenen ideologischen Freiräumen.

    Ich persönlich bin auch sehr unzufrieden, wie sich die Theoriebildung allerorten derzeit entwickelt, denn es kann weder um eine unbedingte Rechtfertigung (ideologische Erbauung) noch um ein komplettes Verwerfen (rein negative Kritik) des Anarchismus/Kommunismus/Sozialismus/Liberalismus gehen, sondern einzig um eine praktische und historische Kritik selbiger. Praktisch bedeutet hier, dass wir unsere Ziele und Zwecke selbstkritisch hinterfragen, aus denen heraus wir uns bspw. mit anarchistischen Gedanken besonders beschäftigen; historisch, dass wir den geschichtlichen Kontext betrachten, innerhalb dessen solcherlei Gedanken geäußert und wirksam wurden.

    Die Vermittlung von Materialismus und Idealismus führt also aus meiner Perspektive einzig über konkret inter-subjektives, schlechterdings bloß individuelles Denken. Zumindest insoweit ist Adorno recht zu geben. D.h. für mich auch, dass beide hier geäußerten Ansprüche maßlos sind. Einmal der, in einem bloß zu agitatorischen Zwecken verfaßten Flyer den (einzig) wahren Begriff von Freiheit entwickeln zu können [Der Zweck der Agitation wird ja mit höchst ideologisch aufgeladenen Flugblättern gerade verfehlt.] Zu anderen der, von einem hoch synthetischen Kurztext auf die Haltung/Ideologie/Gedanken/Begriffe der VerfasserInnen zurückzuschließen und diesen dann eine innere Widersprüchlichkeit vorzuwerfen, denen selbst so große Systematiker wie eben Hegel oder Marx nicht entgangen sind [Was soll das überhaupt bringen außer Mutlosigkeit und damit Anti-Aufklärung? Sapere aude!].

    Zuletzt ist an der ganzen Diskussion doch eines höchst auffällig. Es fehlt ihr an jeder geschichtlichen Bezüglichkeit, sei es aktuell oder historisch. Damit weist sie sich von selbst als bloß idealistische aus und fällt nebenbei noch hinter den klassischen Idealismus der Aufklärung zurück.

    So schließe ich denn mit einer eher solidarischen als theoretischen Geste, indem ich den Begriff von Freiheit aphoristisch verkürze: Freiheit ist einzig Richtiges zu tun.

    Move your brain!
    Fight dogmatism!

    clov

  55. 55 drunken philosopher 14. Dezember 2006 um 12:27 Uhr

    Wo gibt es diesen Phrasengenerator, clov? Ich muss nämlich noch bis Montag einen Essay abgeben, Thema egal.

  56. 56 clov 14. Dezember 2006 um 13:18 Uhr

    @drunken

    Ich bin ja kein Un-Mensch: Du mußt einfach ein paar mehr Bücher lesen, die Zusammenhänge erkennen, kräftig synthetisieren und das Ganze (Bewußtsein) auf Deine Wirklichkeit beziehen lernen, dann klappt das auch mit der Konstruktion von flüssigen Sätzen. Ist nur ne praktische Übungsfrage, Sprachgefühl bringt mensch in der Regel schon mit. Also nix von wegen maschinelle Generierung. Aber ne Technik ist Schreiben schon ;-)

    Ansonsten nehme ich mal an, der Zweck Deines Beitrages war einfach die Denunziation meines Beitrages, wobei ich mich frage, ob das nicht schon in diesem Medium hier den Tatbestand des Spams erfüllt. Du konnotierst “Phrase” negativ in Bezug auf meinen Text und um dies zu unterstreichen, weist Du darauf hin, dass Dir jeder inhaltliche Bezug zu Deiner akademischen Arbeit fehlt. Ein zugegebener Maßen unverhältnismäßiger Vergleich von meinem thematischen Trift und Deiner inhaltlichen Haltlosigkeit. Denk mal drüber nach.

    Ansonsten schick ich Dir auch gern einen Essay von mir zur Zweitverwertung, Deine berufliche Laufbahn soll ja nun nicht an so Kleinigkeiten wie formalen Leistungsnachweisen scheitern. Allerdings müßtest Du dazu schon Deine Identität irgendwie preisgeben, denn allein ein Name reicht noch nicht, um Post zu adressieren.

    msg
    clov

    @MPunkt
    Wenns nicht passt, kannste ruhig alle DREI Kommentare löschen. Steckt kein Herzblut drinne. Irgendwie hat mich bloß der etwas ratlose tee dazu verführt, mich hier in Euren “Blogg-Sport” einzumischen. Werd ich wohl in Zukunft wieder unterlassen.^^

  57. 57 clov 14. Dezember 2006 um 13:40 Uhr

    P.S. @drunken

    Ist mir grad noch eingefallen. Studierst Du in L.E., also Leepsch? Philo? Dann mach Dir mal keine Sorgen wegen dem Abgabetermin, kenn keinen am Institut, der Dir nicht Aufschub gewähren würde, außer … ach keine Namen^^

  58. 58 tee 14. Dezember 2006 um 14:08 Uhr

    zum 50ten:

    wieso halte ich schwer was vom freiheitsideal??? eure unterstellungen, also echt…

    abstraktion von jeglichem interesseninhalt? interessensinhalte, die zum wunsch nach freiheit führen, hab ich irgendwo oben beschrieben. und meine „begründung“ ist keine. wenn es in deinen augen doch eine ist, lies mal den folgenden satz. und der unterschied zu guido besteht nur darin, dass ich alle menschen meine.
    „anarchisten abstrahieren also erst von allem und versehen ihr ideal danach mit einem inhalt.“
    ach, warum wurden so viele arbeiter zu beginn der industrialisierung anarchisten? meine antwort:
    weil sie über ihre schlechten arbeitsbedingungen bspw. zum syndikalismus agitiert wurden. oder meinst du ehrlich, irgendwer ruft: kämpfen wir für die freiheit! und die leute schliessen sich an bzw. zusammen…
    einfach irre, wie mensch die welt erklären kann. es wird aus dem nichts was konstruiert und diese konstruktion hat auch nichts mit ihren nichtbauteilen zu tun.
    sorry, aber das ist mir echt zu krude. erzähl das einfach mal den vielen alten anarchisten, die damals hauptsächlich für bessere arbeitsbedingungen kämpften und zu dem schluss kamen, dass die beste lösung selbstverwaltete betriebe ohne hierarchien und privateigentum sind.
    hat nichts damit zu tun, sagst du einfach. jetzt kann ich dich echt nicht mehr ernstnehmen…
    na gut, noch:
    „meine kritik an dir ist also nicht…“ häh? ich verweise noch einmal auf das eigentum als grund, warum es herrschaft braucht.
    schach mit freiheit vergleichen! verschiedener gings wohl nicht.
    dann noch mein antinomischer quark.

    „diese herrschaft abstrahiert darin praktisch von den interessen in der gesellschaft und verpflichtet sie auf ihre freiheiten. freiheit als politisches programm ist also nicht das gegenteil von herrschaft, sondern eine sache, die jede menge gewalt braucht.“
    ihre freiheit! ihr programm! die herrschenden nehmen sich was, deuten und definieren es (neu) und ihr widerum nehmt es als von ihnen gemacht.
    da fällt mir eine kleine geschichte ein, die nun wirklich freiheitsliebend klingt:
    das herrchen eines hundes kauft fleisch aus letzter hand, es ist verkommen und gammelig (wohl aus kapit. eigennutz). der hund beschwert sich natürlich, dass herrchens futter immer faul ist, frisst es notgedrungen aber. und zieht den schluss: fleisch ist nicht gut für hund. möglicherweise verhungert der hund oder erleidet mit 3 jahren einen magendurchbruch. oder er erzählt gar den anderen hunden die auch nur gammelfleisch bekommen, fleisch sei wirklich nicht gut, da es von den herrchen gereicht wird. nun, die hunde erkennten natürlich nicht, dass es wohl gutes fleisch gibt, da sie nur böse herrchen kennen und nur die sie füttern. sie beschweren sich und beschweren sich, lehnen aber selten das fleisch ab, denn irgendwie müssen sie ja überleben. und leben schliesslich bis ans ende ihrer tage ein klägliches, unzufriedenes leben. vielleicht, ja vielleicht aber füttert sie mal jemand mit frischem fleisch…

    in diesem sinne: bildet wolfsbanden!

    zu 51ten:

    „frei ist nur, wer über sich selbst, sein leben, seinen körper und denken, unbevormundet selber entscheiden kann. dazu bedarf es des wohlstands für alle: guter kleidung, menschenwürdiger wohnverhältnisse, ausreichend gesunder nahrung, und das endes des zwangs zur arbeit.“
    ich denke, das erklärt die nichtzirkularität.
    denn wer für die freiheit argumentiert, argumentiert notwendigerweise für den wohlstand für alle als grundbedingung der freiheit. beseitigung der zwänge und schaffung von wohlstand (alles gesellschaftlich relativ (subjektiv)!) sind grundbedingung für das „entstehen“ von freiheit. all dieses sind vorgänge und keine zustände. dafür wird doch argumentiert. komisch, so viele interessen die nötig sind, um ein ideal zu erschaffen. bedürfnisbefriedigung ist eben nicht, wie von dir behauptet, angesagt, um diese durchzusetzen. du hast es nicht einmal falsch interpretiert. du erkennst bloss die kausalen schlüsse nicht.
    noch einmal: es wird für herrschaftsfreiheit argumentiert und bedingungen dafür aufgezeigt. wie diese bedingungen nun hergestellt werden (können), steht da natürlich nicht direkt. das ziel ist formuliert, sowie die bedingungen, die es zur existenz benötigt. da jedes kind weiss, dass ein ideal ein konstruiertes ziel ist, dem es dennoch anzustreben gilt da sich dadurch verbesserungen einstellen, sind eben bedingungen genannt, die das ziel beleuchten, es sichtbar werden lassen. ohne sie gäbe es das ideal nicht. umso mehr solcher lampen entzündet werden (bedingungen für das ideal erreicht), desto näher befindet mensch sich am ziel (dem idealzustand). echte zustände kann es übrigens in der zukunft nicht geben, nur konstruierte. weiss auch fast jedes kind. dann leuten vorwerfen, (echte) zustände zu (echten) bedingungen zu machen oder umgekehrt, wobei ja auch die bedingungen für das ziel nur konstruiert aus den gegenwärtigen und vergangenen bedingungen sind. die hier gemeinten bedingungen wie wohlstand sind zukünftige konstruierte zustände (also keine echten), die dann wiederum als bedingungen für einen endzustand (logischerweise ein ideal) fungieren.

    in diesem sinne: bildet geometriebanden!

    der 52te geht schnell:

    unreflektiert heisst das was da steht. unbedacht wär auch gut. die meisten fans denken und reflektieren ihr tun wohl(wenn auch meist nur einfach). aber wo du recht hast, hast du natürlich trotzdem recht!
    wo ist das bitte eine kritik, die du da kritisierst? das ist ein infoflugblatt. lies mal die überschrift(en).

    sorry, genug gereimt für heute…
    den 53te, 55te, 56te und 57te kommentar beantworte ich sicher auch bald

    ps: ich trage immer noch keinen schal, es wird aber immer kälter an der freiheitsfront. und das meine ich sogar ehrlich, ohne grinsen o.ä.. langsam wird mir nämlich immer klarer, was freiheit (für mich! nicht für irgendeinen staat) bedeutet. das gründet einzig und allein (na fast) auf der analyse dieser diskussion und hat mit bürgerlicher freiheit nicht das geringste zu tun. nur die anarchistische autobahn betrete ich noch nicht, da wimmelt es von geisterfahrern und zivis…

  59. 59 mpunkt 14. Dezember 2006 um 15:46 Uhr

    @ clov: Stimmt ja, dass d.p. sich nicht sachlich auf Deinen Beitrag bezieht, allerdings ist dies auch kaum möglich. Schließlich gehst Du auf keines der in der Diskussion genannten Argumente ein, sondern legst an die Diskussion lauter philosophische, also sachfremde, Kriterien an. Nein, es geht hier nicht darum, für Hegel oder Marx Partei zu ergreifen. Selbst wenn weder Hegel noch Marx die Freiheit richtig erklärt haben, widerlegt das kein einziges der hier genannten Argumente und es macht es auch nicht aussichtslos, das Thema zu klären. Wenn sich sowohl Hegel als auch Marx innere Widersprüche in ihren Werken geleistet haben, ist das kein Grund, die inneren Widersprüche in Texten von anderen nicht zu kritisieren. Nein, es geht hier nicht darum, ob man lieber Idealismus oder Materialismus als Weltanschauung vertreten sollte (keins von beiden!). Vielmehr wurden darum gestritten, ob 1.) das Freiheitsideal und 2.) die Methode, reale Zustände in ein Ideal von ihnen zu verdoppeln, um dann abzugleichen, wieweit sie mit diesem Ideal übereinstimmen, etwas taugen. Nein, für so eine logische Bestimmung der Sache braucht es gerade keinen Bezug auf Geschichte, der hat in ihr vielmehr überhaupt nix zu suchen. Ob das hinter xyz zurückfällt ist auch egal, weil das nichts darüber aussagt, ob die Argumente stimmen oder nicht. Etc. pp. …

    @ tee: vielleicht später mal …

  60. 60 libelle 14. Dezember 2006 um 22:16 Uhr

    @чай

    Also fangen wir mal mit dem Zitat aus dem Info-Flugblatt an:

    Freiheit - das ist ein viel benutztes und missbrauchtes Wort. Alle nehmen es in Anspruch, sogar Nazis und StalinistInnen. Wirkliche Freiheit kann es aber nur da geben, wo es keine Herrschaft von Menschen über Menschen gibt. Das bedeutet also auch die Abwesenheit von Staat, Kapital, Geschlechterherrschaft (Patriarchat), Rassismus und Imperialismus in jeder Form. Frei ist nur, wer über sich selbst, sein Leben, seinen Körper und Denken, unbevormundet selber entscheiden kann. Dazu bedarf es des Wohlstands für alle: guter Kleidung, menschenwürdiger Wohnverhältnisse, ausreichend gesunder Nahrung, und das Endes des Zwangs zur Arbeit.

    Der (auch von dir teilweise zitierte) Abschnitt des Flugblattes bestätigt doch alle hier geäußerten Kritiken am Anarchismus:
    Wer immer sich positiv auf die Inhalte des Flugblattes bezieht, für den sind z.B. die Herstellung von Wohlstand, Versorgung mit guter Kleidung, Herstellung „menschenwürdiger“ (?!) Wohnverhältnisse etc… bloße Bedingungen für das, worum es ihm eigentlich geht: Freiheit. Damit sind die sonstigen Interessen zu Mitteln der Freiheit erklärt.

    Das ist logisch verkehrt, weil man sich mit „der Freiheit“ überhaupt kein zusätzliches Bedürfnis befriedigt. Die Sache, um die es gehen sollte ist: Ein für einen selbst nützliches arbeitsteiliges Verhältnis mit anderen Menschen einzugehen, weil man so mit weniger Arbeit an die Gegenstände seines Bedürfnisses kommt. Das ist der Zweck dieses Verhältnisses und die vernünftige Konsequenz der Kritik, dass in der jetzigen Gesellschaft Leute notwendig obdachlos sind, es notwendig Hunger gibt und man notwendig verseuchte Lebensmittel zu kaufen bekommt etc… und nicht „Freiheit“. Diese Arbeitsteilung ist dem Willen dann übrigens wieder Schranke, weil er sich ihren Notwendigkeiten unterwerfen muss, wenn er etwas davon haben will, sonst findet sie nämlich nicht statt.

    Weil man feststellt, dass die Verhältnisse, die die Leute jetzt zueinander haben einem anderen Zweck (Geldvermehrung, Vergrößerung von Eigentum) gehorchen, der u.a. die oben genannten Erscheinungen hervorbringt, kritisiert man diesen Zweck, will ihn abschaffen und durch den eingangs genannten (Versorgung durch Arbeitsteilung) ersetzen.
    Recht hast du darin (das war auch nicht bestritten, sondern steht sogar in einem meiner Beiträge von oben), dass man dafür den Willen der Menschen nicht unterwerfen muss, da Arbeitsteilung nun mal eine Methode ist leichter an nützliche Gegenstände zu kommen. Vielleicht braucht man dafür ja keine Gewalt – abzusehen ist auf jeden Fall, dass man entschieden weniger Gewalt braucht als in der jetzigen Gesellschaft, weil die Gegensätze von Eigentümern, der wechselseitige Ausschluss von den Gegenständen des Bedürfnisses und die Erpressung damit zum Dienst an fremdem Eigentum, entfallen.

    Herrschaftslosigkeit ist also im besten Fall ein vergleichend mit Herrschaften ermittelter Zustand einer Gesellschaft, deren Inhalt die im ersten Punkt beschriebene Arbeitsteilung zum wechselseitigen Nutzen ist. Das bedeutet nichts weiter als: Dieser Zweck braucht keine (oder kaum) Gewalt als Mittel seiner Durchsetzung, weil er dem Materialismus der Mitglieder der Gesellschaft entspricht.

    Freiheit - das ist ein viel benutztes und missbrauchtes Wort. Alle nehmen es in Anspruch, sogar Nazis und StalinistInnen. Wirkliche Freiheit kann es aber nur da geben, wo es keine Herrschaft von Menschen über Menschen gibt.

    Mal logisch: Woran liegt wohl, dass Stalinisten, Nazis und jede Befreiungsbewegung und sogar die USA „die Freiheit“ für sich in Anspruch nehmen können? Weil sie damit die Entschränkung ihrer eigenen Interessen und die Beschränkung aller Interessen, die ihnen im Weg stehen meinen! Genauso machen das auch Anarchisten mit ihrem Leiden an der Herrschaft – auf anarchistisch: Ausbeuterinteressen, Interessen der Herrschenden, das Patriarchat – davon gehört man befreit die Beschränkung dieser Interessen ist – wie nicht anders zu erwarten - die Freiheit.
    Jedem dieser Freiheitskämpfer fällt selbstredend auf, dass er sich damit mit allen anderen Freiheitskämpfern gemein macht, weshalb er im Unterschied zu allen anderen nicht für die unwirkliche-, sondern für die – man ahnt es - wirkliche Freiheit unterwegs ist. Willkommen im weltweiten Kollektiv der Freiheitskämpfer!
    Und bemerkenswert an diesem weltumspannenden Kollektiv von Bush über Mühsam bis Gandhi ist eben, dass alle die Durchsetzung ihrer gegensätzlichen Interessen als Verwirklichung eines allen gemeinsamen Anliegens preisen: Der wirklichen Freiheit.
    Tee – mal ernsthaft – fällt dir nicht wenigstens auf, dass das völlig bescheuert ist und der Erklärung bedarf?

    Damit kann man jetzt auch mal zu deiner Geschichte vom Hund und dem schlechten Fleisch was sagen: Es gibt keine „gute Freiheit“, sondern (das hat sich schon mehrfach ergeben) wenn an der Freiheit etwas gut ist, dann das Interesse, dem man Geltung (Freiheit) verschafft. Dann ist aber nicht die Freiheit das gute Fleisch, sondern das Interesse, das zum Zug kommt. Insofern drehen wir uns da ein bisschen im Kreis. Du müsstest einfach mal zugeben oder bestreiten, dass in der Abstraktion „Freiheit“ nicht enthalten ist, welche Interessen da zum Zug kommen. Dann ist auch klar, dass die politische Forderung „Freiheit“ „Beschränkung“ aller anderen Interessen meint (bei Anarchos z.B. die „Interessen der Herrschenden“).

    Morgen oder übermorgen gehts weiter, mit dem Rest deiner Antwort - müde.

  61. 61 tee 15. Dezember 2006 um 0:00 Uhr

    sorry, den 59. und 60. muss ich jetzt noch mal schieben…

    clov, ich will noch einmal klarstellen, dass ich hier auf keiner seite stehe, viele der geäusserten blickpunkte wohl anerkenne. im gegensatz zu den anderen verurteile ich keine der beiden von dir beschriebenen sichtweisen, sondern versuche für mich die -durchaus auch historischen- gründe für das zustandekommen des freiheitsideals zu analysieren um unvoreingenommen vielleicht irgendwann mal urteilen zu können. meine analyse wird nur grösstenteils als falsch angesehen und durch falsche analyse an sich scheine ich nun idealist zu sein. daraus müsste ich schlussfolgern: bewusstsein schaffen führt durchaus zu unbewussten denk- und handlungsmustern. ergo…!? mutlosigkeit und anti-aufklärung? annehmbar. mittel dagegen? sapere aude!? eben dadurch kam dieses hier (wie fast alle meiner schlüsse) zustande. scheint also kein gegenmittel ausser vielleicht echte meditation zu geben…

  62. 62 tee 20. Dezember 2006 um 16:54 Uhr

    zum 59ten:
    soo sachfremd ist philosophie beim thema freiheit aber nun auch nicht.
    2.) taugt nichts, aber es muss ja nicht immer von realen zuständen sein.
    bei 1.) bin ich mir noch nicht so sicher…
    aber vielleicht später mal… ist mittlerweile wohl auch schon schnurz.
    aber ich lass mir das trotzdem noch mal durch den kopf gehen

    und zum 60ten:
    wo steht da, dass das bedingungen sein sollen? wenn du sagst, wirkliche nässe kann es auch nur da geben wo flüssigkeit ist, sind das beides zustände, die sich notwendig gegenseitig zur selben zeit bedingen.
    ist nässe nun mittel zur flüssigkeit? oder andersherum?

    die interessen, die du aufzeigst, benötigen alle einen gegenpart. heisst es also, von ausbeuterinteressen befreien, ist logischerweise auch die befreiung von den interessen der ausgebeuteten die rede. ergo befreiung von interessensgegensätzen. hatte ich oben schon mal. nur weil hier das wort befreiung benutzt wird, meint es doch trotzdem: das irgendwie wegbekommen der interessensgegensätze. und, wär doch schön, oder? da fällt mir nichts bescheuertes dran auf, sorry…
    „welche interessen da zum zug kommen“ - ist irrelevant, denn sie sind ja nicht gegensätzlich, denn die so oft hier verdammte wirkliche freiheit kann der logik zufolge nur für alle gelten. bedingung dafür ist: keine interessensgegensätze.
    logisch.

  63. 63 clov 20. Dezember 2006 um 23:35 Uhr

    Grüsze.

    Ich möchte mich zuerst noch einmal entschuldigen, mein Fehler lag wohl in meinem eingangs bemerkten “grob”, also dem Fakt dass ich weite Teile der Diskussion nur überflogen habe und so auch nur zu einem “groben” Urteil gelangt bin. Nach mehrstündigem Nach-Lesen (es handelt sich ja um einen extrem unsystematischen Text) habe ich dann das Thema wieder weg gelegt und drüber geschlafen, nachgedacht, drüber geschlafen, geschrieben, gedacht, geschlafen usw. Nun … mit frischen Kräften will ich versuchen, etwas Licht in diese weitestgehend zerfahrene Diskussion zu bringen. Es geht mir dabei um eine grundsätzliche Rechtfertigung des Idealismus. Hierzu werde ich vordergründig den Positionen von M.Punkt und Richard ihre idealistische Basis bzw. ihren ideologischen Überbau aufzeigen und gleichzeitig endlich ernst machen mit einer Vermittlung von bloß idealistischen Begriffen und Gegenständen der reinen Erfahrung, anstatt sich weiter wechselseitig den Hang zum einen oder anderen vorzuwerfen und/oder zu versichern. Dass man bei den hohen theoretischen Ansprüchen, die hier geäußert wurden, notwendig auf die Kantsche Philosophie rekurrieren muß, wird sich ebenfalls erweisen.

    Da der Text allerdings etwas länger ausgefallen ist, werde ich ihn hier nicht direkt posten, sondern über meinen eigenen Blogg. Das soll kein Separatismus sein. Ich möchte damit nur eine weitergehende Diskussion ermöglichen ohne gleichzeitig die hier entsponnene über Gebühr mit kontextuellen Auswüchsen zu überlasten. Letztlich ist es durch die Verlinkung zwischen den Diskussionssträngen möglich, an beiden Ende weiter zu diskutieren, ein Vorteil des digitalen Mediums, den wir nutzen sollten. Ich hoffe, mit meinen Darlegungen zumindest herausstellen zu können, dass es mir nicht um die Paraphrasierung bzw. leichtfüßige Abfertigung der Diskussion ging, sondern mich im Gegenteil erst ein ernsthaftes Interesse gegenüber dem Gegenstand zu einem Statement reizte.

    Hinreichende Rechtfertigung eines grundsätzlichen Idealismus. Join here!

  64. 64 clov 21. Dezember 2006 um 17:20 Uhr

    “Dann ist auch klar, dass die politische Forderung „Freiheit“ „Beschränkung“ aller anderen Interessen meint (bei Anarchos z.B. die „Interessen der Herrschenden“).”

    Genau, der Anarchismus hat sich, historisch gesehen, auf theoretischer wie auf praktischer Seite um die Beschränkung des Willens zur Macht bemüht. Darin eingeschlossen auch eine Kritik an den Herrschaftsverhältnissen, die die kommunistischen Plattformen im 19. Jahrhundert innerhalb der sozialistischen Bewegung “organisiert” haben. Diesem Zweck ist es schließlich gleich, welcher Rhetorik er sich dabei bedient. Dieser Traditionslinie in summa einen logizistisch importierten Widerspruch zu unterstellen, das kann man mit dem Anarchismus genauso gut machen, wie mit jeder anderen Ideologie, bringt bloß überhaupt nix. Außer man will eine lupenreine Ideologie inthronisieren, die dann jedem Kleinkind indoktriniert wird, nach dem Motto: Wir wissen schon, was Deine Interessen sind. Kennen wir leider alles schon. Und leider scheinen einige post-marxistische Kritiker die unsäglichen Vulgarisierungen der Marxschen Theorie durch die ML-Sektionen des zentralistischen Staatskapitalismus nicht genügend ernst zu nehmen. Anders kann ich mir den ausgehärteten Dogmatismus, der sich hier nur mit dem “Materialismus” beschürzt, kaum erklären. Laßt uns lieber aus den Fehlern unserer Väter und Mütter lernen, anstatt sie zu wiederholen. Sag ich jetzt mal einfach so als “Ossi”, der den “Wessis” seine Denkfreiheit verdankt…

    so long
    clov

  65. 65 tee 20. Januar 2007 um 12:30 Uhr

    ahh, ich ahne es …
    anarchos hier, anarchos da.

  66. 66 Das geprüfte Argument 20. Januar 2007 um 14:33 Uhr

    Ist das ein Einwand, tee? Wenn ja, ich verstehe ihn nicht.

  67. 67 tee 20. Januar 2007 um 15:41 Uhr

    hehe, quatsch.
    ich hab mir nur nur den grund des trackbacks erklärt. (reine selbsterklärung also) zumindest waren “die anarchos” auf den ersten blick die grösste schnittmenge.

  68. 68 Das geprüfte Argument 20. Januar 2007 um 19:22 Uhr

    Nun ja, letztlich geht es hier und bei dem Trackback um dicke Mängel bei anarch. Weltanschauung. Insofern ist die Schnittmenge da für einen Trackback, dachte ich. So what!?

  1. 1 Das geprüfte Argument Trackback am 19. Januar 2007 um 16:55 Uhr

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