PARTEI UND KLASSENAKTION
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Bei der Darlegung fundamentaler theoretischer Begriffe zeigten wir in einem früheren Artikel (1), dass, wenn die politische Partei der Arbeiterklasse (als unbedingt notwendiges Organ ihres Emanzipationskampfes) in ihren Reihen nur einen Teil, eine Minorität der Klasse umfasst, darin ebensowenig ein Widerspruch liegt wie in der Tatsache, dass man nicht von einer Klasse im Besitz der historischen Bewegung sprechen kann, wenn nicht die Partei existiert, die von dieser Bewegung und ihrem Ziel ein klares Bewusstsein hat und sich im Kampf an ihre Spitze stellt.
Wenn man die historischen Aufgaben der arbeitenden Klasse auf ihrem revolutionären Weg sowohl vor als auch nach dem Sturz der Macht der Ausbeuter näher untersucht, wird dies die absolute Notwendigkeit der politischen Partei, die den gesamten Kampf der Arbeiterklasse leiten muss, nur bestätigen.
Um eine genaue und sozusagen greifbare Vorstellung von der »technischen« Notwendigkeit der Partei zu vermitteln, müsste man vielleicht (auch wenn die Darlegung dadurch unlogisch erscheinen mag) zuerst die Arbeit in Betracht ziehen, die das Proletariat durchführen muss, nachdem es die Macht erobert und der Bourgeoisie die Leitung der gesellschaftlichen Maschinerie entrissen hat.
Die vielseitigen und schwierigen Funktionen, die das Proletariat nach der Eroberung der Staatsleitung wird übernehmen müssen, wenn es nicht nur die Bourgeoisie in der Leitung und Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten zu ersetzen, sondern eine neue und grundverschiedene Verwaltungs- und Regierungsmaschinerie zu errichten hat - mit weitaus komplexeren Zielen als denen, die Gegenstand der heutigen Regierungskunst sind -, werden ein organisiertes Heer von Individuen verlangen, die fähig sind, die unterschiedlichen Funktionen zu erfüllen, die verschiedenen Probleme zu analysieren und in den einzelnen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens jene Kriterien anzuwenden, die sich aus den allgemeinen revolutionären Prinzipien ableiten und Ausdruck der Notwendigkeit sind, aus der heraus die proletarische Klasse dahin drängt, die Fesseln des alten Regimes zu sprengen und neue gesellschaftliche Verhältnisse zu setzen.
Es wäre ein grundlegender Fehler zu glauben, die blosse berufsmässige Eingliederung der Arbeiter nach ihren traditionellen Funktionen im alten Regime ergebe das Ganze dieser Ausbildung und dieser Kenntnisse. Es geht in der Tat nicht darum, sich die fachlichen Berufskenntnisse der besten Arbeiter zunutze zu machen, um in jedem Betrieb jene technische Kompetenz zu ersetzen, über die vorher der Kapitalist oder eng an ihn gebundene Elemente verfügten; es geht vielmehr darum, eine sehr viel synthetischere Tätigkeit, die eine politische, administrative und militärische Schulung verlangt, in Gang zu setzen. Gewährleistet werden kann das Entstehen einer solch breiten und tiefen Tätigkeit, die den klaren historischen Aufgaben der proletarischen Revolution präzise entsprechen muss, nur durch einen Organismus, der, wie die politische Partei, einerseits das historische Zukunftsbild vom revolutionären Verlauf und seinen Anforderungen hat und andererseits eine streng disziplinierte Organisation besitzt, welche die Unterordnung der einzelnen Funktionen unter das allgemeine Endziel der Klasse sichert.
Die Partei ist ein Ganzes von Personen, die die gleichen allgemeinen Anschauungen über den Verlauf der Geschichte teilen, die eine genaue Auffassung von der Zielsetzung der Klasse, die sie darstellen, haben, und die ein System von Lösungen der verschiedenen Probleme (denen das Proletariat gegenüberstehen wird, wenn es herrschende Klasse ist) in Händen halten. Daher wird die Klassenregierung nur eine Regierung der Partei sein können. Nach diesen kurzen Betrachtungen, die durch ein auch nur oberflächliches Studium der russischen Revolution sogleich in die Augen springen, kommen wir nun zum vorhergehenden Gesichtspunkt, das heisst zur Beweisführung, dass auch die revolutionäre Klassenaktion gegen die bürgerliche Macht nur eine Aktion der Partei sein kann.
Es ist zunächst klar, dass das Proletariat nicht reif wäre, die äusserst schwierigen Probleme der Periode seiner Diktatur zu meistern, wenn das für die Lösung dieser Probleme unentbehrliche Organ, die Partei, nicht schon viel früher begonnen hätte, den Korpus seiner Lehren und Erfahrungen zu errichten.
Aber auch für die unmittelbaren Erfordernisse des Kampfes, der im revolutionären Umsturz der Bourgeoisie gipfeln wird, ist die Partei das unentbehrliche Organ der gesamten Klassenaktion; mehr noch, konsequenterweise kann man von wirklicher Klassenaktion (d.h. einer Aktion, die die besonderen Interessen von Berufsgruppen oder die Grenzen situationsbedingter Probleme überwindet) nicht sprechen, wenn sie nicht als Parteiaktion geführt wird.
Die Aufgabe der proletarischen Partei im historischen Prozess ist in allgemeinen Zügen die folgende:
Die ökonomischen und gesellschaftlichen kapitalistischen Verhältnisse werden für die Proletarier jeden Augenblick unerträglicher und drängen sie zum Versuch, dieselben zu überwinden. Durch die Gesamtheit der Wechselfälle hindurch lernen die Opfer dieser Verhältnisse, dass die individuellen Mittel in diesem vom Instinkt getriebenen Kampf gegen die elenden Zustände, in denen eine grosse Masse von Individuen lebt, unzulänglich sind und fangen an, Formen der kollektiven Aktion zu erproben, um dadurch dem eigenen Einfluss auf die soziale Situation mehr Gewicht zu verleihen. Aber die zahlreichen Erfahrungen, die die Arbeiter innerhalb der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaftsform machen, lassen sie sehen, dass ein realer Einfluss auf ihr Schicksal erst erlangt werden kann, wenn sie das Netz der vereinten Anstrengungen über die Schranken der lokalen, nationalen und beruflichen Vereinigungen hinaus erweitern und auf ein integrales Ziel richten - auf den Umsturz der politischen Macht der Bourgeoisie. Denn solange die gegenwärtige politische Ordnung bestehen bleibt, liegt ihre Funktion darin, alle Anstrengungen der proletarischen Klasse, der Ausbeutung zu entrinnen, ins Leere laufen zu lassen.
Die ersten Proletarier, die sich dessen bewusst werden, sind gleichzeitig diejenigen, die in die Bewegungen ihrer Klassenbrüder eingreifen; durch die Kritik der Kämpfe und ihres jeweiligen Ausgangs infolge der Fehler und Enttäuschungen, geht eine immer grössere Anzahl von Proletariern auf das Terrain des allgemeinen und zielgerichteten Kampfes über, der ein Kampf um die Macht ist, ein politischer, ein revolutionärer Kampf.
Zuerst wächst also die Anzahl der Arbeiter, die wissen, dass nur durch den revolutionären Machtkampf das Problem ihrer Lebensbedingungen zu lösen ist, und gleichzeitig verstärken sich die Reihen jener, die bereit sind, die unvermeidlichen Entbehrungen und Opfer des Kampfes auf sich zu nehmen und sich an die Spitze der durch ihre Leiden zur Revolte gedrängten Massen stellen, um ihre Anstrengungen rationell zu integrieren und schlagkräftig zu machen.
Die unerlässliche Aufgabe der Partei entwickelt sich daher in zwei Formen, zuerst als Manifestation des Bewusstseins, und dann des Willens: die erste übersetzt sich in eine theoretische, allen Anhängern gemeinsame Auffassung vom revolutionären Prozess, die zweite in die Annahme einer strengen Disziplin, die die Koordinierung des Kampfes und somit seinen Erfolg sichert.
Natürlich ist dieser Prozess des Heranreifens der Klassenenergien niemals geradlinig fortschreitend verlaufen, noch kann er es je. Es gibt Stockungen, Rückschritte, Verirrungen, oft verlieren die proletarischen Parteien jene substantiellen Merkmale, die ihren Bildungsprozess kennzeichneten und werden unfähig, ihre historischen Aufgaben zu erfüllen. Der Einfluss der kapitalistischen Erscheinungsformen im allgemeinen bewirkt, dass den Parteien oftmals ihre hauptsächliche Funktion entgleitet, nämlich den den jeweiligen Bewegungen begleitenden Schwung zu zentralisieren und auf das einzig revolutionäre, höchste Ziel zu orientieren; sie beschränken sich darauf, unmittelbare und kurzfristig befriedigende Lösungen zu fördern - was die theoretische und praktische Degenerierung schon beinhaltet , wobei sie behaupten, das Proletariat könne innerhalb des kapitalistischen Regimes einen Gleichgewichtszustand zwischen den Klassen herbeiführen, indem sie ihre Politik nach tagespolitischen und Teilzielen ausrichten - und so auf die schiefe Bahn der Klassenkollaboration geraten.
Auf diese, im Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichenden Degenerationserscheinungen folgte eine Periode gesunder Reaktion; die durch die revolutionären Richtlinien beflügelten Klassenparteien, die einzigen, die wirklich Klassenparteien sind, haben sich überall wieder gebildet und organisieren sich in der Dritten Internationale, deren Lehre und deren Aktion spezifisch revolutionär und »maximalistisch« sind.
Gestützt auf die kommunistischen Parteien wird daher - und das in einer ganz nach Entscheidung aussehenden Phase - die Bewegung wiederaufgenommen, die durch die revolutionäre Bündelung der Massen, die Eingliederung ihrer Kräfte für den revolutionären Entscheidungskampf gekennzeichnet ist. Aber wiederum lässt sich der Prozess nicht einfach auf ein Reglement reduzieren; er weist ernste Probleme auf, ist nicht immun gegen teilweise auch schwere Misserfolge und ruft Fragen hervor, die die Aktiven der revolutionären Weltorganisation tief bewegen.
Fest auf dem Boden ihrer Theorie stehend, muss die neue Internationale noch die allgemeinen Züge ihrer taktischen Mittel und Methoden umreissen. In den einzelnen Ländern der kommunistischen Bewegung stellt sich eine Reihe von Problemen - die taktischen Fragen kommen auf die Tagesordnung. Nachdem ausser Frage steht, dass die politische Partei das absolut notwendige revolutionäre Organ ist, nachdem in den theoretischen Leitsätzen des II. Weltkongresses klar festgehalten wurde, dass die Partei nur ein Teil der Klasse sein kann, muss jetzt näher geklärt werden, welchen Umfang die Parteiorganisation haben und wie sich die Eingliederung der Massen vollziehen soll.
Es gibt, jedenfalls sagt man das, eine Tendenz, die kleine »reine« Parteien wünsche, die selbstgefällig auf die Fühlungnahme mit den Massen verzichte, weil diese zu wenig Bewusstsein und revolutionäre Schlagkraft besässe. Diese Tendenz wird heftig kritisiert und, wir wissen nicht, ob zu Recht oder zu polemischen Zwecken, als »Linksopportunismus« gekennzeichnet - ein Wort, das eher jenen Strömungen vorbehalten werden sollte, die die politische Funktion der Partei negieren und behaupten, die revolutionäre Integration der Massen könne durch rein wirtschaftliche, gewerkschaftliche Organisationsformen erreicht werden.
Es geht also darum, näher auf diese Frage des Verhältnisses zwischen Partei und Masse einzugehen. Teil der Klasse, einverstanden, aber wie soll man die quantitative Grösse dieses Teils festlegen? Wir möchten hier folgendes sagen: wenn es ein Beispiel für den voluntaristischen Irrtum und somit typischen antimarxistischen »Opportunismus« (was heute mehr denn je Häresie heisst) gibt, dann ist es der, a priori die Grössenproportion als organisatorisches Statut festschreiben zu wollen, festlegen zu wollen, dass die Kommunistische Partei eine bestimmte Anzahl von Arbeitern in ihren Reihen organisieren oder als Sympathisanten haben müsse, und dass diese Anzahl den soundsovielten Prozentsatz der proletarischen Masse auszumachen habe.
Wenn der durch Spaltungen und Verschmelzungen vor sich gehende Bildungsprozess der kommunistischen Parteien nach einer numerischen Regel beurteilt würde, d.h. die zu grossen Parteien beschnitten und die zu kleinen künstlich vergrössert würden, wäre dies der lächerlichste Fehler, den man machen könnte. Unverstanden bliebe, dass dieser Prozess qualitativ und politisch bestimmt ist und sich zum allergrössten Teil durch die dialektischen Rückschläge im geschichtlichen Verlauf herausschält, wobei er sich einer organisatorischen Gesetzgebung entzieht, welche die übertrieben grosse Funktion haben soll, die Parteien in eine Schablone zu giessen, damit sie den passenden und gewünschten Umfang erhalten.
Das, was man bei dieser Debatte um die Taktik unbestreitbar voraussetzen kann, ist der Wunsch, dass die Parteien möglichst gross sind und möglichst breite Schichten an sich ziehen. Es wird wohl keinen Kommunisten geben, der es zum Prinzip erheben würde, wenig zahlreich zu sein und sich im »Elfenbeinturm« der reinen Partei einschliessen möchte. Die zahlenmässige Stärke der Partei und die glühende Sympathie der Proletarier sind ohne Zweifel positive revolutionäre Bedingungen; es sind Indizien für die Reife der revolutionären proletarischen Kraft und es gibt daher niemanden, der sich nicht wünschen würde, dass die kommunistischen Parteien in diesem Sinne Fortschritte machen.
Es existiert also kein definiertes oder definierbares Grössenverhältnis zwischen den Parteimitgliedern und der grossen Masse der Arbeiter. Wenn klar ist, dass die Partei als deren Minderheit ihre Funktion erfüllt, wäre es eine byzantinische Manier zu erforschen, ob es eine kleine oder grosse Minderheit sein soll. Gewiss ist: wenn die Entwicklung des Kapitalismus mit seinen Widersprüchen, seinen inneren Gegensätzen, aus denen die revolutionären Tendenzen urwüchsig hervorkeimen, noch in den Anfängen steckt, und die Perspektive der Revolution nur erst erahnbar ist, kann die Klassenpartei, die Kommunistische Partei, nur aus kleinen Gruppen von Vorkämpfern bestehen, die eine besondere Befähigung haben, das historische Zukunftsbild zu sehen, und der Teil der Massen, der ihnen folgt, kann nicht gross sein. Wenn sich jedoch die revolutionäre Krise nähert und die bürgerlichen Produktionsverhältnisse immer unerträglicher werden, werden sich auch die Reihen der Partei vergrössern und sich immer mehr Proletarier um sie scharen.
Wenn dies eine revolutionäre Epoche ist, und alle Kommunisten sind sich dessen sicher, müssten wir in allen Ländern starke Parteien mit grossem Einfluss auf breite Schichten des Proletariats haben. Wo dies trotz der unwiderlegbaren Schärfe der Krise und ihres bevorstehenden Ausbruchs noch nicht der Fall ist, sind die Gründe dafür so komplex, dass es äusserst leichtfertig wäre, daraus zu schliessen, man müsse die zu kleinen und zu wenig einflussreichen Parteien künstlich vergrössern, indem man ihnen andere Parteien bzw. Teile davon angliedert, weil sich in ihnen diejenigen finden, die enge Fühlung mit den Massen haben. Die Frage, ob es zweckmässig ist, andere organisierte Elemente in die Partei aufzunehmen, oder umgekehrt, aus aufgeblähten Parteien einen Teil der Mitglieder auszuschliessen, ist keine Frage der Arithmetik oder einer kindischen Enttäuschung über numerische Grössen.
Die Bildung der kommunistischen Parteien inner- und ausserhalb Europas - wenn wir hier von der bolschewistischen Partei Russlands absehen - ging in einem äusserst raschen Tempo vor sich, ebenso wie sich die Krise, der der Weltkrieg alle Schleusen geöffnet hatte, äusserst rasch entwickelte. Aber die proletarischen Massen erlangen ein politisches Bewusstsein nicht linear, Schritt für Schritt, sondern werden, wie von den Wellen einer aufgewühlten See, im Entwicklungsgang des revolutionären Kampfes vor- und zurückgeworfen. Zum anderen haben die alten sozialdemokratischen Methoden auch weiterhin grossen Einfluss, und die sozialdemokratischen Parteien denken nicht daran, den Schauplatz zu verlassen, wodurch, zum alleinigen Nutzen der Bourgeoisie, der notwendige Klärungsprozess sabotiert wird.
In den Momenten, in denen sich die Lösung der Krise gebieterisch aufdrängt und sich die Machtfrage stellt, wird das Spiel der Sozialdemokraten schrecklich klar, denn wenn sich die Entscheidung nicht mehr hinauszögern lässt und sie vor der Alternative stehen: Diktatur des Proletariats oder Diktatur der Bourgeoisie, wählen sie die Arbeitsgemeinschaft mit der Bourgeoisie. Aber bis zu diesem kritischen Punkt, und nicht früher, unterliegt ein beträchtlicher Teil der Massen noch den alten Einflüssen der Sozialverräter. Ferner, wenn die revolutionäre Situation auch nur scheinbar abebbt oder die Bourgeoisie beginnt, unerwartete Widerstandskräfte zu mobilisieren, ist es unvermeidlich, dass die Bewegung der kommunistischen Parteien vorübergehend an Boden verliert, sowohl auf organisatorischer Ebene wie hinsichtlich der Integration der Massen.
Gestützt auf die revolutionäre Internationale, die fest und sicher voranschreitet, wird uns die heutige instabile Lage mit diesen Wechselfällen konfrontieren. Dass die kommunistische Taktik solch ungünstigen Umständen die Stirn bieten muss, ist ebenso unzweifelhaft wie die Hoffnung unsinnig wäre, sie mit taktischen Formeln aus der Welt schaffen zu können oder es umgekehrt überzogen wäre, deshalb in Pessimismus zu verfallen.
Wenn wir theoretisch eine kontinuierliche Entwicklung der revolutionären Energien der Massen annehmen, müssten die Parteikräfte in numerischer und politischer Hinsicht ebenso kontinuierlich zunehmen, also quantitativ wachsen, weil die Kommunisten unter den Arbeitern immer mehr würden, wobei die Partei qualitativ dieselbe bliebe. Praktisch ist es so, dass, wenn sich die verschiedenen kontinuierlich verändernden Faktoren des sozialen Milieus in der Stimmung der Massen widerspiegeln, die Kommunistische Partei - auch wenn sie die Gesamtheit jener darstellt, die den Charakter dieser Entwicklung besser als die übrige Masse erkennt und erfasst - immer auch ein Resultat dieser Entwicklung sein wird. Auch wenn sie beständig als revolutionärer Beschleunigungsfaktor wirkt, ist sie doch diesen Wechselfällen ausgesetzt, und keine noch so raffinierte Methode wird den grundsätzlichen Charakter der verschiedenen Situationen verändern oder gar umkehren können.
Aber das schlechteste aller Gegenmittel, um die negativen Wirkungen abzuwehren, wäre, den theoretischen und organisatorischen Prinzipien der Partei periodisch den Prozess machen zu wollen, um sie näher an die breitesten Massen heranzubringen. In den Zeiten, in denen der revolutionäre Drang der Massen nachlässt, ist oftmals das, was manche als »Heran an die Massen« bezeichnen, identisch damit, der Partei gerade jene Eigenschaften zu nehmen - und dadurch ihren ganzen Charakter zu verändern -, die als Reagenz auf die Massen einwirken, was diese die Vorwärtsbewegung wieder aufnehmen lassen wird.
Nachdem die kommunistischen Parteien fest auf dem Boden stehen, der die spezifischen Merkmale des revolutionären Prozesses aufgrund der Resultate der Theorie und historischen Erfahrung definiert - Resultate die nur international sein können und daher internationale Richtlinien zur Folge haben müssen -, hat ihre organisatorische Physiognomie für festgelegt zu gelten, und man muss begreifen, dass ihre Fähigkeit, immer breitere Massen an sich zu ziehen und zu stärken, im direkten Verhältnis von ihrer Treue zur strengen Disziplin gegenüber dem Programm und der innerparteilichen Organisation abhängt.
Dass die Kommunistische Partei im Besitz eines theoretischen, durch die internationalen Erfahrungen der Bewegung bestätigten Bewusstseins ist, welches sie auf die Anforderungen des revolutionären Kampfes vorbereitet sein lässt, gewährleistet, dass sich die Massen, auch wenn sie sich in gewissen Phasen von ihr abwenden, wieder um sie sammeln werden, sobald jene revolutionären Fragen auftauchen, die keine andere Lösungen als die im kommunistischen Programm vorgezeichneten mehr zulassen. Wenn die Erfordernisse der Aktion zeigen, dass ein zentralisierter und disziplinierter Führungsapparat gebraucht wird, wird die Partei, die sich nach diesen Kriterien konstituiert hat, an der Spitze der in Bewegung geratenen Massen stehen.
Wir kommen daher zu dem Schluss, dass die Kriterien, die Schlagkraft der kommunistischen Parteien zu beurteilen, ganz andere sein müssen, als »a posteriori« ihre Mitgliederzahl mit der der anderen Parteien zu vergleichen. Sie müssen darin bestehen, die theoretischen Grundlagen des Parteiprogramms genau zu bestimmen, ebenso wie die innerparteiliche Disziplin aller ihrer Organisationen und Mitglieder: nur so kann sichergestellt werden, dass die Arbeit aller nutzbar gemacht wird, um die revolutionäre Sache so erfolgreich wie möglich voranzubringen. Jede andere Form des Eingriffs in die Struktur der Parteien, die sich nicht folgerichtig aus der direkten Anwendung dieser Bestimmungen ableitet, führt nur zu Scheinresultaten; die Klassenpartei würde ihrer grössten revolutionären Kraft beraubt, die eben in der theoretischen und organisatorischen Kontinuität all dessen, was sie gesagt und getan hat, besteht, darin, »vorher gesagt« haben zu können, wie sich der Prozess des Entscheidungskampfes zwischen den Klassen darstellen wird, und sich jene Organisationsform gegeben zu haben, die den Anforderungen der entscheidenden Periode wirklich gerecht wird.
Während des Krieges wurde diese Kontinuität überall zerrissen, und es blieb nichts anderes übrig, als wieder von vorne anzufangen. Als historische Kraft aber konnte die Kommunistische Internationale deshalb entstehen, weil sie auf dem Boden klarer, entscheidender revolutionärer Erfahrungen jene Richtlinien herausarbeitete, die den proletarischen Bewegungen in allen Ländern erlaubten, sich wieder zusammenzuschliessen. Erste Bedingung für den revolutionären Erfolg des Weltproletariats ist also, dass die Internationale eine organisatorische Festigkeit erreicht, die den Massen überall ein Gefühl der Entschlossenheit und Sicherheit gibt, die die Massen zu gewinnen weiss, die auch auf sie warten kann, wenn es nicht vermeidbar ist, dass die Entwicklung der Krise noch ihre Wirkung tut, wenn sich nicht verhindern lässt, dass sie noch mal gewisse Erfahrungen mit der sozialdemokratischen Politik durchleiden. Wo sich dies noch als notwendig erweist, lassen sich keine besseren Rezepte ausstellen.
Der zweite Kongress der III. Internationale verstand diese Notwendigkeiten. Beim Eintritt in eine neue Epoche, die in die Revolution einmünden sollte, ging es darum, die Prämissen einer internationalen Organisations- und revolutionären Vorbereitungsarbeit festzulegen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn, statt die einzelnen theoretisch-taktischen Fragen der Tagesordnung nach zu behandeln, die Grundlagen der theoretisch-programmatischen Auffassung festgelegt worden wären, deren Annahme die Organisationsbasis aller Parteisektionen hätte begründen müssen, wenn der Kongress also die für alle Mitgliedsparteien bindenden Aktionsrichtlinien in der Gewerkschafts-, Agrar-, Kolonialfrage usw. formuliert hätte. Aber all das ist in den Resolutionen des II. Kongresses enthalten und in den Leitsätzen über die Aufnahmebedingungen sehr gut zusammengefasst.
Das Wesentliche ist, die Anwendung der Beitrittsbedingungen als organisatorischen Gründungsakt der Internationale zu begreifen, als definitiv bindenden Vorgang, um die organisierten oder organisierbaren, in die neue Internationale einzugliedernden Kräfte aus dem Chaos zu befreien, in das die politische Bewegung des Proletariats geraten war.
Man wird die internationale Bewegung nie früh genug auf der Grundlage dieser international bindenden Richtlinien organisieren können, denn die grosse Kraft, die sie, wie wir vorhin sagten, bei der Erfüllung ihrer Aufgabe als Triebkraft der revolutionären Energien lenken muss, besteht in dem Beweis der theoretischen und praktischen Kontinuität auf ein präzise definiertes Ziel hin, das den Massen eines Tages klar vor Augen stehen und ihre feste Schwingungsrichtung - der Parteivorhut entgegen - determinieren wird und damit die grössten Aussichten auf den Sieg der Revolution eröffnet.
Wenn dieser am Anfang stehende, aber im organisatorischen Sinn definitive Zusammenschluss der Bewegung zunächst mit sich bringt, dass es in manchen Ländern scheinbar nur schwache, weil zahlenmässig kleine Parteien gibt, wird man, was sehr nützlich ist, die Gründe dafür untersuchen müssen; aber es wäre absurd, wollte man die Richtlinien und deren Anwendung einer Neubestimmung unterwerfen, um ein anderes Grössenverhältnis zwischen Partei und Masse, bzw. zwischen der Partei und anderen Parteien zu erreichen.
Damit wäre bloss die ganze Arbeit der ersten organisatorischen Phase umsonst gewesen und zunichte gemacht; man würde mit der Vorbereitungsarbeit wieder - und gegebenenfalls noch öfter - von vorne anfangen müssen und jedenfalls Zeit verlieren statt gewinnen.
Das würde sich erst recht auf internationaler Ebene widerspiegeln, denn wenn die internationalen Organisationsrichtlinien auf diese Art und Weise interpretiert würden, könnten sie auch jederzeit widerrufen werden, und es würden Präzedenzfälle geschaffen, die die wiederholte »Neubildung« der Parteien akzeptabel erscheinen liessen - so wie man nach einem misslungenen ersten Gussversuch das Metall erneut einschmilzt, um die Statue noch einmal zu giessen. Den »Beitrittsbedingungen« der Internationalen würde dadurch jede Autorität und jegliches Ansehen genommen, die Festigung der Kader der Revolutionsarmee würde endlos hinausgeschoben, denn immer neue Parteispitzen könnten in dem Bestreben, »ihre Macht weiter zu halten«, in sie eintreten.
Es geht also gar nicht darum, grosse oder kleine Parteien zu befürworten, und auch nicht darum, ihren Kurswechsel zu fordern, weil sie keine »Massenparteien« sind; man muss verlangen, dass sich die kommunistischen Parteien überall auf festen programmatischen und taktischen Organisationsrichtlinien gründen, worin die weltweit erworbenen kostbarsten Erfahrungen des revolutionären Kampfes gebündelt sind.
So schwierig es auch ist, all das ohne ausführliche Darstellungen von Lebensabschnitten der proletarischen Bewegung deutlich zu machen: es ist kein Produkt des abstrakten und frommen Wunsches, reine, vollkommene Parteien zu haben, sondern vielmehr Ausdruck des Strebens, die revolutionären Aufgaben der Klassenpartei möglichst wirksam und sicher in die Tat umzusetzen.
Nie werden sich die Massen sicherer um die Partei sammeln und nie werden die Massen umgekehrt einen sichereren Speicher ihres Klassenbewusstseins und ihrer Stärke haben, wie in dem Fall, in dem das gesamte Parteileben die Kontinuität der Bewegung in Richtung der revolutionären Zielsetzung aufrechterhalten konnte - in schweren Stunden auch ohne und gegen die Massen selbst. Diese werden nie wirklich erobert werden können, wenn nicht im Kampf gegen ihre opportunistischen Führer, was heisst, dass man sie gewinnen muss, indem man die Struktur der nicht-kommunistischen Parteien, die noch ihre Gefolgschaft in den Massen finden, zerfasert und die proletarischen Elemente in die Reihen der festen und beständigen kommunistischen Parteiorganisation eingliedert. Dies ist die einzig fruchtbare und praktisch erfolgreiche Methode.
Und sie stimmt genau mit der Methode überein, die Marx und Engels gegenüber der abtrünnigen Lassalleschen Bewegung gebrauchten.
Die Kommunistische Internationale sollte deshalb allen Personen und Gruppen, die mit theoretischen und taktischen Vorbehalten zu ihr kommen, mit grösstem Misstrauen begegnen. Wir sind uns einig darin, dass diese Beurteilung im internationalen Rahmen nicht immer absolut dieselbe sein kann, dass von gewissen besonderen Bedingungen der Länder, in denen sich geringe Kräfte auf dem festen Boden des Kommunismus sammeln, nicht abstrahiert werden kann. Keine Rolle aber darf hierbei die zahlenmässige Stärke oder Schwäche der Parteien spielen, um diese quantitative Grösse als Kriterium dafür anzulegen, ob die Beitrittsbedingungen für Personen oder, schlimmer noch, Gruppen, die den Arbeitsmethoden und Leitsätzen der Internationale noch mehr oder weniger fern stehen, strenger oder lockerer formuliert werden sollen. Ihr Beitritt wäre dann kein Beitritt positiver Kräfte; statt neue Massen an uns zu ziehen, würden wir bloss Gefahr laufen, den Prozess, in dem sie erobert werden müssen, zu gefährden: dass wir sie möglichst schnell gewinnen wollen, darf nicht heissen, unbesonnen zu handeln und diesem Wunsch eine Richtung zu geben, die den klaren und definitiven Erfolg nur verzögern kann.
Für die Taktik der Internationalen, für die grundlegenden Kriterien, die deren Anwendung bestimmen, für die komplexen Probleme in der Praxis, ist es notwendig, sich bestimmte Regeln, die sich dauerhaft bewährt haben, anzueignen, so die absolute Kompromisslosigkeit gegenüber anderen, auch Arbeiterparteien - wobei vor allem die Folgen, die Übereinkünfte mit ihnen in der Zukunft zeitigen können, in Rechnung gestellt werden müssen, man darf sich also nicht von Nebenrücksichten leiten lassen, die für die Beschleunigung konkreter Situationen günstig scheinen; ferner die Disziplin der Mitglieder - wobei nicht nur ihre aktuelle Arbeit, sondern auch die vorherige Tätigkeit in Betracht zu ziehen und den erst jüngst »konvertierten« Anhängern äusserst misstrauisch zu begegnen ist; weiter das Kriterium, das Pflichtbewusstsein der einzelnen oder Gruppen nachzuprüfen, und nicht so zu tun, als hätten sie jederzeit das Recht, ihre »Dienstzeit« in der kommunistischen Armee anzutreten oder zu beenden. Auch wenn all dies zeitweilig den Kreis der Partei zu sehr einzuengen scheint, handelt es sich nicht um theoretischen Luxus, sondern um die taktische Methode, die das Faustpfand der zukünftigen Schlagkraft ist.
Hunderte von Beispielen beweisen, wie wenig die »in letzter Minute« Bekehrten unsere Reihen stärken, jene Mitglieder also, die sich unter bestimmten Umständen reformistischen Richtungen anpassten und sich heute entschliessen, die kommunistischen Richtlinien anzunehmen, weil sie von den oftmals zu optimistischen Aussagen über die bevorstehende Revolution beeindruckt sind. Es genügt eine erneute Veränderung der Situation - und wer weiss schon im Krieg, wieviele Vorstösse und Rückzüge einander vor dem letzten Sieg abwechseln werden -, damit diese Elemente wieder in den Opportunismus zurückfallen, was in inhaltlicher Hinsicht auf unsere Organisation nicht ohne Wirkung bleiben wird.
Die internationale kommunistische Bewegung soll ein Zusammenschluss nicht nur derjenigen sein, die fest von der Notwendigkeit der Revolution überzeugt und bereit sind, unter grössten Opfern für sie zu kämpfen, sondern gleichzeitig jener, die entschlossen sind, auch dann auf revolutionärem Terrain zu handeln, wenn die Schwierigkeiten des Kampfes wie Stolpersteine den Weg bedecken und das Ziel weiter in die Ferne rücken.
Wenn sich die revolutionäre Krise zuspitzt, werden wir, auf dem festen Boden unserer internationalen Organisation handelnd, den heute noch schwankenden Elementen die feste Schwingungsrichtung geben und mit den sozialdemokratischen Parteien verschiedener Schattierungen fertig werden.
Wenn die Lage nicht unmittelbar revolutionär ist, werden wir auch nicht einen Augenblick lang das Risiko eingehen, uns von der strukturellen Arbeit in der Vorbereitungsphase ablenken zu lassen und uns den Notlösungen tagespolitischer Probleme zu fügen, die nur der Bourgeoisie Nutzen brächten.
Ein weiterer Aspekt der Taktik ist die Wahl des richtigen Zeitpunktes, in dem die Kommunistische Partei die Losungen, ob für ein Vorgefecht oder für den Entscheidungskampf, ausgeben muss.
Man debattiert heute leidenschaftlich über die »Offensivtaktik« der kommunistischen Parteien; man versteht darunter, bewaffnete Kampfeinheiten der Parteimitglieder und -anhänger zu haben, die in einem bestimmten Moment zu Angriffen aufgefordert werden, um die Massen in eine allgemeine Bewegung hineinzuführen oder auch, um der reaktionären Offensive der Bourgeoisie durch Propagandaaktionen entgegenzutreten.
Auch hier gibt es normalerweise zwei entgegengesetzte Beurteilungen, deren Urheberschaft wohl nicht bei den Kommunisten zu finden sein dürfte.
Kein Kommunist kann gegen den Einsatz bewaffneter Aktionen, gegen Unterdrückungsmassnahmen, auch terroristischer Art, aprioristisch Bedenken hegen und leugnen, dass die Kommunistische Partei die Leitung bei solchen, diszipliniert und organisiert durchzuführenden Aktionsformen in die Hand zu nehmen hat.
Ebenso kindisch wäre die Auffassung, nach der der Einsatz von Gewalt und bewaffneten Aktionen dem »Tage X« vorbehalten seien, dem Tag des Entscheidungskampfes um die Machteroberung. Zur Realität der revolutionären Entwicklung, die diesem Kampf vorausgeht, gehören zwangsläufig blutige Zusammenstösse zwischen Proletariat und Bourgeoisie, nicht nur, insofern es sich um mögliche, ihr Ziel noch nicht erreichende Machteroberungsversuche des Proletariats handelt, sondern auch in der Hinsicht, dass es unvermeidlich immer wieder auftretende spontane Zusammenstösse zwischen den sich auflehnenden Proletariern und den bürgerlichen Verteidigungskräften oder auch zwischen den »weissgardistischen Haufen« und von ihnen angegriffenen und provozierten Arbeitern geben wird. Ebenso falsch ist die Ansicht, die kommunistischen Parteien müssten solche Aktionen missbilligen und alle Anstrengungen für einen bestimmten finalen Moment aufsparen, denn jeder Kampf braucht seine Lehr- und Ausbildungszeit, und die revolutionäre Fähigkeit der Partei zur Eingliederung aller, auch potentieller Kräfte, muss in diesen Vorgefechten herausgebildet und erprobt werden.
Diese Überlegungen würde jedoch derjenige falsch bewerten, der die Aktion der politischen Klassenpartei als Aktion eines Generalstabes auffasst, von dessen alleinigem Willen die Bewegung und der Einsatz der bewaffneten Kräfte abhänge, der sich also eine Taktik zusammenbastelt, in der die Partei - nachdem sie eine militärische Struktur geschaffen hat und sie für ausreichend stark entwickelt hält - in einem bestimmten Augenblick losschlägt und glaubt, mit ihren Kräften die Verteidigungskräfte der Bourgeoisie schlagen zu können.
Der Offensivkampf der Partei ist erst denkbar, wenn die reale wirtschaftliche und soziale Lage die Massen, und zwar breite Massen, für die Lösung von Problemen in Bewegung setzt, die ihre Lebensumstände unmittelbar betreffen. Für die wirklich revolutionäre Orientierung des so entstandenen Aufruhrs ist es unerlässlich, dass die Partei eingreift, seine allgemeine Zielsetzung klar festlegt und ihn in eine rationelle, auch militärtechnisch gut organisierte Aktion integriert. Dass sich die revolutionäre Vorbereitung der Partei bereits in den spontanen Teilkämpfen der Massen in vorausbestimmte, geplante Aktionen umsetzen kann, steht ebenso ausser Frage wie die Vergeltungsschläge gegenüber dem weissen Terror ein unerlässliches taktisches Mittel sind, denn dieser will dem Proletariat das Gefühl geben, seinem Gegner definitiv unterlegen zu sein und es von der revolutionären Vorbereitung abhalten.
Aber zu glauben, durch das Manövrieren oben genannter Kräfte - seien sie auch noch so hervorragend und breit organisiert - die Situation verändern und aus einem Zustand der Stagnation den allgemeinen revolutionären Kampf in Gang setzen zu können, ist noch eine voluntaristische Auffassung, die in der Arbeitsweise der marxistischen Internationale keinen Platz haben kann und darf.
Man »macht« weder Parteien noch Revolutionen. Man leitet sie mittels der Zusammenfassung der positiven internationalen und revolutionären Erfahrungen, um dem Proletariat die bestmöglichen Koeffizienten des Sieges in dem Kampf zu sichern, der die historische Epoche, in der wir leben, unweigerlich beschliessen wird. Dies scheint uns die richtige Schlussfolgerung.
Die grundlegenden Leitlinien der Massenaktion, die sich in den, von der Internationale für alle Mitgliedsparteien festzulegenden organisatorischen und taktischen Richtlinien ausdrücken, dürfen nicht soweit gehen, sich einzubilden, die Parteien könnten die Revolution anzetteln, in der ganzen Breite und mit allen Merkmalen, die dazu notwendig sind; vielmehr müssen sie von der marxistischen Dialektik bestimmt sein, wobei sich vor allem auf die programmatische Klarheit und Einheitlichkeit einerseits, auf die durch die Taktik zentralisierte Disziplin andererseits zu stützen ist.
Es scheint zwei »opportunistische« Abweichungen zu geben. Die erste leitet das Wesen und den Charakter der Partei daraus ab, ob sie, beim gegebenen Stand der Dinge, in der Lage ist, beträchtliche Kräfte zu sammeln, oder ob sie das nicht kann, d.h. man lässt sich die organisatorischen Richtlinien durch die jeweilige Situation aufdiktieren, um der Partei künstlich eine andere Struktur zu geben, als die, zu der die Situation geführt hatte. Die andere besteht darin zu glauben, die Partei könne, wenn sie nur zahlenmässig stark und militärisch gut ausgebildet ist, durch Angriffsbefehle revolutionäre Situationen auslösen, d.h. man masst sich an, eine historische Situation durch den Willen der Partei zu schaffen.
Ob es sich nun um die sogenannte »rechte« oder »linke« Abweichung handelt - klar ist, dass beide den marxistischen Weg verlassen. Im ersten Fall wird auf das verzichtet, was die legitime Eingriffsmöglichkeit einer internationalen Formierung der Bewegung ausmachen kann und muss, auf das bisschen Einfluss, den unser Wille - als Produkt eines klaren Bewusstseins und einer klaren historischen Erfahrung - auf die Entfaltung des revolutionären Prozesses, dessen Verwirklichung möglich und notwendig geworden ist, haben kann. Im zweiten Fall misst man dem Willen der Minderheit einen irrealen und zu grossen Einfluss bei und riskiert so nur schreckliche Niederlagen.
Die durch die Kampferfahrungen gegen die Degenerierungen der proletarischen Bewegung gefestigten kommunistischen Revolutionäre sind hingegen diejenigen, die fest an die Revolution glauben und sie zielstrebig ansteuern, aber nicht so wie jemand, der einen Wechsel in Händen hält und den Verzweiflung und Misstrauen überwältigen, wenn das Fälligkeitsdatum verstreicht, ohne dass er eingelöst wurde.
Notes:
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Source: »Partito e azione di classe«, »Rassegna Comunista«, Nr. 4, 31. Mai 1921 [Übersetzung: Kollektiv H]
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