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22. August 2004, 02:27, NZZ am Sonntag

Die Kunst, bei der Arbeit nichts zu tun

Corinne Maier, Autorin, verspottet Frankreichs Konzerne. Von Hans-Hagen Bremer

E inmal hat sie in einer Sitzung Zeitung gelesen. Ein andermal verliess sie eine Besprechung vorzeitig. Nun soll sie wegen «Pflichtverletzung und mangelnder Loyalität» zur Rechenschaft gezogen werden. Ihr Arbeitgeber, der staatliche Elektrizitätskonzern Electricité de France (EdF), hat Corinne Maier zu einem Vorgespräch geladen, das nach dem Arbeitsrecht Disziplinarmassnahmen vorauszugehen hat. Der wahre Grund der drohenden Sanktion ist freilich ein anderer. Die renommierte Autorin, Wirtschaftswissenschafterin und Psychoanalytikerin hat ein Buch geschrieben, das ihren Vorgesetzten übel aufstösst. Es handelt «von der Kunst und der Notwendigkeit, im Unternehmen möglichst wenig zu tun».

«Bonjour paresse», Guten Tag Faulheit, lautet in Anlehnung an Françoise Sagans Kultbuch «Bonjour tristesse» der Titel des Bändchens. Corinne Maier will es als «ephlet» verstanden wissen: als Essay und Pamphlet in einem. Nur 119 Seiten umfasst es. Doch die haben es in sich. «Das Unternehmen ist kein Humanismus», verkündet sie gleich im ersten Kapitel, und so geht es munter weiter: «Unternehmenskultur, was für ein Schwachsinn!», «Die Dummköpfe, mit denen Sie es zu tun haben» und «Warum Sie nichts riskieren, wenn Sie nichts tun». So provozierend wie hier sind Frankreichs Unternehmen schon lange nicht mehr in Frage gestellt worden.

Noch bis Ende der siebziger Jahre lebten die Franzosen mit den grossen Unternehmen und Konzernen in ständigem Konflikt. Sie galten ihnen als Ort der Ausbeutung, der die Linke 1981 mit den Verstaatlichungen ein Ende zu bereiten versprach. Es waren dann aber die Irrtümer der Ära Mitterrand, die zur Aussöhnung der Franzosen mit dem Unternehmen als Quelle von Arbeit und Wohlstand führten. Zumal grosse Unternehmen genossen seither eine geradezu kultartige Verehrung. Doch nun stellt sich Ernüchterung ein. Flexibilisierung und Globalisierung, Betriebsschliessungen, Auslagerungen, Börsenskandale und Affären wie die des Crédit Lyonnais oder von Vivendi sind die Stichworte für eine Unternehmenswelt, zu der viele Beschäftigte eine neue Art der Entfremdung empfinden.

«Die Selbstverwirklichung, der Wunsch, nicht nur eine Arbeit zu haben, sondern auch eine sinnvolle, ist sie vollkommen illusorisch?», fragt die Autorin. Unter Berufung auf eine Umfrage unter mittleren Angestellten diagnostiziert sie eine erschreckende Frustration. 17 Prozent der Befragten erklärten sich «aktiv desengagiert», das heisse, sie nähmen eine Haltung zu ihrer Arbeit ein, die der Sabotage gleichkomme. Nur drei Prozent knieten sich wirklich in ihre Aufgaben.

Ihre Thesen stützt Corinne Maier vornehmlich auf Erkenntnisse aus der Privatwirtschaft. Nur einmal erwähnt sie ein Beispiel aus eigener Erfahrung als seit zwölf Jahren tätige Halbtagskraft. Als sie in einer Konferenz sagte, sie arbeite nur, damit zu Hause genug Essen auf den Tisch komme, erntete sie 15 Sekunden lang peinliches Schweigen. Das ist nicht die Aussage, die von mittleren Angestellten erwartet wird. Sie arbeiten, so Maier, in einer Welt, in der die Wirklichkeit in einer aus Worthülsen, Abkürzungen und Anglizismen durchsetzten «no man's»-Sprache umschrieben werde; in der Schwarze, Araber, Behinderte, Schwule und Frauen diskriminiert und der Weg nach oben von der Kaste der Absolventen von Eliteschulen blockiert würden; in der man langjährige Mitarbeiter in einem Alter ausmustere, in dem sie in der Politik als «junge Wölfe» gefürchtet würden; in der Diplomen die Wertschätzung und Initiativen die Anerkennung versagt bleibe.

«Deshalb riskieren Sie nichts, wenn Sie sich ‹desengagieren› und das System lahmlegen», schliesst Maier. Wer nichts gewinne, wenn er arbeite, der könne auch nicht viel verlieren, wenn er nur so tue. Dazu gibt sie dem Leser Tipps wie: «Machen Sie es diskret. Verlassen Sie Ihr Büro nie ohne Akten unterm Arm. Streben Sie nach unnützen Stellen als Berater oder Experte. Je unnützer Ihre Stelle ist, umso weniger lässt sich Ihr Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens ermessen.»

Das bereits im Mai erschienene Buch wäre kaum beachtet worden, hätte man sich bei EdF nicht an die erwähnten früheren Fehlverhalten der Autorin erinnert, welche nun als Beleg dafür herhalten, dass sie eine «unverhüllte individuelle Strategie» verfolge, das Unternehmen «von innen her anzustecken». Corinne Maier verlangt von EdF, das Disziplinarverfahren gegen sie einzustellen. Nicht ein einziges Mal hat sie EdF namentlich genannt, und die Ironie ihrer Streitschrift scheint ihren Vorgesetzten völlig entgangen zu sein. So viel Humorlosigkeit erfreut indes den Verleger. Das Buch wurde zum Bestseller dieses Sommers.

 

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