Markt (Zirkulationssphäre) 1. Der Markt ist
scheinbar die Sphäre der Freiheit „In der Vorstellung sind ... die Individuen unter der Kapitalisten-herrschaft freier als früher, weil ihnen ihre Lebensbedingungen zufällig sind; in der Wirklichkeit sind sie natürlich unfreier, weil mehr unter sachliche Gewalt unterworfen.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 76. „Die auf das Kapital
gegründete Produktion setzt sich nur in ihren adäquaten Formen
durch, sofern und soweit sich die freie Konkurrenz entwickelt, denn
sie ist die freie Entwicklung der auf das Kapital gegründeten
Produktionsweise; ... Nicht die Individuen sind frei gesetzt in der freien
Konkurrenz; sondern das Kapital ist frei gesetzt. Solange die auf dem
Kapital ruhende Produktion die notwendige, daher die angemessenste Form
für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft ist,
erscheint das Bewegen der Individuen innerhalb der reinen Bedingungen des
Kapitals als ihre Freiheit. ... Daher ... die
Abgeschmacktheit, die freie Konkurrenz als die letzte Entwicklung der
menschlichen Freiheit zu betrachten; und Negation der freien Konkurrenz =
Negation individueller Freiheit und auf individueller Freiheit gegründeter
gesellschaftlicher Produktion. Es ist eben nur die
freie Entwicklung auf einer bornierten Grundlage – der Grundlage der
Herrschaft des Kapitals. Diese Art individueller Freiheit ist daher
zugleich die völligste Aufhebung aller individuellen Freiheit und die
völlige Unterjochung der Individualität unter gesellschaftliche
Bedingungen, die die Form von sachlichen Mächten, ja von übermächtigen
Sachen – von den sich beziehenden Individuen selbst unabhängigen Sachen –
annehmen. ... Sobald übrigens die
Illusion über die Konkurrenz als die angebliche absolute Form der freien
Individualität verschwindet, ist dies ein Beweis, dass die Bedingungen der
Konkurrenz, d. h. der auf das Kapital gegründeten Produktion schon als
Schranken gefühlt und gedacht werden, und es daher schon
sind und mehr und mehr werden. Die Behauptung dass die freie Konkurrenz gleich der letzten Form der Entwicklung der Produktivkräfte und daher der menschlichen Freiheit sei, heißt nichts, als dass die Kapitalisten-Herrschaft das Ende der Weltgeschichte ist ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 543ff. „Andererseits zeigt
sich ebenso sehr die Albernheit der Sozialisten (namentlich der
französischen, die den Sozialismus als Verwirklichung der von der
französischen Revolution ausgesprochenen Ideen der bürgerlichen
Gesellschaft nachweisen wollen), die demonstrieren, dass der Austausch,
der Tauschwert etc. ursprünglich (in der Zeit) oder ihrem
Begriff nach (in ihrer adäquaten Form) ein System der Freiheit und
Gleichheit aller sind, aber verfälscht worden sind durch das Geld, Kapital
etc. ... Ihnen ist zu
antworten, dass der Tauschwert oder näher das Geldsystem in der Tat das
System der Gleichheit und Freiheit ist und dass, was ihnen in der näheren
Entwicklung des Systems störend entgegentritt, ihm immanente Störungen
sind, eben die Verwirklichung der Gleichheit und Freiheit,
die sich ausweisen als Ungleichheit und Unfreiheit. Es ist ein ebenso
frommer wie dummer Wunsch, dass der Tauschwert sich nicht zum Kapital
entwickle, oder die den Tauschwert produzie-rende Arbeit nicht zur
Lohnarbeit. Was die Herren von den
bürgerlichen Verteidigern des Kapitalismus unterscheidet, ist auf
der einen Seite das Gefühl der Widersprüche, die das System einschließt;
auf der anderen der Utopismus, den notwendigen Unterschied zwischen der
realen und idealen Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft nicht zu
begreifen, und daher das überflüssige Geschäft vornehmen zu wollen, den
ideellen Ausdruck selbst wieder realisieren zu wollen, da er in der Tat
nur das Lichtbild dieser Realität ist.“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 160. 2. Der Markt ist notwendige Zwischenstation im Kapitalkreislauf 2.1. Der Kreislauf G –
W/W – G Auf dem Markt schlüpft Geldkapital in die Warengestalt der
Produktionselemente und auf dem Markt verwandelt sich das neu produzierte
und im Wert vergrößerte Warenkapital wieder in (vermehrtes) Geld, um den
Kreislauf von neuem zu beginnen. „Eine der handgreiflichsten Eigentümlichkeiten ... der kapitalistischen Produktion, ist der Umstand, dass einerseits die Bildungselemente des produktiven Kapitals aus dem Warenmarkt herstammen und beständig ... als Waren gekauft werden müssen; andererseits das Produkt des Arbeitsprozesses als Ware aus ihm hervorgeht, und beständig von neuem als Ware verkauft werden muss.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 118f. „Der Kapitalist ... tauscht Geld gegen die Bedingungen der Produktion aus, produziert, verwertet das Produkt, d. h. verwandelt es in Geld und beginnt dann den Prozess von neuem.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 415. „Der Kreislaufprozess
des Kapitals geht vor sich in drei Stadien, welche, nach der Darstellung
des ersten Bandes, folgende Reihe bilden: Erstes Stadium:
Der
Kapitalist erscheint auf dem Warenmarkt und Arbeitsmarkt als Käufer; sein
Geld wird in Ware umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt G – W (Geld
wird Ware) durch. Zweites
Stadium: Produktive Konsumtion
der gekauften Waren durch den Kapitalisten. Er wirkt als kapitalistischer
Warenproduzent; sein Kapital macht den Produktionsprozess durch. Das
Resultat ist: Ware von mehr Wert als dem ihrer
Produktionselemente. Drittes Stadium:
Der
Kapitalist kehrt zum Markt zurück als Verkäufer; seine Ware wird in Geld
umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt W – G (Ware wird Geld)
durch.“ K. Marx, Kapital II,
MEW 24, 31. „Die Zirkulationsreihe
stellt sich also dar als 1)
G – W1; 2) W'2 –
G', wo in der zweiten
Phase der ersten Ware W1 eine andere von höherem Wert und
verschiedener Gebrauchsform W'2 an ihre Stelle tritt
... Es ergibt sich ferner, dass in den beiden der Zirkulation angehörigen Metamorphosen G – W und W' – G' sich jedes Mal gleich große, gleichzeitig vorhandene Wertexistenzen gegenüberstehen und einander ersetzen. Die Wertveränderung gehört lediglich ... P, dem Produktions-prozess an, der so als reale Metamorphose (= Verwandlung) des Kapitals gegenüber den bloß äußerlichen Verwandlungen der Zirkulation erscheint.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 55f. „Der Austauschprozess der Ware vollzieht sich also in folgendem Formwechsel: W – G – W. ... Nach ihrem stofflichen Inhalt ist die Bewegung W – W, Austausch von Ware gegen Ware, Stoffwechsel der gesellschaftlichen Arbeit, in dessen Resultat der Prozess selbst erlischt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 120. „Die Vorgänge auf dem Markt bewerkstelligen nur den Umsatz der einzelnen Bestandteile der Jahresproduktion, schicken sie von einer Hand in die andere, aber sie können weder die Gesamt-Jahresproduktion vergrößern noch die Natur der produzierten Gegenstände ändern.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 606. „Betrachten wir nun
die Gesamtbewegung G – W ... P .. W' – G', oder ihre
ausführliche Form G –
W<APm ... P ... W'
(= W + w) – G' (= G + g). Die Formel bedeutet: 1. G – W: Geld tritt
auf den Markt und verwandelt sich
in Waren-gestalt von produktivem Kapital (Arbeitskraft und
Produktionsmittel = Arbeitsmittel und
Arbeitsmaterial); 2. P :
Produktion von anderer Ware von
höherem Wert (W = vorge-schossenes Kapital in Warengestalt und w =
Mehrwert in Waren-gestalt); 3. W – G: Ware tritt auf den Markt und verwandelt sich in ver-mehrtes Geld (Geld = das vorgeschossene Kapital plus Mehrwert in Geldgestalt). Das Kapital erscheint
hier als ein Wert, der eine Reihenfolge zusammenhängender, durch einander
bedingter Verwandlungen durch-läuft, eine Reihe von Verwandlungen,
die ebenso viele Phasen oder Stadien eines Gesamtprozesses
bilden. Zwei dieser Phasen
gehören der Zirkulationssphäre an, eine der
Produktionssphäre. In jeder dieser Phasen
befindet sich der Kapitalwert in verschiedener Gestalt, der eine
verschiedene, spezielle Funktion entspricht. Innerhalb dieser Bewegung
erhält sich nicht nur der vorgeschossene Wert, sondern er wächst, vermehrt
seine Größe. Endlich, im
Schlussstadium kehrt er zur selben Form zurück, worin er beim Ausgang des
Gesamtprozesses erschien. Dieser Gesamtprozess ist daher
Kreislaufprozess.“ K. Marx, Kapital
II, MEW 24, 56. „Der Kreislaufsprozess des Kapitals ist also Einheit von Zirkulation (Markt) und Produktion, schließt beide ein.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 64. „Der Gesamtprozess des Kapitals schließt ein sowohl den eigentlichen Zirkulationsprozess, wie den eigentlichen Produktionsprozess.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 513. 2.2. Der Kreislauf des
Kapitals und damit die Verweildauer in der Zirkulationssphäre (Markt) muss
möglichst rasch verlaufen „Der Umlauf des
Kapitals ist zugleich sein Werden, sein Wachstum, sein Lebensprozess. Wenn
irgendetwas der Blutzirkulation zu vergleichen war, dann war es die ...
inhaltsvolle Zirkulation des Kapitals. ... Betrachten wir nun die
Zirkulation, oder den Umlauf des Kapitals als Ganzes, so erscheinen als
die beiden großen Unterscheidungen innerhalb derselben zwei Momente, der
Produktionsprozess und die Zirkulation selbst, beide als Momente seiner
Zirkula-tion. Wie lange das Kapital
sich innerhalb der Sphäre des Produktions-prozesses aufhält, hängt von
dessen technologischen Bedingungen ab und das Verweilen innerhalb dieser
Phase fällt unmittelbar zusammen ... mit der Entwicklung der
Produktivkräfte. ... Das zweite Moment ist
der Zeitraum, der verläuft von dem Verwandelt-sein des Kapitals in Produkt
bis zu seinem Verwandeltwerden in Geld. Von der
Geschwindigkeit, in der dieser Zeitraum durchlaufen wird, oder von seiner
Dauer, hängt offenbar ab, wie oft in einer gegebenen Zeit das Kapital den
Produktionsprozess, die Selbstverwertung von neuem beginnen kann.
... Der häufigere
Umlauf des Kapitals in einer gegebenen Zeitperiode gleicht der öfteren
Wiederholung der Ernte während des natürlichen Jahres in südlicheren
Ländern, wenn verglichen mit nördlichen.“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 416ff. „Das Kapital als Warenkapital (so erscheint es in dieser Zirkulations-phase, auf dem Markt) darf sich nicht befestigen, darf nur ein Stillstand in der Bewegung sein. Sonst wird der Reproduktionsprozess gestört. ... Würde andererseits die Reproduktion durch irgendwelche Störungen stocken, so leeren sich die Magazine etc.; es tritt Mangel ein ...“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 278. „Der Kreislauf des
Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiedenen Phasen
ohne Stockung ineinander übergehen. Stockt das Kapital in der ersten Phase
G – W, so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn es in der
Produktionsphase stockt, so liegen die Produktionsmittel
funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der anderen
unbeschäftigt bleibt; wenn es in der
letzten Phase W' – G' stockt, so versperren unverkäuflich
aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluss.“ K. Marx, Kapital II,
MEW 24, 56. „Andererseits liegt es
in der Natur der Sache, dass der Kreislauf selbst die Fixierung des
Kapitals, während bestimmter Fristen, in den einzelnen Kreisabschnitten
bedingt. In jeder seiner Phasen ist das industrielle Kapital an eine
bestimmte Form gebunden, als Geldkapital, produktives Kapital,
Warenkapital. Nur nachdem es die seiner jedesmaligen Form entsprechende Funktion vollzogen hat, erhält es die Form, worin es eine neue Verwandlungs-phase eingehen kann.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 56–59. „Ist die Produktion mannigfaltig und massenhaft, also auch die Konsumtion, so wird sich eine größere Masse der verschiedensten Waren fortwährend auf diesem Haltpunkt, in dieser Zwischenstation, mit einem Wort in Zirkulation oder auf dem Markt befinden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 277. Siehe auch die Artikel: |
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |