Auch wenn der 2. Februar nun schon einige Wochen zurück liegt, bleiben die Ende 2002 veröffentlichten Feststellungen des Café Morgenland so richtig wie zeitlos:
“Wir sollten die Deutschen darin bestärken, sich als Opfer zu fühlen, Opfer einer Konspiration, zum x-ten Mal hinterrücks erdolcht usw. Eine Entgegnung auf diesen Gefühlskomplex mit ominösen Gegenargumentationen - wie z.B. dem im Zusammenhang mit den alliierten Bomben auf Dresden gebrauchten Slogan “Deutsche Täter sind keine Opfer” - wäre nicht nur peinlich, sondern es bärge auch die Gefahr in sich, dass die Deutschen dies ernst nähmen. Die Bereitschaft dazu, so etwas ernst zu nehmen und anzufangen, sich nicht mehr als Opfer zu sehen, baut sich seit spätestens der Wiedervereinigung rasant und tatkräftig auf. Außerdem impliziert eine solche Gegenargumentation ein aus unserer Sicht äußerst dubioses Bedürfnis, die Bombardierung begründen und rechtfertigen zu müssen. Lassen wir die Grass’ und die Walsers, die nie-wieder-Krieg-Linken und die nie-wieder-Sibirien-Rechten ihr Zeugs auf den Markt bringen.
Anlässlich dieses Jubiläums sollten wir lieber unsere ganze Freude, unsere geballte Nostalgie nach den alten Bildern […], insbesondere aus der Abschlussphase von Stalingrad, und zum Ausdruck bringen. Wir sollten unserer Kreativität und Phantasie freien Lauf lassen, indem wir uns die wichtigste aller Fragen bezüglich der Abwehr des deutschen Betreibens heute stellen: Wie kann man dafür sorgen dass immer und immer wieder, alltägliche Stalingrad-Effekte produziert werden, die denen, die uns gegenüber stehen, das Verlierergefühl wiedergeben, den Besiegtenstatus wieder vermitteln.”
Das ist doch ein Quatschtext; statt sich einmal zu erklären, was in den Kriegen zwischen Deutschen und anderen passiert ist…statt sich mal Klarheit zu verschaffen, was deutsche Nationalisten heute im Gegensatz zu früher ausmacht und warum sie wieder zu Stärke neigen (aber eben anders als früher) … statt sich überhaupt einmal Imperialismus und die Ideologie des Mitmachen, Nationalismus zu erklären und DESWEGEN dagegen zu agitieren, einmal mehr eine Handlungsanweisung an die Linken, was man TUN SOLLTE bzw. welche HALTUNG MAN EINNEHMEN SOLL.
Kante, DARAN erkennst Du den Unterschied von einem linken zu einem kommunistischen Text. Ein linker Text VERLANGT immer von Dir, Dich anständig zu verhalten und gibt die entsprechenden Handlungsanweisungen aus. Ein kommunistischer Text - vielleicht auch im schlechten Layout - erklärt Dir, was die GRÜNDE sind, sich gg. den Laden zu stellen!
CM sind halt doch die wahrhaftigsten Antideutschen. Besonders richtig finde ich die Feststellungen allerdings nicht. Es ist doch diese wirklich widerliche Melange aus gleichzeitig sich als Opfer zu fühlen und als Täter zu handeln was den faschistoiden Charakter ausmacht. Sie sollten lieber menschlich handeln, als sich als Opfer fühlen.
@ Heinz: Wie gut du mit Café Morgenland vertraut bist, kann ich nicht sagen. Jedoch kann ich mit Sicherheit sagen, daß es CM nicht darum geht, deutschen Linken Vorschläge für ihr Handeln zu liefern. Es geht in diesem Artikel darum, jedem, der Deutschland voranbringen will, von Anfang an klarzumachen, daß er das besser sein lassen sollte. Sowas könnte man Selbstschutz nennen. Natürlich, das ersetzt keine Analyse und keine Kritik von/an Kapital, Staat, Nation, doch darum ging es ja auch nicht in erster Linie. Desweiteren lese ich den GSP ganz gerne. Weil da halt auch mal richtige Argumente drinstehen. Doch andersrum ersetzt der GSP noch lange nicht das Café Morgenland.
@ nachdenklich: Der Punkt von CM ist doch ein ganz anderer als du meinst. Da wird doch nicht geleugnet, daß die Deutschen Täter sind und waren. Wenn jedoch die Deutschen glauben, daß sie in dieser Welt nichts mehr vollbringen können, immer nur Opfer sein können, all ihr Bemühen zum Scheitern verurteilt ist, dann sind sie gelähmt und können tatsächlich keine Täter mehr werden. That’s the point!
???
So war’s auch nicht gemeint. Mein Punkt war, dass den Menschen (in diesem Fall “die Deutschen”) nicht Opfersein vermittelt werden sollte, sondern verantwortungsbewußtes Selbstbewußtsein. Denn Identifikation mit dem vermeintlich vorhanden nationalen Kollektiv (hier: Deutschland) ist ja gerade das Gegenteil von Selbstbewußtsein. Sich als Opfer fühlen schwächt das Selbstbewußtsein und führt dazu, dass der Zwangscharakter sich erst beim Pogrom richtig befreit fühlt.
Wie mensch verantwortungsbewußtes Selbstbewußtsein politisch vermittelt ist aber noch mal ne ganz andere Frage. Am besten meinen Blog lesen
@heinz
eigentlich hat kante schon alles dazu gesagt. es geht nicht darum “eine moralische handlungsanweisung an die deutsche linke” zu geben. es geht aber auch nicht darum die deutschen zu agitieren. es geht darum sie zu stoppen. du trägst einen zweck den du dir gesetzt hast an den text heran: leute für den kommunismus agitieren - ziemlich blöder zweck, bei diesen deutschen. schließlich ist mit keinem kommunistischen deutschen irgendwas gewonnen - man schaue sich nur den verharmloser Karl Held an, der sich (und auch das ist was die GSP-ideologie betrifft nur folgerichtig) fragt, warum man sich den über “die paar zündeleien” so aufregen würde.
@ kermit
Da die Lüge mit der “Verharmlosung” natürlich auch wieder ausgepackt wird, hier mal das Originalzitat von Karl Held im Zusammenhang:
“(…) Ich muß euch jetzt provokatorisch mal was hinsagen: Die Ausländeranzünderei ist eine blutige, das schon, aber nur eine Fußnote des Imperialismus, der von dieser Nation ausgeht. Ich drücke es methodisch aus, damit wir uns nicht in falsche Polemiken verrennen. Ich meine folgendes: Was würdet Ihr [Gremliza und Pohrt] mit euren Gedichten an dieser Nation auszusetzen haben, wenn sich jetzt nicht aktive Zündler, Faschisten usw. betätigen würden? (…) Wieviele Leute sind auf Kosten der Außenpolitik Genschers verhungert in Afrika?
Das ist die Konsequenz dieser Exportnation, daß sie ihre einheimischen Menschen ermuntert zu sagen, die Schuld an allem, was in Deutschland fehlt, ist, daß das Ausland sich Deutschland gegenüber nicht genehm verhält und die Ausländer hier zu viele sind. Das ist keine Psychologie, das ist eine Logik. (…) Ich sage, die Zündeleien sind der Gipfelpunkt auf einem Erfolgsweg der deutschen Nation, der sich ganz anders erklärt als über: Die Deutschen drehen durch. Das geht ganz anders. Das ist eine Konsequenz dieses Systems, dieser Demokratie. Und nicht, das ist ein Verstoß gegen sie. Die Differenz zu Gremliza und Pohrt ist, hier wird nicht gegen die Staatsräson Demokratie usw. verstoßen, hier wird nicht etwas versäumt oder kaputtgemacht, was im Grunde gut wäre. Sondern das ist die haarscharfe Konsequenz davon. (…)
Warum empört ihr euch denn eigentlich über die Zündelei, wenn ihr gar nicht gegen den Grund seid? Das ist der Unterschied zwischen uns: Ich halte nichts von Webfehlern und Konditionierung, wie schon gesagt, ich sage, es ist eine Benutzung von Nationalisten unten, von Bürgern, jugendlichen Bürgern, Leuten, die sich ewig die demokratische Grundlüge, der Staat sei mit seiner Ordnung, mit senem Vorgehen, mit seinen Plänen eine Erfolgsgarantie für die Bürger, zum Lebensmittel zurechtmachen, die damit Ernst machen, in einer Phase, wo des Staat das nicht nur offenkundig nicht mehr ist, sondern selber zu Programmen der Pauperisierung fortschreitet und immerzu sagt, die Notwendigkeit dieser Pauperisierung liegt am Ausland - das ist das Standortargument - oder an den Ausländern, diesen überflüssigen Kreaturen, die den Weg bis hierher geschafft haben. (…) Die glauben, dieser Staat kann mir nicht mehr zu Diensten sein, gerade wo er ihre Lebensmittel angreift. Warum?: Das Ausland oder die Ausländer hindern ihn daran. Ich sage, der Rassismus dieser blutigen Prägung heute ist ein Produkt dieser Demokratie und nicht ein Produkt von Adolf Hitler. Das hat dieser Staat hervorgebracht. Versteht das mal.”
[Quelle: Reader zum konkret-Kongress “Was tun?”, 1993, Seite 27f]
Wer das ernsthaft für eine “Verharmlosung” des deutschen Rassismus hält, kann nicht mehr ganz dicht sein!