Vom Medienkrieg zum Angriffskrieg


Seit 24. März führt die NATO Krieg gegen Jugoslawien. Fast alle Medien rechtfertigen die Notwendigkeit der NATO-Angriffe und geben der jugoslawischen Regierung die Verantwortung für den Krieg. Man habe zwar zum Teil Bedenken, aber zur Vermeidung einer »Humanitären Katastrophe« wäre die Kriegführung gerechtfertigt. Auch eine Mehrheit der Deutschen unterstützt diesen Angriffskrieg unter Beteiligung der Bundeswehr.

Welche Rolle spielen die Medien beim Herbeiführen dieser Stimmung und welche Methoden kamen zum Einsatz, um dieses Ziel zu erreichen?

Krieg ist Frieden

Statt offen und ehrlich von Krieg und Bombardierung zu sprechen, werden verharmlosende Begriffe wie »Friedensmission« oder »Chirurgische Schläge« und Umschreibungen wie »NATO-Operationen« oder »Verhinderung einer Humanitären Katastrophe« benutzt. Versehentliche zivile Menschenopfer werden zynisch als »Kollateralschäden« bezeichnet.

Verwendung falscher Begriffe

So ist z.B. in fast allen Medien nur vom »Kosovo-Krieg« die Rede. Es wird jedoch ganz Jugoslawien bombardiert. »NATO-Krieg gegen Jugoslawien« transportiert z.B. eine ganz andere Aussage.

Vergleiche mit Nazi-Greueln

Zur Rechtfertigung der NATO-Angriffe benutzte insbesondere ``Verteidigungs''minister Scharping und Außenminister Fischer Begriffe aus der Zeit des deutschen Faschismus, um eine absurde und die Nazi-Verbrechen verharmlosende Parallele zwischen der Politik Jugoslawiens und der industriellen Massenvernichtung in Auschwitz zu ziehen. Es war u.a. die Rede von »Holocaust«, »Konzentrationslagern«, »Massendeportationen«, »Sie treiben sie ins KZ« (BILD), etc.

Übertreibung und Generalisierung der Verbrechen der Gegenseite

Durch eine Verallgemeinerung und Generalisierung von - zweifellos von allen Seiten begangenen - Menschenrechtsverletzungen soll der systematische und bösartige Vernichtungswille des Gegners unterstellt werden. Mit von Begriffen wie »systematische Massenvergewaltigungen« oder »ethnische Säuberungen« soll ein emotionaler Kurzschluß ausgelöst werden, der insbesondere humanistisch orientierte Menschen für die Kriegführung gewinnt.

Unwörter zur Entmenschlichung des Gegners

Die Dämonisierung des Gegners (»Der Serbe«, vereinigt in der Person Milosevics) ist Voraussetzung für den »totalen Krieg«; sie hat die Konstruktion des »totalen Feindes« zur Bedingung. Häufige Benennungen sind: »Milosevics Mörderbanden«, »Der Schlächter von Belgrad« (BILD), »Schurkenstaat«, »Der Irre aus Belgrad«, etc.

Verbreiten von Falschmeldungen

Kurz nach Kriegsbeginn meldeten die NATO sowie Rudolf Scharping die Einrichtung eines KZ im Stadion von Pristina, und beriefen sich dabei auf zuverlässige Quellen. Diese Meldung, verbreitet von der separatistischen UCK, erwies sich als falsch. Ebenso die »Hinrichtung von 5 Intellektuellen durch Serben«. Zwei der angeblich Exekutierten - darunter ein Rambouillet-Verhandlungsführer - traten eine Woche später bei einer Pressekonferenz in Fischers Auswärtigem Amt auf.

Unterschlagung und Auslassung bestimmter Informationen

Obwohl Flüchtlingsorganistionen und das ``Verteidigungs''ministerium die zahlreichen Fluchtursachen kennen müßten, wird zynisch mit dem kalkulierten Flüchtlingselend gespielt, um das Bild der »ethnischen Säuberungen durch Serben« als einzige Fluchtursache aufrecht erhalten zu können.

Ständig werden in den täglichen Meldungen der Flüchtlingszahlen die - zumeist serbischen - Flüchtlinge unterschlagen, die aus dem Kosovo nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina flüchten. Nach Angaben des UNHCR vom 20.4.99 über 85.000 Menschen! Diese Flüchtlinge passen nicht in das von der NATO gewünschte Bild vom alleinigen kosovo-albanischen Flüchtlingselend.

Unterschlagen wurde auch der militärische Anhang des Rambouillet-Abkommens (Annex B) der nicht nur für das Kosovo, sondern für ganz Jugoslawien ein Besatzungsstatut vorsah, bei vollständiger Immunität und Bewegungsfreiheit der NATO-Truppen. Durch undichte Stellen kam dieser Text erst Anfang April an die Öffentlichkeit. Hermann Scheer (MdB, SPD) sagte, daß diesem Vertrag auch kein gemäßigter jugoslawischer Präsident hätte zustimmen können. In der Öffentlichkeit hingegen setzte sich das Bild vom »sturen Serben Milosevic« fest, an dessen Haltung das Friedensabkommen gescheitert sei.

Nur der Kriegsgegner betreibe Propaganda

Propaganda und Zensur findet - angeblich - nur beim Kriegsgegner statt. Meldungen der gegnerischen Seite werden zumeist mit dem Zusatz »serbisch zensiertes Material«, »serbisches Fernsehen« oder als »serbisches Propagandavideo« gekennzeichnet und damit in ihrem Wahrheitsgehalt von vornherein in Frage gestellt. Die NATO begründete die (erste) Bombardierung eines jugoslawischen Senders damit, dieser hätte sich geweigert westliche Sendungen in sein Programm zu übernehmen. Die freiwillige Gleichschaltung fast aller Medien in NATO-Ländern, die grundsätzlich für den NATO-Krieg Partei ergreifen sowie die selektive NATO-Informationspolitik wird in diesen Medien nur selten als Propaganda oder Zensur bezeichnet.

Eigene Propagandasender im Kriegsgebiet

Die NATO, die Bundeswehr, die Deutsche Welle, Radio Free Europe und andere über Satellit zu empfangende Sender (CNN, etc.) strahlen täglich speziell eingerichtete Programme nach Jugoslawien, um die Kriegführung der NATO zu unterstützen.

Zerstörung von Sendeeinrichtungen des Gegners

Während sich Jugoslawien noch darauf beschränkt, mißliebige JournalistInnen in Einzelfällen auszuweisen oder festzunehmen, macht die NATO ihr mißliebige Sender und JournalistInnen in Jugoslawien auf andere Weise mundtot. Es werden nicht nur militärisch (mit-)genutzte Sendeanlagen, sondern auch rein zivile Fernsehanstalten bombardiert, wie das RTS-Fernsehen in Belgrad am 23.4.99. Gegen diesen Angriff legten internationale JounalistInnenvereinigungen Protest ein. Übrigens: Die US-JournalistInnen des CNN, die ebenfalls in dem Gebäude arbeiteten, verließen 1 Stunde vor der Bombardierung die Sendeanstalt.